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Nr. 584

 

Der Mutantenplan

 

Unternehmen ›Phönix‹ beginnt – und ein Astralkörper entsteht

 

von H. G. FRANCIS

 

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Auf Terra und den übrigen Menschheitswelten schreibt man Anfang Juni des Jahres 3444.

Das Leben der Terraner und der übrigen galaktischen Völker nimmt, rund ein Jahr nach Überwindung der Schwarmkrise, wieder seinen gewohnten Gang – wenn man davon absieht, dass viele Menschen des Solaren Imperiums geistig labil zu sein und ihr gesundes Urteilsvermögen nicht zur Gänze zurückgewonnen zu haben scheinen.

Und deshalb ist es kein Wunder, dass die Neuwahlen zum Amt des Großadministrators, die am 1. August stattfinden sollen, unter schlechten politischen Vorzeichen stehen. Demagogen diffamieren den Großadministrator und unterstellen ihm Dinge, die geglaubt werden, obwohl sie leicht zu widerlegen sind.

Perry Rhodan schweigt jedoch zu allen Vorwürfen. Er hat mit den so genannten »Geistermutanten« genug zu tun. Bewusstseine von acht terranischen Mutanten, Mitbegründer des Solaren Imperiums, die seit rund einem halben Jahrtausend als tot galten, sind in der Form einer Zusammenballung paraphysischer Kräfte auf ihren Ursprungsplaneten zurückgekehrt und haben eine weltweite Aufregung verursacht.

Jetzt, in synthetischen Körpern befindlich, sehen die Geistermutanten ihre gegenwärtige Situation als hoffnungslos an. Obwohl die Mediziner auf Tahun alles in ihrer Macht Stehende tun, beschließen die Mutanten, sich selbst zu helfen – und sie entwickeln den MUTANTENPLAN ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Perry Rhodan – Politische Gegner setzen dem Großadministrator zu.

Atlan – Der Lordadmiral ärgert sich über einen alten Freund.

Dr. Paih Terzyu – Leiter einer Klinik auf dem Medoplaneten der USO.

Wuriu Sengu – Ein Astralkörper entsteht.

Poynor 52 – Ein Neu-Arkonide.

Liman Hambug – Ein junger Terraner findet einen neuen Job.

»Die Alten glauben, Männer zweifeln, die Jungen wissen alles.«

Oscar Wilde

 

1.

 

Vermutlich war es das farbenprächtigste Lebewesen, das je zum dritten Planeten der Sonne Tah gekommen war.

Der Miclarc-Zwitter kauerte in einem Kasten aus gesiebten Panzerplastplatten, als er in die Klinik für extraterrestrisches Leben transportiert wurde. Dieses sonst so neugierige Wesen zeigte keinerlei Interesse für das, was um ihn herum geschah. Die Ärzte deuteten dieses Verhalten als deutliches Zeichen der schweren Krise, in der es sich befand. Unter anderen Umständen wäre es nicht so einfach gewesen, es vom Raumhafen durch sechs mikrobiologische Sicherheitsschleusen in die Klinik zu bringen.

Die zwei Meter langen, vielfach aufgegliederten Fühler schimmerten zwar noch in allen erdenklichen Farben, hingen jedoch schlaff zu beiden Seiten des rotgelb gescheckten Kopfes herab, während sie sonst in fiebrig zitternder Bewegung zu sein pflegten. Die hervorquellenden Augen starrten bewegungslos nach vorn, als seien sie nicht in der Lage, sich vom Kopf zu lösen. Auch die mächtigen Greif- und Beißzangen regten sich nicht. Sie lagen mit offenen Scheren vor dem Miclarc auf dem Boden.

Der fünf Meter lange Körper, der schwer auf den säulenförmigen Beinen lastete, schwankte ständig um einige Zentimeter um seine Längsachse, so als wiege sich der Miclarc in einem unsichtbaren Bad. Von dem schlank auslaufenden Hinterkörper stiegen die drei Federbüsche auf, die von Nicht-Miclanern als »Pfauenbüsche« bezeichnet wurden. Sie waren so bunt, als habe sich die schaffende Natur in einem Farbenrausch befunden, als sie die Artenfamilie der Miclarcs hervorbrachte. Die Tatsache, dass die Federn ebenfalls müde herabhingen, war ein deutliches Symptom für das Leiden dieses Zwitters. Darüber hinaus fehlte diesem seltsamen Geschöpf jeglicher Geruch, während er sonst süßlich-betäubende Düfte verströmte, die es auf seinem Heimatplaneten so außerordentlich beliebt gemacht hatten.

Die Transportroboter brachten den Behälter in die Klinik und schoben ihn in einen Gleittunnel. Der Mic wimmerte, als er aus dem rötlichen Licht der aufgehenden Sonne in das künstliche Licht der Klinik kam. Die Zelle rollte weiter bis zu einer Weiche, wo sie von Greifarmen gepackt und schließlich in eine offene Kammer gedrückt wurde.

Der Miclarc hob den mächtigen Kopf, als er die terranischen Mediziner plötzlich vor sich sah. Die mit gefährlichen Zangen bewaffneten Arme ruckten hoch und krachten gegen die Panzerplastwand. So konnte sich der Kranke jedoch nicht befreien. Das erkannte er. Wütend erhob er sich auf seinen zwölf Säulenbeinen und schüttelte sich.

Dr. Kwan Kwain trat dicht an den Transportbehälter heran. Er lächelte.

»Sehen Sie sich das an«, riet er den anderen Ärzten. »Der Bursche hat uns noch eine kleine Überraschung mitgebracht.«

Die anderen Ärzte näherten sich ebenfalls, unter ihnen ein auffallend großer Ara-Wissenschaftler. Sie sahen, wie sich ein noch sehr kleiner Miclarc unter dem Bauch hervor durch das Gewirr der Säulenbeine drängte.

»Erstaunlich, dass dieses Baby nicht unter der Last der Alten zerquetscht worden ist«, sagte Paih Terzyu, der Ara.

»Miclarcs können ungeheuer viel ertragen«, entgegnete Kwan Kwain. »Gerade deshalb ist es beunruhigend für uns, dass die Alte krank ist. So etwas kommt unter den Miclarcs eigentlich gar nicht vor. Sie leben und sind gesund, oder sie sterben. Ein Zwischenstadium war uns bisher nicht bekannt.«

»Sie haben noch niemals einen Miclarc behandelt?«

»Dies ist der erste«, antwortete Kwan Kwain ohne sichtliche Erregung. »Einer ist immer der erste.«

Das Junge tollte übermütig in dem Krankenkäfig herum. Seine Zangen waren noch unvollkommen ausgebildet und reichten noch nicht aus, der Mutter Verletzungen beizubringen. Dennoch versuchte der kleine Miclarc immer wieder, die Panzerschalen an den Beinen der Kranken aufzubrechen. Schließlich bewegten sich die Augen der Mutter. Sie schoben sich auf langen Stielen heraus und näherten sich dem Zögling.

»Sie sieht ihn sich ziemlich genau an«, bemerkte Dr. Kwain. »Also scheint es ihr doch nicht ganz so schlecht zu gehen.«

»Abwarten«, riet der Ara gelassen. Seine Ruhe legte sich jedoch sehr schnell, als die mächtigen Greifzangen den jungen Miclarc plötzlich packten und heftig herumschleuderten.

»Sie bringt ihr Baby um«, rief Dr. Kwain. »Sehen Sie doch, ein Bein hat sie ihm schon gebrochen.«

Offensichtlich äußerst erregt warf der Miclarc-Zwitter den Kopf herum und schleuderte das Kind mit unglaublicher Wucht gegen die Panzerplastwand. Das harte Material splitterte. Mehrere Risse zeigten sich. Abermals griff der Zwitter nach dem Jungen und warf es erneut gegen das Panzersieb. Als es zu Boden fiel, konnte es sich nicht mehr aufrichten. Die Fühler waren gebrochen, und in dem farbenprächtigen Körperpanzer hatten sich zahlreiche Risse gebildet.

Dr. Kwan Kwain handelte sofort. Er fuhr eine Narkosonde in den Käfig ein und blies der unsanften Kranken ein narkotisierendes Gas in die Atemöffnungen dicht unter den Stielaugen. Bevor das Wesen von Miclarn seinen Amoklauf fortsetzen konnte, setzte die Wirkung ein. Es sank in sich zusammen und entspannte sich.

»Öffnen«, befahl Dr. Kwain. »Schnell, bevor die merkwürdige Onkeltante wieder zu sich kommt. Wir müssen das Baby 'rausholen.«

Mehrere Helfer befolgten den Befehl des Arztes.

»Ich verstehe nicht ganz«, sagte der Ara zu dem Terraner. »Wieso wollen Sie diesen Miclarc hier behandeln?«

»Von wollen kann gar keine Rede sein«, erwiderte Kwain heftig. »Mir ergeht es nicht anders als vielen von uns, Herr Kollege. Die Miclarner haben uns die Dame einfach auf den Hals geschickt. Die Miclarcs spielen auf Miclarn eine sehr große Rolle. Sie sind sozusagen eine entscheidende Schaltstelle im biologischen Kreislauf, der ohne sie zusammenbrechen würde.«

»Mir erscheinen die Aktionen doch ein wenig zu dramatisch. Auf diesen einen Miclarc wird es doch wohl nicht so sehr ankommen, Herr Kollege. Sicher werden Sie alles tun, um dem Miclarc zu helfen, aber was haben Sie mit Veterinärmedizin zu tun?« Der Ara lächelte sanft. Seine roten Albinoaugen leuchteten spöttisch.

Dr. Kwan Kwain antwortete nicht. Er ließ den bewusstlosen Jungmiclarc wegbringen und befahl, für die Kranke eine Spezialkammer aus extrem weichem Wandmaterial herzurichten.

»Wir müssen verhindern, dass sie sich selbst umbringt«, sagte er und wandte sich dann Paih Terzyu zu. »Was sagten Sie, Herr Kollege?«

»Nichts«, antwortete der Ara lächelnd. »Absolut nichts. Ich möchte Ihre Nervosität nicht noch weiter steigern. Besten Dank für den Audiovortrag, den ich in Ihren Räumen genießen durfte.«

»Gern geschehen«, sagte Kwain und blickte dem Ara nach, der sich schnell entfernte. Er glaubte, Paih Terzyu verstanden zu haben, auch wenn dieser nicht direkt ausgesprochen hatte, was er meinte. Der Ara hatte das Problem erkannt, vor das er durch den Miclarc gestellt wurde. Kwain lächelte unmerklich.

Er beneidete den Ara-Mediziner auch nicht um seine Aufgabe, die noch viel schwieriger war als seine. Sicher – er musste den Miclarc-Zwitter retten. Das war für Miclarn äußerst bedeutungsvoll. Aber wenn er es nicht schaffte, war damit noch nicht alles für die Heimatwelt dieses seltsamen Geschöpfes verloren. Es gab noch mehr Miclarcs, wenn auch nicht sehr viele.

Paih Terzyu stand jedoch vor einer von den Medizinern so gefürchteten Alles-oder-Nichts-Aufgabe. Versagten er und sein Team, dann zog das unabsehbare Folgen nach sich.

Kwan Kwain wünschte, er könnte dem Ara helfen, das Problem zu lösen. Aber er gehörte noch nicht zu jenem kleinen Kreis medizinischer Kapazitäten, die nur mit den schwierigsten und bedeutungsvollsten Fällen konfrontiert wurden.

Patienten wie jetzt hatte Paih Terzyu allerdings noch nie gehabt.

 

*

 

Paih Terzyu näherte sich der Klinik für paraabstrakte Phänomene, einem ausgedehnten Bau, der sich aus zahlreichen Bungalowelementen zusammensetzte. Hier befand sich das medizinische Behandlungszentrum für Fälle, die zu den Grenzbereichen der Medizin gehörten. Seit mehreren Jahrhunderten befassten sich Ärzte, Biologen, Physiker, Parapsychologen und Spezialisten für hyperdimensionale Physik mit paraabstrakten Erscheinungsformen unter den geistigen Existenzformen in der Galaxis, für die es keine allgemein gültigen Gemeinsamkeiten gab.

Die Gebäude dieser Klinik standen erst seit wenigen Jahren. Sie stellten immer noch nur einen Kompromiss dar, weil es Paih Terzyu nicht gelungen war, dem Verwaltungsrat von Tahun höhere Summen für den Bau abzutrotzen. Der Ara war dennoch vollauf zufrieden, da er anfangs nicht damit gerechnet hatte, zu so einem Ergebnis kommen zu können. Jetzt stand den Wissenschaftlern der Klinik nahezu alles zur Verfügung, was sie für ihre Arbeit benötigten – nur ihr Ansehen war nicht ganz so hoch, wie sie es sich gewünscht hätten. Das lag hauptsächlich daran, dass ihre Arbeitskapazität kaum zur Hälfte ausgelastet war. Es fehlte einfach an den entsprechenden Fällen.

Paih Terzyu blieb stehen, als er den Arkoniden Atlan aus dem Schatten eines Baumes hervorkommen sah. Der Oberbefehlshaber dieser Welt näherte sich ihm langsam. Die Hitze schien auch seine Unternehmungslust zu dämpfen.

Der Ara war unruhig. Ihm wäre es lieber gewesen, wenn er später mit dem Arkoniden hätte sprechen können. Jetzt konnte er noch nicht viel über den Zustand der acht wichtigsten Patienten von Tahun sagen. Es schien, als sei die Klinik ursprünglich ausschließlich für diese acht Mutanten gegründet worden, und als habe sie von Anfang an überhaupt nur für sie geforscht und gearbeitet. Jetzt aber zeigte sich, dass alles Wissen der Klinik noch nicht ausreichte.

Atlan blieb stehen, als er den Trauerstilbaum neben dem Ara erreichte. Er griff nach einer der tief herabhängenden Ranken und hielt sich daran fest. Die blauen Blätter kontrastierten eigenartig mit der hellen Haut seiner Hand.

»Nun?«, fragte der Lordadmiral. »Wie sieht es aus?«

Paih Terzyu schüttelte den Kopf.

»Ich wünschte, Sie hätten noch ein wenig mit Ihrer Frage gewartet«, antwortete er offen. »Wir können auch jetzt noch nicht viel mehr sagen als vorher. Wir haben die acht Mutanten in den Körpern von acht Matten-Willys aus der Intensivstation in die Klinik für paraabstrakte Phänomene gebracht, weil ich davon überzeugt bin, dass wir nur hier entscheidende Fortschritte erzielen können.«

»Dann treten Sie also noch immer auf der Stelle«, stellte Atlan nüchtern fest.

»Wir haben den Zellverfall mit Hilfe der Matten-Willys aufhalten können«, erwiderte der Ara-Mediziner. »Das ist schon sehr viel. Die Quallenwesen können die Trägerkörper der Mutanten zwar nur für sechs Stunden beherbergen, aber das genügt. Weitere Matten-Willys sind unterwegs. Sie werden uns helfen können.«

Atlan ließ die Ranke los. Eine Antigravkrankenliege schwebte vorbei. Unter einer Transparentplasthaube lag die reglose Gestalt eines Akonen, dessen Gesicht mit grünlichen Beulen bedeckt war. Ein gelbes Schild wies warnend darauf hin, dass eine große Ansteckungsgefahr bestand.

»Die Ärzte können also nicht viel tun«, sagte Atlan. »Oder gibt es neue Nachrichten?«

»Wir tun alles, was wir können«, entgegnete Paih Terzyu erregt.

»Daran zweifle ich nicht, aber ich fürchte, das ist noch immer zu wenig. Wenn wir die Mutanten jetzt nicht retten können, sterben sie endgültig. Sie könnten sich höchstens in den Hyperraum retten, um dort eine Art Zwischenexistenz zu führen, aber das lehnen sie ab. Diese Lösung ist zu qualvoll. Alles hängt daher von den Medizinern ab – von Ihnen, Terzyu.«

»Das ist mir bewusst«, antwortete der Ara verärgert. »Die gesamte Klinik mit allen Wissenschaftlern und Hilfskräften arbeitet an dem Problem der Mutanten. Ein umfangreiches Konsortium von Ärzten aus den anderen Kliniken diskutiert ständig mit mir über weitere Möglichkeiten, das Leben der Synthokörper zu erhalten – aber wir haben noch keine gefunden. Vorläufig stützen wir den Kreislauf. Es ist uns vor allem gelungen, die Herzarbeit zu ökonomisieren. Mit Hilfe von modernen Beta-Rezeptorenblockern in Kombination mit Nitrokörpern konnten wir die gesamte innere Atmung der Kranken verbessern. Damit konnten wir immerhin zusammen mit den Matten-Willys den selbstzerstörerischen Prozess der Zellauflösung anhalten. Erwarten Sie bitte jetzt nicht von uns, dass wir ihn innerhalb weniger Stunden auch völlig umkehren können.«

»Das wäre wohl auch ein wenig zuviel verlangt«, entgegnete Atlan.

»Vergessen Sie nicht, dass die Synthokörper schon tot wären, wenn sie nicht durch uns und die Quallenwesen versorgt würden. Außerhalb der Matten-Willys wären sie längst tot.«

»Haben Sie den Austausch von Organen erwogen?«

»Das trifft nicht den Kern des Problems. Wir könnten ohne weiteres sämtliche Organe der Körper auswechseln, aber damit wäre nichts gewonnen. Nicht die Organe versagen, sondern die Zellen als kleinste Elemente. Sie lösen sich auf – überall, auch in den Organen und im Gehirn. Wir nähern uns der eigentlichen Ursache für den Verfall nur sehr langsam. Es ist uns gelungen, die Zellen besser mit Sauerstoff zu versorgen, aber deshalb wissen wir immer noch nicht, weshalb die Zellen vernichtet werden. Wenn wir das herausgefunden haben, dann können wir vielleicht noch eine Wende herbeiführen. Wenn nicht, dann ...«

Er hob die Hände. Atlan blickte ihm prüfend ins Gesicht. Er hatte den Arzt verstanden. Paih Terzyu war enttäuscht. Seit Jahren hatte er auf einen Fall wie diesen gewartet. Jetzt hatte er keine Möglichkeit, ihn zu lösen. Die ungeklärten Fragen waren zu umfangreich und die Zeit, die ihm und seinem Team zur Verfügung stand, zu kurz.

»Bis jetzt haben wir herausgefunden, dass die Zahl der Mitochondrien im Zytoplasma unterschiedlich stark abnimmt. Sie lösen sich auf und gehen in der Zellflüssigkeit auf. Sie sind nicht nur die Träger der Atmungsfermente, sondern auch die energetischen Zentren des Zellhaushaltes, worin Traubenzucker, Fette und Aminosäuren durch Sauerstoff oxydiert werden und Energie gewonnen wird«, fuhr der Ara fort. »Nun haben wir verschiedene Möglichkeiten, diese Aufgabe der Mitochondrien wenigstens teilweise zu übernehmen, aber das reicht nicht aus. Wir müssten herausfinden, warum die Mitochondrien zerstört werden. Und das ist bis jetzt nicht gelungen. Wir stehen vor einem Rätsel.«

Atlan nickte.

»Ich verstehe schon«, sagte er. »Nur frage ich mich, wie ich das Rhodan erklären soll.«

»Wir benötigen Zeit«, erwiderte Paih Terzyu heftig. »Zeit ist alles für uns.«

»Ich werde sehen, was ich tun kann«, versprach der Arkonide.

Er verabschiedete sich von dem Ara und entfernte sich. Paih Terzyu blickte ihm nach und fragte sich, was Atlan in den laboratoriumsdiagnostischen Zentren suchte, denen er sich näherte. Er selbst war vor einer Stunde dort gewesen und hatte mit dem Chefarzt konferiert. Das Ergebnis hatte er Atlan in groben Zügen bereits mitgeteilt.

Der Ara wandte sich ab und ging weiter. Er wollte sich nicht den Kopf darüber zerbrechen, was Atlan plante, sondern sich allein auf die acht Patienten in seiner Klinik konzentrieren.

 

*

 

Atlan blieb stehen, als Perry Rhodan, der amtierende Großadministrator des Solaren Imperiums, aus der Tür der Klinik trat. Ihm folgten einige ranghohe Politiker und Beamte des Imperiums. Rhodan verabschiedete sie und ging zu dem Arkoniden.

»Du hast vermutlich auch nichts Neues für mich«, sagte er.

»Ich stelle eine ausgesprochen pessimistische Tendenz bei dir fest«, entgegnete der Lordadmiral ironisch.

»Ich gebe zu, dass diese laienhafte Diagnose berechtigt ist.«

Atlan lächelte.

»Die Matten-Willys haben uns erst einmal aus größter Not gerettet, Perry. Ich bin optimistisch. Die Lage der Mutanten ist nicht mehr ganz so kritisch.«

»Du neigst zu Übertreibungen, Freund«, erklärte Rhodan. Die beiden Männer gingen zur Klinik für paraabstrakte Phänomene. »Wir haben das Sterben der Mutanten aufgehalten. Nicht mehr.«

»Tahun hat mehr als einmal beweisen können, dass es auch mit ungewöhnlichen Problemen fertig wird. Die Mediziner werden auch dieses bewältigen.«

»Deinen Optimismus in Ehren. Ich glaube nicht daran.«

Ein junger Arzt kam ihnen eilig entgegen.

»Sir«, meldete er atemlos, »die Mutanten möchten Sie sprechen. Es scheint dringend zu sein.«

»Sagen Sie ihnen, dass ich sofort kommen werde«, befahl Rhodan, der stehengeblieben war. Er legte Atlan eine Hand auf den Arm und wartete, bis der Bote sich wieder entfernt hatte.

»Die Nachrichten von der Erde sind nicht sehr ermutigend«, teilte er dem Arkoniden mit. Er deutete über die Schulter zurück auf die Politiker und Beamten, die am laboratoriumsdiagnostischen Zentrum in bereitstehende Prallgleiter stiegen. »Ich habe gerade einige Neuigkeiten erfahren, die mich eigentlich gar nicht überraschten. Meine politischen Gegner scheinen vergessen zu haben, dass es genügend demokratisch zulässige Mittel und Wege gibt, mich zu bekämpfen. Man versucht nicht nur mit demagogischen, sondern auch mit illegalen Methoden an die Macht zu kommen. Dabei hat sich so ziemlich alles auf mich eingeschossen, was sich Chancen bei den Wahlen am 1. August ausgerechnet hat.«

Atlan runzelte die Stirn. Er blickte den Großadministrator forschend an.

»Das klingt fast so, als hättest du dich entschlossen, endlich den Kampf gegen deine Gegner aufzunehmen«, sagte er hoffnungsvoll.

Rhodan schüttelte den Kopf.

»Die Entscheidung ist noch offen«, erwiderte er in einem Tonfall, als sei genau das Gegenteil richtig.