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Vorwort

In diesem Buch geht es unter anderem um den Körper. Aber nicht um die Art von Körper (zumindest hoffe ich das inständig), der derzeit in den Cultural Studies so angesagt ist und der als Diskussionsgegenstand zu einem engen, ausgrenzenden und ermüdend oft wiederholten Begriff wurde. Meine Studie trägt zudem einen polemischen Unterton, soweit sie darauf abzielt, die Formen der menschlichen Kreatürlichkeit zu untersuchen, die die postmoderne Orthodoxie großenteils an den Rand gedrängt hat und die auf alle menschlichen Körper zutreffen, ungeachtet beispielsweise von Gender und ethnischer Zugehörigkeit. Hoffentlich erweist sich dieser unverfrorene Universalismus als anstößig genug für die Kommissare des gegenwärtigen kulturellen Diskurses.

Es scheint heutzutage so, als würden Postgraduate-Studenten überall auf der Welt, die sich nicht mit Vampiren oder Graphic Novels beschäftigen, über den Körper forschen – aber dabei einige fruchtbare Ansätze ausschließen. Jene, die ein Loblied auf die I­nklusivität anstimmen, ignorieren wie üblich hartnäckig, was ihr eigener bevorzugter Fachjargon alles ausspart. So beschäftigen sich die Cultural Studies vorwiegend mit dem ethnischen, dem gegenderten, dem queeren, dem hungernden, dem konstruierten, dem alternden, dem verzierten, dem behinderten, dem kybernetischen, dem biopolitischen Körper – dem Körper als Objekt sexueller Blicke, als Ort von Genuss oder Schmerz, dem Macht, Disziplin und Lust eingeschrieben ist. Im Gegensatz dazu ist der menschliche Körper, der in diesem Buch behandelt wird, von primitiverer Bauart. Er ist in erster Linie kein kulturelles Konstrukt. Was ich über ihn zu sagen habe, gilt sowohl in Kambodscha wie in Cheltenham und betrifft belgische Frauen ebenso wie srilankesische Männer. Wenn etwas auf Hillary Clinton zutrifft, dann trifft es auch auf Cicero zu. Nur jene postmodernen Dogmatiker werden von so einer Vorgehensweise schockiert sein, für die erstaunlicherweise alle universellen Ansprüche unterdrückerisch sind, ausgenommen dieses einen universellen Anspruchs.

Die Cultural Studies haben einige wertvolle Einblicke in den Körper gegeben, aber sie scheinen sich in dieser Hinsicht nicht ihrer eigenen, eher betrüblichen politischen Vergangenheit bewusst zu sein. Eine der wichtigsten Quellen für dieses Thema sind die Arbeiten von Michel Foucault, dessen Schriften auch für eine Krise der revolutionären Linken im Anschluss an die späten 1960er-Jahre stehen. Zu jenem Zeitpunkt, als einige ehrgeizigere Spielarten radikaler Politik ins Stocken gerieten, und von machtvollen rechten Kräften zurückgedrängt wurden, machte der historische Materialismus dem kulturellem Materialismus Platz – und das Interesse am Körper nahm Fahrt auf. Dieses Interesse diente dazu, eine linke Politik zu hinterfragen, die sich allzu vergeistigt von den Sinnen abgewandt hatte. Aber es trug auch bei, sie zu verdrängen. Wie jeder Fetisch dient dieser spezielle Körper nämlich dazu, eine Lücke zu schließen. Das Verhältnis zwischen dem Körper und sozialistischer Politik wurde von einigen richtungsweisenden Strömungen des Feminismus weiter auf die Tagesordnung gesetzt; aber schon in den 1980er-Jahren wichen die Gespräche über Sozialismus jenen über Sexualität, und eine kulturelle Linke, die größtenteils betreten über den Gegenstand des Kapitalismus schwieg, äußerte sich immer lautstarker über die Frage der Körperlichkeit. Wir werden jedoch im Laufe dieses Buches sehen (wenn wir uns den Schriften von Karl Marx zuwenden), dass diese zwei Dinge keine Alternativen sein müssen.

Ich bedanke mich bei den zwei anonymen Lesern, die wertvolle Kommentare zu einer frühen Version dieses Buchs beisteuerten, nicht zuletzt für den brutalen Vorschlag, ich solle doch die ersten 40 Seiten streichen. Meines Erachtens steht das Buch nach dieser Amputation wesentlich besser da.

T. E.