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Der Autor

Franz Wienand, Dr. med. Dipl.-Psych., geboren 1949, absolvierte nach dem Studium der Psychologie und Medizin in Würzburg die Weiterbildung zum Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie an der Universität Marburg und promovierte bei Prof. Dr. Dr. H. Remschmidt über den Langzeitverlauf der Anorexia nervosa. Von 1987 bis 1992 leitete er die Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie an der Landesklinik Nordschwarzwald. Seit 1992 ist Dr. Wienand mit Diplom-Psychologin Monika Wienand in Böblingen niedergelassen, inzwischen in Privatpraxis. Er verfügt über abgeschlossene Weiterbildungen in Kinder-, Jugend- und Familientherapie, Gesprächspsychotherapie, Psychoanalytisch-Systemischer Kurztherapie, Psychoanalyse und Katathym Imaginativer Psychotherapie. Dr. Wienand ist Lehrtherapeut, Dozent und Supervisor in Katathym Imaginativer Psychotherapie der AGKB, Dozent und Supervisor am Kölner Institut für Kindertherapie KIKT und am Saarländischen Institut für tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie sowie Supervisor am ZAP Bad Salzuflen und an der Wiesbadener Akademie für Psychotherapie. Er ist bei der LPK Baden-Württemberg als Supervisor für analytische und tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie akkreditiert. Dr. Wienand ist Redaktionsmitglied des »Forums der Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie«. Er publiziert und hält Fortbildungen zur projektiven Diagnostik und Katathym Imaginativen Psychotherapie mit Kindern, Jugendlichen und Familien.

Die Mitautoren

Gabriele Meyer-Enders ist Gestalttherapeutin und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin in Köln. Sie gründete das Kölner Institut für Kindertherapie, den Verlag für therapeutische Materialien KIK-TheMa und die KIKT-Akademie e. V.

Michael Günter, Prof. Dr. med., ist Kinder- und Jugendpsychiater und Psychoanalytiker. Er leitet die Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie am Klinikum Stuttgart. Er forscht und publiziert u. a. über Adoleszenz und forensische Kinder- und Jugendpsychiatrie.

Franz Wienand

Projektive Diagnostik bei Kindern, Jugendlichen und Familien

Grundlagen und Praxis Ein Handbuch

Unter Mitarbeit von Michael Günter, Gabriele Meyer-Enders und Monika Wienand

Mit einem Geleitwort von Gerd Lehmkuhl

Verlag W. Kohlhammer

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2. Auflage 2019

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:

ISBN 978-3-17-035058-8

E-Book-Formate:

pdf:    ISBN 978-3-17-035059-5

epub: ISBN 978-3-17-035060-1

mobi: ISBN 978-3-17-035061-8

Für unsere Kinder und Enkel

Geleitwort

 

 

 

Projektive Verfahren finden aktuell im diagnostischen Prozess nur wenig Beachtung. Zu sehr liegt der Schwerpunkt auf gut standardisierten und validierten Verfahren, so dass dem scheinbar »Subjektiven und Qualitativen« kein großer Stellenwert mehr eingeräumt wird.

Doch das war nicht immer so:

Bei der im Jahr 2000 von Bölte und Mitarbeitern durchgeführten Befragung von 92 ambulanten und stationären kinder- und jugendpsychiatrischen Einrichtungen aus dem gesamten Bundesgebiet zu deren Handhabe und Einschätzung testpsychologischer Verfahren gaben gut 70% an, projektive Tests immer oder oft einzusetzen. Aber schon 2008 konnten Roth und Herzberg feststellen, dass projektive Verfahren »merklich an Bedeutung in der Psychologischen Diagnostik verloren haben« (Roth & Herzberg 2008). Eine Zunahme verzeichneten hingegen vor allem sogenannte klinische Screening-Instrumente, die eine rasche Einschätzung der Symptomatik erlauben, wie z. B. der Angstfragebogen für Kinder oder die Child Behaviour Checklist (s. Döpfner & Petermann 2012).

Dass projektive Ansätze »aus der Mode« gekommen sind, hat mehrere Ursachen: Die testpsychologischen und methodischen Anforderungen sind ständig gewachsen, eine störungsspezifische und leitlinienorientierte Diagnostik wird sowohl für die Klassifikation als auch die Anwendung evidenzbasierter Therapieverfahren ebenso verlangt, wie für die prognostische Vorhersage von Verläufen psychischer Störungen und deren Evaluation und Veränderungsmessung.

In einer Zeit umfassender Standards für psychologische Tests (Baumann & Stieglitz 2001) haben projektive Verfahren scheinbar keinen Platz und keine spezifische Funktion. Andererseits blicken sie auf eine lange Tradition in der tiefenpsychologisch orientierten Kinderpsychotherapie zurück.

Und auch heute finden sie immer dann ihre Anwendung, wenn es um Fragen der intrapsychischen Dynamik, der Beziehungsgestaltung und um biographisches Material geht, das sich mit standardisierten Methoden nicht oder nur schwer erschließen lässt.

Das primäre Ziel besteht darin, auf diesem Weg einen Zugang zum inneren Erleben, zu verborgenen Ängsten und lebensstiltypischen Verarbeitungsstrategien zu finden.

Insofern kommt projektiven Verfahren vor allem ein »explorativer« Wert zu. Sie ermöglichen, über die Verhaltensbeobachtung, das Interaktionsverhalten, die Affektivität, die Motivation und die Kreativität eines Kindes einzuschätzen (Lehmkuhl & Petermann 2014).

Andererseits wird zunehmend deutlich, dass allein mit Fragebogenscores ein Zugang zur emotionalen Befindlichkeit des Patienten kaum gelingt. Es bedarf daher eines psychobiographischen, ideographischen, holistischen und narrativen Ansatzes, um die Lebens- und Krankheitsgeschichten unserer Patienten mehr kennenzulernen: »Die Befreiung der Biographien von Patienten aus ihrer isolierten Sicht, also ihrer Einbettung in die Cobiographien und in die gesellschaftlichen Prozesse und Zeitcharakteristiken, erfordert auch in der Klinischen Psychologie eine breitere Konzeption und eine stärkere interdisziplinäre Sicht des Lebenslaufes. Dabei ist stets die Gefahr zu bannen, dass biographische Verläufe im normativ-idealtypischen Muster gesehen werden, in denen die jeweiligen Vorstellungen von »gelungenen« und »gescheiterten« Karrieren aus der Sicht des Diagnostikers oder aus der Sicht des Hier und Jetzt zum Ausdruck kommen« (Keßler 2001, 206).

Wie vielfältig, anregend und hypothesengenerierend projektive Ansätze sein können, veranschaulicht das vorliegende Handbuch in hervorragender Weise. Es bietet neben einer fundierten theoretischen Einführung die systematische Darstellung ganz unterschiedlicher projektiver Testverfahren. Dabei wird das breite Spektrum zeichnerischer, verbal-thematischer, spielerischer sowie beziehungs- und familiendiagnostischer Methoden mit ihren Möglichkeiten und Grenzen vorgestellt. Man spürt die klinische Erfahrung der Autoren und ihre langjährige, intensive Beschäftigung mit dieser Thematik, die dem Leser viele Anregungen und Möglichkeiten bei der Anwendung nahebringt. Es wird deutlich, dass projektive Verfahren zu einem ganzheitlichen Verständnis psychischen Erlebens und Verhaltens entscheidend beitragen können und dass ihr qualitativer Zugang andere Sichtweisen ermöglicht als standardisierte Fragebogenverfahren und Interviews.

Die Lektüre des Buches belegt eindrucksvoll, dass der psychodiagnostische Prozess durch projektive Testverfahren entscheidend bereichert wird und vor allem Grundlegendes über die Persönlichkeit von Kindern und Jugendlichen vermittelt.

Projektive Ansätze, dies belegt das Buch eindrucksvoll, füllen die große Lücke zwischen hochstrukturierten und standardisierten Tests und ganz offenen Kontaktgesprächssituationen. Sie helfen uns, einen narrativen Zugang zu Patienten zu finden, ihm zu vermitteln, dass wir an seiner Person und Biographie Interesse haben, so dass ein therapeutischer Zugang leichter gefunden werden kann.

Köln, Gerd Lehmkuhl

Danksagung

 

 

 

Dieses Handbuch verdankt seine Entstehung der Unterstützung vieler Personen. Zunächst danke ich Herrn Dr. Poensgen vom Kohlhammer Verlag, der dieses Projekt angestoßen und seine Entstehung in all den Jahren wohlwollend begleitet hat, sowie Ulrike Döring für das Lektorat. In den Seminaren von Prof. Joachim Wittkowski, damals noch Assistent am Lehrstuhl für Psychologie der Universität Würzburg, habe ich die projektiven Verfahren kennen und schätzen gelernt. Seine profunde Übersichtsarbeit über projektive Verfahren in der Enzyklopädie der Psychologie (2011), deren Manuskript er mir großzügig vorab zur Verfügung stellte, war eine wertvolle Hilfe für die Beschreibung und Beurteilung vieler Testverfahren. So ist dieses Buch auch ein später Dank für eine gründliche Ausbildung in projektiver Diagnostik, die in den 1960er und 1970er Jahren noch zum Psychologiestudium gehörte.

Neben vielen anderen Einflüssen hatte und hat besonders die Katathym Imaginative Psychotherapie mein Denken in Metaphern und Bildern entscheidend geprägt und bereichert.

Zu Dank verpflichtet bin ich auch meinem Praxisteam für den kontinuierlichen Erfahrungsaustausch und den Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen des C. G. Jung-Institut Stuttgart Eva-Marie Feine-Enninger, Kornelia Ebert, Ingola Reichenstein, Christina Gnas, Isolde Eisele und Jasminka Zulic, die ihre Praxiszeit bei uns verbrachten und ihr Wissen mit uns teilten. Und natürlich verdanken wir unsere Erfahrung und unser Wissen ganz entscheidend den Kindern, Jugendlichen und Familien, die uns über mehr als zwanzig Jahre hinweg vertrauensvoll Einblick gewährten in ihre Sorgen, Konflikte und Nöte, aber auch in ihre Stärken und Fähigkeiten, Schwierigkeiten zu überwinden.

Für die großzügige Überlassung von Literatur und Material zu einzelnen Testverfahren danke ich Renate Blumenstock, Holzgerlingen, Judith Fuchs, Wuppertal, Doris Seitz, Karlsbad, Marianne Klauser, Winterthur, und Ulrich Jungbluth, Köln. Informationen über die Vita von Marta Kos verdanke ich Prof. Toni Reinelt, Wien und Dr. Ulrike Weninger, Klagenfurt.

Ich freue mich, dass Gabriele Meyer-Enders und Prof. Michael Günter bereit waren, in ihren Beiträgen ihr Wissen und ihre Erfahrung zur Verfügung zu stellen.

Ganz besonders aber danke ich meiner Frau Monika, die durch ihre Beratung und Mitarbeit, vor allem aber mit ihrer Geduld und Zuversicht die Verwirklichung dieses Projekts erst ermöglicht hat.

Böblingen, Calw, September 2015

Franz Wienand

Inhalt

 

 

 

  1. Geleitwort
  2. Danksagung
  3. I Einleitung
  4. II Projektive Verfahren – Theorie und Problematik
  5. 1 Einführung
  6. 2 Zum Begriff der Projektion
  7. 3 Zur Geschichte projektiver Verfahren
  8. 4 Kreativität, Imagination und Symbolisierung
  9. 5 Bewusstsein, Unbewusstes und subjektives Erleben
  10. 6 Kritik an Projektiven Verfahren
  11. 7 Objektivität versus Subjektivität in der Psychodiagnostik
  12. 8 Projektive Verfahren als qualitativ-heuristische Methoden
  13. 9 Bedeutung projektiver Diagnostik bei Kindern und Jugendlichen
  14. III Zeichnerische Gestaltungsverfahren
  15. 1 Einführung
  16. 2 Baum-Zeichnungen
  17. 3 Menschzeichnungen
  18. 4 Familie-Zeichnungen
  19. 5 Der Sterne-Wellen-Test (SWT) von Avé-Lallemant (1978, 1994)
  20. 6 Der Wartegg-Zeichen-Test (WZT) von Wartegg (1939)
  21. 7 Weitere orientierende Zeichentests
  22. 8 Zwischen Zeichnen, Spiel und Therapie: Das Squigglespiel von Winnicott (1968/1989)
  23. IV Verbal-thematische Verfahren
  24. 1 Einführung
  25. 2 Wunschprobeverfahren
  26. 3 Satzergänzungstests
  27. 4 Die Fabelmethode von Louisa Düss (1942, 1956)
  28. 5 Der Picture Frustration Test (PFT) von Rosenzweig (1945, 1948, 1950)
  29. 6 Der Schweinchen-Schwarzfuß-Test (SFT) von Corman (1977/3. Aufl. 1995)
  30. 7 Der Thematische Apperzeptionstest (TAT) von Morgan & Murray (1935)
  31. 8 Der Kinder-Apperzeptions-Test (CAT) von Bellak & Bellak (1949)
  32. 9 Der Schulangst-Test (SAT) von Husslein (1978)
  33. 10 Der Geschichten-Erzähl-Test projektiv (GETp) von Preuß und Landsberg (1996)
  34. 11 Der Apperzeptive Situationstest (AST) von Laufs (1990)
  35. 12 Märchentests
  36. V Spielerische Gestaltungsverfahren
  37. 1 Einführung
  38. 2 Zur Entwicklung des kindlichen Spiels
  39. 3 Zur diagnostischen Bedeutung kindlichen Spielens
  40. 4 Diagnostik in der Sandspieltherapie
  41. Gabriele Meyer-Enders
  42. 5 Der Scenotest von von Staabs (1964)
  43. Gabriele Meyer-Enders
  44. 6 Neuentwickelte spielorientierte Testverfahren
  45. Gabriele Meyer-Enders
  46. VI Formdeuteverfahren
  47. Franz Wienand unter Mitarbeit von Michael Günter
  48. 1 Einführung
  49. 2 Der Rorschach-Test (Rorschach 1921)
  50. 3 Empirisch fundierte Weiterentwicklungen des Rorschach-Tests
  51. VII Bindungsdiagnostik
  52. 1 Einführung
  53. 2 Familienzeichnungen
  54. 3 Der Separation Anxiety Test (SAT) für 4- bis 7-Jährige von Hansburg (1972) bzw. Trennungsangst-Test von Klagsbrunn & Bowlby (1976)
  55. 4 Geschichtenergänzungsverfahren zur Bindung 5–8-jähriger Kinder (GEV-B) von Gloger-Tippelt & König (2009)
  56. 5 Der Bochumer Bindungstest für 8- bis 14-Jährige von Trudewind & Steckel (1999, 2009)
  57. 6 Adult Attachment Projective (AAP) für Jugendliche und Erwachsene von George et al. (1999, 2001, 2009, 2012)
  58. 7 Bindungsaspekte in den gängigen projektiven Verfahren
  59. 8 Imaginative Methoden
  60. VIII Familiendiagnostik
  61. 1 Einführung
  62. 2 Nicht projektive Verfahren der Familiendiagnostik
  63. 3 Semiprojektive Verfahren (Spielbasierte Befragungstechniken) (n. Sturzbecher 2001)
  64. 4 Projektive Verfahren der Familiendiagnostik
  65. IX Projektive Verfahren in der Begutachtung
  66. Michael Günter
  67. 1 Einführung
  68. 2 Fallbeispiel
  69. 3 Indikationsstellung, Anwendung und Durchführung
  70. 4 Zu einigen projektiven Verfahren im Einzelnen
  71. 5 Sorge- und umgangsrechtliche Testbatterie (SURT; Hommers 2009)
  72. 6 Fazit
  73. X Fallbeispiel
  74. Literatur
  75. Stichwortverzeichnis

I   Einleitung

 

 

 

Kinder und Jugendliche wachsen hierzulande in Frieden und Wohlstand auf, werden von ihren Eltern und Familien geliebt und behütet, gesundheitlich gut versorgt, sie haben gute Bildungschancen und ein reiches kulturelles Umfeld, das ihnen viele Möglichkeiten zur Betätigung und Entfaltung bietet. Sie werden nicht wie vielleicht noch ihre Großeltern autoritär unterdrückt oder körperlich gezüchtigt, sondern freier erzogen und sind daher offener, selbstbewusster und autonomer. Umfragen unter jungen Menschen in Deutschland weisen regelmäßig darauf hin, dass die ganz überwiegende Mehrzahl mit sich, ihren Familien und der Schule zufrieden und glücklich ist. Und die allermeisten entwickeln keine psychische Auffälligkeiten oder Störungen und werden uns nie vorgestellt. So gaben 80% der knapp 11 000 zu ihrer Lebensqualität befragten Kinder zwischen 9 und 14 Jahren an, sich wohlzufühlen, nur 7% beschrieben sich als unglücklich (LBS-Kinderbarometer 2014).

In Beratungsstellen und Praxen kommen nur die jungen Menschen, die Verhaltensauffälligkeiten, Anpassungsprobleme, Ängste, Depressionen oder andere Störungen aufweisen. Daher ist unsere Sicht auf Kindheit und Jugend verzerrt, aber auch geschärft wie bei einem Blick durch das Mikroskop. Wir registrieren besorgt das atemberaubende Tempo, in dem sich die Welt verändert, in der wir und vor allem unsere Kinder leben.

Diese Veränderungen nehmen dabei so gut wie keine Rücksicht auf die Bedürfnisse junger Menschen. Wir sehen die Auswirkungen von Familienzerrüttung, Berufsstress bei überlasteten Eltern, überforderte alleinerziehende Mütter, Kleinkinder in Ganztagsbetreuung, Schulstress und Leistungsdruck, zunehmenden Medienkonsum und die Folgen von Passivität, Fehlernährung und Bewegungsmangel. In jüngster Zeit wird unser Sicherheitsgefühl und damit auch das unserer Kinder von näher rückenden Kriegen und anderen Katastrophen untergraben.

Kinder und Jugendliche passen sich diesen säkularen Veränderungen anscheinend erstaunlich gut an, zumindest nach außen hin. Die Erwachsenen sind vielleicht auch gar nicht so sehr daran interessiert, genau zu wissen, welche Belastungen vielen Kindern heute zugemutet (und welche entwicklungsnotwendigen Anforderungen ihnen vorenthalten) werden.

Nach internationalen Studien zur Prävalenz psychischer Störungen zeigen etwa 15–20% aller Kinder und Jugendlichen psychische Auffälligkeiten, bei 6% besteht dringender Behandlungsbedarf. Zwischen 10 und 15% der Kinder, die mit acht Jahren als psychisch auffällig diagnostiziert wurden, leiden mit 25 Jahren immer noch an psychischen Störungen, vor allem diejenigen mit hyperkinetischen Störungen und Sozialstörungen (Blanz et al. 2006, 528).

Die häufigsten Störungsbilder sind dabei mit ca. 10% Angststörungen, zu 7,5% aggressive und dissoziale Störungen, mit über 4% emotionale Störungen und über 4% hyperkinetische Störungen (Fuchs et al. 2013, 205). Weniger als die Hälfte der jungen Menschen mit psychischen Störungen sind in Behandlung (Fuchs et al. 2013, 210).

Die wichtigsten Risikofaktoren für Kinder finden sich in ihrer unmittelbaren familiären und sozialen Umgebung: körperliche Misshandlung und sexueller Missbrauch, Ablehnung und Abwertung durch die Eltern, chronischer Streit in der Familie, abwesende, kranke oder kriminelle Elternteile und Broken-home-Verhältnisse (Ramoutar & Farrington 2006).

Ob und inwieweit sich der Anteil psychischer Störungen im Laufe der Jahre verändert hat, lässt sich aufgrund fehlender Voruntersuchungen nicht genau einschätzen. Eine aktuelle Übersicht (Fuchs et al. 2013) erwähnt lediglich eine Zunahme bei Essstörungen und Adipositas. Nach Beobachtungen von Fachleuten ist in den letzten 20 Jahren aber auch die Häufigkeit von Störungen des Lern- und Leistungsverhaltens, selbstverletzendem Verhalten und exzessivem Medienkonsum sowie von sozialen Problemen wie Mobbing und Schulvermeidung deutlich angestiegen.

Nachgewiesenermaßen zugenommen haben kindliche Entwicklungsstörungen. In einer Langzeituntersuchung mit standardisierter Methodik zur Häufigkeit von Teilleistungsstörungen an 11 000 Einschulungskindern in Bayern (Durchschnittsalter 5,97 Jahre, 90,6% deutsche Kinder, ausgeglichenes Geschlechterverhältnis, schulärztlicher Dienst im Landkreis Dingolfing-Landau) fand Stich (2009) im 10-Jahresvergleich zwischen 1997 und 2007 eine Zunahme der Häufigkeit motorischer Störungen von 2–3% auf über 10% der Vorschulkinder. Im Bereich der Sprachentwicklung nahmen der Anteil von Artikulationsstörungen von 8,8% auf 15,8% und Dysgrammatismus von 1,4% auf 6,7% zu. Bei den kognitiven Fähigkeiten sank im gleichen Zeitraum die Häufigkeit von Störungen der Abstraktionsfähigkeit von 4,2% auf 3,1% etwas, während Störungen der Ausdauerfähigkeit von 4,2% auf 8,2% und Störungen der Merk- und Konzentrationsfähigkeit von 4,3% auf 15,8% stiegen. Auch der Anteil von Kindern mit psychosozialen Auffälligkeiten hat sich von anfangs 3,8% auf 7,3% am Ende des Untersuchungszeitraums nahezu verdoppelt.

Diese erschreckende Steigerung kindlicher Entwicklungsprobleme ist zweifellos die Folge von stark veränderten und immer weniger kindgerechten Entwicklungsbedingungen in unserer Gesellschaft, deren Auswirkungen dem pädagogischen, medizinischen und psychotherapeutischen Versorgungssystem zur Reparatur zugewiesen werden.

Symptome wie Zwänge, Ängste und depressive Verstimmungen erscheinen den Betroffenen und ihrem Umfeld, oft aber auch dem Untersucher zunächst rätselhaft und unerklärlich. Infrage kommen neben intrapsychischen auch entwicklungsbedingte, soziale und biologische Einflüsse sowie deren Wechselwirkungen. Zwangssymptome können beispielsweise Folge eines durchgemachten Streptokokkeninfekts sein; Ängste, Depressionen und Stimmungsschwankungen treten bei Infekten wie der Borreliose, aber auch bei Störungen des Hormonhaushalts auf. Anhaltende soziale oder kognitive Überforderung in der Schule kann sich als Demotivation und Schulversagen, aber auch als somatoforme Störung ohne erkennbaren Zusammenhang mit der auslösenden Ursache äußern.

Nicht erkannte und/oder unbehandelte Entwicklungs- und Teilleistungsstörungen bringen für das betroffene Kind erhöhte Anforderungen bei der Bewältigung von Alltagsaufgaben mit sich und bedeuten chronischen Stress, der nicht selten durch Unverständnis und Ungeduld der Umgebung noch verstärkt wird. Daraus entwickeln sich häufig sekundäre psychische Störungen, die ohne Kenntnis und Therapie der Ursache nicht adäquat behandelt werden können.

Aufgrund dieser Zusammenhänge können junge Menschen mit psychischen Störungen nur zusammen mit ihrem familiären, sozialen und pädagogischen Umfeld verstanden werden, ehe über die Frage einer Behandlung entschieden werden kann.

Die Diagnostik darf sich nicht nur auf die Symptomatik und den Entwicklungsstand beschränken, sondern muss auch therapierelevante Parameter beim Kind und seinem Umfeld einbeziehen. Wie bindungsfähig, wie einsichtsfähig ist das Kind? Kann es mentalisieren? Hat es Phantasie? Liegen strukturelle Defizite vor? Profitiert es mehr von suggestiven, strukturierten Interventionen oder braucht es einen freien Raum für seine Entfaltung? Auf welchem Wege ist es am besten in der Lage, sich auszudrücken? Auf welche Weise kann ich es wirklich erreichen? Müssen Therapievoraussetzungen erst hergestellt werden, eventuell durch (sozial-)pädagogische Interventionen, möglicherweise durch eine Medikation oder auch durch die Reduktion von Medienkonsum? Wie ist die Einstellung der Angehörigen zur Psychotherapie? Wie ist ihre Veränderungsbereitschaft und wo liegen ihre Ressourcen? Welche Rolle spielt das soziale Umfeld wie Schule, Großeltern, Freunde? Welche sequentielle Strategie ist sinnvoll, etwa der Beginn mit einer Einzeltherapie mit Weiterbehandlung in einer Gruppe oder umgekehrt? Sind vorbereitende oder begleitende Interventionen wie eine Familientherapie, funktionelle Behandlungen (Physiotherapie, Ergotherapie, Sport, Ernährungsberatung etc.), Jugendhilfemaßnahmen oder eine teilstationäre bzw. stationäre Behandlung notwendig? Wie viel Zeit steht für die Therapie zur Verfügung und was bedeutet das für die Behandlung?

Weitergehende Hinweise zur Psychodiagnostik liefern die Operationalisierte Psychodynamische Diagnostik im Kindes- und Jugendalter OPD-KJ (Bürgin et al. 2007), das Multiaxiale Klassifikationsschema MAS für psychische Störungen des Kindes- und Jugendalters nach der ICD-10 der WHO (Remschmidt et al. 2006) und die Leitlinien der kinder- und jugendpsychiatrischen Verbände Deutschlands (www.dgkjp.de).

Das im Folgenden skizzierte diagnostische Vorgehen zielt aus den genannten Gründen in die Breite und in die Tiefe. Es beruht in Bezug auf Umfang, Methodik und Ablauf der Diagnostik auf der Organisationsstruktur, die sich in meiner Praxis in den Grundzügen seit der Niederlassung 1992 bewährt hat.

Die Routinediagnostik umfasst neben Anamneseerhebung, Verhaltens- und Interaktionsbeobachtung je nach Fragestellung und Alter Fragebögen und Schulberichte, standardisierte Begabungs- und Entwicklungstests, projektive Verfahren und ergänzende neuropädiatrische, neuropsychologische und neurophysiologische Untersuchungen.

Fragebögen liefern eine bewusste Selbst- und Fremdbeurteilung, wichtig ist daher immer eine Kontrollskala zur Erfassung der sozialen Erwünschtheit.

Entwicklungs- und Begabungstests ermöglichen einen Normvergleich für wichtige Parameter der Lebensbewältigung wie allgemeine Intelligenz, Sprache, logisches Denken, Aufmerksamkeit, Belastbarkeit, Teilleistungsfunktionen. Auch wenn keine manifesten Hinweise auf Lern- und Leistungsprobleme vorliegen, gehört ein mehrdimensionales Begabungsprofil zur Psychodiagnostik bei jungen Menschen.

Projektive Methoden, der Gegenstand dieses Handbuchs, dienen dem besseren Verständnis der emotionalen Verfassung eines Patienten1, seiner auch unbewussten Konflikte, seiner familiären Beziehungen und nicht zuletzt seiner Kreativität und weiterer Ressourcen. Sie werden dem Umstand gerecht, dass jüngere Kinder ihre Verfassung vielleicht selbst nicht bewusst wahrnehmen, dass sie sich oft nicht gut verbal mitteilen können bzw. aus Rücksicht und Loyalität zu den Bindungspersonen oder aus Scheu im direkten Gespräch nicht offen sein können. Gerade bei unklarer Genese bzw. Psychodynamik einer Störung lassen sich im projektiven Material wichtige Hinweise finden, die den Schlüssel zum Verständnis des Kindes bzw. Jugendlichen liefern.

Projektive Verfahren liefern nicht nur Hypothesen, sondern können in der Gesamtschau mit den übrigen diagnostischen Befunden neue Einsichten liefern, bislang Unverstandenes verstehen helfen und so durchaus auch Hypothesen bestätigen. Sie sind ökonomisch in der Durchführung, erfordern aber Erfahrung in der Interpretation. Insbesondere die Zeichnungen sind (mit dem Einverständnis der Patienten) ein wichtiges und anschauliches Medium der Vermittlung der Ergebnisse an die Bezugspersonen und können so dabei helfen, dass die Eltern besser verstehen, wie ihr Kind die Welt und sich in seiner Familie sieht.

Selbstverständlich richten sich Umfang und Inhalt der Diagnostik in anderen Institutionen, etwa in einer Familien- und Erziehungsberatungsstelle, einer schulpsychologischen Beratungsstelle oder in einem sozialpädiatrischen Zentrum nach den jeweils spezifischen Aufgaben, Fragestellungen und Möglichkeiten. Die grundsätzliche Forderung nach einer sorgfältigen Diagnostik vor Aufnahme einer Therapie bleibt davon jedoch unberührt.

Eine rein störungsspezifische Diagnostik läuft Gefahr, wesentliche Zusammenhänge zu übersehen, die nicht von Anfang an auf der Hand liegen.

Auswertung und Interpretation: Zur Vorbereitung des die Diagnostik abschließenden Gesprächs werden alle wesentlichen Details aus Anamnese und Fremdberichten sowie alle relevanten Einzelbefunde zusammengeführt und miteinander in Beziehung gesetzt. Von besonderem Interesse sind Übereinstimmungen, Muster, Widersprüche und signifikante Hinweise, die weitere Aufklärung verlangen. Die sich ergebenden Zusammenhänge haben jedoch vorerst den Charakter von Hypothesen, deren Validierung im Laufe der Besprechung mit dem Patienten und seinen Bezugspersonen erfolgt.

Die Besprechung der Befunde ist der anspruchsvollste Teil des gesamten diagnostischen Ablaufs, weil sie die Kenntnis der Einzelbefunde, ihres inneren Zusammenhangs und die Beachtung der Beziehungsdynamik sowie der Möglichkeiten und Grenzen der Familie erfordert. Sie erfolgt in der Regel mit beiden Eltern und dem Patienten, wobei es sich je nach Fall bei Kindern (im Gegensatz zu Jugendlichen) bewährt hat, den mittleren Teil des Gesprächs mit den Eltern alleine durchzuführen. Die Grundhaltung des Gesprächsführenden in der Befundbesprechung lässt sich vielleicht am ehesten (und idealerweise) als eine Mischung aus Respekt, mit Feingefühl gepaarter Offenheit und vorsichtigem Optimismus beschreiben. Respekt bezieht sich auf die Anerkennung und Würdigung der Ressourcen, bisherigen Anstrengungen und erreichten Erfolge von Kind und Bezugspersonen. Zur Ehrlichkeit gehört es, sowohl die Grenzen der eigenen Erkenntnis anzuerkennen als auch Befunde und Zusammenhänge zu benennen, die vielleicht nicht gerne gehört werden und kränkend wirken können.

Das Ziel der Besprechung sollte sein, dass sich der Patient verstanden fühlt (was nicht jedem Jugendlichen angenehm ist) und die Eltern die Ergebnisse auch als aus ihrer Sicht als zutreffend akzeptieren können. Unverständnis, Widerspruch und Protest sollten Anlass zur durchaus selbstkritischen Prüfung sein, ob die Sichtweise des Untersuchers korrigiert bzw. ergänzt werden muss oder ob es sich um einen Widerstand bzw. eine Abwehrhaltung des Kindes und/oder der Bezugspersonen handelt. In der Auseinandersetzung mit den Kommentaren und Einwänden aus der Familie erfolgt die abschließende Validierung der Psychodiagnostik. Darauf gründen dann die Besprechung der therapeutischen Möglichkeiten und die Beurteilung der Behandlungsmotivation.

Den Abschluss der Diagnosephase bildet – unter Beachtung des Datenschutzes und der Verpflichtung zu Kooperation – in der kinder- und jugendpsychiatrischen Praxis der zusammenfassende Bericht an den überweisenden Arzt als Befundbericht, falls gewünscht an die Eltern und ggf. zusammen mit dem Konsiliarbericht an den Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, der im Gegenzug einen abschließenden Bericht über den Behandlungsverlauf schicken sollte. Für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten ergibt die Diagnostik die Basis für den Antrag an den Gutachter im Rahmen des Richtlinienverfahrens. In Behandlungsteams stellen Zusammenfassungen der Befunde auch eine wichtige Basis der internen Kommunikation dar.

Eine komplexe Welt erfordert eine komplexe Diagnostik.

Das Hauptanliegen dieses Handbuches ist ein Plädoyer für eine ganzheitliche Psychodiagnostik, die über eine reine Beschreibung von Symptomatik und Verhalten und über den Vergleich mit statistischen Normen hinaus das subjektive Erleben, vorbewusste bzw. unbewusste Motivationen und Konflikte und die Bindungswelten junger Menschen zu verstehen versucht. Die Verbreitung projektiver Methodik in der therapeutischen Praxis spricht dafür, dass es sich dabei um ein zentrales Bedürfnis handelt.

Dabei spielen die projektiven Verfahren, die sich der kindlichen Ausdrucksmöglichkeiten Spielen, Zeichnen und Erzählen bedienen, trotz ihres teils ehrwürdigen Alters eine wesentliche Rolle. Wenn das vorliegende Werk dazu beiträgt, der projektiven Diagnostik und damit einem verstehenden Zugang wieder eine größere Bedeutung in der Aus- und Weiterbildung an Instituten, Beratungsstellen, Kliniken und Universitäten zu verleihen, so hätte sich die Mühe gelohnt. Die Zukunft wird zeigen, ob eine deskriptive, neurobiologische und damit reduktionistische Diagnostik das Feld beherrschen wird oder ob das Desiderat der Autoren dieses Handbuchs nach mehr Forschung und der Entwicklung neuer, zeitgemäßer projektiver Verfahren in Erfüllung geht.

1     Aus Gründen der besseren Lesbarkeit nutzen wir für Personen- und Berufsbezeichnungen das generische Maskulinum, wobei sich dies selbstverständlich auf beide Geschlechter bezieht.

II          Projektive Verfahren – Theorie und Problematik

 

 

 

1      Einführung

2      Zum Begriff der Projektion

3      Zur Geschichte projektiver Verfahren

4      Kreativität, Imagination und Symbolisierung

4.1     Kreativität

4.2     Imagination

4.3     Symbolisierung

5      Bewusstsein, Unbewusstes und subjektives Erleben

6      Kritik an Projektiven Verfahren

         Exkurs Testtheorie (nach Pospeschill & Spinath 2009, 57 ff)

7      Objektivität versus Subjektivität in der Psychodiagnostik

8      Projektive Verfahren als qualitativ-heuristische Methoden

9      Bedeutung projektiver Diagnostik bei Kindern und Jugendlichen

1          Einführung

 

 

Das gemeinsame Merkmal aller projektiven Verfahren besteht darin, dass mehrdeutiges Testmaterial Reaktionen hervorruft, die in erster Linie von der Persönlichkeit des Probanden (und weniger vom Test selbst) bestimmt werden und daher Rückschlüsse auf seine Haltungen, Motive, Konflikte und Verarbeitungsmuster erlauben. Wenig strukturiertes Reizmaterial (wie die Tintenkleckstafeln des Rorschach-Tests) oder offene Aufgabenstellungen (wie die Aufforderung im Scenotest, irgendeine Szene aufzubauen) bieten einen Freiraum und einen Anreiz zur Entfaltung eigener Vorstellungen. Das Testhandbuch von Brickenkamp et al. (2002) verwendet daher auch die Bezeichnung »Persönlichkeits-Entfaltungsverfahren« mit den drei Untergruppen Formdeuteverfahren, verbal-thematische Verfahren sowie zeichnerische und Gestaltungsverfahren.

Formdeuteverfahren wie der Rorschach-Test (Rorschach 1921) bieten wenig strukturiertes visuelles Reizmaterial an, das von der Versuchsperson interpretiert werden soll. Bei verbal-thematischen Verfahren wird der Proband aufgefordert, zu vieldeutigen Bildszenen passende Geschichten zu erfinden, ein Beispiel ist der Thematische Apperzeptionstest TAT (Murray 1943). Bei den zeichnerischen und den Gestaltungsverfahren soll ein bestimmtes Motiv wie ein Baum, ein Mensch oder die eigene Familie gezeichnet bzw. mit Spielfiguren eine Szene gestaltet werden (Baumtest, Koch 2003; Scenotest, von Staabs 2004).

Gemeinsam ist den projektiven Verfahren auch das Angebot einer offenen, nicht eindeutig festgelegten Reizkonstellation. Die Versuchsperson antwortet entsprechend der Bedeutung, die diese Situation für sie besitzt (Franck 1939, n. Lehmkuhl & Petermann 2014, 11). Das Verhalten des Probanden in der Testsituation wird als modellhaft für seinen Umgang mit neuen, ungewohnten Situationen und Problemen angesehen. Die Reaktionen des Probanden auf das Material werden auf formale und strukturelle Aspekte hin untersucht: Wie differenziert und komplex oder stereotyp sind die Antworten im Rorschach, auf welches Entwicklungsalter verweisen die Proportionen einer kindlichen Menschzeichnung im Verhältnis zum Lebensalter, wie pedantisch oder schludrig erfolgt die visuomotorische Umsetzung einer Gestaltungsidee, wie sind die Figuren im Sandspiel oder Scenotest im Raum verteilt? Die inhaltliche Analyse fasst die Reaktionen als symbolisch verschlüsselte Hinweise auf Konflikte, Motive, Ängste und Bedürfnisse auf, die mehr oder weniger bewusst sein können. Psychoanalytisch geschulte Diagnostiker verwenden ihre Gegenübertragungsreaktionen (Wie erlebe ich den Patienten? Wie geht er mit mir um? Wozu sucht er mich zu bewegen? Welche Affekte und Impulse löst er in mir aus?) als Verweis auf seine bevorzugten Strategien, mit Beziehungen umzugehen. Schließlich erfolgt eine zusammenfassende Analyse des Ablaufs des diagnostischen Prozesses und eine Zusammenschau aller erwähnten Aspekte zu einem Gesamtbefund, der mit anderen Informationsquellen wie der Vorgeschichte, objektiven Testverfahren und Fragebogentests verglichen und in ein Bild der Persönlichkeit des Probanden eingepasst werden kann.

2          Zum Begriff der Projektion

 

 

Die bis heute verbreitete Zusammenfassung dieser unterschiedlichen Verfahren als »projektive Methoden« geht zurück auf Frank (1939). Frank geht von einem allgemeinen Projektionsbegriff aus und bezieht sich auf die Abbildung der Innenwelt des Probanden in der Außenwelt als Gemeinsamkeit projektiver Tests (Fisseni 2004, 218). Die »klassische« tiefenpsychologische Definition von Projektion als ein unbewusster Verdrängungsmechanismus stammt von Sigmund Freud, der 1895 die Verschiebung innerer Erregung auf eine äußere Gefahr als wesentlich für die Entstehung der Angstneurose bezeichnet (GW I, 338). Abwehrmechanismen sind nach Freud Bewältigungsmechanismen, die der Kontrolle von für das Bewusstsein unerträglichen Vorstellungen oder Affekten dienen sollen. Später (1912/13 in »Totem und Tabu«) hat Freud Projektion nach außen (»zur Ausgestaltung der Außenwelt«) als allgemeines (und nicht nur neurotisches), auch für Gefühls- und Denkvorgänge wie für die Sinneswahrnehmungen charakteristisches Merkmal aufgefasst (GW IX, 81). Weitere Ausarbeitungen des Projektionsbegriffs führten zu verschiedenen Formen (Häcker & Stapf 2004, 735): Attributive Projektion liegt vor, wenn die eigenen Verhaltensweisen Anderen zugeschrieben werden; autistische Projektion meint, dass innere Bedürfnisse die Wahrnehmung äußerer Reize bestimmen oder überformen. Die wohl allgemeinste Definition stammt von Murstein und Pryer, nach denen Projektion dann vorliegt, »wenn ein Individuum Verhalten manifestiert, welches auf emotionale Werte oder Bedürfnisse des Individuums hinweist« (1959, 370).

Belege für die Bedeutung dieses Vorgangs liefert die Sozialpsychologie, insbesondere die Theorie der sozialen Wahrnehmung. Sie bestätigt mit zahlreichen experimentellen Ergebnissen die Alltagsbeobachtung, dass Motive und Bedürfnisse unsere Wahrnehmung bestimmen und zwar umso stärker, je weniger strukturiert ein Reiz ist (zusammenfassend Fischer & Wiswede 2009, 191 ff).

Die Bedeutung unbewusster Prozesse für die Wahrnehmung wird auch durch die Erkenntnisse der Neuropsychologie bestätigt. Die Verbindungen unseres Bewusstseins und des Aufmerksamkeitssystems nach innen, also zu anderen Abschnitten des Gehirns, die mit Erinnerungen, Bedürfnissen, Gefühlen und Wünschen zu tun haben, sind sehr viel stärker ausgebaut als diejenigen von und nach außen. Während der Wahrnehmung eines äußeren, insbesondere eines sehr komplexen Reizes (also im Zeitraum von 300 Millisekunden bis zu einer Sekunde) findet eine sehr schnelle, unbewusste und komplexe Verarbeitung von Reizeigenschaften statt. Das Ergebnis dieser Abstimmung zwischen Gedächtnis- und Bedürfnissystemen innerhalb des Gehirns entscheidet über die subjektiv erlebte Bedeutung der Wahrnehmung und die Reaktion darauf (Grawe 2004, 118 ff). Erinnerungen, subjektive Bedeutungen, Bedürfnisse und Motive bestimmen also unsere Wahrnehmung und deren Interpretation entscheidend mit.

3          Zur Geschichte projektiver Verfahren

 

 

Die Entstehungszeit der meisten projektiven Tests liegt in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Anders als der einheitliche Begriff suggeriert, liegt ihnen keine einheitliche Theorie zugrunde. Als Vorläufer lassen sich die Experimente mit Wortassoziationen von Wundt und Galton schon in der experimentellen Periode der Geschichte der Psychodiagnostik von 1890–1905 auffassen (vgl. hierzu und zum Folgenden Kroon 1999). Freud öffnet mit seiner »Traumdeutung« (1900) den Blick für das Unbewusste mit dem Mittel der freien Assoziation und prägt für lange Zeit die Bedeutung des Begriffs »Projektion« als Bezeichnung für einen psychologischen Abwehrmechanismus, der Angst dadurch reduziert, dass er eigene unerwünschte Impulse anderen Personen zuschreibt. 1910 veröffentlichte Jung seine diagnostischen Assoziationsstudien. Einen Meilenstein in der Geschichte der projektiven Testverfahren stellt die Veröffentlichung des Schweizer Psychiaters Hermann Rorschach (1921) dar. Auf den 10 Tafeln des Rorschach-Tests werden symmetrische Tintenkleckse vorgelegt, zu denen der Proband eigene Einfälle äußern soll. Die Deutungen wurden ursprünglich nach formalen (nicht nach symbolischen) Gesichtspunkten ausgewertet. Der Test diente seinem Autor als experimentelle Methode zur Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Intelligenz und Phantasie. Der Rorschach-Test fand beiderseits des Atlantiks rasch weite Verbreitung in der Persönlichkeits- wie auch der klinischen Diagnostik und in der Forschung. Mehrere Varianten entstanden, die schließlich im »Comprehensive System« (Exner 1974, deutsches Handbuch 2010) zusammengeführt wurden und zu einem neuen Schub für das Verfahren in Praxis und Forschung in den angelsächsischen Ländern führten.

Murrays (Morgan & Murray 1935) Thematischer Apperzeptionstest, bei dem unscharfe oder mehrdeutige Bilder von Personen und Landschaften vorgelegt werden, je eine passende Geschichte zu erfinden, wurde als Methode zur Anregung von Phantasiematerial entwickelt. Die Auswertung bezieht sich auf Hinweise zu inneren Bedürfnissen und äußeren Einschränkungen der untersuchten Person sowie den daraus resultierenden Konflikten und deren Lösungswege. Seine Verwendung erfolgte zunächst als Ergänzung zum Rorschach-Test, der mehr die formale Struktur der Persönlichkeit erfasst. Der TAT fand rasche Verbreitung, durch Revers (1958) auch in Deutschland; eine Reihe von Varianten wurde für verschiedene Fragestellungen und Zielgruppen entwickelt und in der Forschung, insbesondere zur Leistungsmotivation bis in die 1990er Jahre breit angewendet. Dazu gehören auch Untersuchungen mit dem Ziel, die Gütekriterien dieser Verfahren mithilfe quantitativer Parameter zu untersuchen und zu verbessern. Seitdem hat die Publikationsrate international jedoch stark nachgelassen. Der TAT gehört aber nach wie vor in der Praxis zu den meistverwendeten projektiven Verfahren (Wittkowski 2011, 301).

Wesentliche Impulse für die Entwicklung projektiver Verfahren, insbesondere der Zeichen- und Gestaltungstests, kamen aus der klinischen Beobachtung und Behandlung von Kindern und Jugendlichen. Der Scenotest (von Staabs 1938), in dem Kinder mit Biegepüppchen und Spielmaterial ihre innere Welt darstellen, entstand als Weiterentwicklung des von Lowenfeld entwickelten »Weltspiels« (Brähler et al. 2002, Bd. 2, 1274, 331). In den 1930er Jahren entstand in Deutschland der »Wartegg-Test« (Wartegg 1939), bei dem acht in umrandeten Feldern angebotene einfache Zeichen wie ein Punkt, ein kleines Quadrat oder eine Welle zeichnerisch vervollständigt werden sollen.

Fast gleichzeitig wurden die Zeichentests »Draw-A-Person technique« (Machover 1949), die »House-Tree-Person technique« (Buck 1948) und der »Baumtest« (Koch 1949) veröffentlicht. Diese ohne großen Aufwand durchführbaren Tests sind zu einem festen Bestandteil in der Psychodiagnostik bei Kindern geworden.

Als verbal-thematisches Verfahren für Kinder entstand aus dem TAT heraus der »Children’s Apperception Test« CAT (Bellak & Bellak 1949) mit Tierfiguren. In Frankreich entwickelte Corman 1961 den »Schweinchen-Schwarzfuß-Test« (»Patte Noir«, Corman 1992) dessen deutsche Version erstmals 1977 (3. Auflage Corman 1995) erschien.

Der Picture Frustration Test wurde von Rosenzweig (1950) als Forschungsinstrument zur Überprüfung der Frustrations-Aggressions-Theorie entwickelt und erst später in die diagnostische Praxis eingeführt (Wittkowski 2011, 340). In 24 comicartigen Zeichnungen frustriert, behindert oder tadelt eine Person durch einen kurzen Text in einer Sprechblase eine andere. Die Versuchsperson soll in die leere Sprechblase der frustrierten zweiten Person deren vermutete Antwort eintragen. Die Reaktionen werden entsprechend der zugrundeliegenden Theorie nach Aggressionstypen (ego defense, obstacle dominance und need persistance) und der Richtung der Aggression (intra-, extrapunitiv und impunitiv) ausgewertet.

Nach einer Blütezeit der Entstehung und raschen internationalen Verbreitung waren projektive Verfahren in der klinischen Praxis von Psychologie, Psychiatrie und Psychotherapie, in der Lehre an Ausbildungsinstituten und Universitäten und in der Forschung in den 1960er Jahren fest etabliert. In dieser Zeit boten nach verschiedenen Umfragen (Übersicht bei Wittkowski 2011, 241 ff) zwischen 64% und 94% der von der American Psychological Association APA anerkannten Ausbildungseinrichtungen für klinische Psychologen in den USA eine Rorschach-Ausbildung an. Die projektiven Verfahren standen 1970 an der Universitäten Westdeutschlands noch an erster Stelle im Lehrangebot in Psychodiagnostik, diesen Spitzenplatz verloren sie allerdings in der Folgezeit: Nach den letzten Umfragen (2005/06) kommen projektive Verfahren an rund 86% der universitären Ausbildungsstätten für Diplompsychologen in den deutschsprachigen Ländern nicht mehr vor. Während in internationalen, insbesondere amerikanischen Fachzeitschriften weiterhin rege zu projektiven Verfahren veröffentlicht wird, ist die Rate der Publikationen in deutschsprachigen Zeitschriften zwischen 1970 und 1978 von 17% auf 5% abgefallen, heute erscheinen allenfalls noch einzelne Beiträge (Wittkowski a. a. O.). Es überrascht daher nicht, dass die psychologische Forschung in den letzten 40 Jahren weder zu Neuentwicklungen noch zu nennenswerten Verbesserungen der psychometrischen Qualität projektiver Verfahren geführt hat. Allerdings sind in diesem Zeitraum – abgesehen von Revisionen bestehender Verfahren und der Entwicklung von Computertests – auch kaum echte Neuentwicklungen psychometrischer Tests auf den Markt gekommen, so dass sich die Frage stellt, inwieweit die Psychologische Diagnostik insgesamt den sich rasch verändernden Herausforderungen ihrer Zeit künftig gewachsen sein wird (Kubinger 2010, 30 f).

4          Kreativität, Imagination und Symbolisierung

 

 

4.1       Kreativität

Erstaunlicherweise wurden in den bisherigen Debatten über Sinn und Wert projektiver Diagnostik die Bedeutung von Kreativität, Vorstellungskraft und Symbolisierung so gut wie nicht erwähnt, obwohl sie eine entscheidende Rolle spielen. Projektive Verfahren fordern zu einer Gestaltung heraus, sei es in Form einer Zeichnung, einer Geschichte oder der Gestaltung einer Szene im Sandspiel oder Scenotest.

Damit wird im Probanden ein spielerischer, kreativer, gleichsam poetischer Prozess [von gr. ποίησις (poiesis) = »das Handeln, Machen, das Verfertigen, das Dichten«, n. Liddell et al. 1940] in Gang gesetzt, begleitet von einer Wendung nach innen (Wie mache ich das jetzt?) und der Aktivierung der Vorstellungskraft oder Phantasie. Phantasie [von gr. φαίνειν (phainein) = »sichtbar machen, in Erscheinung treten lassen«, n. Liddell et al. 1940] ist laut Duden die »Fähigkeit, Gedächtnisinhalte zu neuen Vorstellungen zu verknüpfen«. Diese Definition verweist auf die neurobiologische Basis der Vorstellungskraft: Schon ohne therapeutische Einflussnahme ist »unser Gehirn […] unablässig neuronal aktiv und baut dabei geistige Inhalte auf, die im Zustand der Abschirmung äußerer Reize und einer damit einhergehenden Innenorientierung zu sensorischen Wahrnehmungen führen. […] Unter Bedingungen regressiverer Art reichert sich das innere Erleben um weitere Qualitäten an« (Ullmann 2012, 21).

4.2       Imagination

Manche Verfahren wie z. B. der Rosenzweig Picture Frustration Test erfordern eine möglichst spontane, rasche und unmittelbare Reaktion. Hier beeinflussen in erster Linie vorbewusst bereitliegende, auf individuellen Mustern des Wahrnehmens, Urteilens und Verhaltens beruhende Schemata die Antworten. Bei den Zeichentests und spielerischen Gestaltungsverfahren hat der Proband demgegenüber Zeit, sich auf sein Inneres zu konzentrieren. Welchen Grad an Entspannung und Versenkung ein Proband bei einem projektiven Test erreicht, wird von seiner Bereitschaft bzw. Abwehr, der Haltung des Untersuchers und von der äußeren Situation beeinflusst. Die Spannbreite reicht von der auf die optische Dimension beschränkten Visualisierung bis zur Imagination im engeren Sinn, der »Umsetzung von Erlebnisinhalten in psychische Vorstellungen von sinnlicher und real anmutender Qualität« (Ullmann 2012, 23), die gedankliche und bildhafte Vorstellungen, motivationale und körperliche Zustände und ihre Interaktionen umfassen.

Eine entspannte und reizarme Situation, in der die Einflüsse der Außenwelt zurücktreten, ein wohlwollendes Beziehungsklima ohne Leistungsanspruch und die entsprechende Instruktion schränken die kognitive Kontrolle ein und fördern unter günstigen Umständen die Induktion eines leichten Trancezustandes. Der Zugang zu unbewussten Inhalten und primärprozesshaften Vorgängen wird so erleichtert. Die Aufmerksamkeit verschiebt sich mehr oder weniger vom Wachbewusstsein (Sekundärprozess) weg auf den Primärprozess hin, wodurch die zugehörigen Prozesse wie Verschiebung, Verdichtung, assoziatives Verknüpfen und Symbolisierung aktiviert werden.

Sekundärprozess (Bewusstsein, Ich und Über-Ich, Realitätsbezug, kortikale Kognition, Planung und Kontrolle) und Primärprozess (Unbewusstes, Es, subkortikale Affekte, Assoziationen, Triebimpulse, Lustprinzip) sind keine Gegensätze, sondern stellen ein Kontinuum dar. Stigler und Pokorny (2008, 295) charakterisieren Primärprozess (PP) und Sekundärprozess (SP) wie folgt (kursiv im Original):