cover.jpg

img1.jpg

 

Nr. 538

 

Die Panikmacher

 

Phantomschiff MARCO POLO – sie schlagen überraschend zu und verschwinden spurlos

 

von H. G. FRANCIS

 

img2.jpg

 

Auf Terra und den anderen Menschheitswelten schreibt man Anfang Juni des Jahres 3442.

Trotz ihrer relativ geringen Anzahl haben Perry Rhodan und die von der galaxisweiten Intelligenzretardierung nicht betroffenen Terraner im Kampf gegen das Chaos und gegen die Macht des Schwarms bereits Großes geleistet.

Und der stolzeste Erfolg, den die Männer der INTERSOLAR und der GOOD HOPE II in letzter Zeit verbuchen konnten, war wohl die Aktion Trantus-Tona, bei der es ihnen gelang, eine große Teilungsflotte der Gelben Eroberer zu vertreiben und einen Planeten mit 500 Millionen Einwohnern vor dem sicheren Untergang zu bewahren.

Doch auch auf der Erde selbst sind inzwischen bedeutsame Fortschritte zu verzeichnen gewesen. Die meisten Menschen dort haben ihre frühere Intelligenz teilweise wieder zurückgewonnen und nutzbringend eingesetzt.

Das gilt besonders für die Männer und Frauen der MARCO POLO. Sie kehrten an Bord des Flaggschiffs zurück und erlangten, als sie in den Schwarm eindrangen, ihre Intelligenz völlig zurück.

Mit der voll bemannten und voll kampffähigen MARCO POLO und ihren Beibooten verfügt Perry Rhodan nun über eine beachtliche Streitmacht, mit der es gelingen sollte, die Herrscher des Schwarms in Unruhe zu versetzen.

Und genau das ist auch Perry Rhodans Absicht, denn er und seine Leute betätigen sich als PANIKMACHER ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Perry Rhodan – Der Großadministrator befehligt ein Phantomschiff.

Atlan – Der Lordadmiral fungiert als Kreuzerchef.

Dr. Jacobi – Virologe der MARCO POLO.

Major Kainoro Matatsi – Kommandant eines vom Pech verfolgten Schiffes.

Toronar Kasom – Pilot einer Space-Jet und der CMP-49.

Sandal Tolk – Der Krieger von Exota Alpha erhält eine neue Gelegenheit, Rache zu üben.

1.

 

»Noch drei Minuten, Sir«, sagte der Astrophysiker.

Perry Rhodan unterbrach die Verbindung. Er blickte zu den drei Emotionauten hinüber, die unter den SERT-Hauben saßen. Die MARCO POLO war startbereit.

»Ortung«, meldete einer der Offiziere. »Sir, die Ortungszentrale meldet 38 Raumschiffe, darunter mehrere Manips.«

»Entfernung?«

»7,6 Millionen Kilometer.«

Rhodan nickte. Er schien nicht beunruhigt zu sein.

Die MARCO POLO bewegte sich mit halber Lichtgeschwindigkeit durch den Raum.

Das bedeutete Stillstand.

Die Astronomen, Astrophysiker und Kosmonauten des Schiffes arbeiteten fieberhaft daran, die Sterne und Sonnensysteme des Schwarmes kartographisch zu erfassen. Sie bemühten sich, mit Hilfe photographischer Aufnahmen, lichtschneller Ortung sowie der überlichtschnellen Massen- und Energietaster ein möglichst genaues Bild des Schwarminnern zu bekommen. Pausenlos liefen die Daten ein. Sie wurden in die astronomischen Spezialpositroniken gegeben. Ein Heer von Mathematikern hätte Jahrhunderte benötigt, um eine Aufgabe wie diese ähnlich exakt und umfassend zu bewältigen.

Die MARCO POLO befand sich im Schwarm. Mit Hilfe des Supermutanten Ribald Corello und des Sextagoniums war es gelungen, den Energieschirm zu öffnen, der den Schwarm umgab. Dadurch hatte Rhodan entscheidende Informationen erhalten. Sie hatten zu der Erkenntnis geführt, dass die MARCO POLO mit Hilfe ihres Dimesextatriebwerkes den Schirm ebenfalls durchstoßen konnte. Mit einem gewagten Manöver war das Schiff in den Schwarm eingedrungen und hatte sich seiner Geschwindigkeit angepasst. So flog es jetzt mit halber Lichtgeschwindigkeit und stand im Verhältnis zu den anderen Sternen des Schwarmes doch still.

Um die Wahrscheinlichkeit einer Ortung zu verringern, hatte Rhodan darauf verzichtet, die Schutzschirme einzuschalten. So wurde die energetische Eigenstrahlung sehr weit herabgesetzt. Dennoch waren sie seit ihrem Eindringen schon zum zweiten Mal entdeckt worden. Der Gegner griff bereits an.

Die Sekunden verstrichen.

Deutlich waren die Manips auf den Ortungs- und Beobachtungsschirmen zu erkennen. Diese rochenähnlichen Raumschiffe flogen dem angreifenden Verband voraus.

Rhodan wartete. Er schien die Unruhe nicht zu bemerken, die in seiner Umgebung entstand. Er blickte auf einen Monitorschirm, auf dem er Toronar Kasom sehen konnte. Der Ertruser saß in gespannter Haltung in der Feuerleitzentrale. Ein Lichtzeichen machte deutlich, dass der Offizier die gesamte Abwehrkraft der MARCO POLO mit einem Schlag entfalten konnte.

Dann endlich kam der Befehl des Großadministrators an die Emotionauten. Das Raumschiff setzte seine Fahrt fort. Es beschleunigte mit Höchstwerten und entzog sich den Manips, bevor diese ihre gefürchtete Waffe, die Verdummungsstrahlung, einsetzen konnten.

»Danke, Sir«, sagte der Astrophysiker. »Wir haben alle Daten, die wir benötigen.«

Toronar Kasom kam aus der Feuerleitzentrale herüber. Er lächelte unmerklich.

»Das war wieder einmal knapp«, sagte er zu Rhodan. »Die Astronomen sollten vielleicht noch ein wenig schneller arbeiten.«

»Sie benötigen wenigstens fünfzehn Minuten«, entgegnete Rhodan. »Unter dieser Zeit ist nichts zu machen.«

»Hoffentlich brauchen die Manips immer sechzehn oder siebzehn Minuten.«

»Als kleine Sicherheitsreserve haben wir dann noch immer einen Toronar Kasom«, erwiderte Rhodan lächelnd. »Das sollte doch eigentlich genügen.«

»Die Sicherheitsreserve hat eine kurze Freiwache, Sir.«

Er lächelte ebenfalls, als er die Hauptkommandozentrale der MARCO POLO verließ.

 

*

 

Zehn Minuten später betrat der Ertruser einen Hangar im Triebwerksringwulst des Ultraschlachtschiffes. Er prallte mit einem Terra-Japaner zusammen, der sich ihm mit einem Satz entgegenwarf und dabei einen gellenden Schrei ausstieß.

Toronar Kasom schloss seine Arme um den Major und hielt ihn fest.

»Die Schotte dicht«, schrie Kainoro Matatsi, »machen Sie die Schotte zu. Sie dürfen den Hangar nicht verlassen.«

Der Ertruser schob den Terraner mit ausgestreckten Armen von sich weg und ließ ihn in der Luft zappeln. Mit besorgtem Gesicht musterte er den Kommandanten der CMP-18.

»Ist Ihnen nicht gut?«, fragte er.

»Mir geht es ausgezeichnet«, entgegnete Matatsi und versuchte, sich aus dem eisernen Griff zu befreien. »Aber Ihnen wird es bald schlecht ergehen, wenn Sie die Schleuse nicht sofort schließen.«

»Nur keine Drohungen«, sagte Toronar Kasom grinsend.

Der Terra-Japaner stöhnte.

»Begreifen Sie denn nicht?«, fragte er. »Wenn wir jetzt nicht aufpassen, bricht eine Katastrophe über die MARCO POLO herein.«

Der Ertruser schüttelte den Kopf.

»Bisher sind Sie mir immer als recht vernünftiger Mensch erschienen«, sagte er und setzte den Major ab, »jetzt aber scheint mir doch etwas bei Ihnen durcheinandergeraten zu sein.«

Kainoro Matatsi schnellte sich mit einem Satz zur Seite. Er landete auf dem Boden und griff mit ausgestreckten Armen zwischen zwei abgestellte Kisten. Dann erinnerte er sich daran, dass die Schleuse noch immer offenstand. Er sprang hoch und drückte den Knopf in der Wand. Die Schotte schoben sich langsam zusammen.

In diesem Augenblick hoppelte ein weißes Kaninchen von den Kisten zur Schleuse hin. Matatsi stieß einen Schrei aus. Er versuchte, das Tier zu fangen, aber es entschlüpfte ihm durch den sich schließenden Spalt. Er fluchte und drückte den Knopf erneut. Ungeduldig wartete er, bis die Schotte so weit auseinandergefahren waren, dass er den Hangar verlassen konnte.

Toronar Kasom beobachtete ihn staunend.

Der Major stand auf dem Gang vor der Schleuse und blickte sich ratlos nach allen Seiten um.

»Es ist verschwunden«, sagte er. »Jetzt ist es passiert.«

Er kam zu dem Ertruser zurück.

»Begreifen Sie denn nicht? Das war auch ein tragendes Tier.«

»Bin ich in ein Tollhaus geraten?«, fragte Toronar Kasom. »Oder sollte ich mich tatsächlich noch an Bord des Ultraschlachtschiffes MARCO POLO befinden?«

Kainoro Matatsi blickte ihn verständnislos an. Kasom zeigte auf den Gang hinaus.

»Da ist es«, sagte er.

Der Major raste auf den Gang hinaus. Er sah das Kaninchen, das aus einem Schaltkasten herauskam. Sofort stürzte er sich auf das Tier, das ihm jedoch abermals entwischte. Er sprang wieder hoch und rannte hinter dem Kaninchen her. Immer wieder versuchte er, es im Sprung zu erwischen, doch er landete immer nur kläglich auf dem Bauch.

Das Kaninchen hoppelte einen oder zwei Meter weiter, blickte sich dann nach ihm um und blieb ruhig sitzen, als sei nichts geschehen.

Toronar Kasom begann zu lachen.

Kainoro Matatsi wurde wütend. Er beschimpfte das Tier. Der Schweiß rann ihm über das Gesicht. Das Gelächter des Ertrusers steigerte seinen Eifer. Wieder und wieder sprang er nach dem kleinen Flüchtling, aber er fing ihn nicht.

Schließlich rannte das Kaninchen hakenschlagend an Toronar Kasom vorbei. Der Ertruser bückte sich mit einer gedankenschnellen Bewegung. Als er sich wieder aufrichtete, hielt er das Tier hoch.

»Können wir jetzt wieder vernünftig miteinander reden?«, fragte er.

Major Kainoro Matatsi wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht. Er versuchte, etwas zu sagen, war jedoch so ausgepumpt, dass er kein Wort über die Lippen brachte.

Kasom führte ihn in den Hangar und schloss die Schleusenschotte. Er sah, dass einige Mannschaftsmitglieder in der Schleuse von CMP-18 standen. Feixend zogen sie sich in das Innere des Raumschiffes zurück. Major Kainoro Matatsi griff nach dem Kaninchen. Der Umweltangepasste gab es ihm.

»Nun?«

Der Terra-Japaner schüttelte den Kopf.

»Ich weiß auch nicht, wie das passieren konnte«, sagte er. »Irgend jemand hat ein trächtiges Kaninchen mit auf die MARCO POLO gebracht. Nur einer von den noch teilweise Verdummten kann es gewesen sein, als er auf der Erde zum Schiff zurückkehrte. Die äußerst scharfen Kontrollen waren offenbar doch nicht ausreichend.«

»Soll das heißen, dass sich noch mehr Kaninchen an Bord der CMP-18 befinden?«, fragte Kasom.

»Leider ja«, antwortete der Major. »Wie ich schon erwähnte, handelte es sich um ein trächtiges Tier. Es warf acht Junge. Bevor wir das merkten, war schon zuviel Zeit verstrichen. Unter den acht Jungen waren sieben weibliche Tiere, die ...«

»... inzwischen ebenfalls Mutterfreuden entgegensehen«, fuhr Kasom mit sarkastischer Betonung fort. »Das wollten Sie doch sagen.«

Matatsi nickte. Er machte einen völlig verzweifelten Eindruck.

»Das war Mitte März«, entgegnete er. »Jetzt haben wir den 4. Juni 3442 Erdzeit.«

Er stöhnte und hob das Kaninchen hoch, um es Kasom zu zeigen.

»Wissen Sie eigentlich, wie schnell sich diese Biester vermehren?«

»Ich habe keine Ahnung«, gab Kasom zu.

»Das geht so schnell, dass vermutlich sogar die Gelben Eroberer vor Neid erblassen würden«, antwortete der Major. Er deutete auf den Kreuzer CMP-18. »Das Schiff hat nur einen Durchmesser von 100 Metern, aber das ist schon sehr, sehr viel. Sie glauben gar nicht, wie leicht sich darin eine Unmenge von Kaninchen verstecken kann. Wir haben jeden Winkel durchsucht und finden immer noch welche.«

»Sie hätten früher Meldung machen müssen«, stellte Toronar Kasom fest.

Kainoro Matatsi verzog das Gesicht.

»Ich habe den Vorfall erst vor einer Stunde entdeckt. Mir ist es ein Rätsel, dass die Tierchen sich so lange versteckt halten konnten. Sie haben sich von Küchenvorräten ernährt und sind erst herausgekommen, als sie nichts Fressbares mehr fanden.«

»Na, das ist Ihre Sache«, sagte Kasom. »Der Küchenchef wird sich freuen.«

Matatsi weitete erschreckt die Augen.

»Ich werde nicht zulassen, dass auch nur ein einziges Tier in den Kochtopf kommt. Könnten Sie ein Kaninchen schlachten?«

»Das habe ich nicht vor«, entgegnete der Ertruser. »Sentimentalitäten können wir uns jedoch kaum erlauben. Sie haben recht. Für den Kochtopf sind die Tiere vermutlich auch zu schade. Sie sollten sich mit Dr. Serenti in Verbindung setzen. Er nimmt ihnen die Kaninchen wahrscheinlich sofort ab.«

»Was könnte ein Arzt mit den Tieren anfangen?«

»Er experimentiert mit den Regulationsviren«, erklärte Kasom. »Dabei könnten ihm diese ungebetenen Gäste natürlich eine große Hilfe sein.«

»Ich dachte, wir könnten sie auf irgendeinem Planeten aussetzen und sich dann selbst überlassen«, sagte Matatsi nachdenklich. Er kratzte sich hinter dem Ohr. »Aber das scheint auch keine besonders gute Lösung zu sein.«

»Das wäre sogar eine ziemlich schlechte. Die Kaninchen würden sich entweder rasend schnell vermehren und den ganzen Planeten überfluten, oder sie würden sehr schnell eingehen. Das kommt ganz darauf an, welche Lebensbedingungen sie vorfinden. Auf jeden Fall sollten Sie Meldung machen und sich mit Dr. Serenti in Verbindung setzen.«

 

*

 

Der Chefarzt der Inneren Medizin der MARCO POLO war Professor Dr. Khomo Serenti, ein schmaler und sehr ruhiger Mann.

Sein dunkles Gesicht verzog sich, als Toronar Kasom und Major Kainoro Matatsi sein Chefarztzimmer betraten. Verblüfft blickte er auf das Kaninchen im Arm des CMP-Kommandanten.

»Wir dachten, es wäre vielleicht ganz nützlich für Sie, wenn ...«, begann Major Kainoro Matatsi, unterbrach seinen Redefluss dann jedoch unsicher und blickte Toronar Kasom an.

Der Umweltangepasste lächelte.

»Sie dachten«, sagte er mit einem boshaften Unterton. »Das gemeinsame Denken erschien mir als doch noch etwas zu unvollkommen, so dass man nicht davon sprechen kann, wir hätten ...«

»Zur Sache, bitte«, sagte Dr. Serenti energisch. »Was kann ich für Sie tun, meine Herren?«

»Wir wissen, dass Sie Untersuchungen an den Regulationsviren durchführen«, erklärte der Ertruser. »Nun setzt sich die Mannschaft der CMP-18 aus 54 Männern, sechs Frauen und einer unbekannten Zahl von Kaninchen zusammen. Wir können uns vorstellen, dass Sie für Ihre Experimente den tierischen Teil der Besatzung besser verwenden können, als Major Matatsi es bei einem möglichen Einsatz kann.«

Khomo Serenti stellte keine weiteren Fragen. Er hatte schon begriffen.

»Dr. Jacobi wird sich über die Tiere freuen. Sie finden ihn in der virologischen Abteilung.«

»Danke«, sagte Matatsi und eilte davon. Er war froh, sich zurückziehen zu können, weil er das Gefühl hatte, mit seinem Kaninchen fehl am Platz zu sein.

»Kasom?«, fragte er. »Meinen Sie nicht auch, dass die Mediziner schon längst andere Möglichkeiten gefunden haben, ihre Viren zu testen, als ausgerechnet an Kaninchen?«

Sie gingen über einen schmalen Gang bis zu einer Panzertür, auf der ein stilisierter Totenschädel über zwei flach gekreuzten Knochen Lebensgefahr anzeigte. Kasom drückte einen Knopf. Ein Monitorschirm erhellte sich neben der Tür. Das Gesicht von Dr. Jacobi erschien im Bild. Ungehalten über die Störung, fragte er: »Sie wissen hoffentlich, was Sie tun?«

Kainoro Matatsi hob das Kaninchen hoch, so dass der Arzt es sehen konnte. Toronar Kasom lachte dröhnend, als er das verdutzte Gesicht Jacobis sah. Die Panzertür öffnete sich.

Die beiden Männer betraten einen Vorraum. Der Virologe kam ihnen durch eine Glastür entgegen. Er öffnete sie so hastig, dass sie gegen die Schulter des Ertrusers prallte und beängstigend klirrte.

»Reden Sie nicht«, sagte Dr. Jacobi, bevor die beiden Offiziere noch etwas sagen konnten. »Ich habe schon begriffen. Glauben Sie denn wirklich, die Medizin sei im Jahre 1980 stehengeblieben? Wir haben mittlerweile synthetische Biomasse, die für virologische Tests und Untersuchungen zwölf mal besser geeignet ist als jedes Kaninchen.«

Er winkte ihnen auffordernd zu und ging ihnen voran ins Labor. Er führte sie zu einem meterhohen Bildschirm, auf dem sie ein Lebewesen erblickten, wie sie es noch niemals zuvor gesehen hatten.

»Das ist das Regulationsvirus«, erklärte Dr. Jacobi. »Wir haben es isoliert und unter dem Elektronenmikroskop fotografiert.«

Das Gesicht des Wissenschaftlers spiegelte äußerste Gelassenheit wider. Nur in seinen Augen funkelte ein Licht, das verriet, wie stolz er über seine Arbeit war. Dr. Jacobi war wesentlich kleiner als Toronar Kasom. Sogar Kainoro Matatsi überragte ihn noch um einige Zentimeter. Dr. Jacobi hatte ein auffallend schmales Gesicht mit tiefliegenden Augen, einer rundlichen Nase und einem von Narben entstellten Mund. Die sichelförmigen Einschnitte hatte er bei einem Unfall davongetragen. Sein Bartwuchs war selbst mit modernsten Salben nicht ganz zu beherrschen. Die Wangen des Virologen schimmerten blauschwarz, weil der Bart stets zu schnell nachwuchs. Von der inneren Lidfalte beider Augen bis zu den Schläfen hin lief ein dünner, grüner Strich. Auch er stammte von dem Unfall her, bei dem sich ihm die Unterkante einer Schutzbrille tief in die Haut eingeschnitten und sie für alle Zeiten eingefärbt hatte.

Toronar Kasoms Blicke richteten sich auf den Bildschirm.

Das Regulationsvirus verhinderte bei den Gelben Eroberern die Geburtenteilung und verursachte eine unkontrollierte Zellwucherung. Es sah aus wie eine von Brandblasen überzogene Kugel, die in einem Schleim schwamm. Zwischen den Blasen schienen unzählige Augen zu sitzen, die die drei Männer drohend anstarrten.

»Das ist kein besonders schöner Anblick«, sagte Matatsi erschauernd.

»Sie brauchen keine Angst vor dem Virus zu haben«, entgegnete der Wissenschaftler lächelnd. »Es ist für uns Menschen vollkommen harmlos.«

»Wissen Sie das ganz genau?«

»Darüber gibt es nicht den geringsten Zweifel. Bereits mehrere Besatzungsmitglieder sind mit dem infizierten Plasma auf Kokon in Berührung gekommen.« Er schüttelte den Kopf, um seine Feststellung noch zu unterstreichen. »Theoretisch könnten die isolierten Viren eine humanpathogene Wirkung haben, aber daran glaube ich in diesem Fall überhaupt nicht.«

Einer der Assistenten kam zu Dr. Jacobi. Er war sichtlich erregt.

»Würden Sie bitte einmal kommen, um sich die Züchtungen anzusehen?«

Der Virologe blickte ihn überrascht an und ging dann mit ihm. Toronar Kasom und Kainoro Matatsi sahen sich ebenfalls an und folgten den Ärzten.

Dr. Jacobi blieb vor einer Reihe von Reagenzgläsern stehen. In den Röhren war auf lebender Biomasse, die mit menschlichem Zellgewebe vergleichbar war, eine Viruskultur angesetzt worden.

»Das verstehe ich nicht«, sagte Dr. Jacobi beunruhigt.