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Glaube, der aus den Kinderschuhen herauswächst

Als Kind redete, dachte und urteilte ich
wie ein Kind. Doch als Erwachsener habe ich das
kindliche Wesen abgelegt. Jetzt sehen wir nur ein
undeutliches Bild wie in einem trüben Spiegel.
Einmal aber werden wir Gott von Angesicht zu
Angesicht sehen. Jetzt erkenne ich nur
Bruchstücke, doch einmal werde ich alles
klar erkennen, so deutlich, wie Gott mich jetzt
schon kennt.

1. Korinther 13,11+12

Der erste Arbeitstag nach meinem Volontariat – ich kann mich noch gut an ihn erinnern. Voller Euphorie startete ich in meine neue Arbeitsstelle. Alles war einfach nur schön. Die Kollegen waren nett. Mein Büro sah toll aus. Die Aufgaben passten zu mir. Ich hatte viele bunte Ideen im Kopf und wollte am liebsten sofort kreativ werden. Es war meine absolute Traumstelle. Ich war so richtig beflügelt, konnte endlich „abheben“ und durchstarten. In dieser Anfangszeit war ich super gern auf der Arbeit und wollte gar nicht mehr nach Hause. Aber irgendwann ließ die Freude nach. Die Arbeit war in Ordnung – aber nicht mehr ein Traum. Sie hatte immer noch schöne Seiten, aber es gab inzwischen auch einige Knackpunkte. Die anfängliche Euphorie ließ nach und irgendwann musste ich eine Entscheidung treffen: Bleibe ich, auch wenn nicht alles super ist?

Ähnlich ist es im Glauben. Man kann dieses Phänomen besonders bei Menschen beobachten, die Jesus erst als Erwachsene kennengelernt haben. Zuerst sind sie völlig aus dem Häuschen und bis über beide Ohren in Jesus verliebt, sie beschäftigen sich gern und viel mit der Bibel, gehen zu sämtlichen Gemeindeveranstaltungen und freuen sich, dass ihr Leben dank Jesus so eine gehörige Kehrtwende genommen hat. Sie haben gehört: Gott kann alles und mit ihm kann man über Mauern springen. Alles erscheint rosarot, leicht und problemlos zu sein – und zu bleiben. Aber dann kommen die ersten Herausforderungen. Gott meldet sich nicht mehr gleich zu Wort, obwohl man ihn gerade doch so dringend gebraucht hätte. Dann kommen Leiderfahrungen hinzu, die sich nicht von dem einen auf den anderen Tag klären lassen, und plötzlich fragt man sich, wo Gott in all dem eigentlich noch ist – und die Euphorie lässt schlagartig nach. Vielleicht erleben wir sogar so heftige „Schicksalsschläge“, dass unser Leben in den Grundfesten erschüttert wird. Spätestens in diesen Lebensphasen brauchen wir dann einen Glauben, der aus den Kinderschuhen herausgewachsen ist. Der Kinderglaube „Gott ist gut, wenn es mir gut geht“ trägt dann nicht mehr. Wir müssen uns mit unangenehmen Fragen konfrontieren: Was ist mit Gottes Güte und seiner Fürsorge, wenn es mir schlecht geht, wenn ich krank werde, wenn mein Leben total aus den Fugen gerät? Ist Gott wirklich allmächtig und wenn ja, warum gibt es dann das ganze Leid in der Welt, das er offensichtlich zulässt? Wie passt diese kaputte Welt, wie passt dieses kaputte Leben mit einem Gott zusammen, der doch alles sekundenschnell verändern könnte?

Alle diese Fragen münden in der einen großen: Wie ist Gott wirklich? Welches Bild habe ich von ihm? Und woher habe ich dieses Bild? Habe ich es einfach übernommen – von der Gemeinde, in die ich seit meiner Kindheit gehe, oder von meinen Eltern? Oder habe ich es auf meinen eigenen Erfahrungen und Erkenntnissen gegründet? Was glaube ich eigentlich und warum? In welcher Konfession, in welcher Strömung fühle ich mich am wohlsten?

Es ist in geistlicher Hinsicht überlebenswichtig, dass nicht nur wir, sondern auch unser Glaube irgendwann erwachsen wird; dass er reift, sich verändert und neu aufstellt; dass wir mündige Christen werden mit einem krisenfesten Fundament. Natürlich tut es weh, wenn das naive, kindliche Denken erschüttert wird. Es tut weh, wenn die kleine Box, in die wir Gott all die Jahre gesteckt haben, plötzlich anfängt zu rumoren. Aber es ist unumgänglich, dass wir uns von unseren kindlichen Vorstellungen über Gott und die Welt befreien. Erst dann kann sich unsere Beziehung zu Gott vertiefen und unser Glaube wachsen. Und im Laufe dieses „Wachstumsschubs“ dürfen wir erkennen: Gott ist gut. Das ist die Wahrheit – egal wie unsere Umstände gerade aussehen und egal wie groß das Leid ist, das ich gerade durchlebe. Gott liebt mich grenzenlos und bedingungslos und nicht nur dann, wenn ich gerade etwas Tolles geleistet habe und mich gut fühle.

Wenn unser Glaube aus den Kinderschuhen herausgewachsen ist, verstehen wir auch, dass Gott uns manchmal anders beschenkt, als wir es uns erhofft oder erwartet hätten. Seine Geschenke sind nicht immer die offensichtliche Erfüllung unserer Wünsche wie zum Beispiel neue Kleidung, ein toller Partner oder finanzielle Sicherheit. Manchmal schenkt er auch „nur“ inspirierende Begegnungen, tiefen Frieden, eine neue Perspektive oder eine innere Ruhe mitten im Sturm des Lebens. Das Bild von Gott wird größer und damit auch das Unvermögen, ihn in unserer kleinen Box mitzutragen. Gott ist Gott – und kein Mensch. Er ist so viel größer, so viel höher und so viel unbegreiflicher als wir es für möglich halten. Er passt sich nicht unseren Vorstellungen an und lässt sich nicht von uns „benutzen“, so wie wir es gerade für richtig halten. Er bricht aus dem kleinem Raum aus, in den wir ihn manchmal gern einsperren wollen.

Paulus schreibt im 1. Korintherbrief: „Als Kind redete, dachte und urteilte ich wie ein Kind. Doch als Erwachsener habe ich das kindliche Wesen abgelegt. Jetzt sehen wir nur ein undeutliches Bild wie in einem trüben Spiegel. Einmal aber werden wir Gott von Angesicht zu Angesicht sehen. Jetzt erkenne ich nur Bruchstücke, doch einmal werde ich alles klar erkennen, so deutlich, wie Gott mich jetzt schon kennt“ (1. Korinther 13,11+12). Er beschreibt so schön, wie sich unser Denken verändert und mit der Zeit ebenfalls erwachsen wird. Was immer klar war, stellen wir plötzlich infrage und kommen zu neuen Schlüssen. So verändert sich mit den Jahren unser Erkenntnisstand. Er wächst stückweise. Man macht herausfordernde Erfahrungen, in denen man Aha-Momente mit Gott erlebt und ihn von einer ganz neuen Seite kennenlernt.

Dieser Prozess des geistlichen Wachsens ist nötig, auch wenn er nicht leicht ist und durchaus schmerzhaft sein kann. Doch die Alternative wäre, dass man die Kinderschuhe anbehält und versucht, in ihnen weiterzulaufen. Dann passiert Folgendes: Man gerät in schwierige Zeiten und Gott handelt nicht so, wie man es mit seinem kindlichen Glauben erwartet hätte. Er hat uns zum Beispiel nicht den Traumjob oder den Traummann geschenkt, um den wir schon so lange gebetet haben – und was jetzt? Wenn man dann nicht bereit ist, seinen Glauben zu hinterfragen, kommt man vielleicht zu dem tragischen Schluss: So einen Gott brauche ich nicht. Dann lieber keinen! So verpassen wir die Gelegenheit, dass unsere Beziehung zu Gott wachsen und tiefer werden kann. Wir verpassen die Gelegenheit, unser Leben nach Gottes Maßstäben zu bewerten und ganz neue Prioritäten zu setzen.

Genauso wie wir selbst uns mit den Jahren verändern, sollte sich auch unser Glaube an Gott verändern. Gott sollte nicht in einer Box bleiben, die wir nur ab und zu einmal aufmachen, um ihm einen kurzen bewundernden Blick zuzuwerfen. Wir erleben viel mehr mit Gott, wenn wir ihm keine Begrenzungen setzen und uns von ihm führen lassen. So kann er in unserem Leben eine Dimension einnehmen, wie wir es nie für möglich gehalten hätten. Er ist um so viel größer und facettenreicher als wir denken und kann sich uns genauso zeigen – wenn wir ihm nicht nur den Platz in unserer kleinen Box zur Verfügung stellen. Bist du bereit, Gott aus deiner Box zu lassen?

Mitten ins Leben

Hat sich dein Glaube mit den Jahren verändert? Wie hat er sich verändert? Was ist gleich geblieben? Wo hat die Veränderung wehgetan? Wo war sie heilsam?

Alltagstipp

Genieße es, wenn du neue Facetten von Gott kennenlernst und sei offen dafür. Lass es zu, dass er deine alten Überzeugungen infrage stellt. Lass es zu, dass er nicht immer so greifbar ist, wie du es gern hättest. Lass es zu, dass deine Liebe zu ihm echter, reifer – und erwachsener wird.

Wenn ich mit meinem Latein am Ende bin

Ich weiß weder aus noch ein.
Herr, wie lange willst du dir das noch ansehen?
[…] Ach, ich bin müde vom Stöhnen. Nachts im
Bett weine ich, bis die Kissen durchnässt und
meine Augen ganz verquollen sind.

Psalm 6,4+7

Mit Ende zwanzig zerbrach meine zweijährige Beziehung. So viele Hoffnungen, so viele Träume, so viele Wünsche waren damit zerplatzt. Warum hatte es mit uns beiden nicht funktioniert? Warum waren all unsere Versuche und Gespräche ins Leere gelaufen? Warum gab es keine gemeinsame Zukunft für uns? In mir waren Trauer und viele Fragen. Wie sollte es jetzt für mich weitergehen? Mein Herz war gefüllt mit Zweifeln und Schmerz. Es fiel mir schwer, den Alltag zu bewältigen. Immer wieder litt ich unter der drückenden Last meiner unaufgeräumten Seele.

So fasste ich mir eines Tages ein Herz und setzte mich in mein Lieblingscafé. Vor mir stand mein Laptop, neben mir ein leckeres Stück Käsekuchen und ein guter Latte macchiato. Dann konnte es losgehen. Ich schrieb auf, was ich in der Beziehung genossen hatte – und was mir gefehlt hatte, was ich loslassen wollte, wovor ich Angst hatte, wenn ich an die Zukunft dachte, und was mein Gebet für meinen Exfreund war. Als ich damit fertig war, schrieb ich auch alles andere auf, was ich in Sachen Liebe schon erlebt hatte und was mich immer noch beschäftigte: Jede zerplatzte Date-Geschichte, jede zerbrochene Beziehung und all die Situationen, in denen Gefühle auf meiner oder auch auf der anderen Seite unerwidert geblieben waren. Einfach alles schrieb ich mir aus dem Herzen. Das Dokument nannte ich dann: „Beziehungskisten und der ganze Kram.“ Ich stellte mich meinem Schmerz und wollte ihn loswerden. Ich wollte endlich wieder aufatmen können und Freude spüren. Doch dafür musste ich mir meinen ganzen Herzschmerz erst noch einmal genau anschauen – und vor allem Gott darauf schauen lassen.

Auch der Psalmendichter David kam öfter in Situationen, in denen er mit seinem Latein am Ende war. Mehrfach stand er vor einem persönlichen Zerbruch und sah keinen Weg mehr, weil so viel Staub durch Schmerz, Schuld und Angst aufgewirbelt worden war, dass ihm die Sicht vernebelt wurde. Er konnte nicht mehr schlafen und wusste nicht mehr wohin mit seiner tiefen Verzweiflung. In einem solcher Momente schreibt er Psalm 6, in dem es heißt: „Ich weiß weder aus noch ein. Herr, wie lange willst du dir das noch ansehen? […] Ach, ich bin müde vom Stöhnen. Nachts im Bett weine ich, bis die Kissen durchnässt und meine Augen ganz verquollen sind“ (Psalm 6,4+7). Er tut in seiner Bedrängnis das einzig Richtige: David wendet sich mit all seinem Schmerz und all seiner Verzweiflung an Gott. Er hat sich die Augen leer geweint und der Schmerz in seinem Herzen ist so groß geworden, dass er ihn nicht mehr ertragen kann. Also bleibt ihm nichts anders übrig, als Gott um Rettung anzuflehen. David erlebt eine große Seelennot, aber er geht durch diese schmerzhafte Phase zusammen mit Gott.

Am Ende des Psalms ist die Lösung für sein Problem immer noch nicht abzusehen. David erfährt keine konkrete Hilfe, doch ein neues Vertrauen wächst in seinem Herzen. Er ist sich sicher, dass Gott sein Flehen gehört und sein Gebet angenommen hat. Davids Herz bekommt neuen Mut inmitten dieser schweren Zeit. Plötzlich kann er wieder aufrecht gehen. Gott ist mit ihm – diese Gewissheit verändert die ganze Atmosphäre in dieser angefochtenen Situation. Die ersehnte Veränderung ist gekommen – nicht äußerlich, aber innerlich.

Wow, was für ein lehrreicher Psalm! Was für ein hilfreicher Weg, mit dem eigenen Frust und der eigenen Verzweiflung umzugehen! Was würde es in dir verändern, wenn auch du diesen Weg einschlagen würdest? Wie würden sich deine persönlichen Schmerzmomente verändern, wenn du sie mit dem Bewusstsein durchleben würdest, dass Gott ganz nah an deiner Seite ist? Wenn du seine Hand in deinen härtesten Lebensphasen umso fester halten würdest?

Mein „Ich-schreib-alles-auf-Moment“ hatte viel in meiner Seele verändert. Ich ging damit denselben Weg, den David in seiner belastenden Situation gegangen war. Ich entleerte mein Herz vor Gott und schüttete alles bei ihm aus: all die Verzweiflung, all die Fragen und all den Frust. Nun waren alle offenen Enden und der ganze Schmerz in seiner Hand – und er sollte handeln. Ich selbst war mit meinem Latein am Ende, aber meine Hoffnung war, dass Gott auch in meinen „Beziehungskisten“ den Durchblick hatte und mitten in meinem Chaos durchgreifen würde. Und ich habe bereits erwähnt, dass Gott nicht immer sofort handelt und auch nicht immer so, wie wir es uns wünschen, aber an diesem Punkt meines Lebens durfte ich erleben, wie Gott sehr schnell etwas veränderte. In den Tagen und Wochen nach meiner „Herzentleerung“ konnte ich plötzlich eine ganz neue Freude empfinden und endlich wieder aufatmen. Ich hielt mich fest an Gottes Zusage, dass er alles im Blick hatte und ich keine Angst haben musste.

Natürlich war nicht jeder Tag leicht, aber immer wieder blitzte die Hoffnung auf und mein Herz war nicht mehr ganz so schwer. Allein das war schon ein Wunder und ein Zeugnis dafür, dass Gott wirklich da war und alles in der Hand hatte. Doch dann passierte das noch viel größere Wunder: Nur wenige Wochen nachdem ich meinen „Herzschmerzbrief“ an Gott geschrieben hatte, lernte ich meinen heutigen Ehemann kennen! Damit toppte Gott alles, was ich jemals erwartet hätte. Schon bei unserem ersten Treffen wusste mein Herz, dass ich diesen Mann einmal heiraten würde. Genauso passierte es dann auch – nur wenige Monate später. Ja, so überwältigend hat Gott auf meine „Herzentleerung“ reagiert und dafür bin ich ihm bis heute von ganzem Herzen dankbar. Natürlich muss nicht immer so etwas Krasses passieren, wenn wir beten, aber egal wie Gott antwortet oder handelt: Wir dürfen wissen, dass er unser schmerzerfülltes Herz wieder frei und leicht machen kann – und dass er den Überblick behält und ihm nichts in unserem Leben entgleitet.

Mitten ins Leben

Gibt es aktuell einen Bereich in deinem Leben, der dir schlaflose Nächte und viel Kummer bereitet? Was würde sich verändern, wenn du Gott die Möglichkeit gäbest, dir mitten in deinem Schmerz und deiner Verzweiflung zu begegnen? Was würde passieren, wenn du in der tiefsten Verzweiflung auf seine Liebe und seine Nähe setzen würdest?

Alltagstipp

Probiere es doch auch mal aus: Fass dir ein Herz und schreibe für Gott all deinen Schmerz und deine Fragen auf. Halte deinen Schmerz nicht fest, sondern lass ihn bei Gott los. Er kennt viel bessere Möglichkeiten und Wege als du und möchte deine Situation verändern.

Gottes Muttersprache ist Liebe

Gott ist Liebe.

1. Johannes 4,8

Gary Chapman schreibt in seinem Bestseller „Die fünf Sprachen der Liebe“, dass jeder Mensch auf ganz unterschiedliche, individuelle Art und Weise seine Liebe ausdrückt – egal ob es um die Liebe zum Partner oder der Partnerin geht oder zu unseren Mitmenschen. Dennoch hat er fünf übergeordnete „Sprachen der Liebe“ erkannt: Es gibt die Liebessprache des Lobs und der Anerkennung, der Zweisamkeit, der Geschenke, die von Herzen kommen, der Hilfsbereitschaft und der Zärtlichkeit. Das Buch hat viele Ehen revolutioniert, weil die Entdeckung der Liebessprache des anderen für gegenseitiges Verständnis gesorgt hat und dadurch so viel verändert werden konnte. Wenn sich ein Mensch in einer Partnerschaft ungeliebt fühlt, obwohl der Partner immer wieder beteuert, dass er ihn liebt und sein Herz nur ihm gehört, könnte das an seiner abweichenden Liebessprache liegen. Wenn man darum weiß, fällt es viel leichter, diese andere Sprache zu erkennen und sich dann tatsächlich geliebt zu fühlen.

Ich selbst bin fasziniert von diesem Erklärungsmodell und kann die Theorie dahinter sehr gut nachvollziehen. Auch wenn für mich die Frage offenbleibt, ob ein Mensch die Liebessprache des andern so „einstudieren“ kann, dass sie irgendwann zur Gewohnheit und wie eine zweite Muttersprache wird. Oder ob es immer eine Herausforderung bleibt, die Sprache des anderen zu sprechen? Ich weiß es nicht. Aber was ich weiß, ist, dass es so oder so gar nicht so einfach ist, jemanden zu lieben. Manchmal sind die eigenen Bedürfnisse ganz anders als die des Partners und manchmal hat man dann schlicht und ergreifend keine Lust, sich auf den anderen einzustellen. Man will lieber für sich sein und sein eigenes Ding durchziehen. Ja, die Liebe ist nicht einfach, manchmal kostet sie uns viel.

Die Entscheidung für eine Beziehung zu einem Menschen bedeutet auch immer wieder neu die Entscheidung, dieser Person etwas Gutes zu tun und sich darum zu bemühen, dass sie sich auch geliebt fühlt. Für Menschen kann das immer wieder herausfordernd sein – für Gott nicht. Gott hat jeden einzelnen Menschen geschaffen und möchte zu jedem einzelnen Menschen eine ganz individuelle Liebesbeziehung aufbauen. Und weil Gott der „Liebesexperte“ schlechthin ist, braucht er keine Erklärung, wie er jemanden so lieben kann, dass er seine Liebesprache auch versteht. Für Gott ist jede der fünf Liebessprachen eine „Muttersprache“. Ja, er spricht alle Liebessprachen fließend. Gott weiß sehr genau, wann was in der Beziehung zu einem Menschen dran ist und wie er ihm am besten seine Liebe zeigen kann.

In 1. Johannes 4,8 steht die schlichte und gleichzeitig wunderbare Gleichung: „Gott ist Liebe.“ Wo wir selbst nach Worten ringen, um das Wesen der Liebe zu beschreiben, und dabei Begriffe verwenden wie „eine lebenslange Entscheidung“, „große Gefühle“, „Treue und Ehrlichkeit“, da braucht die Bibel nur drei Worte: Gott ist Liebe. Punkt. Gottes Wesen ist Liebe, er handelt aus Liebe und er hat uns als liebesbedürftige Wesen geschaffen, die seine Liebe empfangen können. Gott selbst kann und will unseren Liebesmangel ausfüllen und uns mit seiner Liebe beschenken – mit seiner echten, reinen und hingebungsvollen Liebe, die für uns bis in den Tod ging. Mit der größten, tiefsten und vollkommensten Liebe, die es gibt. „Niemand liebt mehr als einer, der sein Leben für die Freunde hingibt“, schreibt Johannes in Kapitel 15,13. Genauso liebt Jesus uns. Er ist für jeden Menschen auf dieser Welt gestorben und hat damit alle Liebesrekorde gebrochen und die Echtheit seiner Liebe ein für alle Mal unter Beweis gestellt. Er liebt uns grenzenlos und pausenlos. In jedem Augenblick unseres Lebens. Das ist die Wahrheit, die uns in unserem hektischen und vollen Leben jedoch leider manchmal abhandenkommt.

Wenn wir uns nur noch um uns selbst drehen und vom Stress durch die Gegend gewirbelt werden, sind unsere Augen blind für die Zeichen von Gottes Liebe. Wir erkennen sie nicht mehr und fragen uns dann schnell, ob Gott uns wirklich (noch) liebt. Dabei ist seine verschwenderische und überwältigende Liebe allgegenwärtig, wir müssen uns nur immer wieder von ihr finden lassen. Jesus ist der perfekte Bräutigam, den niemand toppen kann. Er ist der leidenschaftliche Liebhaber, der sich nach seiner Braut verzehrt und ausstreckt. Und er wünscht sich, dass sie an seiner Hand zufrieden, erfüllt und voller Dankbarkeit und Freude durchs Leben geht. Leider sieht die Realität oft anders aus. Seine Braut rennt im turbulenten Alltag ständig von ihm weg und schaut nicht auf das, was sie hat und wofür sie dankbar sein kann, sondern lediglich auf das, was ihr fehlt. Und so passiert es schnell, dass sie unzufrieden wird und sich ungeliebt fühlt. Aber das ist nicht im Sinne Gottes. Er will uns immer wieder die Augen für seine Liebe öffnen, bis sie vor Glück strahlen.

Ich bin davon überzeugt, dass Gott uns täglich kleine Zeichen seiner Liebe mitten in den Alltag hineinschickt, mit denen er uns auf kreative und liebevolle Art und Weise zeigen möchte, dass er aufmerksam mit uns unterwegs ist und unsere Liebesdürftigkeit im Blick hat. Manchmal sind diese „göttlichen Liebesbeweise“ überwältigend und offensichtlich, manchmal müssen wir bewusst Ausschau nach ihnen halten. Schließlich will Jesus uns auch nicht überrumpeln, er ist eben ganz Gentleman.

Wie kann das aussehen, wenn Gott mit seiner Sprache der Liebe zu uns spricht? Bei mir war es zum Beispiel ein Kaffee, der mir einfach mal so ausgegeben wurde, ein Smiley in einem Brotlaib, der mir beim Abendessen entgegengrinste, ein eingeritztes Herz auf einem Baumstamm, das ich während eines Herbstspaziergangs entdeckte, das Stückchen Kuchen von der Nachbarin, das vor der Tür auf mich wartete, als ich von der Arbeit kam, ein unverhoffter Blumenstrauß, ein atemberaubender Himmel oder ein wunderschöner Schmetterling, der sich direkt neben mir im Gras niederließ. Ich könnte noch ewig so weitermachen … In solchen Momenten konnte ich einfach mal kurz tief durchatmen und mich darüber freuen, dass ich gerade mit einer kleinen göttlichen Liebeserklärung beschenkt worden bin.

Jede Frau spricht ihre eigene Liebessprache und braucht ganz andere Dinge, damit ihr „Liebestank“ wieder aufgefüllt werden kann. Und niemand kennt diese Dinge besser als Gott. Er weiß, was wir brauchen, und will uns genau das geben – und noch viel mehr. Mal unterstützt er uns mit ordentlichem Rückenwind und lässt Dinge plötzlich ganz einfach gelingen, mal gibt er uns ein tiefes Gefühl von Vertrautheit und intensiver Nähe – eine „göttliche Quality-Time“ – mal macht er uns ein besonderes Geschenk mit schönen Momenten und Erlebnissen, mal gibt er uns – vielleicht auch durch andere Menschen – Lob und Anerkennung, und manchmal berührt uns seine Liebe so tief und unmittelbar, dass es sich beinahe anfühlt, als würde Gott uns zärtlich über den Kopf streicheln oder in seine Arme nehmen. Ja, Gott kann alle Sprachen der Liebe, er liebt uns und will uns zutiefst beglücken. Also lass uns die Augen aufmachen und erkennen, wie leidenschaftlich seine Liebe für uns ist!

Mitten ins Leben

Welche Sprache der Liebe sprichst du? Auf welche Weise hat dir Gott schon seine Liebe gezeigt? Auf welche Weise würdest du Gottes Liebe gern (noch mehr) erfahren? Wie zeigst du Gott, dass du ihn liebst?

Alltagstipp

Stell dir ein Glas mit Brause- oder Schokoherzen an einen Platz, an dem du oft vorbeikommst im Laufe des Tages. Nasche immer dann, wenn du merkst, dass Gott dich liebt, ein süßes Herzchen, und schreibe auf einen kleinen Zettel, wie konkret Gott dir gerade seine Liebe gezeigt hat. Kein Zeichen der Liebe ist zu klein, um nicht aufgeschrieben und im Glas aufgehoben zu werden! Vielleicht setzt du dir auch einen bestimmten Zeitraum, in dem du ganz bewusst Gottes Liebesspuren in deinem Leben entdecken willst. Du wirst überrascht sein, wie schnell die Herzchen weniger und die Zettel mehr werden!

Und plötzlich war da Wärme!

[…] wenn zwei beieinanderliegen, wärmen sie sich;
wie kann ein Einzelner warm werden?

Prediger 4,11; LU

Der Weg durch meine Zwanziger als „Singlelady“ und streckenweise auch als liiertes Mädel war ziemlich mühsam und teilweise echt herausfordernd. Da gab es Zeiten voller Liebeskummer, in denen ich gehofft hatte, mit einem bestimmten Mann zusammenzukommen, aber nicht wusste, ob er auch etwas für mich empfand. Und es gab andere Zeiten, in denen ich in eine Beziehung hineingestolpert war, doch diese nach wenigen Wochen schon wieder infrage stellte, weil ich mich irgendwie nicht geliebt und angenommen gefühlt hatte. Dann gab es wiederum Zeiten, in denen ich mit Herzschmerz klarkommen musste, weil ich trotz anfänglicher Romantik und hoffnungserweckenden Signalen am Ende wieder fallen gelassen wurde und es doch nicht zu einer Beziehung kam. Und schließlich gab es diese zweijährige Beziehung, in der so vieles gut war, aber die mit so wenig Leben gefüllt war. Sie kam mir „kalt“ vor, weil mich die Liebe meines Partners irgendwie nicht erreichen konnte. Und zwischendurch gab es immer wieder einmal Zeiten, in denen ich Single war – und es gern war. Zeiten, in denen ich überhaupt keine Beziehung wollte. (Aber diese Zeiten waren eher selten, wenn ich ehrlich bin.) Auf meinem Weg zur großen Liebe war demnach alles dabei.

Mit all diesen Erfahrungen im Rucksack kreuzte sich auf einer Silvesterfete mein Lebensweg mit dem von Christian. Wir lernten uns kennen und schon nach kurzer Zeit fühlte ich mich bei ihm aufgehoben, angenommen und wertgeschätzt. Schnell kamen wir zusammen und endlich erlebte ich diese Beziehung, von der ich schon immer geträumt hatte. Mit Christian hatte ich einen Mann gefunden, der meine Liebessprachen nicht nur kannte, sondern selbst wundervoll sprechen konnte. Ich sah einen klaren Weg für uns als Paar, den ich in meinen vorherigen Beziehungen nicht gesehen hatte. Plötzlich war alles so einfach und unkompliziert. Wir fragten uns nicht, ob wir zusammenpassten oder uns sicher miteinander waren – wir hatten nur noch eine Frage: „Wann wollen wir heiraten?“ Bei Christian spürte ich diesen starken Wunsch nach einer Ehe, den ich zuvor nie gespürt hatte.

Mit dem Beginn dieser Beziehung hatte ich das Gefühl, dass ich wieder wachgeküsst wurde, dass meine Träume wieder in bunte Farben getaucht wurden. Ein mir unbekanntes „Wir-Gefühl“ wuchs in meinem Herzen. Ich fühlte mich gewärmt wie von einem wohlig warmen Kaminfeuer. Und so viele spannende Wege breiteten sich vor uns aus. Mein Eindruck war: Wir stehen vor einem großen, unbekannten Land, aber wir sehen dasselbe Land vor uns und nicht zwei unterschiedliche Welten. Ich empfand so viel mehr, als ich in Worten wiedergeben könnte. Diese Gewissheit, dass Christian mein Mann werden würde, schien mir Gott selbst ins Herz gelegt zu haben. Sie war einfach da, ohne Wenn und Aber.

Beziehung und Ehe sind ein unfassbar schönes Geschenk von Gott. Es ist keine Selbstverständlichkeit, zu zweit durchs Leben gehen zu dürfen, auch wenn wir schnell denken: „Das erleben doch die meisten.“ Nein, Ehe ist ein kostbares Geschenk, für das wir Gott jeden Tag danken sollten. Es ist es wert.

In Prediger 4,11 heißt es: „[…] wenn zwei beieinanderliegen, wärmen sie sich; wie kann ein Einzelner warm werden?“ Dieser Vers bringt für mich zum Ausdruck, dass Menschen sich nicht isolieren sollen und Weggefährten in ihrem Leben brauchen. In der Ehe drückt sich dieses Bild am deutlichsten aus: Es geht um zwei Menschen, die sich entscheiden, das ganze Leben miteinander zu verbringen, füreinander zu sorgen und füreinander Verantwortung zu übernehmen, für den gemeinsamen Weg zu kämpfen und sich gegenseitig das Leben schön zu machen – sich zu lieben und sich zu wärmen. Das alles passiert in dem verbindlichen Bund der Ehe, den wir eingehen, obwohl wir nicht wissen, wie dieses gemeinsame Leben konkret aussehen wird und wie sich das eigene noch entwickelt; obwohl wir nicht wissen, welche Herausforderungen und Schwierigkeiten noch auf uns zukommen werden, wie sich der andere oder man selbst verändern wird und welche anderen Menschen man im Laufe des Lebens noch kennenlernen wird. Das verbindliche Ja zu dem anderen „bis dass der Tod uns scheidet“ ist deshalb das größte und wertvollste Geschenk, das man einem Menschen geben kann.

Wie wichtig ist es also, alles dafür zu tun, dass diese Verbindung guttut, dass sie die Lebensqualität steigert und der Partner oder die Partnerin immer wieder gern nach Hause kommt. Beide Partner können dazu beitragen, dass in der Ehe ein angenehmes „Beziehungsklima“ herrscht. Dazu gehören zum Beispiel eine gute Kommunikation, ein gemeinsamer Glaube, eine genussvolle Sexualität, Zeiten, die man bewusst als Ehepaar verbringt, gemeinsame Ziele und eine gemeinsame Berufung. Immer wieder braucht es die Entscheidung von beiden, in die Ehe und den Partner zu investieren. Es ist etwas Wunderschönes, wenn zwei Menschen die Entscheidung treffen, miteinander alt werden zu wollen. Wenn wir uns immer wieder auf diese Entscheidung berufen und Gott in unsere Ehe oder Partnerschaft einladen, können wir es tatsächlich schaffen, ein Leben lang Weggefährten zu bleiben. Und wie schön ist es, wenn der gemeinsame Weg auf langen Strecken beide froh macht und strahlen lässt.

Mitten ins Leben

Was kann ich dazu beitragen, dass sich mein Partner in unserer Ehe willkommen, wertgeschätzt und geliebt weiß? Wo darf und sollte ich mein Verhalten ändern, damit er (wieder) gern mein Ehepartner ist?

Alltagstipp

Überleg dir doch heute mal eine konkrete Sache, mit der du deinem Partner eine Freude bereiten könntest – und dann tue sie einfach.