Haftungsausschluss
Alle Übungsinhalte wurden von der Autorin sorgfältig in der Praxis erprobt. Sie sind für körperlich und seelisch gesunde Menschen geeignet und bieten daher keinerlei Therapieersatz. Bei ernsthaften seelischen Problemen oder Erkrankungen sollten Sie sich mit Ihrem Arzt oder Betriebsarzt in Verbindung setzen oder einen approbierten Psychotherapeuten aufsuchen.
Sie sind aufgefordert, in eigener Verantwortung zu entscheiden, ob und inwieweit Sie die Übungen umsetzen können und möchten. Im Zweifelsfall lassen Sie sich von einem Arzt oder Therapeuten beraten bzw. begleiten. Die Autorin kann für eventuelle Nachteile oder psychische Beeinträchtigungen, die aus den praktischen Hinweisen resultieren, keine Haftung übernehmen.
Die Übungen in diesem Buch ersetzen nicht den Besuch beim Arzt. Ein Besuch beim Arzt ersetzt nicht die Übungen in diesem Buch.
Im alten China erzählt man sich die Geschichte von einem alten Meister, der in einem Zen-Tempel lehrte.
Seine Schüler mochten und respektierten ihn. Er war ihnen ein leuchtendes Vorbild, hatte er doch in all der Zeit der Unterweisungen und Belehrungen nie die Geduld mit ihnen verloren und stets Haltung bewiesen. Nie, aber auch niemals hatte er die Kontrolle über seine Emotionen verloren. Egal, was seine Schüler auch taten, immer behielt er die Beherrschung. Dabei trieben sie es wahrlich bunt in ihrer Lehrzeit, und manchmal kam es ihnen vor, als sei ihr Meister ein Übermensch.
Eines Tages, als seine Souveränität ihnen wieder einmal allzu mächtig erschien, fassten die Lehrlinge einen Plan. Sie beschlossen, ihren Meister zu testen. Egal, wie viel sie schon gelernt hatten, sie wollten ihm einen Streich spielen, denn darin unterscheiden sich auch Zen-Schüler nicht von ganz gewöhnlichen Schülern.
Als ihr Lehrer nun, wie es seine Gewohnheit war, eines Morgens mit einer Schale heißem Tee den verschlungenen Wegen hin zum Tempel folgte, sprangen seine Schüler plötzlich mit lautem Geschrei und einem kräftigen „Uaaaaaaah“ aus dem Schutz der Bambusbüsche hervor.
Der Meister aber setzte unbeirrt seinen Weg zum Tempel fort. Ja, er beachtete die Schüler gar nicht, schien sie noch nicht einmal bemerkt zu haben.
Auf einer kleinen Bank vor dem Tempel ließ er sich schließlich nieder. Während er seine Teeschale sanft neben sich absetzte, brüllte er aus vollen Lungen: „Uaaaaaaaah!“
(Frei nach: Sandy Taikyu Kuhn Shimu, Das Tao der Worte)
Am Arbeitsplatz: Der gefühlte Schlag in die Magengrube lässt die Knie weich werden, taumeln und nach Luft schnappen. Zu diesem „Schlag“ hat gerade der Chef, der Kollege oder ein Kunde ausgeholt und ihn gekonnt platziert. Dorthin, wo es wehtut.
Gerade ist der Traum von der Beförderung, dem eigenen Büro oder erfolgreichen Vertragsabschluss geplatzt – wie Vater früher der Kragen. Schon wartet die Präsentation der Quartalszahlen oder der nächste Kunde im Foyer. Es muss weitergehen, und dafür braucht es jetzt alle Energie und Konzentration.
Doch wie das soeben Erlebte verschmerzen, neutralisieren und abschütteln? Wie gelingt es, schnell wieder in die Kraft zu kommen?
Oder ganz anders: Wie gelingt es, in der Kraft zu bleiben? Was muss man tun, damit die Erholung nach dem Urlaub länger als eine Woche nach Arbeitsbeginn anhält? Was ist, wenn eine Erholungsmaßnahme zwar die erhoffte Gelassenheit und Lebensfreude zurückgebracht hat, am Arbeitsplatz aber alles beim Alten bleibt?
Dieses Buch enthält kraftvolle Selbststärkungstechniken für die täglichen Herausforderungssituationen am Arbeitsplatz. Techniken, die Sie anwenden können, wenn Ihre Situation im Arbeitsalltag schnell wirksame Strategien erfordert, die Sie wieder in einen guten Zustand und in eine gute Verfassung katapultieren sollen. Dann, wenn Sie sich nicht weiter hilflos bestimmten Bedingungen am Arbeitsplatz ausgeliefert fühlen möchten. Dann, wenn Sie beschlossen haben, etwas Wirkungsvolles gegen Ärger, Hilflosigkeit, Erschöpfung oder Resignation zu tun. Durch Selbststärkungstechniken kann man so viel erreichen, aber nur wenige wissen das, und noch weniger Menschen setzen dieses Wissen auch ein. Nutzen Sie jedoch diese Techniken, kommen Sie souveräner durch den Arbeitstag – in gerade einmal drei Minuten.
Und es kommt noch besser: Die in diesem Buch vorgestellten Techniken lassen sich diskret und unauffällig anwenden. Sie sind einfach, schnell wirksam und machen sogar Spaß! Wählen Sie diejenigen aus, die Ihnen gefallen und Ihrer Arbeitssituation entsprechen. Sie können so für sich eine individuelle Ausstattung zusammenstellen und die positive Wirkung als eigene Errungenschaft und Ihren Fortschritt feiern! Künftig werden Sie all diese Strategien selbstbewusst anwenden und sie zu einer lieben Gewohnheit werden lassen. Freude und Wohlergehen sind die logische Konsequenz Ihres ganz persönlichen Selbstmanagements, und Sie gehen endlich wieder gelassen arbeiten.
Ob beim Kampfmittelräumdienst oder auf der Autobahn …
Denken wir einmal dramatisch: Stellen Sie sich bitte vor, Sie seien beim Kampfmittelräumdienst. In der Region, in der ich wohne, wird die Kunst der Bombenentschärfung auch 72 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs noch regelmäßig benötigt. Dann, wenn bei Erdarbeiten wieder einmal gefährliche Zweizentnerbomben das Leben der ortsansässigen Bürger gefährden. Es werden Straßen gesperrt und Häuser geräumt. Mitte 2017 waren von solch einer Maßnahme in Frankfurt am Main gut 60 000 Menschen betroffen. Das öffentliche Leben steht für diese Zeit still.
Sie sind also beim Kampfmittelräumdienst, und Ihre Aufgabe ist es, den Zünder der Bombe unschädlich zu machen. In der Regel hilft Ihnen heutzutage ein Roboter dabei. Sie wollen Ihre Arbeit gut machen, Ihr Leben und das der Bürger nicht gefährden, die umliegenden Bauten unbeschädigt lassen und auch Ihrer Kostenstelle nicht unbedingt den Betrag für einen neuen Roboter aufhalsen. Sie arbeiten also höchst konzentriert, und plötzlich nähert sich Ihrem Gesicht eine Fliege. Was tun? Die Fliege verscheuchen oder besser nicht? Hier ist Ihr Bewusstsein gefragt, dass es etwas Wichtigeres gibt, als sich von dem Insekt zu befreien. Ihnen muss bewusst sein, dass Sie Ihren Impuls, nach dem Tier schlagen zu wollen, kontrollieren können. Eine Fliege im Gesicht ist nicht schön, aber aushaltbar. Im Moment gibt es wirklich Wichtigeres!
Ortswechsel. Auf der Autobahn: Sie sitzen am Steuer Ihres Wagens und sind mit Ihrer Familie auf dem Weg in die Ferien. Die Reisegeschwindigkeit beträgt 130 Stundenkilometer. Da meldet Ihr Smartphone, dass Sie eine neue Nachricht erhalten haben. In diesem Moment macht es durchaus Sinn, das Signal bewusst zu ignorieren. Schließlich werden Sie das Leben Ihrer Familie nicht riskieren wollen, um sich beispielsweise auf einem Foto anzuschauen, wie einer Ihrer Freunde gerade in Rom eine echte italienische Pizza verspeist.
Impulskontrolle ist hier das Zauberwort. Und in vielen Situationen im Arbeitsalltag braucht es genau diese Kompetenz. In den eben beschriebenen Situationen wird deutlich, dass Impulskontrolle dann leichter fällt, wenn man sicher sein kann, sie selbstbestimmt herbeizuführen. Außerdem ist es hilfreich zu wissen, was einem wichtiger ist, als einem plötzlichen Impuls zu folgen. Zweifellos gibt es Menschen, die das im Straßenverkehr zumindest nicht schaffen.
„Man sieht sie in letzter Zeit nicht mehr“, würde mein Großvater jetzt sagen.
Wozu überhaupt dieses Buch?
Wodurch wird all das möglich? Durch die Anwendung effektiver Selbststärkungstechniken, die in drei Minuten Ich-Zeit schnell wieder Kraft geben. Notfalls durch die Flucht auf die „Rettungsinsel Firmenklo“, wo diese Techniken schnell praktiziert werden können.
Wie kann das gehen? Der Hintergrund der Übungen sind Erkenntnisse aus den modernen Neurowissenschaften und der Embodimentforschung. Außerdem fließt jahrtausendealtes Erfahrungswissen aus Heiltraditionen und Kampfkünsten ein. All diese Aspekte werden praktisch umgesetzt.
Wer soll dieses Buch lesen? Jeder Mensch, für den es jetzt an der Zeit ist, (s)einen leichteren Arbeitstag mitzugestalten. Auch im Gesundheitswesen, in der Rehabilitation und in der betrieblichen Gesundheitsförderung engagierte Lehrer, Erzieher, Therapeuten, Berater, Coaches oder Personalentwickler profitieren von den Inhalten und Übungen in diesem Buch. Sie können die Tipps und Techniken an Ihre Schüler, Patienten, Klienten oder Mitarbeiter weitergeben.
Welche herausfordernden beruflichen Situationen sind gemeint? Was als herausfordernd oder kritisch empfunden wird, richtet sich jeweils nach den persönlichen Maßstäben des Einzelnen. Solche Situationen zeichnen sich dadurch aus, dass sie einen gewissen Discomfort mit sich bringen. Sie bewirken, dass man sich schlecht fühlt. Sie rauben Kraft, stören und verhindern den Zugriff auf die eigenen Stärken.
Warum habe ich dieses Buch geschrieben? Immer wieder sitzen sie mir gegenüber, in meiner Praxis und in meinen Seminaren. Menschen, die sich ratlos und zutiefst erschöpft fragen, wie sie den Belastungen im Arbeitsalltag noch standhalten können. Manche fühlen sich überfordert durch die Arbeitsverdichtung oder durch Tätigkeiten, die ihrer Meinung nach jeglicher Sinnhaftigkeit entbehren. Manche haben Angst um sich, weil sie beobachten konnten, wie es Kollegen im nahen Umfeld getroffen hat, egal ob durch Kündigung oder Krankheit. „Im letzten halben Jahr hatten wir gefühlt keine Woche, wo nicht jemand auf dem Flur lag“, heißt es dann oft.
Das Buch eignet sich aber auch für Menschen, die privat voller Sorge um die eigene Gesundheit sind, weil sie z. B. gerade durch eine Krebserkrankung „gegangen“ sind, oder um die Gesundheit naher Angehöriger oder Freunde bangen. Vielleicht pflegen sie ihre Eltern oder Kinder, befinden sich in Trennungsphasen oder knapp danach und müssen erst mal wieder Fuß fassen. Das Leben an sich hält so manche Herausforderung bereit. Unter diesen Umständen weiterzuarbeiten und Leistung zu bringen ist eine zusätzliche.
Da sitzen nun also diese Menschen und fragen sich, ob das bis zur Rente so weitergehen kann. Der Druck steigt immer mehr und damit das Gefühl, unter den gegebenen Umständen keine gute Arbeit abliefern zu können. Das heißt: Sie können auch den eigenen Ansprüchen, wie gute Arbeit auszusehen hat, selbst nicht mehr gerecht werden. Wo sie hinschauen, nur Überforderung und Defiziterleben. Dieses subjektive Erleben wird durch den aktuellen Fehlzeitenreport der Allgemeinen Ortskrankenkasse (2017) objektiviert.
Immer mehr Menschen fehlen am Arbeitsplatz wegen psychischer Probleme. Viele gehen trotz Beeinträchtigung weiter zur Arbeit, und laut Studien werden das immer mehr. Dieses Leid gilt es unbedingt zu würdigen. Das ist also ein Grund für dieses Buch. Außerdem hilft ein Bewusstsein für das, was man so gern verdrängt: Dass es einen jederzeit selbst treffen kann. In Therapie und Gesundheitsedukation mache ich zudem immer wieder die Erfahrung, dass, bei aller Belastung, der Blick darauf fehlt, wie man sich unter diesen belastenden Umständen das (Arbeits-)Leben dennoch „erleichtern“ kann. So beobachte ich nicht selten Menschen, die nach einer Problemlösung suchen, sie aber nicht finden; als suchten sie nach einer Brille, die sie bereits auf der Nase tragen.
Verbleibende Lösungsmöglichkeiten sichtbar zu machen – das ist mein Anliegen mit diesem Buch. Lebenskrisen wie Krankheit, Tod oder Trennung lassen sich so natürlich nicht verhindern. Man kann aber anders damit umgehen – und hier hat jeder Einzelne Einfluss und Möglichkeiten.
Die Wellen, die uns umtosen, können wir meist nicht aufhalten. Wir können aber lernen, sie zu reiten. In meinem Praxisalltag erlebe ich immer wieder Fälle, wo das gelingt. Falls Sie es nicht glauben, probieren Sie es aus.