cover
Cornelia von Soisses, Valerie le Fiery

Hurendsein

Neuland für Alice





BookRix GmbH & Co. KG
80331 München

Intro

 

Die Prostitution wurde in Deutschland im Jahr 2002 legalisiert, Hure wurde zu einem ordentlichen Beruf erklärt.

Nachgefragt: Was ist eine Hure? Ja, eine Prostituierte, alles klar.

So eindimensional ist es dann doch nicht.

Konservative Politiker und Emanzipationsanhängerinnen wie Alice Schwarzer wollen das Prostitutionsgesetz verschärfen, am liebsten die Prostitution ganz verbieten.

Ein Diskurs wird geführt über das Recht, eine Hure zu sein für den legalen Broterwerb und das Recht der Männer, sich Sex kaufen zu dürfen, aber auch das Recht der Frauen, vor Zwangsprostitution geschützt zu werden.

Die Eröffnung erfolgt mit Zitaten aus der Presse: „Die sogenannte Podiumsdiskussion, welche Alice Schwarzer zur Vorstellung ihres Buches ,Prostitution - ein deutscher Skandal‘ in Berlin einberufen hatte, sie war der Bezeichnung nach wirklich ein Witz, ein Diktatorinnen-Witz, den man nur imstande ist, zur Aufführung zu bringen, wenn man entweder verrückt oder knallhart kamikazemäßig drauf ist.“ Antonia Baum in der FAZ vom 03.12.2013.

 

„Das eigentlich Bemerkenswerte an der Offensive der Feministin Schwarzer ist also ihr Sexualitätsbegriff. Denn dieser zeigte sich in den vergangenen Wochen als im Kern nicht nur anachronistisch, sondern geradezu frauenfeindlich.“ Meredith Haaf in der Süddeutschen Zeitung vom 03.12.2013.

 

Hurenlohn

Bedenken wir, Prostitution ist legalisiert durch die vormals SPD/Grüne - Regierungskoalition. Prostituierte ist mithin ein legaler Beruf. Beruf kommt von Berufung, auch einhergehend mit vorheriger Berufsausbildung. Also mit dem Berufsabschluss Prostituierte (IHK) oder Prädikatshure. Daran hat die Politik mal wieder nicht gedacht. Wer wären etwa die Lehrausbilder/innen und wer die Prüfungskommission zwecks Ausbildung der Fähigkeiten und Feststellung der beruflichen Eignung?

Schon die Theorie gestaltete sich gar schwierig, nicht mangels Literatur, sondern der zuweilen rechtlichen und kaufmännischen Grundlagen. Noch ist der Huren Lohn per Vorkasse fällig nebst eher frei vereinbarer Praktiken. Berufsständisch würde daraus eine Leistung „Zug um Zug“ nach dem BGB, möglichst mit Rechnung und ausgewiesener Mehrwertsteuer. Der Staat würde via Finanzamt zum Zuhälter avancieren.

Die sonstigen theoretischen Grundlagen brauchten wohl eher nicht näher erklärt werden, gemeinhin wissen Frauen und Männer, wie es bettlägerig denn zugehen könnte. Hilfsweise stünden der Hite Report und das Kamasutra zur Verfügung, beide Werke unverdächtig, etwa pornografisch zu sein. Und ja, der möglichen Praktiken gäbe es gar viele, siehe die Sparte der Domina oder auch die der Sklavin, je nach Belieben.

Für den Augenblick stellte sich die Frage der Dauer der Berufsausbildung, soweit wir der Legalisierung durch Gesetz folgen, dass Prostituierte ein Beruf ist, nicht einfach nur eine ausgeübte Tätigkeit. Wie lange also würde es zumutbar erscheinen, eine Prostituierte auszubilden? Um es klar zu formulieren, 3 Jahre für einen Lehrlingslohn und ab Zertifikat für einen tariflichen Hurenlohn?

Wobei, zu jeder dualen Ausbildung gehörte die berufliche Praxis. Ein gewöhnliches Bordell würde zum Lehrbetrieb ernannt. Nebst Anschauungsunterricht in Berufskleidung und beruflicher Praxis am Kunden. Lange bevor eine honorige Prüfungskommission zur Begutachtung der Fertigkeiten gelangen könnte.

Neben einem Rahmenlehrplan brauchte es ebenso eine Gebührenordnung, die die Entlohnung der Dienste regeln würde - für alle Huren gleich, um der Praxis des Flatrate - Sex zu begegnen, „jeder kann, sooft er kann und will pro Stunde“. So nicht, also nicht so, wenn schon Beruf, dann mit Habitus und Würde.

Zumal in der Rubrik Domina geht es nicht um können oder wollen, sondern um Unterwerfung und Gehorsam. Nachzulesen ist das in der einschlägigen Literatur. Weiter in den Feinheiten des Berufes. Relativ klar ist, welches Outfit von einer Domina erwartet wird - Lack und Leder, High Heels mit Absätzen in der Höhe eines Turms und eine Peitsche nebst Handschellen.

In der Version Zofe ein Dirndl in der Ausführung Minikleid und Beine mindestens bis zum Po, auf High Heels natürlich. Die Variante sündige Nonne ist vorstellbar, könnte aber Komplikationen mit der Kirche hervorrufen, diese Frage müsste an anderer Stelle noch erörtert werden. Gar nicht so einfach das Thema Berufsbekleidung. Die Fantasien dürften weiter reichen, als die Bürokratie an Regeln ausformulieren könnte.

Vergessen wir nicht, Prostitution ist seit 2001 legalisiert. Die Prostituierten können nach diesem Gesetz ihren Lohn einklagen und einzahlen in die Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung, weil beruflich anerkannt. Wobei, eine arbeitslose Hure?

Der Staat hat per Gesetz einen Beruf geschaffen ohne weitere Ausführungsbestimmungen oder wenigstens einer Bundesprostituiertenbeauftragten. Nach Schätzungen der Gewerkschaft ver.di werden mit Prostitution jährlich 14,5 Milliarden Euro Umsatz gemacht.

Auf welcher Basis beruht diese Schätzung, wenn niemand genau weiß, wie viele Huren Deutschland überhaupt hat? Für eine seriöse Annahme brauchte es wenigstens eine nähere Kenntnis der Anzahl von Huren, der durchschnittlich gezahlten „Honorare“ für deren Dienste und einer Kenntnis der Nachfrage durch deren Kunden, früher Freier genannt.

Immerhin eine Gewerkschaft gibt es schon, es fehlen noch die IHKs als Standesorganisationen und die bereits erwähnte Bundesprostituierten-beauftragte. Erotikliteratur ist bereits vorhanden, diese würde zur Fachliteratur erhoben als Ratgeber.

Ein Teufelskreis, es gibt ein Gesetz seit 2001, es gibt Prostituierte und Bordelle, geregelt aber ist nichts. Selbsterklärend, wer will sich schon vorschreiben lassen, wie es zuzugehen hat beim Sex. Man stelle sich vor, da erschiene eine Prostituiertenkontrolle (wie es eine Lebensmittelkontrolle gibt) und schaute sich das Geschehen gar näher an. Nicht? Das Gesetz besteht und wir alle wissen, dass Gesetze in diesem Land umgesetzt werden müssen.

Es ist ein wohlmeinendes Gesetz, prostituierende Frauen aus der Verachtung zu befreien und zu gesellschaftlicher Anerkennung zu verhelfen, der Domina wie auch der Sklavin. Frauen- wie männerfreundlich, „Mann geht zur Hure wie zur Friseurin“. Nur gibt es zur Friseurin eine Ausbildung, eine Ausbildung zur Hure gibt es nicht.

Verbleibt noch die Erwähnung, dass mit Einführung von Hartz IV Prostitution zur zumutbaren Arbeit erklärt wurde. Die Bundesagentur für Arbeit forderte unter Androhung von Sanktionen Frauen auf, sich entsprechend zu bewerben im staatlichen Verlangen danach, dass diese Frauen aus dem Leistungsbezug entfallen.

Erst öffentlicher Protest veranlasste das Arbeitsministerium, eine Verfügung zu erlassen, dass diese Praxis nicht länger verfolgt würde. Eine Verfügung, das Gesetz Hartz IV incl. der Pflicht, zumutbare Arbeit anzunehmen, besteht weiterhin. Wir haben mithin ein Gesetz, das Prostitution zum Beruf erhebt und eine Verfügung zu einem Bundesgesetz, das Prostitution von zumutbarer Arbeit ausnimmt.

Das Thema ist christlich determiniert. Es war Jesus, der einst die Hure Rahel vor der Steinigung bewahrte: „… und wer von euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein.“ Freilich änderte das nichts an dem ungeregelten Umstand der Prostitution, sie war über 2000 Jahre geächtet und illegal.

Bis eben zum Jahre 2001 n.Chr., als SPD und Grüne regierten und das beschriebene Gesetz schufen. Sie ließen aber die Fragen unbeantwortet, die daraus entstanden sind. „Was nun?“, sprach Zeus, „Die Götter sind besoffen.“

Es ermangelt ausgerechnet an Aufklärung nicht, sondern an Klarheit. Wenn ein Mann zur Hure geht, handelt er dann sexistisch oder ist er der Kunde einer berufstätigen Frau? Wenn die Bezeichnung Hure negativ besetzt ist, wie wäre es mit promiskuitiver Frau für diesen Berufsstand?

Wenn wir schon dabei sind, der Hure an sich einen Beruf zu geben: Eine Domina frönt nicht dem gemeinen Sex, sondern der Lust. Ihr Gegenüber ist nicht Sklave oder Sklavin, sondern devot.

Nicht dominant, sondern masochistisch wegen der Lust daran. Die sexuelle Praxis, soweit freiwillig, geht den Staat schlicht nicht das Geringste an. Es steht im Grundgesetz der Deutschen:

„Niemand darf wegen seiner sexuellen Orientierung diskriminiert werden …“

Darauf begründet der Staat den Beruf der Prostituierten, ohne jedoch die Berufsausbildung hierfür zu definieren.