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Nr. 527

 

Akitar, der Chailide

 

Die Nervenprobe an Bord der SOL

 

von Arndt Ellmer

 

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Alles begann im Dezember des Jahres 3586, als Perry Rhodan mit seinen Gefährten die SOL verließ und zur BASIS übersiedelte, nachdem er den Solgeborenen das Generationenschiff offiziell übergeben hatte.

Seit dieser Zeit, da die SOL unter dem Kommando der Solgeborenen auf große Fahrt ging und mit unbekanntem Ziel in den Tiefen des Sternenmeeres verschwand, sind mehr als zweihundert Jahre vergangen, und niemand hat in der Zwischenzeit etwas vom Verbleib des Generationenschiffs gehört.

Im Jahr 3791 ist es jedoch soweit – und ein Mann kommt wieder in Kontakt mit dem verschollenen Schiff. Dieser Mann ist Atlan. Die Kosmokraten entlassen ihn, damit er sich um die SOL kümmert und sie einer neuen Bestimmung zuführt.

Nach einer langen und dramatischen Rettungsaktion, die Atlan, nur von wenigen Helfern unterstützt, erfolgreich abschloss, konnte das Schiff schließlich das Mausefalle-System verlassen und wieder frei seines Weges ziehen.

Gegenwärtig hat die SOL ihren Flug im Guel-System unterbrochen. Atlan, Bjo Breiskoll und Wajsto Kolsch sind von Bord gegangen und auf der Welt der Chailiden gelandet, um das Rätsel des Volkes der Meditierenden zu lösen.

Indessen versucht ein Wesen an Bord der SOL alles, um endlich heimkehren zu können. Dieses Wesen ist AKITAR, DER CHAILIDE ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Akitar – Der Chailide will nach Hause.

Chart Deccon – Der High Sideryt trifft eine wichtige Entscheidung.

Y'Man – Der Roboter verlässt die SOL.

Sonner Lamech – Ein junger Solaner, der sich den Basiskämpfern anschließt.

Nutis'Kir – Ein Roxhare.

Prolog

 

Ich bin verzweifelt.

Wenige Stunden ist es her, dass ich versucht habe, das unheimliche Schiff und seine seltsamen Bewohner zu verlassen. Mein Start mit dem Beiboot ist missglückt, ich kann nichts dafür. Ich finde mich mit der Technik dieser Wesen nicht zurecht. Wenn Sternfeuer und ihre beiden Begleiter mich nicht gerettet hätten ...

Ich weiß nicht, was ich tun soll. Mein Inneres drängt mich, das Schiff, das sie SOL nennen, zu verlassen, sie zu zwingen, mich auf meiner Heimatwelt abzusetzen. Aber ich bin auf mich allein gestellt, keiner hilft mir. Selbst Y'Man, dessen Vertrauter und enger Mitarbeiter ich auf Osath war, lässt mich im Stich. Was plant der merkwürdige Roboter, der ehemalige Anführer der Missgebauten?

Ja, wenn Atlan noch an Bord wäre, könnte ich beruhigt sein. Ich vertraue dem Arkoniden, der es geschafft hat, den Herrn in den Kuppeln zu überzeugen, so dass er den Zugstrahl abschaltete, der seit langer Zeit alles in das Sonnensystem hineinzog, das die Solaner Mausefalle-System nennen. Nur Atlan wäre in der Lage, das Problem der Chailiden zu lösen, ihnen zu helfen. Denn sie werden von den Roxharen missbraucht. Ich weiß es.

Chail, meine Heimat, mit der mich mehr verbindet, als sich die Wesen an Bord dieses Schiffes vorstellen können, liegt unter uns. Greifbar nahe zieht seine Oberfläche unter dem Schiff dahin. Die Bildschirme in der Zentrale der SOL zeigen es deutlich. Es wäre ein leichtes für die Schiffsführung, mich hinabzubringen. Keiner tut es.

Bjo Breiskoll konnte es nicht, ohne die Magniden zu fragen. Joscan Hellmut riet mir ab. Beide zählen zu den Schläfern, wie man sagt, und gehören zu den engsten Freunden Atlans. Jetzt ist nur noch Joscan Hellmut an Bord. Breiskoll, Atlan und der Magnide Wajsto Kolsch sind auf Chail verschollen. Vielleicht leben sie nicht mehr. Der Gedanke daran macht mich verrückt. Ich könnte um mich schlagen.

Zügle dein Temperament, bleibe ruhig und besonnen, nur dann kannst du das Ziel erreichen wie alle Chailiden, hat mein Vater zu mir gesagt, als er mir das erste Murl zur Jagd schenkte. Das war lange vor der Zeit, da mich die Roxharen mitnahmen, mich als Lehrer zu einer anderen Welt bringen wollten. Die Roxharen sagen jetzt, ich dürfe nicht mehr zu meinem Volk, seine mentale Ausstrahlung würde mich umbringen, ich sei zu alt, sie zu ertragen. Ich glaube es nicht. Schon zu früheren Zeiten hat es Chailiden gegeben, die erst später als üblich mit der Meditation begannen. Sie hatten keine Schwierigkeiten.

Die Roxharen lügen. Ich weiß, dass sie gar nicht daran glauben, dass unser Volk die geistige Raumfahrt beherrscht, die Fähigkeit, mit geistigen Kräften den Weltraum zu durchdringen und Kontakt zu anderen Bewusstseinen zu finden. Und doch sprechen sie davon als von unserer Aufgabe, anderen dieses Geheimnis mitzuteilen. Es ist ein Widerspruch, sie spielen ein falsches Spiel mit uns.

Auf Osath hatte ich genügend Möglichkeiten, die Denkweise anderer Völker kennen zu lernen, die lediglich die technische Raumfahrt kannten. Vieles von ihrem Wissen und ihren Anschauungen ist mir in Erinnerung geblieben. Würden wir ihnen unsere Denkweise bringen, würden ihre Kulturen zwangsweise ins Stocken geraten und stagnieren.

Atlan hat mir geglaubt, aber die anderen halten mich für einen Narren. Womit könnte ich ihnen beweisen, dass ich Recht habe? Es gibt keine Möglichkeit. Weiß ich denn, ob unser Volk tatsächlich die Fähigkeit besitzt, an die es glaubt?

Ich versuche mich zu beruhigen, es gelingt mir nicht. Ich fühle mich von Wesen umgeben, deren Denkungsart mir fremd ist. Sie benehmen sich in meinen Augen wie Verrückte. Sie sind nicht in der Lage, Meinungsverschiedenheiten in einem fairen Kampf auszutragen. Immer deutlicher lassen sie mich wissen, dass mein Volk ihnen in Wirklichkeit nichts bedeutet, dass ihnen das künstliche Gebilde, das sie SOL nennen, über alles geht.

Die Führer dieses Schiffes schreien nach dem Aufbruch. Sie wollen dem Guel-System den Rücken zu kehren, ohne sich um ihre Brüder zu kümmern. Sie handeln wie Verräter und scheinen vor den Roxharen Angst zu haben.

Du musst das Schiff verlassen, schnell!, hämmert das Blut in meinen Halsadern und drückt auf die Luftröhre. Ich versuche, tiefer zu atmen. Nur heraus aus diesem Gefängnis, bevor sie mich mitnehmen auf ihrem ziellosen Flug durch die Weiten des Universums. Dann bin ich für immer ihr Gefangener und habe keine Möglichkeit, mein Volk jemals vor den Roxharen zu warnen.

Ich weiß, es ist aussichtslos. Aber irgendwo in meinem Innern brennt eine kleine Flamme. Sie hält den winzigen Funken Hoffnung am Leben. Es ist die Hoffnung, dass Atlan sich meldet oder der leise telepathische Kontakt zu Bjo Breiskoll wiederhergestellt wird.

Ich versuche mich zu zwingen, an das Warten zu denken, an eine Möglichkeit, die noch offen ist. Chart Deccon, der High Sideryt der SOL, hat seine Entscheidung noch nicht getroffen. Er lässt die Magniden warten. Er hat Atlan manches zu verdanken, obwohl er dem Arkoniden zu misstrauen scheint. Er hat keine Wahl. Er muss in einer Umlaufbahn um Chail bleiben, bis das Schicksal der drei Männer geklärt ist, die mit der CAMELOT auf meiner Heimatwelt landen wollten.

Traurigkeit überschwemmt mein Inneres, Sehnsucht sticht in mein Herz. Frohen Mutes bin ich im Mausefalle-System zusammen mit Y'Man an Bord dieses Schiffes gekommen. Wie hätte ich auch wissen können, dass sich die Schwierigkeiten wie unüberwindliche Gebirge vor mir auftürmen würden.

Was geschieht, wenn sich die Schiffsführung für den Abflug entscheidet? Kann Y'Man, der geheimnisvolle Roboter, mir dann helfen?

Nein, es hat keinen Sinn, mir etwas vorzumachen. Ich bin den Entscheidungen der Solaner hilflos ausgeliefert.

Bin ich zu aktiv, zu unternehmungslustig? Müsste ich mehr Ruhe und Gleichgültigkeit an den Tag legen, um einen Ausweg zu finden? Es ist mir egal, ich bin auf einem Tiefpunkt angelangt. Ich bin Akitar, ein Chailide, der noch nie meditiert hat.

1.

 

Die rechte Hand des High Sideryt lag schwer auf der Schatulle. In ihr lag der wertvollste Schatz, den die SOL besaß, das Logbuch, die Geschichte von jener Stunde an, an der die SOL endlich frei geworden war und ihren Weg in die Unendlichkeit angetreten hatte. Es war ein Zeugnis wechselvoller Geschichte, das von verschiedenen Chronisten immer wieder weiter geführt worden war, ein nahtloses Werk bis auf den heutigen Tag.

Chart Deccon stöhnte leise unter dem plötzlich aufkeimenden Bewusstsein der Last, die viel größer war, als er bei seiner Amtsübernahme vermutet hatte. Er war High Sideryt geworden, weil seine Vorgängerin in diesem Amt, Tineidbha Daraw, ihn geliebt und seinen Namen in SENECA gespeichert hatte. Dass er eine Krise der SOLAG mit Erfolg gemeistert hatte, hatte ihn zusätzlich für dieses Amt prädestiniert.

Der High Sideryt suchte verzweifelt nach einer Entscheidung, die, auf lange Sicht gesehen, Vorteile für die SOL brachte. Und das war schwer. Das Auftauchen des legendären Arkoniden an Bord hatte ihn und viele andere aus den Gewohnheiten ihres Alltagstrotts gerissen. Anfangs hatte er nicht daran geglaubt, tatsächlich den Arkoniden vor sich zu haben. Erst später war dies offenbar geworden, doch da hatte Atlan sich bereits auf dem Weg zum ersten Erfolg befunden.

»Die Entwicklung hat dich begünstigt, Atlan«, flüsterte Deccon heiser. »Eine ganze Weile. Mit viel Geschick hast du dir den Erfolg auf dem siebten Planeten des Mausefalle-Systems zunutze gemacht. Du hast dir die Sympathien vieler Solaner und der Fortschrittlichen unter den Magniden erworben. Du hast es geschafft, dass die SOL zum ersten Mal seit langer Zeit wieder ein Planetensystem anflog, nicht um Rohstoffe an Bord zu nehmen, sondern aus uneigennützigen Gesichtspunkten. Den Chailiden soll geholfen werden, doch kann man ihnen überhaupt helfen?«

Deccon dachte an den Bericht, den Atlan nach seiner Rückkehr aus K'Esbahs Zelle gegeben hatte. Demnach war es gefährlich für die Chailiden, wenn andere Raumfahrer auf ihrem Planeten landeten. Es würde sie irritieren, und das konnte verheerende Folgen haben, nicht nur für die Chailiden und die Raumfahrer selbst, sondern auch für viele andere Völker. Wie diese Folgen aussehen mochten, hatte Atlan durch die Chailiden erfahren, die sich an Bord des Roxharen-Schiffes aufgehalten hatten. Technisch orientierte Wesen hatten Schwierigkeiten, sich auf Chail zurechtzufinden. Gelang es ihnen doch, verloren sie im Austausch dazu die Fähigkeit, mit ihren Raumschiffen umzugehen. Manche Fremdwesen verfielen dem Wahnsinn. Nur die Roxharen waren dagegen immun. Fremden gegenüber konnten die Chailiden also sehr gefährlich werden.

In Gedanken öffnete Deccon die Schatulle und nahm das Logbuch heraus. Er fasste es mit beiden Händen und hielt es vor sich. Dann ging er hinüber zu seinem Sessel auf einem der sieben Podeste mitten in dem 120 Quadratmeter großen Raum, den er als seine Klause bezeichnete. Er setzte sich hinein.

Die verschiedenen Meinungen über die Zustände auf Chail waren zu widersprüchlich, als dass sie in seinen Augen einen Sinn ergeben hätten. Akitar, den Atlan auf Osath aufgelesen hatte, wehrte sich mit aller Kraft gegen die Darstellung des Roxharen und seiner eigenen Landsleute, was nicht verwunderlich war, denn der Chailide war einhundertsechzig Jahre lang abwesend gewesen, während er selbst nur um zehn Jahre gealtert war. Die Erklärung lag in einer technischen Panne des Roxharen-Schiffs, das ihn damals zu einer fernen Welt bringen sollte. Es war lange im Dilatationsflug gewesen, ohne in den Normalraum zurückkehren zu können.

Eigentlich war es egal, wie die Chailiden das Problem lösen würden, überlegte Deccon. Wozu benötigten sie die Solaner? Lediglich die enge Verknüpfung zwischen der Befreiung aus dem Zugstrahl des Herrn in den Kuppeln und den Befreiern, die Anwesenheit Akitars und des seltsamen Roboters Y'Man, der überall im Schiff herumschlich, hatten zusammen mit der Überzeugungskraft Atlans zu der jetzigen Situation geführt, die – und darin waren sich alle Magniden einig – unhaltbar war und schleunigst geändert werden musste.

»Immer wieder Atlan«, murmelte Deccon verbissen.

Mit einem Kopfschütteln quittierte er die Tatsache, dass der Arkonide jetzt zum Kreis der Magniden gehörte und alle Rechte besaß wie die anderen auch. Und er schöpfte sie aus, machte keinen Hehl daraus, dass er mit den Zuständen an Bord nicht zufrieden war.

Wenn ich nur daran glauben könnte, dass er das Wohl der SOL und nicht seine eigenen Interessen im Sinn hat, dachte Deccon, wäre mir wesentlich wohler. Der massige Körper des Bruders ohne Wertigkeit fand kaum in dem großen Sessel Platz. Deccon war ein Hüne von einem Mann, einen Meter vierundneunzig groß, mit Muskeln, die von gewaltigen Fleischwülsten bedeckt waren und seine aus Metallschuppen zusammengesetzte Kleidung fast zum Platzen ausfüllten. Sein Kopf war kahl, das Gesicht massig und rot leuchtend. Die Wangen wirkten aufgedunsen, die Nase ähnelte einer feurigen Geschwulst, die Lippen lagen dick und fett darunter. Die hellgrauen Augen lagen tief in ihren Höhlen, waren kaum zu sehen.

In gewisser Weise war Deccon dem Arkoniden dankbar. Er hatte der SOL ein Ziel gebracht, einen Namen genannt und Koordinaten eines weit entfernten Spiralnebels gegeben, den die SOL vor langer Zeit einmal berührt hatte. Jetzt befand sie sich in einem anderen Teil des Universums, viele Galaxien lagen zwischen ihr und Varnhagher-Ghynnst.

Es war Atlans Ziel, nicht das Ziel der SOL. Atlan hatte nicht verraten, was er ausgerechnet in jenem Raumsektor wollte. Das machte seinen Vorschlag von vornherein zur Farce, ließ an seiner Aufrichtigkeit zweifeln. Nie würde Deccon zustimmen, solange er High Sideryt war. Das glaubte er mit unumstößlicher Sicherheit zu wissen.

Gegen seinen Willen hatten die Magniden zugestimmt, dem Volk von Chail zu helfen. Er hatte die Initiative dem Arkoniden überlassen, keiner konnte ihn so später für eine Fehlentscheidung verantwortlich machen. Jetzt war Atlan auf Chail verschollen, vermutlich abgestürzt. Noch vor Erreichen der Planetenoberfläche war der Funkkontakt abgebrochen, und auch die Mentalstimme des Katzers war verstummt, der zusammen mit Wajsto Kolsch an Bord der CAMELOT gewesen war. Es war Atlan gelungen, den Roxharen glaubhaft zu machen, Akitar sei an Bord des Beiboots. Sie hatten reagiert, sie mussten für das Verschwinden der CAMELOT verantwortlich sein. Hatte Akitar Recht?

Chart Deccon war seit zwei Jahren und acht Monaten im Amt. Er besaß ausreichend Erfahrung im Umgang mit Lebewesen, von den Extras und Monstern bis zu den Mitgliedern der einzelnen SOLAG-Kasten. Oft genug hatte er sich verkleidet im Schiff herumgetrieben und die unterschiedlichen Lebensarten studiert, die er auf andere Weise nie kennen gelernt hätte. Und doch war es etwas anderes, mit den Bewohnern eines Planeten konfrontiert zu werden und eine fremde, unverständliche Weltanschauung kennen zu lernen.

Du träumst, durchzuckte es Chart Deccon. Er blinzelte mit seinen schweren Augenlidern und presste unwillkürlich das Logbuch an sich. Es war gefährlich, sich in dieser Situation Illusionen hinzugeben. Die Lage in der Zentrale im Mittelteil des Schiffes wurde langsam unerträglich. Er musste ein Machtwort sprechen, um die sich lautstark streitenden Magniden in ihre Schranken zu verweisen.

Er erhob sich, legte das Buch, in dem er unzählige Male gelesen hatte, in die Schatulle zurück, verschloss sie. Er hatte die Rufe der Traditionalisten noch in den Ohren, die nach dem Verlust des Funkkontakts mit der CAMELOT ihre Stimme erhoben hatten und den Abflug forderten.

»Die Einigkeit unter den Magniden und die Sicherung unserer Freiheit sind wichtig. Jede Entscheidung hat das zu berücksichtigen«, sagte der High Sideryt laut. Es durfte in diesem Augenblick keine Rolle spielen, dass er selbst mit den Fortschrittlichen sympathisierte, dass er der SOL ein vernünftiges Ziel geben wollte. Er war der High Sideryt und durfte sich nur von einem einzigen Stern leiten lassen. Und der hieß: Das Wohl der SOL.

Deccon stellte eine Verbindung mit der Hauptzentrale des Schiffes her. Er wollte hören, welchen Meinungsstand die Magniden gerade besaßen. Er musste sich informieren, bevor er zwischen sie trat. Er spitzte die Ohren, um aus dem seit Stunden gewohnten Geschrei und Gemurmel die einzelnen Stimmen und Meinungen herauszuhören.

Der Bildschirm zeigte nur einen Sessel und eine der seit langem unbenutzten SERT-Hauben mit den Steuerpulten dahinter. Von den Magniden befand sich keiner im Erfassungsbereich dieser Kamera. Und es war totenstill in der Zentrale.

In Deccon schrillte eine Alarmglocke. Er unterließ es, weitere Bildschirme einzuschalten. Mit einer Geschwindigkeit, die man dem fülligen Körper nicht zugetraut hätte, verließ er seine Klause und eilte in die Hauptleitzentrale.

 

*

 

»Was ist los?«

Deccon schloss die Tür hinter sich und blickte die Magniden fragend an. Sie antworteten nicht, gaben seinen Blick zurück und schienen auf etwas zu warten. Sie waren zu acht. Gerigk war tot, von einem Ferraten erschossen, und Wajsto Kolsch befand sich bei Atlan und Breiskoll.

Es sind auf beiden Seiten vier, stellte der High Sideryt betroffen fest. Es ist eine Pattsituation. Sie warten auf meine Entscheidung. Oder täuschte er sich da?

Der Reihe nach musterte er die Gestalten. Da stand Gallatan Herts, einen Meter einundfünfzig groß, dürr und leicht verwachsen. Aus dem bleichen, furchtbar hageren Gesicht mit der langen Nase und den schmalen Lippen schauten tiefliegende, wasserblaue Augen herausfordernd in die Welt. Die strohblonden, strähnig kurzen Haare des Magniden standen widerspenstig vom Kopf ab. Herts war leicht reizbar und äußerst streitsüchtig, ein wahrer Giftzwerg von einem Solaner. Die linke Hand trug er in einem engen Verband, der leicht mit Blut getränkt war. Die Wunde stammte nach seinen Angaben von seinem Haustier, einem hundeähnlichen Extra namens Kyr-Kyr, den er in seiner Wohnung hielt. Der Extra war angeblich sein Todfeind.