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Nr. 1417

 

Flug in Richtung Ewigkeit

 

Sie folgen dem Haluter – zu den Säulen der Vergangenheit

 

von Clark Darlton

 

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Der Transfer der Galaxis Hangay aus Tarkan in unsere Lokale Gruppe ist mit schwerwiegenden Folgen verbunden. Perry Rhodan und die übrigen Mitglieder der Tarkan-Expedition bekommen es bei ihrer Rückkehr in heimatliche Gefilde zu spüren, sobald das Stasisfeld, das sie zeitlos festhält, während im übrigen Kosmos fast sieben Jahrhunderte vergehen, sie wieder freigibt.

Nun, im Jahr 1143 NGZ, das dem Jahr 4730 alter terranischer Zeitrechnung entspricht, müssen die Heimkehrer erkennen, dass eine kosmische Katastrophe stattgefunden hat und dass die Milchstraße durch eine Barriere vom übrigen Universum abgetrennt ist.

Was hinter diesem undurchdringlichen Wall vor sich geht – Perry Rhodan und seine Leute setzen alles daran, um es zu erfahren. Doch selbst nach monatelangen Nachforschungen an verschiedenen Orten sind unsere Protagonisten kaum schlauer als am Anfang ihrer Ermittlungen. Die bisherigen Erkenntnisse ergeben jedoch ein düsteres Bild, was das Schicksal der Menschheit betrifft.

Durch den Kontakt mit den Gurrads, den Löwenmenschen von Magellan, werden Rhodan und Co. dazu veranlasst die geheimnisvollen Bekassu unter die Lupe zu nehmen. Diese Aktionen führen letztendlich zum FLUG IN RICHTUNG EWIGKEIT ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Perry Rhodan – Der Terraner reist mit dem Ewigkeitsschiff.

Reginald Bull, Eirene, Gucky, Covar Inguard und Beodu – Perry Rhodans Begleiter beim »Flug in Richtung Ewigkeit«.

Eheenza – Eirenes Schützling.

Zarga – Ein misstrauischer Bekassu.

Gesahr – Hafenkommandant von Paura-II.

1.

 

Da sich weder Perry Rhodan noch Reginald Bull an Bord der CIMARRON befanden, hatte der Erste Pilot Ian Longwyn das Kommando übernommen und zusammen mit der HARMONIE Kurs auf das Paura-System genommen.

Beide Raumer gehörten zur Tarkan-Flotte.

Ians Stellvertreter, die ein wenig übergewichtige Lalande Mishkom, betrat den Kontrollraum. Im Grunde genommen war der Kontrollraum so gut wie überflüssig, denn das zweihundert Meter lange keilförmige Schiff wurde von acht syntronischen Computern gesteuert, die alle notwendigen Funktionen erfüllten. Gemeinsam bildeten sie dank ihrer biotronischen Komponente eine beachtliche autarke Intelligenz.

»Was ist über dieses Paura-System denn nun eigentlich bekannt, Ian?«, erkundigte sich Lalande und nahm in einem Kontursessel Platz, der sich sofort automatisch ihrem Körperumfang anpasste. Sie trug ihre langen schwarzen Haare straff nach hinten gekämmt, und in ihren Augen schienen kleine Teufelchen zu funkeln. »Viel nicht, was?«

Ian Longwyn, der wie üblich die veraltete lindgrüne Uniform trug, warf ihr einen kurzen Blick zu.

»Leider hast du recht. Viel haben wir von den Bekassu, die mich immer an riesige Fledermäuse erinnern, nicht erfahren können. Jedenfalls ist es das System, in dem kurz über lang Perry und seine Begleiter auftauchen werden – so hoffe ich zumindest. Wir sind die Vorhut.«

»Weiß der Teufel, wohin dieses so genannte ›Ewigkeitsschiff‹ sie bringen wird.«

»Der Stern Paura steht als Ziel fest«, erinnerte sie Ian etwas ungeduldig. »Und wir haben mehr Daten über das System, als dir geläufig zu sein scheint. Vergiss nicht, dass die Kosmische Hanse auf dem äußersten, also dem vierten Planeten, einen Stützpunkt errichtet hat.«

»Hatte ich glatt vergessen«, gab sie missmutig zu. »Aber bei so vielen Stützpunkten kann man ja nicht alle behalten, oder?«

»Stimmt auch wieder.« Ian Longwyn, auf Terra geboren, widmete sich erneut den Bildschirmen. Das Orsa-System, das sie gerade verlassen hatten, blieb schnell zurück. »Wird Zeit, dass wir die Syntrons fragen, ob sie so freundlich sind, den Metagrav-Antrieb zu aktivieren. Die Koordinaten sind ihnen ja bekannt.«

Sie grinste und lehnte sich bequem zurück, und Ian glaubte, ein protestierendes Aufstöhnen des Sessels hören zu können, was natürlich pure Einbildung war.

»Eigentlich sind wir hier in diesem Schiff völlig überflüssig«, beschwerte sie sich. »Richtig frustrierend.«

Er blieb ernst.

»Ganz so überflüssig nun auch wieder nicht, meine liebe Lala. Sobald wir unser Ziel erreicht haben, legen wir die Syntrons schlafen und übernehmen selbst. Dann kannst du ein paar Pfunde abarbeiten.«

Ihre Augen blitzten ihn an.

»Du hast es gerade nötig! In deinem Alter solltest du ein tägliches Sportprogramm absolvieren, ehe deine Knochen ganz steif werden.«

Diesmal grinste er, was sie geflissentlich übersah.

Er blickte auf die Kontrollen.

»Gleich ist es soweit. Wir gehen auf Überlichtfaktor fünfzig Millionen. Das dürfte reichen.«

»Ganz hübsch«, gab sie zu. »Weck mich, wenn wir da sind.«

»Wird nur ein kurzes Nickerchen werden«, enttäuschte er sie.

Und dann verschwanden die Sterne.

 

*

 

Die Besatzung der CIMARRON bestand aus 1250 Personen, meist terranische Männer und Frauen. Nur etwa zwanzig Prozent stammten von anderen Welten – Akonen, Aras, Arkoniden, Blues, Epsaler, Ferronen und Ertruser.

An Bord des anderen Schiffes, der HARMONIE, befanden sich nur Salaam Siin, der Ophaler, und die Kartanin.

Als die CIMARRON in den Normalraum zurückkehrte, ohne dass Ian auch nur einen Finger gerührt hätte, stand die Sonne Paura nur wenige Lichtstunden vor dem Bug.

Lalande richtete sich auf und gähnte ostentativ.

»Sind wir da?«, fragte sie.

»Das schon, aber die Orter scheinen nicht ganz in Ordnung zu sein. Wenn alle Informationen stimmen, wird der Stern Paura vor vier Planeten umkreist. Ist es nicht so?«

»Geht aus den Unterlagen der Hanse hervor«, gab sie ihm recht. »Warum?«

»Weil die Orter nur drei Planeten registrierten, darum. Dort, wo sich der Stützpunkt der Hanse befinden soll, nämlich auf dem vierten Planeten, tummeln sich Asteroiden herum. Ja, ein richtiger Ring von Asteroiden umläuft Paura. Seltsam.«

»Wird wohl der Rest des Stützpunktes sein«, folgerte sie ernst.

Er nickte.

»Das befürchte ich auch. Wir werden uns darum kümmern.«

»Wann kann das passiert sein?«

»Wozu haben wir den Syntron?«

Was nun geschah, ähnelte einem Computerspiel. Auf einem Spezialbildschirm entstand das Schema des Paura-Systems, wie es sich heute den Beobachtern darbot. Man hatte das Gefühl, in einigen Lichtstunden Entfernung senkrecht über der Sonne, den drei Planeten und dem unregelmäßig geformten Asteroidenring zu schweben. In der unteren linken Ecke des Schirms erschien die Zahl Null.

»Der Syntron geht nun in die Vergangenheit zurück«, erklärte Ian, als sich die Planeten rasend schnell zu bewegen begann und die ebenfalls schnell kreisenden Asteroiden ihre Formation laufend veränderten.

Gleichzeitig lief die Jahresanzeige. Aus der Null war schon längst eine dreistellige Zahl geworden.

Die Umlaufbahnen der Planeten blieben unverändert, wohingegen sich die um die Sonne kreisenden Trümmerstücke zu konzentrieren begannen. In dem Gürtel entstand eine Lücke, die sich ständig vergrößerte. Ihr gegenüber geschah das genaue Gegenteil: der Abstand zwischen den Asteroiden wurde geringer, so als zögen sie sich gegenseitig an.

Und dann bildeten sie endlich die schematische Darstellung des einstigen vierten Planeten.

»Vor 648 Jahren also schon«, murmelte Ian und deutete auf die Zahl in der linken unteren Ecke des Schirmes. »Der Stützpunkt der Kosmischen Hanse wurde vor knapp sechshundertfünfzig Jahren von Unbekannten vernichtet, und damit der vierte Planet. Wir werden wohl niemals erfahren, was hier wirklich damals passiert ist.«

Das Bild erlosch.

Eine Weile herrschte Schweigen, dann meldete sich der Syntron und teilte mit, dass er mit der Untersuchung der drei Planeten beginnen werde. Der zweite sei bewohnt.

»Wahrscheinlich Bekassu, die vom Ewigkeitsschiff hierher gebracht wurden, um ihre vier ›Dienstjahre‹ zu verbringen.« Ian gab den Syntrons den Auftrag, mit ihrer Aufgabe zu beginnen. »Ich bin gespannt, wie sie ihre vier Jahre verbringen.«

Lalande gab keine Antwort. Ihre ganze Aufmerksamkeit konzentrierte sich nun auf den großen Panoramaschirm, der außer einem wirklichkeitsgetreuen Bild gleichzeitig auch die entsprechenden Daten wiedergab.

Die Syntrons ignorierten den hinter der Sonne stehenden dritten Planeten und ließen die CIMARRON auf den zweiten zueilen. Schon bald bestätigten die Messdaten das Vorhandensein organischen Lebens, größere Ansiedlungen, riesige Fabrikationshallen, teilweise unter der Oberfläche, einen Raumhafen und ein halbes Dutzend Werftanlagen. Als nächste Überraschung wurde eine große Raumstation geortet, die den zweiten Planeten umkreiste.

Je näher das Schiff dem Planeten kam, desto deutlicher wurde das Bild. Auf den Werften, das wurde nun klar erkenntlich, wurden Antennenschiffe konstruiert und fertiggestellt. Damit war klar, dass es sich um die Bekassu handelte. Sie lebten hier, also handelte es sich nicht, wie zuerst vermutet, um eine Welt jener Unbekannten, die in regelmäßigen Abständen ausgesuchte Bekassu für vier Jahre im Ewigkeitsschiff mit sich nahmen.

»Wir werden, wenn überhaupt, nicht landen, solange das Ewigkeitsschiff mit Rhodan und den anderen nicht eingetroffen ist«, sagte Ian zu Lalande und zu den Syntrons zugleich. »Ich glaube nicht, dass man uns ortet, wir sind zu weit entfernt, und notfalls suchen wir den Orterschutz von Paura auf.«

Ein winziger Minispion wurde ausgeschickt. Er näherte sich Paura-II soweit, dass er phantastisch deutliche Bilder senden konnte, die auf dem Bildschirm in der CIMARRON erschienen.

Manche Schiffe der Bekassu waren erst halb fertig, andere wurden in einem nahen Orbit zusammengebaut oder – fertiggestellt – an die kreisende Raumstation angekoppelt.

Ian informierte Salaam Siin, der sich seinem Vorschlag anschloss. Um sich nicht allzu weit von Paura-II entfernen zu müssen, verzichteten sie auf den Orterschutz der Sonne und flogen Paura-I an, dessen Pole schon längst kein Eis mehr trugen. Es war ein höllisch heißer, unbewohnbarer Planet, aber er bot einen hervorragenden Schutz gegen Ortungen jeglicher Art.

Die beiden Schiffe standen dicht beieinander.

Das lange Warten auf Perry Rhodan und seine Begleiter begann.

Aber es stand nun fest, dass das Ewigkeitsschiff Paura-II zum Ziel hatte, um neue Ewigkeitsdiener an Bord zu nehmen.

Dann würde es weiterfliegen.

Wohin, das wusste noch niemand.

2.

 

Rhodan atmete erleichtert auf, als sich hinter ihm, seinen Begleitern Reginald Bull, dem Attavenno Beodu, Covar Inguard, Eirene mit ihrem bekassischen Schützling Eheenza, und schließlich dem Ilt Gucky sowie den dreiundvierzig »auserwählten« Bekassu die Einstiegluke des Ewigkeitsschiffs schloss. Es hatte keinerlei Komplikationen gegeben, denn es waren die Bekassu selbst, die das Anbordgehen kontrollierten.

Und die Bekassu hielten die Terraner immer noch für jenes Volk, das ihnen einst die Geheimnisse der Raumfahrt verraten hatte.

Gucky hielt sich dicht neben Beodu, der ziemlich die gleiche Körpergröße wie er besaß, wenn er auch völlig anders aussah.

»Statt meinem Biberschwanz hat der einen Rüssel im Gesicht«, pflegte Gucky stets zu sagen, wenn man ihn darauf ansprach.

Der junge Bekassu Eheenza, der die Tests für den vierjährigen Dienst in der »Ewigkeit« – niemand wusste, was er sich darunter vorstellen sollte – nicht bestanden hatte, war mit Hilfe von Eirene an Bord geschmuggelt worden.

Die letzte Station jedoch, bei der geprüfte Bekassu aufgenommen werden sollten, war Paura-II. Wohin die Reise dann ging, war unbekannt.

»Und was nun?«, erkundigte sich Gucky, als sie etwas ratlos auf dem inneren Korridor standen, während die Bekassu sich in alle Richtungen zerstreuten. »Kein Empfangskomitee, nichts. So eine Reise ins völlig Ungewisse habe ich auch noch nie unternommen.«

»Da hast du aber ein schlechtes Gedächtnis«, meinte Reginald Bull kopfschüttelnd. »Wenn ich mich so erinnere ...«

»Jedenfalls waren sie anders, Bully. Ich habe ein ziemlich dummes Gefühl.«

»Haben wir alle«, mischte sich Rhodan ein. »Da dieses Schiff wahrscheinlich robotisch gesteuert wird, schlage ich vor, dass wir uns nach einer geeigneten Unterkunft umsehen. Die Bekassu haben das bereits getan.«

Eheenza, der nicht von Eirenes Seite wich, sagte:

»Bei den Prüfungen habe ich einiges über dieses Schiff erfahren können. Vielleicht kann ich euch helfen, euch zurechtzufinden. Was wollt ihr wissen?« Sie unterhielten sich in der Sprache der Gurrads.

»Alles«, ermunterte ihn Rhodan.

Der junge Bekassu schränkte gleich ein:

»Viel erfuhren wir nicht.« Er faltete seine Schwingen noch mehr ein und erschien dadurch fast zweieinhalb Meter groß. »Das Ewigkeitsschiff kommt in regelmäßigen Abständen, wie ihr wisst, um die Auserwählten für vier Jahre abzuholen. Niemand weiß, wohin. Jene, die nach vier Jahren zurückkehren, haben keine Erinnerung mehr an das, was in dieser Zeit geschehen ist.«

»Sprich weiter«, erwiderte Rhodan.

»Also gut. Die Ausgewählten gehen an Bord und suchen sich ihr Quartier selbst aus. Sie sind völlig selbständig. Nahrung ist in allen Variationen vorhanden. Sie brauchen sich um nichts zu kümmern – wir also auch nicht.«

»Wie Marionetten«, murmelte Gucky wenig erfreut.

Der Bekassu ließ sich nicht ablenken.

»So viel ich im Unterricht, der Vorbereitung zum Test, erfahren konnte, werden wir von hier zu einer anderen Welt meines Volkes fliegen, dort abermals Auserwählte aufnehmen, um dann zum letzten Aufnahmeort, dem Paura-System zu starten. Was weiter geschieht – wer weiß das schon ...?«

Rhodan nickte, halb zufrieden.

Er behielt seine Gedanken für sich.

»Gut, suchen wir unsere Quartiere. Das Schiff kann jeden Augenblick starten. Niemand weiß, wie lange die erste Etappe dauert, und ich denke, ein wenig Schlaf wird uns allen gut tun.«

»Erst will ich essen«, maulte Gucky.

Bull grinste ihn freundschaftlich an. »Ich wette, dass es hier keine einzige Mohrrübe gibt.«

»Schon gewonnen«, gab der Mausbiber sofort auf und hakte Beodu unter. »Gehen wir, ehe wir hier festwachsen.«

Die anderen folgten den beiden mit gemischten Gefühlen.

 

*

 

Das so genannte Ewigkeitsschiff besaß eine Gesamtlänge von 250 und einen Rumpfdurchmesser von 120 Metern. Die Form erinnerte an einen plumpen Torpedo, der durch verschiedene Auswüchse verunziert wurde. Besonders auffällig war eine unter dem Rumpf angebrachte Transportvorrichtung, 80 Meter lang und 40 Meter breit.

Die Passagierräume befanden sich im Bugteil, der Transitionsantrieb im oberen Heck. Jegliche Besatzung, selbst Roboter, fehlten.

Rhodan und seine Begleiter blieben dicht beisammen, um sich nicht aus den Augen zu verlieren. Sie wussten nicht, wie lange die Reise nach Paura dauern würde.

Die Bekassu hatten ähnliche Probleme. Mit ihrem spärlichen Gepäck, das nur das Notwendigste enthielt, irrten sie durch die Gänge, bis der eine oder andere glaubte, das Richtige gefunden zu haben.

Die Aufnahmekapazität des Kabinensektors war groß genug, um die doppelte Anzahl von Passagieren aufzunehmen. Mit Unterstützung von Eheenza, der durch die Tests ja einiges in Erfahrung gebracht hatte, gelang es schließlich, ein regelrechtes Apartment zu entdecken, das noch frei war.

Rhodan ließ die anderen vorgehen, ehe er folgte und die Tür hinter sich schloss. Dann erst sah er sich um, genau wie die anderen.