ANNE KRÜGER-DEGENER

Wenn
Hunde   
   — lachen

HarmoniLogie® – Kommunikationstraining für Mensch und Hund

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KOSMOS

ZU DIESEM BUCH

„Wir bilden Mitarbeiter und Lebensbegleiter aus, keine Soldaten. Wir teilen unser Leben und unseren Lebensraum mit Individuen gleicher und anderer Spezies und wir erzeugen eine Atmosphäre, in der Kreativität und Gedeihen beste Bedingungen finden – für alle. Egal ob Mensch oder Tier.“ Mit diesen Worten eröffne ich häufig meine großen Kurse, um Menschen an die HarmoniLogie® heranzuführen.

WER ICH BIN

Ich möchte mich Ihnen, liebe Leser, kurz vorstellen. Mein Name ist Anne Krüger Degener und von Beruf bin ich Schäferin, Landwirtin der ökologischen Landwirtschaft, Reiterin, Ausbilderin für Menschen und Tiere mit einem Schwerpunkt auf Pferden und Hunden sowie Tierwirtschaftsmeisterin, Künstlerin mit einer europaweit gefragten Show, Betriebsleiterin, Buchautorin sowie Hausfrau und Mutter.

Das gemeinsame Leben und Arbeiten mit den Tieren hat mich seit nunmehr dreißig Jahren geschult und das tut es noch immer; es hält mich ganz gut in Bewegung – geistig und körperlich. Aufgewachsen in einer Akademiker-Familie in Unna am Rande des Ruhrgebietes, war meine Affinität zu Tieren schon seit frühester Kindheit enorm, fühlte ich mich bei ihnen doch stets geborgen, verstanden und pudelwohl. Irgendwie haben sie es geschafft, mir Sicherheit und Orientierung zu geben. Sie haben mich gelehrt, die Spur zu finden und mich reguliert.

Nach dem Abitur sollte es zur Tiermedizin gehen – der Weg führte über landwirtschaftliche Praktika. Ja, und da war es um mich geschehen. Das Glück, mit gesunden Tieren zu leben, mehr noch, mich für die Gesunderhaltung der Tiere stark einsetzen zu können, entfachte ein Feuer in mir, in dem das Medizinstudium verdampfte. Ich verfolgte diesen meinen Weg konsequent, willensstark und – ja, auch – eigensinnig. Aus einem städtischen und bürgerlichen Umfeld stammend als Frau allein einen landwirtschaftlichen Betrieb aufzubauen, entpuppte sich zu mancher Zeit in meinem Leben als mutige Herausforderung. Doch da brannte dieses Feuer und wollte trotz aller Hindernisse und Hürden gar nicht ausgehen.

DIE GEBURT DER HARMONILOGIE®

So entstand eine große ökologische Schäferei mit der ersten deutschen Herdbuchzucht von Scottish Blackface Schafen (ganz besonders wunderbare Schafe, die aus dem schottischen Hochland stammen) und eine der leistungsstärksten Border-Collie-Zuchten Deutschlands. Die rein auf Leistung und Gesundheit gezogenen Hunde vertraten mit mir und anderen Trainern x-fach Deutschland auf nationalen und internationalen Leistungswettkämpfen. Es entwickelte sich eine Show, mit der wir ganz Europa bereisen durften und sogar in den Fernen Osten, in den Oman eingeladen wurden. Und es wurde die HarmoniLogie® geboren, die als Philosophie und Methode den direkten Dialog mit dem Partner Tier in den Vordergrund stellt und auf jede Form der klassischen Konditionierung verzichtet. Hier wuchs eine Tierschule heran für Pferde- sowie für Hunde-Menschen, die diesen Zugang zu ihrem Tier erlernen möchten.

In der Arbeit mit den Tieren habe ich die Orientierung gefunden, um diesen Weg immer weiterzugehen, wenngleich es gewiss Momente gab, in denen ich gedacht habe: „Warum hast Du nur nichts anderes gelernt?“ Und zum Glück gab es am Ende immer dieselbe Antwort auf diese Frage: „Weil ich dieses hier will – genau so, wie es ist, und weil es Glück bringt.“

VON DEN TIEREN GELERNT

Noch heute bin ich voll von diesem Glück und da brennt dieselbe Flamme für das Leben mit, für und um die Tiere in mir. Es ist nicht so romantisch, wie man sich das Leben einer Schäferin vielleicht vorstellen mag, wenn man versucht, mit und von einer Herde zu leben. Doch ich habe dort so wahnsinnig viel gelernt: die Feinheit der Sprache, das Gesetz der Aktivierung, das System der Körpersprache sowie echtes Teamwork mit den Tieren, den Hütehunden sowie den Schafen. Ich habe gelernt, die Tiere zu lesen, zu verstehen und zu lieben – und zwar jede Kreatur. Die Regeln einer funktionierenden Familienstruktur und mütterliche Empathie haben die Schafe mir vorgelebt und mich teilhaben lassen an den Gesetzen von Nähe und Distanz. Die Hunde, vor allem die professionelle Ausbildung der arbeitenden Border Collies, haben mich in der Geometrie der Sprache geschult und die Rechengesetze im Dialog lernte ich erst hier richtig zu verstehen.

Das Lesen, Laufen und Zuhören haben mich die Tiere gelehrt, denn nur so war ich in der Lage, mit den großen Herden allein fertigzuwerden. Meine immerwährende Liebe zu den Pferden ließ mich die erlernten Aspekte auch auf diese Spezies anwenden, und heraus kam dasselbe Ergebnis. Pferde, die mir zuhören, die ich lesen und zwanglos lenken kann. Was für eine große Hilfe das in der beruflichen Ausbildung unserer Reit- und Sportpferde werden sollte, weiß ich heute sehr zu schätzen.

Von den Tieren durfte ich all das lernen, was Sie, liebe Leserin und lieber Leser, hier finden. Es entstand in der Zusammenarbeit mit den unterschiedlichsten Tieren, in dem Leben in ihren Strukturen und in der Abhängigkeit von ihrer Teamfähigkeit eine Methode, mehr noch, eine Philosophie oder auch Lebensart, die ich in diesem neuen Werk über die HarmoniLogie® zusammenfasse und Ihnen gerne anschaulich und nachvollziehbar anbieten möchte. Ich will Sie nicht überzeugen und auch keine anderen Wege kritisieren. Vielmehr möchte ich Sie einladen, sich selbst zu überzeugen.

Danke, dass Sie mir ein kleines oder auch größeres Stück auf meinem Weg folgen wollen. Aber seien Sie gewarnt, am Ende könnte dieses Feuer auch in Ihnen brennen 

Ihre

Anne Krüger Degener

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In meinem Leben mit den Tieren habe ich so vieles lernen können. Daraus entstand die HarmoniLogie.

ZUM GELEIT

Liebe Anne,

oft haben wir darüber gesprochen, dass es an der Zeit wäre, ein neues Buch zu schreiben. Und irgendwann lagen tatsächlich die ersten Kapitel vor mir und ich war auf Anhieb total begeistert, geflasht und am allermeisten: tief berührt.

Merkte ich doch sofort, was für ein Werk hier entsteht: ein Buch, das die Leser unmittelbar anleitet, wie sie mit ihren Hunden zu einer erfüllten Partnerschaft und einem harmonischen Zusammenleben kommen können. Tiefsinnig und kurzweilig stellst Du die Bezüge und Querverbindungen zwischen Frage und Antwort her.

Denn das wünscht sich schließlich jeder, der sich einen Hund anschafft: Möglichst frei, fröhlich und unbeschwert mit seinem Kameraden durchs Leben zu gehen. Frei von Leinen, keinem Reh hinterherjagend, keine Radfahrer hysterisch anbellend, sondern frei dem Menschen angeschlossen. Wer einmal einen Einführungstag bei Dir mitgemacht hat, hat danach nur einen Gedanken: Das will ich auch! Sehr entspannte Menschen mit Ihren fröhlichen Hunden, die die verschiedensten Aufgaben auch, wenn es sein soll, vor großem Publikum mit unglaublich viel Spaß und Freude präsentieren. Alles nicht vorher einstudiert, wohlgemerkt. Hunde, die nur auf ihren Menschen bezogen sind und ihn anlachen! Ich sag’s noch mal: Das will man!

Als ich vor acht Jahren mit meiner vierjährigen Labradorhündin und der zweijährigen Dackelhündin (beide jagdlich geführt) bei Dir zum Unterricht erschien, waren mir zwei Hunde schon fast zu viel. Heißt, wenn einer der zwei sich entschloss, seiner eigenen Wege zu gehen, war der andere gleich mit weg! Um es vorwegzunehmen: Heute habe ich vier Labradore, den Dackel und ein stressfreies Leben mit ihnen! Ich habe in jeder Unterrichtsstunde so viel gelernt, über mich und meine Hunde. Ja, das ist eine wunderbare Besonderheit Deiner Arbeit, man lernt sehr viel über sich selbst. Die Naturgesetze der Sprache vermittelst Du absolut nachvollziehbar und stellst die artübergreifende und innerartliche Kommunikation sehr logisch dar. Die Übertragbarkeit auf das eigene Leben ist verblüffend. Du erzeugst immer wieder motivierende und hilfreiche Erkenntnisse, nicht nur für das Zusammensein mit meinen Tieren 

Immer und immer wieder konnte ich erleben, wie Du an Deinem Lebenswerk gewirkt, Gliederungen verworfen und neue Fotos geplant hast. Ich konnte Dich dabei begleiten. Es hat riesigen Spaß gemacht und Du hast etwas Herausragendes geschaffen.

An dieser Stelle möchte ich Dir für Deine Erfindung der HarmoniLogie® von Herzen danken. Du hast vielen Menschen und sehr vielen Hunden dazu verholfen, ein glückliches Leben zu führen. Du hast eine Methode erschaffen, mit der jeder Mensch spontan etwas anfangen kann und die einen festen Platz in der Arbeit mit Mensch und Hund finden wird. Und ich danke Dir von Herzen für die vielen schönen Stunden, in denen Du immer wieder mit Geduld, Frohsinn, Warmherzigkeit und Begeisterung mich und andere an Deiner Vision hast teilhaben lassen.

Deine Schülerin und Freundin

Alexandra

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© Pauline von Hardenberg

GRUNDLAGENWISSEN
— die Bausteine zum Erfolg

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HARMONILOGIE® – DER WEG ZUM GLÜCK

„Kommen Sie, ich zeige Ihnen etwas Schönes“, sage ich zu der Fotografin während des Fotoshootings für dieses Buch. Wir gehen gemeinsam auf die große Weide hinter unserem Haus. Begleitet werden wir von sieben Hunden und einem Pferd.

Wir suchen uns eine geeignete Stelle mit schönem Hintergrund, und dann sage ich zu meinem Pferd, einem erst 6-jährigen Hengst namens Fürstenkind, er möge sich bitte hinlegen. Als er liegt, setze ich mich auf ihn und kraule ihn liebevoll. Er schmatzt genüsslich und dreht seinen Hals so, dass ich besser an seine Lieblingskraulstelle herankomme.

Nun rufe ich die Hunde, vier Border Collies, Coffee, Peppino, Sugar und Jo, die sogleich angeflitzt kommen und sich an mich drücken, um auch gestreichelt zu werden. Dann rufe ich Pombär, den riesengroßen Fila Brasiliero, Dr. Watson, den Labrador und Fuzzi, den Border Terrier. Es wirkt wie ein Familienfoto. Die Hunde wedeln wie verrückt und drängeln ein bisschen dichter an mich heran. Pombär klettert neben mich auf das Pferd und Fuzzi will sein Lieblingskunststück zeigen und zieht sich bis auf meine Schultern hoch. Das habe ich ihm beigebracht, als er noch ganz klein war, um ihn leichter transportieren zu können. Nun nimmt Dr. Watson auch noch meine Reitkappe und beginnt, damit auf dem Pferd zu posen. Ich muss so lachen, dass ich fast runterfalle. Fürstenkind blickt nach hinten und schmatzt. Er ist tiefenentspannt, obwohl wir wie eine wild gewordene Theatertruppe auf seinem Rücken herumkaspern.

Anna, die Fotografin, liegt im Gras und juchzt vor Vergnügen, während sie versucht, diese Szene im Bild festzuhalten. Nun hocke ich mich hinter das Pferd und es kippt auf die Seite. Jetzt legt Fürstenkind seinen Kopf in meinen Schoß. Er schließt die Augen und atmet tief und fest. Diese innere Losgelassenheit aller Beteiligten empfinde ich als sehr großes, echtes Kompliment.

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Das Lachen des Hundes öffnet die Herzen der Menschen.

GLÜCKSGEFÜHLE

Und da ist es wieder: dieses Glücksgefühl! Es durchströmt meinen Körper und treibt mir manchmal die Tränen in die Augen; es ist so groß und kraftvoll, es hat etwas Heilsames  Dieses Glück, inmitten all dieser Tiere zu leben, ein Teil dieser herrlichen Symbiose sein zu dürfen; das Glück, das entsteht, wenn Respekt und Vertrauen im Einklang sind, wenn Raubtiere und Fluchttiere gleichermaßen friedvoll miteinander umgehen, wenn diese tiefe Entspannung und die Freude Zeit und Raum beherrschen.

Alle, der Hengst, die Hunde, der Mensch sprechen eine Sprache. Sie hören sich zu, sie vertrauen und respektieren sich – sie lachen. Das ist HarmoniLogie®, das macht das Gefühl von Glück.

Nun haben wir alle Bilder gemacht. Ich bitte die Hunde, vom Pferd herunterzuklettern und sich hinzulegen, damit Fürstenkind Platz hat aufzustehen. Das Schnippen mit den Fingern heißt für ihn, dass er sich bitte wieder aufrichten soll. Das tut er umgehend und kommt zu mir, um mir seinen Kopf auf die Schulter zu legen.

Meist schnaubt er dann in mein Ohr. Ich atme auch noch einmal laut und tief durch. Es ist ein kleines Ritual, das wir miteinander teilen. Ich rufe die Hunde zu mir und streiche jedem noch einmal über den Kopf. Auch das gehört dazu.

Die Tiere haben mir beigebracht, dass eine echte Freundschaft nur entsteht, wenn Nähe jederzeit auch durch Distanz getauscht werden kann. Sie haben mich gelehrt, dass Sprache direkt, freundlich und artübergreifend funktioniert, wenn man die Gesetze der Natur versteht und ihnen folgt.

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Die Freude, die wir miteinander haben, und das Glück, diese Freude zu teilen, bedeutet Lebensqualität auf allen Seiten.

DAS INTELLIGENTE SPIEL MIT DER HARMONIE

Die HarmoniLogie® ist die Lehre von der vertrauensvollen Nähe und der höflichen Distanz. Sie erzeugt eine verbindliche harmonische Beziehung. Es ist ein wunderbarer Weg, um den direkten Kontakt ohne Lockmittel und Überwinden durch Kraft zu entwickeln. Eine Technik, mit der Sie durch einen gelungenen Dialog die Naturgesetze der Sprache, die Leichtigkeit des höflichen und respektvollen Miteinanders und den Erfolg im Team erreichen: gutes Zuhören und leises Sprechen, positives Verstärken durch aufrichtiges Loben und gezieltes Kritisieren auf der Basis friedfertiger Kritikfähigkeit.

Die HarmoniLogie® bringt Menschen und ihre Hunde zum Lachen und befreit das Zusammenleben von komplizierten Strukturen. Diese Methode ist so einfach, dass Tiere sie verstehen.

Die HarmoniLogie® lehrt, einander zu vertrauen und zu respektieren und führt zu einer unendlich tiefen Verbindung zwischen dem Menschen und seinen Gefährten (auch den Zweibeinigen). Die HarmoniLogie® ist ein beweglicher und damit auch lebendiger Prozess der Gesprächsführung. Sie ist dem Tierreich entlehnt.

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Der Hund soll gelassen seine Umwelt wahrnehmen 

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 und jederzeit achtsam auf seinen Menschen reagieren.

HALT IN DER GEMEINSCHAFT

Der Halt innerhalb der Gemeinschaft scheint zum Wohlbefinden des Tieres dazuzugehören. Die Gesetze, die das ermöglichen, geben dem in der Familie lebenden, in Gruppen, Rudeln oder Herden strukturierten Individuum, offensichtlich einen Rahmen, in dem es sich entspannen kann.

Zu Fluchttieren wie Schafen, Ziegen und Pferden habe ich eine sehr enge Beziehung, da ich im Rahmen meiner beruflichen Tätigkeit als Tierwirtschaftsmeisterin eine große Schafherde führe und Pferde ausbilde. Auf der anderen Seite arbeite ich professionell mit Hunden, um die Herden zu treiben und zu lenken, aber auch im sportlichen Bereich sowie in der Therapie- und Begleithundeausbildung. So durfte ich von Raubtieren ebenso lernen wie von Fluchttieren. Eines haben sie alle gemeinsam: Sie sind in Familienverbänden strukturiert und haben ein komplexes sprachliches System, das ihnen ermöglicht, friedfertig in der Gruppe zu leben und erfolgreich als Team zu kooperieren.

DAS SPIEL AUS NÄHE UND DISTANZ

Weder die Schafe noch die Hunde haben Bücher geschrieben oder Erziehungsratgeber gelesen. Gerade die Schafe werden im Allgemeinen nicht für sonderlich intelligent gehalten. Mich verblüffen sie mit der Einfachheit ihrer Sprache, der Klarheit ihrer Regeln und der Verbindlichkeit ihres Systems. Bei den Gesetzen der Herde handelt es sich stets um das Spiel der regulierbaren Distanz und unbedingten Nähe, um das Spiel aus Anspannung und Entspannung oder – wenn Sie so wollen – auch um das intelligente Spiel der Harmonie. Es ist leicht, Nähe zuzulassen, wenn man auch Distanz herstellen kann.

Dieselben Prinzipien finden wir nicht nur innerartlich, sondern auch artübergreifend. Es sind Gesetze der räumlichen Organisation, der körperlichen Sprache und der Höflichkeit. Es handelt sich stets darum, sein Gegenüber zu aktivieren, den eigenen „Tanzbereich“ abzugrenzen und den des anderen zu akzeptieren. Die einfachste Formel hierzu lautet: „Wer bewegt wen?“ Diese regulierbare Distanz erzeugt Sicherheit und Entspannung.

UNGESUNDE DISTANZLOSIGKEIT

In der Mensch-Tier-Kombination wird durch Konditionieren und Arbeiten über Lockreize in manchen Fällen eine Distanzlosigkeit erzeugt, die für die Beziehung ungesund werden kann. Da sind Menschen, die ihre Hunde zahm gemacht haben, und mit diesen meist distanzlosen Tieren versuchen, im Wilden Westen der Hundehalter Fuß zu fassen. Da wird gezogen, gezerrt, geschrien, bedrängt, gelockt und verführt, aber selten überzeugt. Dabei ist es so einfach, etwas Distanz einzufordern, um die zugelassene Nähe besser definieren und gestalten zu können. Und das ist einfach nur ein Gesetz der Natur, das die Tiere schon lange beherrschen und verstanden haben.

Diese Gesetze macht sich die HarmoniLogie® zunutze und dem Menschen verständlich. So schulen wir eine freundliche innere Haltung und erreichen damit eine verbindliche äußere Haltung.

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Eine Beziehung ermöglicht ein freies und glückliches Miteinander voller Vertrauen.

RESPEKT UND VERTRAUEN

GUTE FREUNDINNEN

Ich genieße diese Auszeiten, wenn ich mit meiner Freundin über die Wiesen und durch die Wälder streife. Wir freuen uns des Lebens, freuen uns, einander zu haben, lachen viel und sind auch mal albern. Wir sind immer für den anderen da, unterstützen uns gegenseitig und freuen uns gemeinsam über die Erfolge des anderen und über alles Schöne.

Natürlich ist auch in der besten Freundschaft nicht immer eitel Sonnenschein. Wir sind auch mal unterschiedlicher Meinung und sie setzt mich durchaus auch „auf den Pott“, wenn es sein muss. Das gehört dazu. Denn gerade weil man einander schätzt und vertraut und um das Wohl des anderen besorgt ist, hat man nicht nur das Recht, sondern sogar die Pflicht, ihn in seine Spur zurückzubringen, wenn er auf Abwege gerät. Und man kann den anderen auch mal wegschicken und sagen, dass man allein sein möchte, ohne dass er es gleich krummnimmt. Auf das nächste Treffen freuen wir uns dann umso mehr.

Unsere Beziehung ist ungetrübt und unbeschwert, weil ich aus Erfahrung weiß, dass meine Freundin mir nichts Böses will. Ich habe sie über die Zeit in verschiedenen Lebenssituationen als zuverlässigen Fels in der Brandung erlebt. Was sie sagt, meint sie auch, sie ist nicht wankelmütig – mal so, mal so gibt es bei ihr nicht. Und das gibt Sicherheit.

FREUNDSCHAFTEN MÜSSEN WACHSEN

Am Anfang unserer Beziehung war das natürlich längst nicht so. Lernt man jemanden kennen, steht man sich erst einmal skeptisch gegenüber, tastet sich heran und entfernt sich auch wieder voneinander, bis man genau weiß, was man voneinander halten und erwarten kann. Das Aufbauen von Vertrauen und einer tiefen, unerschütterlichen, belastbaren Freundschaft braucht eben seine Zeit.

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Pombär kommt lachend und ungebremst zu seinem Menschen gerannt.

WAS IST MIT DEN HUNDEN?

Der Vergleich von zwei Erwachsenen, die sich kennenlernen, mit einem Menschen, der einen Welpen zu sich nimmt, hinkt nur ein wenig. Auch wenn ein zwölf Wochen alter Welpe kognitiv schon recht weit entwickelt ist, ist er immer noch infantil und formbar, vielleicht vergleichbar mit einem Kind im Vorschulalter. Er trägt schon alle Möglichkeiten in sich und muss sehr ernst genommen werden. Er entwickelt sich auch viel schneller als ein Menschenkind, denn 15 Jahre Brutpflege kann sich außer dem Homo sapiens kein Wesen leisten. So entspricht ein einjähriger mittelgroßer Hund (bis ca. 15 kg) einem 20jährigen jungen Erwachsenen.

WERTE ÜBERTRAGEN

Hunde sind Hunde und das sollen sie auch bleiben, aber die beschriebenen Werte können wir problemlos auf unser (Zusammen-)Leben mit ihnen übertragen, ohne sie zu vermenschlichen. Nehmen wir sie ernst, respektieren wir sie, haben wir Vertrauen zu ihnen und bringen wir ihnen bei, auch uns Respekt und Vertrauen entgegenzubringen, holen wir sie in unsere Spur, in unser Leben – dann werden wir viel Freude miteinander und aneinander haben.

EIN PLATZ IN DER GEMEINSCHAFT

Und glauben Sie mir, es ist gar nicht so schwierig, wenn sie ein paar Grundsätze beherzigen. Vergessen Sie Ignorieren und Dominanz; die wenigsten Hunde wollen dominieren oder führen. Die meisten haben viel weniger Stress, wenn sie die Verantwortung abgeben können und in einer funktionierenden Gemeinschaft ihren Platz haben.

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Ehrliche Zuneigung erzeugt ein wunderbares Gefühl.

DIE VIER SÄULEN DER KOMMUNIKATION

Das System der HarmoniLogie® erklärt die Zusammenhänge in der Kommunikation einfach, anschaulich und leicht nachvollziehbar. Die Kommunikation nach der HarmoniLogie® besteht aus vier Säulen, die im besten Fall gleichmäßig mit dem Heranwachsen, der Erziehung und der Ausbildung des Tieres wachsen. Diese vier Säulen gilt es, ein Leben lang zu überprüfen.

DIE NÖTIGEN WERKZEUGE

Stellen Sie sich vor, Sie möchten sich eine Holzwerkstatt einrichten. Zunächst benötigen Sie Werkzeug. Sie entwickeln also einen Hammer, eine Säge, einen Hobel und eine Zange. Erst wenn diese vier Werkzeuge fertig und bedienbar sind, Sie gelernt haben, geschickt und sicher mit ihnen umzugehen und sie zu warten und zu pflegen, können Sie beginnen, mit ihnen etwas zu werkeln. Was Sie damit herstellen können, ist abhängig von Ihren individuellen Fertigkeiten und Bedürfnissen sowie Ihrem Talent. Ebenso hängt das Resultat Ihrer Kreativität von der Beschaffenheit und Qualität sowie Quantität Ihres Materials, dem zu bearbeitenden Holz, ab. Und das sollte mit Sorgfalt ausgesucht werden und zu den Anforderungen Ihres Auftrages passen. Das Werkzeug müssen Sie stets pflegen und warten, eventuell nachbessern: ölen und gut aufräumen. Genauso ist es mit dem gelungenen Dialog in der HarmoniLogie®. Zunächst entwickeln wir mit den jungen Tieren die vier Säulen der Kommunikation und dann beginnen wir mithilfe dieser Elemente ihre Ausbildung. Die wiederum wird auch der Veranlagung des Hundes angepasst, damit die Ziele erreichbar werden. Die Nummerierung der Säulen entspricht ihrer Wichtigkeit, kann aber durchaus auch in einer anderen Reihenfolge zur Geltung kommen.

SÄULE 1: DIE ANSPRECHBARKEIT

Jemanden immer erreichen, ohne Hindernis Kontakt zu ihm aufnehmen zu können und mit Leichtigkeit (s)eine stabile Aufmerksamkeit zu bekommen, ist die Grundlage jeder Beziehung. Dieses Interesse aneinander ist nicht gottgegeben, sondern hat mit Respekt und Vertrauen zu tun. Das Ziel ist, immer und unter allen Umständen, Kontakt zu und Aufmerksamkeit füreinander herstellen zu können. Oft wird das erst möglich, wenn die anderen Säulen ebenso mit in den Fokus genommen werden.

WAS BEDEUTET ANSPRECHBARKEIT?

Unter Ansprechbarkeit verstehen wir, dass der Hund zumindest Blickkontakt zu uns aufnimmt, wenn wir seinen Namen sagen. Und wir sagen seinen Namen nur, wenn wir auch tatsächlich diese Reaktion erzielen möchten. Diese Klarheit und Eindeutigkeit ermöglicht dem Tier, verbindlich zu reagieren, und darauf bauen wir die „ziehende Hilfe“ (siehe Kapitel „Die Hilfen“) auf.

Das Bild, das ich sehen möchte, ist ein Hund, der unvermittelt mit geöffnetem Maul, freundlichen Augen, verspielten Ohren und wedelnder Rute auf direktem Weg ganz dicht zu mir kommt, sich vor mich hinsetzt, mich ruhig und stetig anschaut und sich nicht ablenken lässt. Später in der Ausbildung kann dieses perfekte Bild etwas verwischen und der unmittelbare dauerhafte Blickkontakt kann ausreichen. Aufgebaut wird die Schulung nach der HarmoniLogie® jedoch auf das perfekte Gesamtpaket und das nennt sich dann die „ziehenden Hilfe“. Es ist, als hätte Ihr Hund ein Handy und würde zuverlässig erreichbar sein und immer drangehen, wenn Sie ihn anrufen.

SÄULE 2: DIE STÖRBARKEIT

Es nervt, wenn der Radiosender verrutscht ist, und man wird sogleich aktiv, um ihn wieder besser einzustellen: Es ist eine Störung. Wenn das Baby aufwacht und leise jammert, steht die Mutter auf und schaut nach ihm: Es ist eine Störung. Wenn alle still in der Besprechung sitzen und an einem Thema arbeiten, nur einer tippt ständig mit dem Stift auf den Tisch, dann kann das ablenken: Es ist eine Störung. Und was Ihr Hund als Störung empfindet, das werden Sie mithilfe dieses Buches herausfinden können. Störungen sind Unterbrechungen, die bis zu dem, der gestört werden soll, durchdringen. Das kann ein Ausschütteln der Leine sein, ein Straffen des Körpers, ein Aufstampfen mit dem Fuß, das Schlagen mit der Leine an den Anorak oder auch das Auf-den-Hund-Zugehen. Es gibt unzählige Möglichkeiten, sein Gegenüber zu stören, und jeder Mensch sowie jeder Hund ist anders veranlagt.

EINFACH UNTERBRECHEN

Die Störung ist das beste und erste Hilfsmittel, um die Ansprechbarkeit zu unterstützen. Stören heißt nicht strafen, sondern einfach nur unterbrechen. Wie leicht oder auch schwer jemand sich stören lässt, ist ganz unterschiedlich. So kann ein Husten die Stille stören, das Nennen des Namens oder selbst ein Lob die Konzentration ablenken und ein Gähnen die Aufmerksamkeit unterbrechen. Es geht also bei der Art und Intensität der Störung ausschließlich um die Sensibilität desjenigen, der gestört werden soll. Ist unser Hund sehr sensibel, reicht ein leichtes, leises Nein. Ist unser Kollege etwas dickköpfig, dann darf der dennoch leisen, akustischen Störung ein in seiner Intensität an die Dickfelligkeit angepasster Impuls folgen – aber auf keinen Fall Aggressivität. Sobald die Störung erfolgreich war, sollte sie sofort aufhören, nur dann können wir eine Sensibilisierung und somit Leichtigkeit und Feinheit erreichen. Wir stören also so wenig wie möglich und so viel wie nötig. Schon die kleinste Verhaltensänderung reicht uns, um die Störung einzustellen. Lässt sich der Hund im Verlauf des Trainings immer einfacher stören, optimieren wir damit langsam seine Reaktion.

ZIEHENDES ODER SCHIEBENDES „STÖREN“

Und genau das können wir uns in der Ausbildung zunutze machen. Hier haben wir die Störung angepasst an die Polarität der Lösung. Liegt die Lösung näher bei uns, können wir mit dem Namen stören; liegt sie weiter von uns weg, wäre eine Störung wertvoll, die etwas Distanz einfordert. Wir nennen das „ziehend oder schiebend interpretiertes Stören“. Dies bauen wir auf, wenn der Hund grundsätzlich störbar ist. Das Feintuning der Störbarkeit ist ein faszinierender Prozess, bei dem viele Menschen das Gefühl bekommen, richtig tief in einen Dialog mit dem vierbeinigen Freund zu kommen. Und die Wahrnehmung, dass unser Gegenüber sensibel für uns ist und wir fein und leise Einfluss nehmen können, erzeugt ein tiefes Verständnis für das System des gelungenen Dialoges, eben das System der HarmoniLogie®.

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Ein abgelenkter, unaufmerksamer Hund 

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… sollte sich nach einer leichten Störung 

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… wieder seinem Menschen zuwenden.

SÄULE 3: DIE LOBBARKEIT

Es kommt jemand zu Ihnen, den Sie respektieren. Die Person steht vor Ihnen, schaut Sie weich und freundlich an. Dann sagt sie mit ruhiger Stimme: „Das hast Du richtig gut gemacht. Alle Achtung, weiter so“, ohne gehetzt zu sein. Das geht runter wie Öl – oder? Und es bietet Treibstoff für die nächsten 100 Kilometer. Damit Sie das als würdigend und motivierend empfinden, braucht es Kontakt, Ruhe, Zeit und ein gesundes Gefüge aus Respekt und Vertrauen, und natürlich noch die kleine Heldentat von Ihnen, die es zu loben gilt.

BIS DAS LOB ANKOMMT

Dieses Beispiel verdeutlicht, was es mit dem zunächst etwas abstrakten Begriff der Lobbarkeit auf sich hat. Im Rahmen der HarmoniLogie® verstehen wir darunter die Fähigkeit des Tieres, das Lob des Menschen anzunehmen, und auch die Fähigkeit des Menschen, so zu loben, bis das Lob ankommt. Beim Hund drückt sich das in Entspannungssignalen wie tiefem Durchatmen, Abschmatzen, Lidschlag, Wedeln oder Ohrenspiel aus. Durch gezieltes Ausstreichen der Nasalfalte, durch feste, warme Berührungen und Lobworte können wir die Tiere in Ruhe loben. Gerne benutze ich im Training auch das eigentliche Signal als Lobwort, z. B. beim Herkommen oder auch Hinlegen, und kann somit dem Hund sehr punktgenau durch meine Stimmmelodie die Bestätigung geben, dass das, was er gerade tut, richtig ist und dass er es genau so weitermachen soll.

Manchmal macht es Sinn, aktiver zu loben, damit mehr Bewegung in das Becken des Hundes kommt (das ganze Hinterteil muss wackeln!). Sobald er wedelt und sein Maul öffnet, werden Hormone freigesetzt, die die Bindungsbereitschaft fördern.

DAS SALZ IN DER SUPPE

Die Lobbarkeit gibt jeder Beziehung das Gewürz, das sie schmackhaft macht, sie ist das Salz in der Suppe. Hier erzeugen wir Motivation, Entspannung und Bindung. Das Lob ist das Hilfsmittel in der Schule, ob bei Tieren oder Menschen, das Lernen und Kritikfähigkeit ermöglicht, und wir können darüber tiefe Zufriedenheit und Wohlbehagen verbindlich erzeugen.

Der positiv aktivierte Hund ist das Ziel der HarmoniLogie®. Die Möglichkeit, den Hund punktgenau positiv zu aktivieren, gibt uns Menschen eine riesengroße Chance, gewünschtes Verhalten sofort, nachhaltig und ehrlich zu verstärken und somit immer häufiger abzurufen.

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Gelungener Kontakt wird stets mit aufrichtigem Lob gewürdigt.

SÄULE 4: DIE ABGRENZBARKEIT

Das permanente Spiel aus Nähe und Distanz, das Beziehungen stabil werden lässt, das Einrichten des eigenen „Tanzbereichs“, das Zollen und Fordern von Respekt schafft Frieden und ermöglicht das Zusammenleben in familiären Strukturen. Die Möglichkeit, leicht und freundlich Distanz einzufordern, sorgt im Umkehrschluss für eine wunderbar aufgeräumte Nähe. Bei leiser Aufforderung, Distanz herzustellen, sollte diese unmittelbar und ohne Spannung zu sehen sein.

Bei den Hunden benutzen wir hierfür die sogenannte „schiebende Hilfe“ (siehe Kapitel „Die Hilfen“).

Mit dieser Hilfe fordere ich den Hund durch ein leises Signal (Knurr-Ton) auf, sich etwas von mir zu entfernen und Höflichkeitssignale zu senden. Das bedeutet, der Hund tritt ruhig und entspannt seitwärts von mir weg, schaut mich an, spielt mit den Ohren in alle Richtungen, öffnet sein Maul, schleckt seitwärts ab, hat eine entspannte Rückenlinie, fußt vom Ballen zur Zehe mit entspannten Beinen und wedelt aktiv unterhalb der Waagerechten (Rückenlinie). Er wirkt im Ganzen losgelassen.

Dieses Bild nennen wir das „aktive Angebot“.

Diese vierte Säule schulen wir erst, wenn der Mensch im Dialog mit seinem Tier gelernt hat, sein Tier zu „lesen“ und selbst korrekte Laufmuster auszuführen. Mit der schiebenden Hilfe und der Möglichkeit, friedlich Distanz zu erzeugen, gehen wir Menschen sehr tief auf die innere Haltung des Tieres ein.

IN KÜRZE

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Die vier Säulen der Kommunikation mit den drei Aspekten der Antwort

DIE DREI ASPEKTE DER ANTWORT

DER DIALOG VOR DEM DIALOG

Sie kennen es aus dem zwischenmenschlichen Bereich, dass es einen Dialog vor dem Dialog gibt. Es ist der erste Eindruck, es ist die sehr sensitive Wahrnehmung, ob man jemanden riechen kann oder nicht, es ist eine Art der Sympathie, die sich ohne Worte transportiert. Sie erfassen Ihren Artgenossen einfach ganz natürlich und blitzschnell in dem Moment der ersten Begegnung.

VERSCHIEDENE MÖGLICHKEITEN

Szene 1   Sie kommen nach Hause. Ihr Partner steht in der Küche und blickt aus dem Fenster. Sie sagen: „Hallo.“ Ihr Gegenüber dreht sich unvermittelt um, schaut Sie an und lächelt mit einer weichen, einladenden Körperhaltung. Der Dialog kann beginnen.

Szene 2   Sie kommen nach Hause. Ihr Partner steht in der Küche und blickt aus dem Fenster. Sie sagen: „Hallo.“ Ihr Partner dreht sich nicht um
 oder er dreht sich um, die Arme vor dem Körper verschränkt, den Mund verschlossen. Sie spüren sofort, dass etwas nicht stimmt.

Es gibt viele Varianten, die dafür entscheidend sind, ob ein Dialog ins Fließen kommt oder nicht, und genau das ist quasi der Dialog vor dem Dialog. Es ist all das, was Sie an Ihrem Gegenüber bewusst und unbewusst wahrnehmen, bevor Sie in echten Kontakt miteinander treten.

Es sind, um es leicht zu machen, die drei Aspekte einer Antwort.

Ich habe diese drei Aspekte von meinen Tieren gelernt und in der HarmoniLogie® für Sie zusammengefasst. Es fällt mir unglaublich leicht, mit dieser Struktur auf der einen Seite einen Dialog zu führen, auf der anderen Seite aber auch die Fehlerquellen zu identifizieren und sofort daran zu arbeiten.

NR. 1: DIE UNMITTELBARE REAKTION

Wir erwarten von unserem Gegenüber eine nicht definierte, unmittelbare Reaktion auf unser Auftreten, unsere Ansprache. Jede Form von Verzögerung kann schnell und leicht identifiziert werden. Fragen Sie sich also nur, ob Ihr Gegenüber unmittelbar und klar orientiert reagiert: ja oder nein.

Hier beginnen wir, unseren Partner, ganz egal wie viele Beine er hat, zu LESEN. Und lesen bedeutet tatsächlich nur wahrnehmen, ohne die Reaktion zu bewerten, ohne sie verändern zu wollen. Wir machen also eine Art Bestandsaufnahme, fertigen ein imaginäres Protokoll an und befassen uns nur mit aktuellen Fragen.

PROMPTE REAKTION GEWÜNSCHT

Die Unmittelbarkeit ist kein dehnbarer Begriff, sondern bedeutet tatsächlich: prompt, direkt, ohne Umschweife und dann auch noch klar orientiert. Spreche ich meinen Hund an, dann habe ich stets nur die eine wichtige und konsequente Erwartung an ihn: Er MUSS auf mich reagieren, mich irgendwie zur Kenntnis nehmen und mir aufrichtig Kontakt anbieten.

Erinnern wir uns an das Handy, das unser Hund hat (Kap. „Ansprechbarkeit“): Er muss drangehen, wenn ich anrufe! Funklöcher oder leere Akkus sind inakzeptabel! Obgleich sogar wir Menschen uns manchmal allerhand Ausreden, warum es gerade nicht so geht, zusammenreimen könnten, muss die prompte Antwort unsere Maxime sein.

VERSCHIEDENE CHARAKTERE

Es gibt Hunde, die sind absolut unmittelbar und sensitiv, und es gibt Hunde, die sind es nicht. Wir finden rassespezifische Unterschiede, verschiedene Charaktere und spezielle Individuen. Stellen Sie bei Ihrem speziellen Individuum fest, dass es nicht unmittelbar auf Sie, aber absolut unmittelbar auf eine davonlaufende Katze reagiert, dann ist es doch nicht so speziell, sondern ihm ist nur die Unmittelbarkeit nicht anerzogen. Sie dürfen diese Reaktion nicht nur einfordern, nein, Sie müssen es sogar, denn der Grundstein einer Beziehung ist, die Bereitschaft und Fähigkeit, Kontakt miteinander aufzunehmen. Und die Vision dieser Bereitschaft dürfen und sollen Sie im Zusammenleben mit Ihrem vierbeinigen Partner haben.

Ich möchte noch einmal deutlich machen, dass es bei der Unmittelbarkeit der Reaktion wirklich nur um den Tatbestand einer Reaktion geht. Sie wird anfangs nicht spezifiziert oder definiert. Das tun wir erst beim nächsten Aspekt: bei der korrekten inneren Haltung.

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Verschiedene Rassen, unterschiedliche Charaktere, viele Individuen: Und dennoch möchte jeder Hund sofort Kontakt aufnehmen.

DAS ZIEL

Das Ziel ist, dass Ihr Hund sich Ihnen ohne Umschweife zuwendet und Ihnen Kontakt anbietet, wenn Sie ihn freundlich und leise beim Namen nennen. Er soll Ihnen die Bereitschaft zuzuhören signalisieren. Zu Beginn der Ausbildung können Sie davon noch weit entfernt sein; möglicherweise bekommen Sie gar keine oder nur eine kurze Reaktion. Anfangs weiß er noch nicht, dass Sie mit ihm sprechen möchten. Das ist nicht schlimm, das wird sich im Lauf des Trainings ändern. Denn er kennt es aus dem Tierreich: Nicht achtsam sein, einfach nicht reagieren, das gibt es dort nicht und wird auch nicht geduldet. Dieser Moment erzeugt unter den Tieren stets eine Disharmonie.

NR. 2: DIE KORREKTE INNERE HALTUNG

Jetzt müssen Sie die Reaktion Ihres Gegenübers genauer betrachten. Was vielen Menschen bei ihren Artgenossen noch leichtfällt, ist artübergreifend schon nicht mehr ganz so selbstverständlich. Das Erfassen oder eben auch echte Wahrnehmen einer Reaktion dürfen Sie verstehen wie das Lesen eines Wortes. Sie setzen die Buchstaben aneinander, ohne sie zu bewerten oder verändern zu wollen. Die Buchstaben sind hier die verschiedenen Signale, die ein Hund aussendet. Und das ist etwas, was sich häufig der Wahrnehmung des Menschen entzieht. Nun geht es nicht mehr nur darum, dass der Hund reagiert, Sie sollen nun auch noch ganz genau hinschauen und identifizieren, wie er reagiert.

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Voller Freude angerannt – eine tolle innere Haltung!

HUNDE RICHTIG LESEN
— für einen wertfreien Dialog

Ich beginne mit dem Lesen sehr langsam und Schritt für Schritt. Nehme ich mir erst die Großbuchstaben des Hundekörpers vor, so wie Kopf, Rücken, Gangwerk und Rute, folgt dann das Erlesen des Kleingeschriebenen.

Am Kopf beginne ich mit dem Maul

Dann schauen wir nach den Augen

Nun betrachten wir die Ohren

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© Friederike Becker 01  Unbewegt und angespannt. Ob Konzentration oder negative Spannung verrät der Rest des Körpers.

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© Friederike Becker 02  Das Tasthaar auf 90 Grad sowie aufgestelltes Nackenhaar deutet auf Oberflächenspannung hin.

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© Friederike Becker 03  Das seitliche Abschlecken bei geöffnetem Maul ist im Zusammenhang mit Entspannung zu lesen.

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© Friederike Becker 04  Entspannt, beweglich und zugewandt, eine ansteckende Freundlichkeit, die zum Gespräch einlädt.

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© Friederike Becker 05  Gerundeter Mundwinkel, Frontalstellung, aufrechter Körper und ein starres Auge. Bitte Vorsicht!

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© Friederike Becker 06  Geöffnetes Maul, bewegliches Auge, gewinkelter Körper, alle Signale laden zum Kontakt ein.

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© Friederike Becker 07  Das Putzen des Nasenspiegels bei geschlossenem Maul ist nicht unbedingt ein Abschlecken.

Schauen wir nach dem Rücken

Dieser beginnt im Zusammenhang des Lesens direkt hinter dem Kopf im Nacken und endet am Rutenansatz.

Der Rücken ist die sogenannte Mittelhand. Zu der gibt es eine Vorhand, also Schulter und Vorderbeine, sowie eine Hinterhand, eben das Becken und die Hintergliedmaßen. Das ist das Gangwerk. Jede Bewegungsart des Hundes hat einen eigenen Rhythmus. So ist der Schritt ein geregelter Viertakt, der Trab ein Zweitakt und der Galopp ein Dreitakt. Hunde können, anders als Pferde beispielsweise, unglaubliche Spannung in der Mittelhand halten und so kann es zu deutlichen Bewegungsstörungen kommen. Das ist nicht unbedingt negativ zu sehen. So kann ein begeisterter Hund z. B. vorne galoppieren, während er hinten noch trabt. Und andersherum. Ein fester oder auch vekürzter Rücken kann zum Passgang im Schritt sowie im Trab führen, was sowohl genetische als auch gelernte Hintergründe haben kann.

Der vierte Großbuchstabe wäre die Rute.

Wie verhält es sich mit ihr, und wo befindet sie sich in seiner Freizeit? Auch hier gib es extreme rassebedingte Unterschiede und es lohnt sich, die Rute des eigenen Hundes gut zu studieren.

Das Ziel ist der „lachende Hund“, der in der Ansprache unmittelbar auf Sie reagiert, das Mäulchen geöffnet hat, seitwärts abschleckt, weiche, bewegliche, entspannte Augen mit ruhigem Lidschlag hat, ein bewegliches, entspanntes Ohrenspiel zeigt, einen weichen Rücken hat, sich bewegungskonform bewegt und eine Rute, die in der Waagerechten oder darunter aktiv vom Ansatz her wedelt.

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© Friederike Becker 01  Der Schritt als geregelter Viertakt ohne Anzeichen von Spannung oder Passgang.

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© Friederike Becker 02  Aktives Wedeln aus dem Rutenansatz enthält immer eine aktive Bewegung des Beckens.

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© Friederike Becker 03  Der Trab ist ein geregelter Zweitakt bei aktiver Rückentätigkeit und ohne Passgang.

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© Friederike Becker 04  Der Galopp ist es ein geregelter Dreitakt.

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© Friederike Becker 05  Der Hund rollt vom Ballen zur Zehe hin ab.

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© Friederike Becker 06  Die Eigensprache der Hunde ist stark rassebedingt beeinflusst und zudem individuell extrem vielseitig.

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© Friederike Becker 07  Hochfrequentes Beutefangverhalten: Geduckt und lauernd arbeitet der Border Collie an der Herde.

LESEN OHNE ZU BEWERTEN

Leicht lesbar ist für die meisten Menschen das Maul und man kann schnell beurteilen, ob es geöffnet oder geschlossen ist. Auch die Rute können viele Menschen leicht erkennen und feststellen, ob sie beweglich oder fest ist.

Die Feinheiten, wie Lidschlag, Ohrenspiel, die Tätigkeit des Maules (Abschmatzen, Abschlecken, Züngeln, Gähnen) sowie die Art, wie der Hund die Pfoten aufsetzt (Zehen-Ballen-Fußung oder Ballen-Zehen-Fußung) sowie die Tätigkeit der Nacken- oder auch Rückenmuskulatur können viele Menschen erst wahrnehmen und erkennen, wenn sie sich im Lesen etwas haben schulen lassen.

Ich beginne jede Unterrichtsstunde mit der Aufforderung an den Menschen: „Bitte laden Sie Ihren Hund ein. Und sagen Sie mir, was Sie gesehen haben.“ Genau an dieser Stelle beginnt für die meisten Menschen etwas ganz Neues. Sie sollen nicht beschreiben, was der Hund gut oder schlecht gemacht hat. Sie sollen den Hund nicht bewerten. Es geht darum, systematisch abzuarbeiten, was nach der Ansprache genau passiert ist. Neutral, reduziert und absolut sachlich. War er unmittelbar, war er klar orientiert und wie sah er dabei aus? Und wenn sie es nicht gut erkennen konnten, ist das gar nicht schlimm. Dann stellen wir ihnen die Frage eben noch einmal.

DER VERLAUF DES DIALOGS

Und es ist auch nicht schlimm, wenn der Hund gar nicht reagiert. Auch das ist eine Information und bestimmt den weiteren Verlauf des Dialoges. Reagiert er gar nicht, dann werden wir mit der Säule der Störbarkeit beginnen (siehe Kapitel „Das intelligente Spiel mit der Harmonie“). Reagiert er aber doch irgendwie, dann „protokollieren“ wir die Art der Signale und ordnen sie den verschiedenen Funktionskreisen zu (Die 6 Karten der Möglichkeiten, siehe Kapitel „Die sechs Lernmuster der Natur“).

Und wären wir mit der Reaktion überwiegend zufrieden, dann würden wir zunächst zu Säule 3 wechseln und die Lobbarkeit überprüfen, und so haben Sie einen einfach strukturierten Fahrplan für den weiteren Verlauf des Kommunikationstrainings. Beginnen Sie mit der Ansprechbarkeit (= Säule 1) und überprüfen Sie die drei Aspekte der Antwort. Bekommen Sie keine Antwort, dann wechseln Sie zu Säule 2 (= Störbarkeit) und überprüfen hier die drei Aspekte der Antwort, also ist er unmittelbar störbar, reagiert er in der Störung mit einer korrekten inneren Haltung und ist die Ausführung korrekt? Dann wechseln Sie wieder zur Ansprechbarkeit, die meist zu 100 Prozent besser ist als vorher. Sind Sie aber mit der Ansprechbarkeit gleich zu Beginn zufrieden, dann können Sie gerne erst zur Lobbarkeit übergehen und diese nach den drei Aspekten der Antwort überprüfen. Ist er unmittelbar lobbar, reagiert er mit den entsprechenden Signalen und ist die Ausführung angemessen?

Haben Sie von Haus aus einen unmittelbaren, freundlichen Hund oder aber dieses Ziel bereits mit Ihrem Hund erarbeitet, dann können Sie sich um den dritten Aspekt der Antwort kümmern. Er ist erst nach den beiden anderen entscheidend für den Verlauf der Ausbildung.

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01  Entspannter Blick, bewegliches Ohr und geöffnetes Maul signalisieren freundliche Kontaktbereitschaft.

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02  Das seitliche Abschlecken bei entspannter Mimik entspricht den Höflichkeitssignalen der Hunde.

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03  Ein geöffnetes Maul, entspannter Lidschlag sowie das aktive Anbieten von Kontakt im Lob entwickelt sich zu einem Glücksritual.

NR. 3: DIE KORREKTE INHALTLICHE ANTWORT

Hier geht es um die richtige Ausführung der Lektion. Also einfach darum, ob Ihr Hund das tut, was Sie ihm gesagt haben, die Lektion ordentlich ausführt – sofern er hierfür bereits geschult wurde – oder nicht.

Die korrekte inhaltliche Antwort auf die Ansprechbarkeit wäre demnach

Die korrekte inhaltliche Antwort auf die Lobbarkeit wäre

Die korrekte inhaltliche Antwort auf die Störbarkeit wäre

Es entsteht der Eindruck, als würde der Hund dem Menschen Zeit geben, seine eigentliche Information in Ruhe neu zu erklären.

Und sehr ähnlich hierzu ist die korrekte inhaltliche Antwort auf die Abgrenzbarkeit, die schiebende Hilfe:

„Sprich leise, denn er hört Dir zu“