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Heliosphere 2265

- Das Marsprojekt -

 

Band 6

 

Vollendung“


von Andreas Suchanek

 

Was bisher geschah

 

Nach der Havarie der JAYDEN CROSS im September 2267 steht die Crew vor zahlreichen Herausforderungen. Die Mannschaft muss sowohl eine Verstrahlung des Maschinenraums verhindern, als auch Verletzte versorgen. Gleichzeitig stellt Captain Kristen »Kirby« Belflair überrascht fest, dass sie scheinbar in einer Kopie des Sol-Systems gelandet sind. Hier ist die Mars-Diktatur nie gestürzt worden. Freeman ist am Leben, Terra entvölkert, und ein gigantisches Schild umgibt das gesamte System.

Als wäre das nicht genug, erinnert die Kommandantin der JAYDEN CROSS sich wieder an eine Begegnung in ihrer Vergangenheit. Einst traf sie auf der Erde mit Yuna Ishida zusammen. Ein Kontakt, der ihr Leben für immer veränderte. Die mysteriöse japanische Frau scheint mehr über das Mars-2-System zu wissen.

Das Schiff wird von dem marsianischen Raumschiff TITAN entdeckt. Den folgenden Kampf entscheidet die JAYDEN CROSS nur knapp für sich. Sie flieht in den Kuipergürtel des Systems.

Bevor Kirby überlegen kann, wie es weitergeht, findet sie die Leiche eines Brückenoffiziers im Lift. Es wird klar, dass es einen Saboteur an Bord gibt, der mit Diktator Freeman zusammenarbeitet.

Sofort wird Agent Jake Fooley mit der Suche nach dem Mörder betraut. Niemand kann verhindern, dass zwei weitere Attacken erfolgen. Sowohl Sienna McCain als auch Kirby kommen nur knapp mit dem Leben davon. Am Ende entpuppt sich Jake Fooley selbst als der Verantwortliche. Er nimmt Kirby gefangen und flieht mit ihr als Geisel auf die Erde. Hier, am Nordpol, sucht er etwas. Bei seiner Flucht setzt er auf der JAYDEN CROSS ein Betäubungsgas frei. Das Raumschiff trudelt führerlos einem Trümmerteil im All entgegen.

Gleichzeitig befinden sich Commander Nymba, Fähnrich McAllister und Marines im menschenleeren Paris. Es stellt sich heraus, dass für die Entvölkerung von Terra Naniten verantwortlich sind, die im Erde-Mars-Krieg entwickelt und schließlich eingesetzt wurden. Zwar kann eine Attacke der dahinterstehenden K.I. vereitelt werden, doch am Ende lässt diese ganze Gebäude auf die Bunker niedergehen, in denen die überlebenden Terraner leben. Gelingt der Durchbruch, bedeutet es das Ende der Menschheit auf Terra. Nymba, McAllister und Corporal Kowalczyk fliehen mit Sylv in eine der verlassenen Wissenschaftsstationen an die Oberfläche. Sie setzen alles auf eine Karte und infiltrieren die Festung mit dem Computerkern der entarteten Intelligenz. Es gelingt, die Algorithmen zu säubern. Fortan steht IAN auf der Seite der Menschheit. Die überlebenden Terraner können die Bunker verlassen und machen sich an den Wiederaufbau.

Auch die Crew der JAYDEN CROSS hat überlebt. Dank Außenminister Chang, der von dem Betäubungsgas nicht betroffen war, konnte die Mannschaft einer Kollision entgehen. Um einem marsianischen Angreifer zu entkommen, bleibt jedoch nur eine Option: Das Raumschiff wird in die Atmosphäre gesteuert. Der Liberty-Kreuzer findet sein Grab im ewigen Eis der Arktis, während die Crew mit den Rettungskapseln landet.

Am Nordpol liefert sich Kirby einen heftigen Kampf mit Jake Fooley. Dieser entpuppt sich als einer von sechs sogenannten Schicksalswächtern, die in begrenztem Maße den Verlauf der Geschichte alternieren können; einzeln nur wenige Minuten, doch im Verbund sind sie ungleich mächtiger. Auch Yuna Ishida ist eine von ihnen. Durch Yunas Manipulationen an Kirbys Vergangenheit führte alles hin zur Havarie der JAYDEN CROSS. Jake kann geschlagen werden und flieht mit einem Projektor zum Mars.

Am Ende überbringt Yuna Kirby eine schreckliche Nachricht. Aufgrund der Veränderungen an ihrer Geschichte und des Kontaktes zu alternierten Quantenzuständen wurde sie – genau wie Jayden Cross es ist – zu einem Fixpunkt. Eines Tages in der Zukunft wird einer von ihnen beiden ausgelöscht, da es nur einen geben darf.

Die Crew kommt zusammen, um den Terranern beim Wiederaufbau zu helfen. Einstweilen sitzt sie auf der Terra-Kopie fest.

Monate vergehen.

In einer gemeinsamen Anstrengung kann die Mannschaft der JAYDEN CROSS den Projektor in der Nordpolstation wieder mit Energie versorgen. Czem Özenir und Sienna McCain infiltrieren die Marsgesellschaft und stellen Kontakt zur 13. Dynastie her. Im Zuge der Ereignisse wird Captain Belflair mit einem bioneuralen Tattoo ausgestattet. Sie kann einen Infiltrationsvirus von Jake Fooley aus der Erinnerungsbox der 13. Dynastie löschen.

Czem Özenir gelingt es, die Konstruktionsplattform mit dem Prototypen zu infiltrieren, wird dabei aber gefangen genommen und von Jake Fooley neuronal restrukturiert. Eine Tatsache, derer er sich – im Gegensatz zur Rekonstruktion, die das Imperium einsetzt – bewusst ist. So empfindet er Zuneigung zu dem Menschen, den er am meisten hasst. Die innere Qual droht ihn zu zerstören. Seine Willensstärke wird entscheiden, ob er dem verankerten Zwang widerstehen kann oder zu einer Gefahr für seine Freunde und Kameraden wird.

Kirby entschließt sich zu handeln. Gemeinsam mit überlebenden Terranern werden Leichte Kreuzer geborgen, die in einem unterirdischen Hangar auf Luna eingelagert sind. Sie nutzen die REPUBLIK, um den Prototyp zu infiltrieren. Es kommt zu einem Entscheidungskampf, bei dem alles auf dem Spiel steht.

Kirby wird auf der Kommandobrücke mit Fooley und Czem Özenir konfrontiert. Ihr Taktik- und Waffenoffizier steht völlig unter der Kontrolle der Neuronalen Restrukturierung. Auf den Befehl des Schicksalswächters hin greift er sie an.

Gleichzeitig entsteht ein gewaltiger Riss im All, gespeist aus Energie, die vom Mars abgezogen wird. Ein Nebel, der die Bewohner tötet, breitet sich aus. Plötzlich trudelt ein Schiff des Eriin-Bundes aus dem Riss. Die DARK KNIGHT.

Das Schicksal des Mars-2-Systems steht auf dem Spiel, als die Mächte hinter dem Biokonstrukt der Vollendung ihres Plans entgegenstreben.

Prolog

 

Die Kreuzer verschwanden aus seinem Blickfeld. Das All, die Galaxis, die Wirklichkeit wurden komprimiert zu einem Raum aus violetter Energie. Der Eingang blieb hinter ihnen zurück.

Captain Michael Aury schaute auf die Holosphäre, in der eben noch die EMPIRE sichtbar gewesen war. Obgleich die Völker der Milchstraße der Eriin-Allianz nach wie vor ins Gesicht spuckten, hatte er sich dazu entschieden, an der Befreiungsaktion von Jayden Cross teilzunehmen. Ja, sie hatten ein letztes großes Opfer gebracht. Bringen wollen. Doch das Wunder war geschehen. Das Wunder in Form eines Risses.

Die Gewalten ergriffen das Raumschiff, schleuderten es durch das Violett, als sei es nicht mehr denn ein Korken auf dem sturmgepeitschten Meer. Bisher hielten die Trägheitsdämpfer, aber die Geschwindigkeit, mit der die Geräte ausfielen, ließen Schlimmes erahnen.

Die Luft war erfüllt vom Geruch schmorender Isoliermaterialien, zuckenden Überschlagblitzen und gerufenen Statusmeldungen.

»… Antrieb ausgefallen. Versuche einen Neustart.«

»Offensiv- und Defensivsysteme sind vollständig erledigt. Gefechtskontrolle offline.«

»Lebenserhaltung bleibt bisher stabil. Schadenskontrolle meldet Fluktuationen in der Energieversorgung.«

»Phasenfunk ausgefallen. Alle zuvor gemeldeten Signale bleiben unbeantwortet.«

Michael schloss die Augen. Damit stellte sich heraus, dass der Riss keinesfalls ein Wunder war. Ihnen wurden ein paar mehr Minuten geschenkt, und Admiralin Ironstone verlor das Vergnügen, sie aus dem All zu pusten, doch letztlich würde die DARK KNIGHT diesen Gewalten nicht länger standhalten.

Es waren jene Momente, die er so sehr verabscheute. Im Weltraum war die Technik am Ende das, was zwischen Sieg oder Niederlage, Leben oder Tod stand.

In einem Gefecht am Boden konnte der Kämpfer letzte Kräfte mobilisieren, tricksen, irgendwie noch etwas aus sich selbst herausholen. Doch was blieb im All?

»Druck auf die Hülle nimmt zu«, sagte irgendwer. »Strukturelle Integrität gefährdet. Massiv gefährdet.«

Auf seiner Konsole leuchteten Warnmeldungen um die Wette.

Normalerweise war er auch in der ausweglosesten Situation nie um einen kecken Spruch verlegen. Heute schon.

Die DARK KNIGHT trieb weiter durch das Violett.

Ein Vibrieren erfasste die Umgebung, schien jede Person auf der Kommandobrücke bis ins letzte Molekül zu durchdringen. Das Schiff erzitterte.

Es ist vorbei.

Dann kam die Schwärze.

 

 

Mars-2-System, an Bord des Prototypen, 24. Oktober 2268, 22:20 Uhr

 

»Bringen wir es zu Ende.«

Jake schaute von der Konsole auf. Etwas veränderte sich. Captain Kristen »Kirby« Belflair lächelte ihn an. Oh ja, sie lächelte! Da war keine Angst mehr in ihrem Blick, kein Schatten schwebte über ihr. Die unterschwellige Schwermut, die trotz jeden Lachens seit vielen Monaten Teil von Kirby gewesen war … fort.

Jake biss die Zähne zusammen. Sie hatte es geschafft. Die Folgen von Yunas Alternierung, die das Leben der Kommandantin verfolgt und dominiert hatten, waren abgeglitten. Der Ausgleich erfolgte, die Balance wurde wiederhergestellt.

Kirby war frei.

Möglicherweise kam ihm das zugute.

Er erhob sich. Es kostete ihn nur einen Gedanken, seine Fähigkeiten zu aktivieren. Die Schicksalsalternierung glitt jedoch von ihr ab. Sie war noch immer ein Fixpunkt.

Zwei, von denen es lediglich einen geben darf.

Er versuchte es erneut.

Und erschrak. Seine Kraft erreichte die Kommandantin der untergegangenen JAYDEN CROSS nicht mehr. Sie wurde einfach fortgesogen.

Mit vor Schrecken geweiteten Augen starrte er auf die aktivierte Holosphäre. Jake spürte, wohin seine Kraft gezogen wurde. Der Riss verleibte sie sich ein, gewann an Stabilität. In einiger Entfernung trudelte ein Eriin-Raumschiff daraus hervor. Der Prototyp befand sich in einem ausreichenden Sicherheitsabstand, konnte von den tödlichen Gewalten nicht erfasst werden.

Noch immer flogen die Leichten Kreuzer der Terraner auf sie zu, von der anderen Seite kamen Kampfraumer der Marsdiktatur, wovon allerdings nur noch wenige übrig waren. Vom Riss gingen Blitze aus, die jeden Raumer sofort zerstörten, der sich ihm näherte.

Und da war der Nebel, der vom Mars ausgehend in den Riss drang. Es gab kaum noch einen Zweifel, dass die Herren des Biokonstruktes – des künstlichen Menschen, der Arthur D. Freeman ersetzt hatte – zum großen Schlag ausholten.

Es wird Zeit, von hier zu verschwinden.

Seine geliebte Tia befand sich an Bord. Auf Terra warteten die schlafenden Schicksalswächter darauf, von ihm getötet zu werden. Er benötigte ihre Kräfte. Und er war, wie es schien, nicht der Einzige, der in diese Richtung zielte.

»Czem«, sagte Fooley. Er setzte sein liebevollstes Lächeln auf, um die Neuronale Restrukturierung bis ans Limit zu triggern. Er fesselte den Navigator der ehemaligen JAYDEN CROSS mit den stärksten Gefühlen, die es gab. Liebe, Loyalität, Zuneigung, Vertrauen. »Kirby will mich umbringen. Töte sie. Keine Spiele mehr.«

Der breitschultrige Navigator erhob sich. Muskeln zeichneten sich unter der Uniform ab. Kurz züngelte Pein über sein Gesicht, wurde aber sofort wieder zu einer Maske aus Ehrerbietung.

Du hattest nie eine Chance, dachte Jake. Der einzige Ausweg ist der Tod. Doch solange du lebst, dienst du mir.

Özenir warf sich erneut auf Kirby.

Der Kampf ging weiter.

 

*

 

Fähnrich Ian McAllister starrte auf die Waffe in der Hand des letzten verbliebenen Soldaten des Raumkommandos. Wie leicht hätte der Mann aufgeben können. Doch generationenlange Indoktrinierung hatten einen nahezu religiösen Glauben an seine Vorgesetzten, den Staat, Freeman, etabliert.

Der Marsianer betätigte den Auslöser. Ein Energieblitz zuckte, schlug in das Interphasenmodul ein.

Die erwartete Explosion blieb aus.

Auf dem eiförmigen verkapselten Modul verästelten sich Überschlagblitze und schossen in den Raum davon. Einer direkt auf Ian zu. Obwohl er hinter einem transparenten Schott stand, und damit völlig sicher war, fuhr er zusammen.

Von dem Soldaten blieben nur die verkohlten Überreste.

Neben Ian atmete Commander Aliou Nymba, der I.O. der JAYDEN CROSS, hörbar auf. »Damit gehört der Maschinenraum uns. Das war verdammt knapp.«

Sienna McCain, die australische Taktik- und Waffenoffizierin, studierte eingehend ihre Konsole. »Es gibt nur wenige Bereiche, in denen IAN die Kontrolle nicht übernommen hat.«

Bei ihren Worten verdrehte Ian die Augen. Er hatte sich noch immer nicht daran gewöhnt, dass die ehemals zerstörerische Künstliche Intelligenz von Terra seinen Namen gewählt hatte. Er hatte den Ausschlag gegeben, sie zu befreien. Ihre Dankbarkeit war grenzenlos. Während der eigentliche Computerkern auf Terra stand, hatten sie eine Instanz des Wesens mit hierhergebracht, damit es die vorinstallierte K.I. von Fooley überschreiben konnte.

»Bedauerlicherweise gehört das Sicherheitsbüro dazu«, sagte McCain. »Außerdem besteht noch kein Zugriff auf die Kommandobrücke. Unser aller Freund hat sie vollständig mit Schilden und Translokationsstörern abgeschottet.«

Ians Magen zog sich zusammen. Jeder hier wusste, dass Captain Belflair sowie Czem Özenir dort waren. Letzterer neuronal restrukturiert. »Fooley wird sie töten.«

»Wie ich diesen Psychopathen kenne, wird er das Özenir übernehmen lassen«, sagte Nymba. »Sienna, Sie und Kowalczyk kümmern sich um das Sicherheitsbüro. Olivia dürfte ihn mittlerweile wieder zusammengeflickt haben. Ian, Sie und ich haben ab sofort eine Priorität.«

»Captain Belflair.«

»Exakt. Verschaffen Sie uns Zugang zur Kommandobrücke. Egal wie.«

»Ich arbeite bereits an Infiltrationsmaßnahmen«, erklang die Stimme von IAN aus dem Interkom. »Die letzten Reste von Fooleys K.I.-Konstrukt haben die Speicher der Brücke als Bastion gewählt. Es wird schwierig und wird dauern.«

»Verstanden«, sagte Nymba. »Gib dein Bestes.«

»Selbstverständlich.«

»Ian, Sie sind für den kreativen Teil zuständig«, ergänzte der I.O. »Welche Möglichkeit haben wir – außer einer Übernahme der Kommandofunktionen? Das Chrono tickt.«

Er schüttelte den Kopf. »Ein Shuttle von außen scheidet aus, die feindliche K.I. könnte mit der Nahbereichsabwehr dagegen vorgehen. Translokation wird durch Störfelder unterbunden. Aufschneiden der Schotts würde Tage dauern. Tut mir leid, Sir, aber wir müssen warten, bis IAN die Infiltration durchgeführt hat.«

Nymba schloss die Augen. In langsamen, gleichmäßigen Bewegungen massierte er seine Nase. »Dann bleibt uns wohl einstweilen nur, Kirby viel Glück zu wünschen.«

Ian nickte, obgleich er innerlich schrie. Wenn Captain Belflair starb, weil ihm keine Lösung einfiel …

Nymba nahm hinter einer Konsole Platz und stellte einen Kontakt zu Sienna McCain her. Er wollte augenscheinlich die Eroberung des Sicherheitsbüros koordinieren.

Das Schott öffnete sich, und Ariane stürmte herein, dicht gefolgt von Petro. Ein Stein fiel Ian vom Herzen, als er seine beiden Beziehungspartner unverletzt sah. Petro war Teil des Einsatzteams gewesen, das von der REPUBLIK auf die Außenhülle des Prototypen »geschossen« worden war. Der Hochrisiko-Einsatz war jedoch gut ausgegangen und hatte ihnen den Weg für die Enterung des von Fooley konstruierten Raumschiffes geebnet.

Sie lächelten sich an. »Alles klar bei euch?«

Beide nickten.

»Bei dir?«, fragte Ariane.

»Jap. Aber bei Captain Belflair sieht es nicht gut aus. Wir müssen auf die Kommandobrücke, irgendwie.«

Sie wechselten einen Blick.

»Da kommen Erinnerungen hoch«, sagte Petro.

»Na ja, das hier ist keine Station mit integrierter Bombe, und wir wurden auch nicht geködert – aber wenn es dir hilft, kreativ zu sein.« Ian grinste, obgleich die Gedanken an die Alzir-Verschwörung keine angenehmen waren.

Petro knuffte ihn in die Seite. »Nicht frech werden. Du bist doch der Wunderknabe. Lass dir was einfallen.«

»So auf Kommando kann ich nicht.«

Ariane lachte laut auf. »Das wäre mir neu.«

Ian wurde rot.

»Aber mal ernsthaft«, ergänzte sie. »Jedes System hat eine Schwachstelle, wir müssen sie nur finden.« Sie verhakte ihre Finger ineinander und ließ die Gelenke knacken. »Lasst mich mal ran, Jungs.«

Ian trat zur Seite. »Bitte, Mylady.«

Ariana begann mit der Arbeit.

 

*

 

Mars-2-System, Mars, 24. Oktober 2268, 23:55 Uhr

 

Akar ging ungeduldig auf und ab. Mit den übrigen Überlebenden der 13. Dynastie befand er sich im Bunker, tief unter der Oberfläche des Mars. Wirkliche Freude konnte er jedoch nicht empfinden.

Was immer Freeman auch getan hatte: Die Folgen waren entsetzlich. Ein seltsamer Nebel hatte sich gebildet, lag über der gesamten Oberfläche und tötete Marsianer. Sie fielen zu Boden, wurden von dem unbekannten Aerosol umfangen, zersetzt, ausgelöscht. Während all das geschah, stand er hier unten und konnte nichts tun. Der Traum von Freiheit zerbrach vor seinen Augen, verwandelte sich in eine dunkle Schimäre aus Tod und Verderben.

Endlich entstand die Wolframsphäre. Das Gebilde zerbröckelte und entließ eine junge Frau mit schwarzem Haar, die vom Hals bis zu den Füßen in einem silbernen Anzug steckte.

»Hallo, Sylv«, begrüßte er die terranische Exekutiv Archivarin.

»Akar.« Sie nickte freundlich, trat von der Plattform und reichte ihm einen Koffer. »Anlegen.«

Er entnahm zwei Arm- und zwei Fußreifen. Kaum hatte er sie angelegt, floss silbernes Material hervor und kleidete ihn in einen identischen Anzug.

»Wir gehen raus und nehmen eine Probe«, sagte die ExArch. »Nur so finden wir heraus, wie dieses Zeug zustande kam, was genau es tut.«

»Es tötet Marsianer.«

»Das ›Wie‹ ist entscheidend.«

Gemeinsam verließen sie den Bunker. Akar hatte so lange auf den Tag der Auflehnung gewartet. Seit Freeman alle Mitglieder der 13. Dynastie verfolgt und umgebracht hatte. Nicht viele waren entkommen, doch immerhin war es gelungen, den Gedankenspeicher zu kopieren, zu sichern.

Anstatt einer Rückeroberung musste er nun den Marsianern beim Sterben zusehen. Was würde am Ende bleiben? Hatte Freeman diesen Nebel aktiviert? War es ein perfider Plan, den Mars von allen Feinden zu reinigen? Oder war der Rückkehrer verantwortlich?