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Die Deutsche Nationalbibliothek – CIP-Einheitsaufnahme.

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Erste Auflage März 2017

© Größenwahn Verlag Frankfurt am Main, 2017

www.groessenwahn-verlag.de

Alle Rechte vorbehalten.

ISBN: 978-3-95771-148-9

eISBN: 978-3-95771-149-6

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Agapi Mkrtchian / Helmuth R. Malonek
(Hrsg.)

ARMENIENS HERZ

Gedichte
… und sonst nichts

25 GegenwartslyrikerInnen
in Erstübersetzung
aus dem Armenischen
von
Agapi Mkrtchian und Helmuth R. Malonek

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IMPRESSUM

ARMENIENS HERZ
Reihe: Via Egnatia

Herausgeber und Übersetzer
Agapi Mkrtchian / Helmuth R. Malonek

Seitengestaltung
Größenwahn Verlag Frankfurt am Main

Schriften
Constantia und FELIX TITLING

Covergestaltung und Illustrationen
Größenwahn Verlag Frankfurt am Main

Coverbild
Marti O´Sigma

Druck und Bindung
Print Group Sp. z. o. o. Szczecin (Stettin)

Größenwahn Verlag Frankfurt am Main
März 2017

ISBN: 978-3-95771-148-9
eISBN: 978-3-95771-149-6

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All denen,
die Armenien im Herzen tragen

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VORWORT

Als der Deutsche Bundestag 2015 über den Völkermord an den Armeniern debattierte und ein Jahr später eine Resolution verabschiedete, in welcher der Völkermord explizit als solcher benannt wurde, war dies mehr als ein Meilenstein in der Politik. Denn durch die intensive Diskussion, eine ausführliche Presseberichterstattung und eine Reihe neu erschienener Bücher hören viele Deutsche erstmals von den 100 Jahre zurückliegenden Gräueltaten. Und mehr als das, auch die Jahrtausende alte Kultur der Armenier rückte ins Rampenlicht1. Man wollte mehr erfahren über die Armenier: Woher kamen sie, welchen Beitrag hatten sie in der Kunst, Wissenschaft oder Musik geleistet? Auf solche Fragen versucht auch die Deutsch-Armenierin Agapi Mkrtchian, Autorin und Lyrikerin, eine Antwort zu geben, welche hier als Mitherausgeberin dieser Anthologie ihrem Publikum die »vergessene Kultur«, Gedichte und Lieder der Armenier präsentiert.

Schon im Gedenkjahr 2015 erschien ein Gedichtband mit Werken des großen armenischen Dichters Parujr Sewak, ins Deutsche übertragen von Agapi Mkrtchian und der Autorin und Lyrikerin Heide Rieck. Bei Lesungen in Wiesbaden, Potsdam und Berlin brachten sie ihren deutschen Zuhörern Sewaks Ideengut und seine eindrucksvoll rhythmische Sprache nahe. Während eines Armenienbesuchs reifte dann bei Agapi Mkrtchian der Gedanke, Gedichte zeitgenössischer armenischer Dichter zu sammeln und sie ebenfalls in deutscher Übertragung herauszugeben. Mitinitiator war Helmuth R. Malonek, der ein Diplomstudium in Jerewan absolvierte und heute Universitätsprofessor in Portugal ist, selbst Gedichte schreibt und 1986 in der DDR die Auswahl der ersten Sewak-Übersetzung im »Poesiealbum 223« besorgte. Das Ergebnis ihrer gemeinsamen Arbeit ist die vorliegende Anthologie – ein wichtiger Beitrag zur Verbreitung armenischer Literatur im deutschsprachigen Raum.

Armenier haben eine ganz besondere Beziehung zu ihrer Sprache. Wo sonst fände man mitten im Land ein Denkmal für das Alphabet2 – ein Monument aus zwei Meter hohen, in Stein gehauenen armenischen Buchstaben? In welchem anderen Land gibt es einen offiziellen Feiertag zu Ehren der Übersetzer?

Der Grund ist ebenso beeindruckend wie einfach: Das Armenische, in der indogermanischen Sprachfamilie als selbständige Sprache klassifiziert, wurde nachweislich bereits im sechsten vorchristlichen Jahrhundert gesprochen und entwickelte sich sehr früh zur Schriftsprache. Schon im Jahr 301 wurde das Christentum in Armenien Staatsreligion. Hundert Jahre später, im Jahr 405, entwarf der Mönch Mesrop Maschtoz (360-440) ein phonetisches Alphabet, das bis heute fast unverändert gültig ist, obwohl sich die Sprache selbst weiterentwickelt hat. Das erste ins Armenische übersetzte Buch war – wenig überraschend – die Bibel, gefolgt von Werken der griechischen Klassiker und anderen Werken der antiken Welt. Ein Biograph verglich Mesrop Maschtoz, der sein Alphabet in die Heilige Stadt Edschmiadsin brachte, mit Moses, der mit den Schrifttafeln vom Berg Sinai zurückkehrte. Er wird bis heute als Heiliger verehrt, denn seinem Wirken ist es zu verdanken, dass Religion und Sprache Armeniens bis heute überlebt haben.

Das geschriebene Wort hat für Armenier einen hohen Stellenwert, insbesondere das Wort Gottes in den heiligen Schriften. Bücher gelten seit jeher als äußerst wertvoller Besitz, wie die erhaltenen illustrierten Handschriften aus dem Mittelalter beweisen. Auch die Sorgfalt, mit der viele Kodizes in der Matenadaran-Bibliothek in Jerewan und andere Sammlungen in Klöstern und Bibliotheken, darunter auch im Ausland, gepflegt und für die Nachwelt bewahrt werden, legt beredtes Zeugnis davon ab. Jahrhundertelang wurden die Werke von Scriptoren kunstvoll kopiert, bis dank Gutenbergs Erfindung 1512 in Venedig das erste Buch in armenischer Sprache gedruckt wurde. Zum 500. Jahrestag ernannte die UNESCO 2012 Jerewan zur »Welthauptstadt des Buches«; auch in mehreren deutschen Städten wurde die Ausstellung »Schriftkunst und Bilderzauber« mit Exponaten armenischer Buchdruck-Kunst, darunter Exemplare der Erstdrucke, gezeigt.

Bedeutete die armenische apostolische Kirche mit ihrer in der altarmenischen Sprache Grabar gesungenen Liturgie jahrhundertelang, über unzählige Konflikte und Angriffe hinweg, für die Armenier einen Fels in der Brandung, so hat die moderne armenische Sprache – ob in der ostarmenischen oder der westarmenischen Version – sich als das Mittel erwiesen, mit dem wir Armenier in der Diaspora, Kinder und Enkel der Überlebenden des Völkermords, unsere kulturelle Identität bewahren. Unsere Liebe zur Literatur, insbesondere zur Lyrik, bleibt ungebrochen. Wer die Armenier verstehen will, kommt nicht umhin, sich eingehend mit ihrer Kultur und Kunst, insbesondere mit der beeindruckenden Architektur ihrer Kirchen, zu befassen. Einblick in die Seele der Armenier jedoch eröffnen ihre Gedichte. Mit der vorliegenden Anthologie machen Agapi Mkrtchian und Helmuth R. Malonek den deutschsprachigen Lesern ein wunderbares Geschenk.

Muriel Mirak-Weißbach

Autorin

Wiesbaden, November 2016

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