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Margret Rettich

Wirklich wahre
Weihnachtsgeschichten

Illustrationen von
Rolf Rettich

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Über dieses Buch

Von der Gans, die Jahr für Jahr einem schlimmen Schicksal entgeht, von der Familie, die sich an Heiligabend aussperrt, von der kleinen Elsie, die im Klo stecken bleibt, von zwei Kühen, die im Krippenspiel landen, und vielen anderen lustigen, turbulenten, nachdenklichen und wirklich wahren Begebenheiten.

Ein echter Weihnachtsklassiker!

Für alle,
von denen
in diesen Geschichten
die Rede ist

Inhalt

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Die Geschichte vom Weihnachtsbraten

Die Geschichte vom Vogelhaus

Die Reisegeschichte

Die neugierige Geschichte

Die Schlüsselgeschichte

Die Geschichte vom Lamettabaum

Die Geschichte vom neuen Haus

Die vertauschte Geschichte

Die Geschichte von Elsie

Die Kurzschlussgeschichte

Vom Maulwurffangen

Karpfenzauber

Hansis Geschichte

Das Familienerbstück

Nannis Baum

Als Weihnachten ausfiel

Eine Ausreißergeschichte

Post für den alten Mann

Ein Märchen

Die Geschichte vom Eisbaum

Marzipan

Die Traumgeschichte

Das Puppenhaus

Die Kirchengeschichte

Die Geschichte vom Weihnachtsbraten

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Einmal fand ein Mann am Strand eine Gans.

Tags zuvor hatte der Novembersturm getobt. Sicher war sie zu weit hinausgeschwommen, dann abgetrieben und von den Wellen wieder an Land geworfen worden. In der Nähe hatte niemand Gänse.

Es war eine richtige weiße Hausgans. Der Mann steckte sie unter seine Jacke und brachte sie seiner Frau: »Hier ist unser Weihnachtsbraten.«

Beide hatten noch niemals ein Tier gehabt, darum hatten sie auch keinen Stall. Der Mann baute aus Pfosten, Brettern und Dachpappe einen Verschlag an der Hauswand. Die Frau legte Säcke hinein und darüber einen alten Pullover. In die Ecke stellte sie einen Topf mit Wasser.

»Weißt du, was Gänse fressen?«, fragte sie.

»Keine Ahnung«, sagte der Mann.

Sie probierten es mit Kartoffeln und mit Brot, aber die Gans rührte nichts an. Sie mochte auch keinen Reis und nicht den Rest vom Sonntagsnapfkuchen.

»Sie hat Heimweh nach anderen Gänsen«, sagte die Frau.

Die Gans wehrte sich nicht, als sie in die Küche getragen wurde. Sie saß still unter dem Tisch. Der Mann und die Frau hockten vor ihr um sie aufzumuntern.

»Wir sind eben keine Gänse«, sagte der Mann. Er setzte sich auf seinen Stuhl und suchte im Radio nach Blasmusik.

Die Frau saß neben ihm am Tisch und klapperte mit den Stricknadeln. Es war sehr gemütlich. Plötzlich fraß die Gans Haferflocken und ein wenig vom Napfkuchen.

»Er lebt sich ein, der liebe Weihnachtsbraten«, sagte der Mann.

Bereits am anderen Morgen watschelte die Gans überall herum. Sie steckte den Hals durch offene Türen, knabberte an der Gardine und machte einen Klecks auf den Fußabstreifer.

Es war ein einfaches Haus, in dem der Mann und die Frau wohnten. Es gab keine Wasserleitung, sondern nur eine Pumpe. Als der Mann einen Eimer voll Wasser pumpte, wie er es jeden Morgen tat, ehe er zur Arbeit ging, kam die Gans, kletterte in den Eimer und badete. Das Wasser schwappte über und der Mann musste noch einmal pumpen. Im Garten stand ein kleines Holzhäuschen, das war die Toilette. Als die Frau dorthin ging, lief die Gans hinterher und drängte sich mit hinein. Später ging sie mit der Frau zusammen zum Bäcker und in den Milchladen.

Als der Mann am Nachmittag auf seinem Rad von der Arbeit kam, standen die Frau und die Gans an der Gartenpforte.

»Jetzt mag sie auch Kartoffeln«, erzählte die Frau.

»Brav«, sagte der Mann und streichelte der Gans über den Kopf, »dann wird sie bis Weihnachten rund und fett.«

Der Verschlag wurde nie benutzt, denn die Gans blieb jede Nacht in der warmen Küche. Sie fraß und fraß. Manchmal setzte die Frau sie auf die Waage und jedes Mal war sie schwerer.

Wenn der Mann und die Frau am Abend mit der Gans zusammensaßen, malten sich beide die herrlichsten Weihnachtsessen aus.

»Gänsebraten und Rotkohl, das passt gut«, meinte die Frau und kraulte die Gans auf ihrem Schoß.

Der Mann hätte zwar statt Rotkohl lieber Sauerkraut gehabt, aber die Hauptsache waren für ihn die Klöße.

»Sie müssen so groß sein wie mein Kopf und alle genau gleich«, sagte er.

»Und aus rohen Kartoffeln«, ergänzte die Frau.

»Nein, aus gekochten«, behauptete der Mann.

Dann einigten sie sich auf Klöße halb aus rohen und halb aus gekochten Kartoffeln. Wenn sie ins Bett gingen, lag die Gans am Fußende und wärmte sie.

Mit einem Mal war Weihnachten da.

Die Frau schmückte einen kleinen Baum.

Der Mann radelte zum Kaufmann und holte alles, was sie für den großen Festschmaus brauchten. Außerdem brachte er ein Kilo extrafeine Haferflocken.

»Wenn es auch ihre letzten sind«, seufzte er, »soll sie doch wissen, dass Weihnachten ist.«

»Was ich sagen wollte«, meinte die Frau, »wie, denkst du, sollten wir … ich meine … wir müssten doch nun …«

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Der Mann sagte eine Weile nichts. Und dann: »Ich kann es nicht.«

»Ich auch nicht«, sagte die Frau. »Ja, wenn es eine x-Beliebige wäre. Aber nicht diese hier. Nein, ich kann es auf gar keinen Fall.«

Der Mann packte die Gans und klemmte sie in den Gepäckträger. Dann fuhr er auf dem Rad zum Nachbarn. Die Frau kochte inzwischen den Rotkohl und machte die Klöße, einen genauso groß wie den anderen.

Der Nachbar wohnte zwar ziemlich weit weg, aber doch nicht so weit, dass es eine Tagereise hätte werden müssen. Trotzdem kam der Mann erst am Abend wieder. Die Gans saß friedlich hinter ihm.

»Ich habe den Nachbarn nicht angetroffen, da sind wir etwas herumgeradelt«, sagte er verlegen.

»Macht gar nichts«, rief die Frau munter, »als du fort warst, habe ich mir überlegt, dass es den feinen Geschmack des Rotkohls und der Klöße nur stört, wenn man noch etwas anderes auftischt.«

Die Frau hatte Recht und sie hatten ein gutes Essen. Die Gans verspeiste zu ihren Füßen die extrafeinen Haferflocken. Später saßen sie alle drei nebeneinander auf dem Sofa in der guten Stube und sahen in das Kerzenlicht.

Übrigens kochte die Frau im nächsten Jahr zu den Klößen zur Abwechslung Sauerkraut. Im Jahr darauf gab es zum Sauerkraut breite Bandnudeln. Das sind so gute Sachen, dass man nichts anderes dazu essen sollte.

Inzwischen ist viel Zeit vergangen.

Gänse werden sehr alt.

Die Geschichte vom Vogelhaus

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Als Mama morgens das Fenster aufmachte, um Kai zu wecken, fiel vom Fensterbrett eine Ladung Schnee auf den Teppich: Es hatte über Nacht geschneit. Draußen saßen die Spatzen auf den Zweigen und schimpften.

»Er hat immer noch kein Vogelhaus gebaut«, sagte Kai vorwurfsvoll.

»Heute bringen wir ihn dazu«, antwortete Mama.

Papa saß zufrieden am Frühstückstisch. Es war Sonntag und er wollte so richtig faul sein. Er wartete, dass Mama ihm die Brötchen strich. Nicht, dass er das nicht selbst gekonnt hätte. Aber Papa mochte es, wenn ihm Mama alles abnahm, und ließ sich hin und wieder gern bedienen.

Doch jetzt hatte sie keine Lust dazu. Manchmal machte es ihr Spaß, dass sie geschickter war als Papa, und sie zeigte gern, wie gut ihr alles von der Hand ging. Aber sie mochte nicht, dass er sich allzu sehr darauf verließ.

»Kai und ich würden gern sehen, wenn du endlich das Vogelhaus baust. Es ist Winter, es hat geschneit und die armen Vögel hungern«, sagte sie.

»Ich kann dir helfen«, sagte Kai.

Papa rührte sich nicht. Er saß da und wartete, dass Mama ihm ein Brötchen strich. Doch sie tat es nicht.

»Sonntag ist Ruhetag«, sagte Papa, »warum muss ich ausgerechnet am Sonntag ein Vogelhaus bauen?«

»Alle Väter machen das«, rief Kai.

»Vogelhäuser sind Männersache«, sagte Mama. Freilich, sie hätte es auch gekonnt. Sie konnte sägen, hämmern, Nägel einschlagen, Kurzschlüsse reparieren und verstand eine ganze Menge von Autos. Aber sie sah nicht ein, dass sie ein Vogelhaus bauen sollte, während Papa neben ihr stand und zusah. Vielleicht hätte es auch Kai schon geschafft. Aber Mama war nicht ganz sicher, ob er sich nicht dabei wehtat. Sie fand jedoch, dass er Papa zur Hand gehen könnte.

Papa kam gegen Mama und Kai nicht an. Also strich er sich das Brötchen selbst, erhob sich widerwillig und schlurfte in den Keller. Kai sprang hinterher.

Mama hörte, wie Papa zu Kai sagte: »Bauen wir doch einen Schneemann, das kann ich gut.« Und wie Kai antwortete: »Wir bauen das Vogelhaus, sonst nichts.« Mama war zufrieden.

Kai erklärte genau, wie das Vogelhaus aussehen sollte. Er wusste, was man dazu brauchte und wo alles war. Papa kannte sich im Keller nicht so aus, das war Mamas Sache. Sie hatte Obstkisten gesammelt, die konnten sie nun nehmen. In einer Ecke verwahrte sie Plastikfolie und an einem Haken hing eine Rolle Draht. Irgendwo standen Pfosten, womit sie im Frühjahr den Zaun flicken wollte. Kai trug alles zusammen.

Papa stand herum. Er wusste nicht, wo der Hammer war, er fand keine Säge, Nägel waren auch nicht da und er hoffte sehr, dass er ohne all das gar kein Vogelhaus bauen konnte.

Doch Kai lief schon nach oben. Mama hatte das Werkzeug im Küchenschrank und die Nägel in der Speisekammer, denn sie wollte alles ständig zur Hand haben. Kai schleppte es nach unten und brachte es Papa. Er sagte genau, was Papa machen musste, und Papa machte jeden Handgriff so, wie Kai es erklärte. Erst sägte er aus den Obstkisten kleine Brettchen, daraus sollte der Boden werden. Dabei erwischte er seinen linken Daumen.

Mama verband ihn und sagte: »Das ist kein Grund, sich gleich ins Bett zu legen. Geh nur wieder in den Keller und mach weiter!«

Kai hatte inzwischen die Brettchen mit Leisten zu einer Platte verbunden. Er zeigte jetzt, wie Papa darauf die Pfähle für das Dach befestigen sollte. Erst nagelte Papa seinen Daumenverband am Holz fest, dann schlug er sich auf den Zeigefinger. Nachdem er diesen im Bad eine halbe Stunde gekühlt hatte, scheuchte ihn Mama wieder in den Keller.

Kai hatte bereits ein Dach auf die Pfähle gesetzt und deckte es gerade mit Plastik. Papa sollte alles nur noch mit Draht rundherum befestigen. Er nahm die Zange und kniff sich damit in den Handballen. Mama ertappte ihn dabei, wie er sich ein Handtuch knotete, um den Arm in die Schlinge zu legen. »Es wird dich hindern, das Vogelhaus fertig zu machen«, sagte sie und legte das Handtuch wieder in den Schrank.

Papa schlich in den Keller, um das Vogelhaus zu vernichten, aber Kai hatte es fertig. Es war zwar schief und wackelte, es war auch etwas klein geraten, aber man konnte erkennen, was es sein sollte. Papa und Kai gruben einen von Mamas Pfosten im Vorgarten ein und befestigten das Vogelhaus darauf. Dann streute Mama die zerkrümelten Weihnachtsplätzchen vom vergangenen Jahr hinein und schon nahten die ersten Spatzen. Papa und Kai saßen hinter dem Fenster und sahen zu, wie sie sich balgten und mit den besten Brocken im Gebüsch verschwanden. Papa war mächtig stolz, was er geschafft hatte, und Mama lobte ihn. Es wurde ein schöner Sonntag.

Am anderen Morgen sah Kai nach dem Vogelhaus. Da saß eine fette schwarze Katze drin. Kai riss das Fenster auf und schrie: »He, du, scher dich weg!«

Die Katze versuchte es, aber sie konnte nicht, sie steckte fest. Vorn sahen Kopf und Pfoten heraus, hinten wedelte ein aufgeregter Schwanz.

Kai und Mama liefen hinaus. Mama rief, Kai solle achtgeben, Katzen hätten scharfe Krallen. Sie schob hinten und Kai lockte vorn: »Na, komm schon, spring!«

Die Katze wurde wild und schlug um sich. Das Vogelhaus schwankte auf dem Pfosten und sein Dach hob sich ein wenig.

»Solange sie so fett ist, schafft sie das nicht«, sagte Mama.

»Vielleicht wenn sie hungert und abnimmt …«

Die Katze miaute. Plötzlich tat sie Kai und Mama leid. Sie holten Ölsardinen und die Katze fraß brav aus der Dose, die Kai ihr vorhielt. Ringsumher saßen die Spatzen auf den Zweigen und schimpften.

»Also gut, füttern wir die auch noch«, sagte Mama. Sie streuten ihnen Krümel auf das Fensterbrett und sahen dann von drinnen zu, wie sie pickten.

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Die Katze schlief im Vogelhaus ein. Ihre Pfoten hingen vorn schlaff nach unten und hinten baumelte lang der Schwanz. Die Spatzen hatten schnell heraus, dass sie ihnen nichts antun konnte. Sie wurden immer frecher. Einige tobten auf dem Dach herum, andere flogen ihr haarscharf an der Nase vorbei. Als sich ein Spatz im Katzenschwanz verkrallte, war es zu viel. Die Katze fuhr auf, machte einen krummen Rücken, stemmte sich gegen die Brettchen, die Leisten und den Draht und das ganze Vogelhaus brach auseinander. Die Katze machte einen Satz und verschwand.

Was blieb Mama übrig, als mit Kai ein neues Vogelhaus zu bauen, fest und stabil? Sie konnte es Papa mit seinen verbundenen Händen wirklich nicht zumuten. Er stand zufrieden daneben und sah zu.

Die Reisegeschichte

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Einmal feierte ein Junge Weihnachten erst im Mai.

Der Junge hieß Georg.

Georgs Eltern hatten sich so lange gezankt, bis sie nicht mehr miteinander leben konnten. Sie hatten nun zwei Wohnungen. Beide wollten Georg bei sich haben, aber Georg war ebenso gerne bei Papa wie bei Mama. Also war er abwechselnd einige Wochen da und einige Wochen dort.

Seinen Geburtstag hatte er in diesem Jahr bei Mama gefeiert. Nun sollte er Weihnachten bei Papa verbringen. Zwei Wochen vorher packte Mama seine Sachen. Sie gab ihm ihre Geschenke und er durfte alles gleich auspacken. Dann bestellte sie ein Taxi, sagte dem Fahrer Papas Adresse und lief ins Haus zurück, ehe Georg winken konnte. Mama war jetzt oft recht merkwürdig.

Papa sagte zu Georg: »Was sollen wir beide hier allein sitzen und Weihnachten feiern. Ich habe mir etwas anderes ausgedacht: Wir verreisen!«

Das fand Georg prima.

Im Reisebüro buchte Papa eine Reise für zwei Personen nach Afrika. Vom Flughafen aus rief Georg noch einmal bei Mama an. Er sagte auf Wiedersehen und fragte, ob Mama Weihnachten an ihn denken würde. Ja, das wollte sie und sie versprach, ganz bestimmt einen Gruß zu schicken: »Du hörst von mir.«

Georg flog mit Papa nach Afrika.

Sie bekamen ein schönes Hotelzimmer. Aus einem Fenster sah man das Meer, aus dem anderen konnte man Palmen sehen. Es war ganz warm, und sie badeten gleich im Schwimmbad. Dann gingen sie zum Hafen, schlenderten durch die Gassen, kletterten über Felsen und liefen zum Strand.

Sie kauften Sandalen und Strohhüte. Am Abend durfte Georg so lange aufbleiben wie Papa. Sie saßen an einem kleinen Tisch, der am Straßenrand stand, und beobachteten die vielen fremden Menschen.

»Gefällt es dir?«, fragte Papa.

Es gefiel Georg.

Nach einigen Tagen sagte Papa: »Heute Abend ist Weihnachten.«

Daran hatte Georg nicht mehr gedacht. Es war hier wie im Sommer und nichts hatte ihn an Weihnachten erinnert. Vor allen Dingen gab es hier keine Weihnachtsbäume. Papa hatte nicht einmal einen Zweig aufgetrieben.

Sie saßen im Hotelzimmer. Georg bekam von Papa ein buntes Hemd und schenkte ihm eine große Muschel, die er am Strand gefunden hatte. Papa konnte sie als Aschenschale nehmen.

Georg dachte sehr an Mama. Sie hatte einen Gruß versprochen, aber sie hatte noch nichts von sich hören lassen. Vielleicht hatte sie angerufen. Georg wollte unten fragen, doch er konnte die fremde Sprache nicht.

Papa meinte: »Wir wollten spazieren gehen.«

Auf den Straßen war großes Gedränge. Es war wie jeden Abend, nicht anders. Georg und Papa aßen etwas, dann gingen sie zum Hafen. Dort fuhr ein Schiff ab. Es war hell erleuchtet und hatte an allen Masten bunte Lichterketten.

Georg wollte wieder ins Hotel. Aber Mama hatte sich noch immer nicht gemeldet. Es kam auch nichts von ihr am nächsten und nicht am übernächsten Tag.

Georg war enttäuscht. Er wurde böse: »Das war kein richtiges Weihnachtsfest. Ich mag Mama nicht mehr, sie hat mich vergessen.«

Papa sagte nichts dazu.

Als sie wieder zu Hause waren, blieb Georg bei Papa.

Der erklärte es Mama am Telefon und sagte, es sei nicht seine Schuld. Mama wollte Georg sprechen, aber der weigerte sich. Da legte sie auf.

Im Mai brachte der Postbote ein Paket für Georg.

Es hatte Beulen und das Papier war zerrissen. Dreierlei Schnüre hielten es zusammen. Auf der Vorderseite waren viele Marken und Stempel und überall stand etwas in einer Schrift, die man nicht entziffern konnte. Das Paket war ganz leicht. Georg schüttelte es und hörte, wie es innen knisterte und raschelte. »Vielleicht sind Mäuse drin«, sagte er.

Papa sah sich die Anschrift genau an und sagte: »Mach es auf.«

Georg zerschnitt die Schnüre und warf das Papier weg. Eine Schachtel kam zum Vorschein, die mit einer Schleife zugebunden war. Georg zog sie auf und hob den Deckel hoch. Darunter war buntes Seidenpapier. Er klappte es auseinander und fand nichts als trockenes, dürres Reisig. Und in einer Ecke ein Häufchen Tannennadeln.