TEXT+KRITIK. Zeitschrift für Literatur. SONDERBAND
Begründet von Heinz Ludwig Arnold
Redaktion:
Hannah Arnold, Steffen Martus, Axel Ruckaberle, Michael Scheffel,
Claudia Stockinger und Michael Töteberg
Leitung der Redaktion: Hermann Korte
Tuckermannweg 10, 37085 Göttingen,
Telefon: (0551) 5 61 53, Telefax: (0551) 5 71 96
Print ISBN 978-3-86916-763-3
E-ISBN 978-3-86916-765-7
Umschlaggestaltung: Thomas Scheer
Umschlagabbildung: Das Titelbild zeigt die Buchhandlung für gelesene Literatur von Fred Leist in der Arminiusmarkthalle in Berlin/Moabit – wir danken ihm für seine Unterstützung!
E-Book-Umsetzung: Datagroup int. SRL, Timisoara
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
© edition text + kritik im Richard Boorberg Verlag GmbH & Co KG, München 2018
Levelingstraße 6a, 81673 München
www.etk-muenchen.de
Steffen Martus / Carlos Spoerhase
Gelesene Literatur in der Gegenwart
Bestsellererwartungen
Christian Adam
»Nach zwei Jahren spricht von diesem Buch kein Mensch mehr«. Kurzer Ruhm und langes Leben zwischen Bestsellerliste und Longsellerdasein
Caspar Hirschi
Große Männerbücher. Annäherungen an das historische »Crossover Book«
Mark-Georg Dehrmann
»Auf nach Barcelona«! Dan Browns Leser und der Referenzeffekt
Jürgen Kaube / Sandra Kegel
»Dem Nicht-Leser entgeht ja noch mehr als Proust«. Jürgen Kaube und Sandra Kegel im Gespräch mit Steffen Martus und Carlos Spoerhase
Literatur jenseits des Buches
Philipp Böttcher
Gelesener Gesang. Lyrics im Zeichen des Medienwandels
Claudia Stockinger
»Das All dort draußen zeigt uns, wer wir sind«. Die Leseuniversen der Groschenhefte
Charlotte Kurbjuhn
Zwischen Naturkunden und Nerd-Ecke. Gelesene Literatur in Graphic Novels
Digitale Leselust
Ute Schneider
Bücher zeigen und Leseatmosphären inszenieren – vom Habitus enthusiastischer Leserinnen und Leser
Erika Thomalla
Bücheremphase. Populäre Literaturkritik und Social Reading im Netz
Stephan Porombka
Auf der Suche nach den neuen Bewegungsfiguren. Über das Lesen im Netz
Agenten der Popularität
Tobias Amslinger
Max Frischs Roman »Homo faber« in der Backlist des Suhrkamp Verlags – zur Geschichte eines Longsellers
Alexander Nebrig
Aller Länder Leserschaft. Verlage zwischen internationaler Lizenzvergabe und Weltrechten
Michael Schikowski
Leseexemplar. Bemerkungen zur sprechenden Literaturkritik im Buchhandel
Christoph Jürgensen
Kino für Leser. Zur Inszenierung von Autorschaft in Buchtrailern
Jens-Christian Rabe
Allgemeinplatzhirsche: Über Bestsellerkritik
Die ewige Jugend des Lesens
Julia Benner
Kindheitslektüren. Von vorgelesener und vielgelesener Kinder- und Jugendliteratur
Kai Kauffmann
Wissen für junge Leser? »Percy Jacksons« Mythologie
Tilman Spreckelsen
Ein Blick in den Spiegel. Grimms Märchen als Inspiration für Cornelia Funke, Henning Ahrens und Karen Duve
Lesemoral der Gegenwart
Jörg Döring
Der viel gelesene Redner. Navid Kermani und die Deutschen
Julika Griem
Lebenszeit und Lesezeit. Konkurrierende Zeit-Regime am Beispiel von dicken Gegenwartsromanen
Thomas Steinfeld
Die Kraft des Einen. David Foster Wallace, die Selbstoptimierungsindustrie und das Verhängnis der Kontingenz
Notizen
Gelesene Literatur
Populäre Lektüre im Medienwandel
Herausgegeben von
Steffen Martus und Carlos Spoerhase
Bisher sind in der Reihe TEXT+KRITIK erschienen:
Günter Grass
(1) 7. Aufl., 138 Seiten
Hans Henny Jahnn
(2/3) vergriffen
Georg Trakl
(4/4a) 4. Aufl., 123 Seiten
Günter Eich
(5) vergriffen
Ingeborg Bachmann
(6) 5. Aufl., 207 Seiten
Andreas Gryphius
(7/8) 2. Aufl., 130 Seiten
Politische Lyrik
(9/9a) 3. Aufl., 111 Seiten
Hermann Hesse
(10/11) 2. Aufl., 132 Seiten
Robert Walser
(12/12a) 4. Aufl., 216 Seiten
Alfred Döblin
(13/14) 200 Seiten
Henry James
(15/16) vergriffen
Cesare Pavese
(17) vergriffen
Heinrich Heine
(18/19) 4. Aufl., 203 Seiten
Arno Schmidt
(20/20a) 4. Aufl., 221 Seiten
Robert Musil
(21/22) 3. Aufl., 179 Seiten
Nelly Sachs
(23) 3. Aufl, 126 Seiten
Peter Handke
(24) 6. Aufl., 141 Seiten
Konkrete Poesie I
(25) vergriffen
Lessing contra Goeze
(26/27) vergriffen
Elias Canetti
(28) 4. Aufl., 177 Seiten
Kurt Tucholsky
(29) 3. Aufl., 103 Seiten
Konkrete Poesie II
(30) vergriffen
Walter Benjamin
(31/32) 3. Aufl., 232 Seiten
Heinrich Böll
(33) 3. Aufl., 156 Seiten
Wolfgang Koeppen
(34) 2. Aufl., 112 Seiten
Kurt Schwitters
(35/36) vergriffen
Peter Weiss
(37) vergriffen
Anna Seghers
(38) vergriffen
Georg Lukács
(39/40) 90 Seiten
Martin Walser
(41/42) 3. Aufl., 156 Seiten
Thomas Bernhard
(43) 4. Aufl., 288 Seiten
Gottfried Benn
(44) 3. Aufl., 223 Seiten
Max von der Grün
(45) vergriffen
Christa Wolf
(46) 5. Aufl., 151 Seiten
Max Frisch
(47/48) 4. Aufl., 217 Seiten
H. M. Enzensberger
(49) 3. Aufl., 164 Seiten
Friedrich Dürrenmatt I
(50/51) 3. Aufl., 245 Seiten
Siegfried Lenz
(52) 2. Aufl., 88 Seiten
Paul Celan
(53/54) 3. Aufl., 185 Seiten
Volker Braun
(55) 65 Seiten
Friedrich Dürrenmatt II
(56) vergriffen
Franz Xaver Kroetz
(57) vergriffen
Rolf Hochhuth
(58) 67 Seiten
Wolfgang Bauer
(59) 53 Seiten
Franz Mon
(60) 80 Seiten
Alfred Andersch
(61/62) vergriffen
Ital. Neorealismus
(63) vergriffen
Marieluise Fleißer
(64) 95 Seiten
Uwe Johnson
(65/66) 2. Aufl., 212 Seiten
Egon Erwin Kisch
(67) 63 Seiten
Siegfried Kracauer
(68) 90 Seiten
Helmut Heißenbüttel
(69/70) 126 Seiten
Rolf Dieter Brinkmann
(71) 102 Seiten
Hubert Fichte
(72) 118 Seiten
Heiner Müller
(73) 2. Aufl., 214 Seiten
Joh. Christian Günther
(74/75) 142 Seiten
Ernst Weiß
(76) 88 Seiten
Karl Krolow
(77) 95 Seiten
Walter Mehring
(78) 83 Seiten
Lion Feuchtwanger
(79/80) 148 Seiten
Botho Strauß
(81) 166 Seiten
Erich Arendt
(82/83) 155 Seiten
Friederike Mayröcker
(84) 98 Seiten
Alexander Kluge
(85/86) 155 Seiten
Carl Sternheim
(87) 112 Seiten
Dieter Wellershoff
(88) 116 Seiten
Wolfgang Hildesheimer
(89/90) 141 Seiten
Erich Fried
(91) 2. Aufl., 119 Seiten
Hans/Jean Arp
(92) 119 Seiten
Klaus Mann
(93/94) 141 Seiten
Carl Einstein
(95) vergriffen
Ernst Meister
(96) 98 Seiten
Peter Rühmkorf
(97) 94 Seiten
Herbert Marcuse
(98) 123 Seiten
Jean Améry
(99) 85 Seiten
Über Literaturkritik
(100) 112 Seiten
Sarah Kirsch
(101) 104 Seiten
B. Traven
(102) 100 Seiten
Rainer Werner Fassbinder
(103) 2. Aufl., 153 Seiten
Arnold Zweig
(104) 105 Seiten
Ernst Jünger
(105/106) 167 Seiten
Eckhard Henscheid
(107) vergriffen
MachtApparatLiteratur. Literatur und › Stalinismus ‹
(108) 100 Seiten
Günter Kunert
(109) 95 Seiten
Paul Nizon
(110) 99 Seiten
Christoph Hein
(111) vergriffen
Brigitte Kronauer
(112) 91 Seiten
Vom gegenwärtigen Zustand der deutschen Literatur
(113) vergriffen
Georg Christoph Lichtenberg
(114) 91 Seiten
Günther Anders
(115) 103 Seiten
Jurek Becker
(116) vergriffen
Elfriede Jelinek
(117) 3. Aufl., 127 Seiten
Karl Philipp Moritz
(118/119) 142 Seiten
Feinderklärung
Literatur und Staatssicherheitsdienst
(120) 117 Seiten
Arno Holz
(121) 129 Seiten
Else Lasker-Schüler
(122) 102 Seiten
Wolfgang Hilbig
(123) 99 Seiten
Literaten und Krieg
(124) 112 Seiten
Hans Joachim Schädlich
(125) 97 Seiten
Johann Gottfried Seume
(126) 116 Seiten
Günter de Bruyn
(127) 109 Seiten
Gerhard Roth
(128) 102 Seiten
Ernst Jandl
(129) 113 Seiten
Adolph Freiherr Knigge
(130) 107 Seiten
Frank Wedekind
(131/132) 185 Seiten
George Tabori
(133) 106 Seiten
Stefan Schütz
(134) 93 Seiten
Ludwig Harig
(135) 91 Seiten
Robert Gernhardt
(136) 121 Seiten
Peter Waterhouse
(137) 98 Seiten
Arthur Schnitzler
(138/139) 174 Seiten
Urs Widmer
(140) 94 Seiten
Hermann Lenz
(141) 104 Seiten
Gerhart Hauptmann
(142) 117 Seiten
Aktualität der Romantik
(143) 100 Seiten
Literatur und Holocaust
(144) 97 Seiten
Tankred Dorst
(145) 99 Seiten
J. M. R. Lenz
(146) 97 Seiten
Thomas Kling
(147) 122 Seiten
Joachim Ringelnatz
(148) 115 Seiten
Erich Maria Remarque
(149) 104 Seiten
Heimito von Doderer
(150) 113 Seiten
Johann Peter Hebel
(151) 109 Seiten
Digitale Literatur
(152) 137 Seiten
Durs Grünbein
(153) 93 Seiten
Barock
(154) 124 Seiten
Herta Müller
(155) 105 Seiten
Veza Canetti
(156) 111 Seiten
Peter Huchel
(157) 98 Seiten
W. G. Sebald
(158) 119 Seiten
Jürgen Becker
(159) 130 Seiten
Adalbert Stifter
(160) 115 Seiten
Ludwig Hohl
(161) 111 Seiten
Wilhelm Genazino
(162) 108 Seiten
H. G. Adler
(163) 115 Seiten
Marlene Streeruwitz
(164) 92 Seiten
Johannes Bobrowski
(165) 113 Seiten
Hannah Arendt
(166/167) 198 Seiten
Stefan George
(168) 124 Seiten
Walter Kempowski
(169) 107 Seiten
Nicolas Born
(170) 125 Seiten
Junge Lyrik
(171) 119 Seiten
Wilhelm Raabe
(172) 114 Seiten
Benutzte Lyrik
(173) 116 Seiten
Robert Schindel
(174) 100 Seiten
Ilse Aichinger
(175) 117 Seiten
Raoul Schrott
(176) 104 Seiten
Daniel Kehlmann
(177) 91 Seiten
Jeremias Gotthelf
(178/179) 149 Seiten
Juden.Bilder
(180) 126 Seiten
Georges-Arthur Goldschmidt
(181) 94 Seiten
Grete Weil
(182) 115 Seiten
Irmgard Keun
(183) 109 Seiten
Carlfriedrich Claus
(184) 141 Seiten
Hans Jürgen von der Wense
(185) 129 Seiten
Oskar Pastior
(186) 108 Seiten
Helmut Krausser
(187) 117 Seiten
Joseph Zoderer
(188) 100 Seiten
Reinhard Jirgl
(189) 107 Seiten
Rainald Goetz
(190) 117 Seiten
Yoko Tawada
(191/192) 171 Seiten
Ingo Schulze
(193) 100 Seiten
Thomas Brasch
(194) 101 Seiten
Uwe Timm
(195) 95 Seiten
Literatur und Hörbuch
(196) 101 Seiten
Friedrich Christian Delius
(197) 97 Seiten
Gerhard Falkner
(198) 102 Seiten
Peter Kurzeck
(199) 97 Seiten
Hans Fallada
(200) 109 Seiten
Ulrike Draesner
(201) 101 Seiten
Franz Fühmann
(202/203) 179 Seiten
Sibylle Lewitscharoff
(204) 104 Seiten
Ulrich Holbein
(205) 101 Seiten
Ernst Augustin
(206) 98 Seiten
Felicitas Hoppe
(207) 93 Seiten
Angela Krauß
(208) 105 Seiten
Kuno Raeber
(209) 106 Seiten
Jan Wagner
(210) 103 Seiten
Emine Sevgi Özdamar
(211) 99 Seiten
Christian Dietrich Grabbe
(212) 108 Seiten
Kurt Drawert
(213) 106 Seiten
Elke Erb
(214) 109 Seiten
Wolf Wondratschek
(215) 103 Seiten
Christian Kracht
(216) 104 Seiten
Navid Kermani
(217) 95 Seiten
Marcel Beyer
(218/219) 178 Seiten
Christoph Ransmayr
(220) 91 Seiten
Terézia Mora
(221) 100 Seiten
Sonderbände
Theodor W. Adorno
2. Aufl., 196 Seiten
Die andere Sprache. Neue DDR-Literatur der 80er Jahre
258 Seiten
Ansichten und Auskünfte zur deutschen Literatur nach 1945
189 Seiten
Aufbruch ins 20. Jahrhundert
Über Avantgarden
312 Seiten
Ingeborg Bachmann
vergriffen
Bestandsaufnahme Gegenwartsliteratur
vergriffen
Ernst Bloch
305 Seiten
Rudolf Borchardt
276 Seiten
Bertolt Brecht I
2. Aufl., 172 Seiten
Bertolt Brecht II
2. Aufl., 228 Seiten
Georg Büchner I/II
2. Aufl., 479 Seiten
Georg Büchner III
315 Seiten
Comics, Mangas,
Graphic Novels
272 Seiten
DDR-Literatur
der neunziger Jahre
218 Seiten
Theodor Fontane
2. Aufl., 273 Seiten
Gelesene Literatur
283 Seiten
Johann Wolfgang
von Goethe
363 Seiten
Oskar Maria Graf
224 Seiten
Graphic Novels
330 Seiten
Grimmelshausen
285 Seiten
Die Gruppe 47
3. Aufl., 353 Seiten
E. T. A. Hoffmann
213 Seiten
Friedrich Hölderlin
295 Seiten
Homer und die deutsche Literatur
303 Seiten
Jean Paul
3. Aufl., 309 Seiten
Franz Kafka
2. Aufl., 359 Seiten
Heinrich von Kleist
237 Seiten
Friedrich Gottlieb Klopstock
129 Seiten
Karl Kraus
vergriffen
Kriminalfallgeschichten
237 Seiten
Literarische Kanonbildung
372 Seiten
Literatur in der DDR. Rückblicke
307 Seiten
Literatur in der Schweiz
262 Seiten
Literatur und Migration
285 Seiten
Lyrik des 20. Jahrhunderts
300 Seiten
Martin Luther
265 Seiten
Heinrich Mann
4. Aufl., 180 Seiten
Thomas Mann
2. Aufl., 265 Seiten
Karl May
299 Seiten
Moses Mendelssohn
204 Seiten
Österreichische Gegenwartsliteratur
326 Seiten
Poetik des
Gegenwartsromans
213 Seiten
Pop-Literatur
328 Seiten
Joseph Roth
2. Aufl., 166 Seiten
Friedrich Schiller
171 Seiten
Theater fürs 21. Jahrhundert
238 Seiten
Versuchte Rekonstruktion –
Die Securitate und Oskar Pastior
140 Seiten
Visuelle Poesie
224 Seiten
Zukunft der Literatur
204 Seiten
Notizen
Dr. Christian Adam, Leiter des Fachbereichs Publikationen beim Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr in Potsdam. Zuletzt erschien: »Der Traum vom Jahre Null. Autoren, Bestseller, Leser. Die Neuordnung der Bücherwelt in Ost und West nach 1945« (2016).
Dr. Tobias Amslinger, Promotion an der Humboldt-Universität zu Berlin; seit 2016 Leiter des Max-Frisch-Archivs an der ETH-Bibliothek in Zürich. Zuletzt erschienen: »›Leben mit einer Dünndruckausgabe?‹. Max Frischs ›Gesammelte Werke in zeitlicher Folge‹ bei Suhrkamp«, in: IASL Bd. 43, H. 1 (2018), »Verlagsautorschaft. Enzensberger und Suhrkamp« (2018).
Dr. Julia Benner, Juniorprofessorin für Neuere deutsche Literatur / Kinder- und Jugendliteratur und -medien am Institut für deutsche Literatur der Humboldt-Universität zu Berlin; Promotion im Fach Komparatistik an der Georg-August-Universität Göttingen mit einer Dissertation zum Thema »Federkrieg. Kinder- und Jugendliteratur gegen den Nationalsozialismus (1933–1945)«; Redaktionsmitglied der Fachzeitschrift »kjl&m«; Arbeitsschwerpunkte: Kinder- und Jugendliteratur und -medien des 20. und 21. Jahrhunderts, Konstruktionen von Kindheit und Jugend, Intersektionalität, politisch engagierte Literatur und Exilliteratur.
Dr. Philipp Böttcher, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für deutsche Literatur der Humboldt-Universität zu Berlin. Er publizierte u. a. zu Walter Kempowski, Peter Rühmkorf, Thomas Kling und Ludwig Tieck. Zuletzt erschien: »Gustav Freytag – Konstellationen des Realismus« (2018).
Dr. Mark-Georg Dehrmann, Professor für Neuere deutsche Literatur mit komparatistischem Schwerpunkt an der Humboldt-Universität zu Berlin. Sein Forschungsinteresse gilt insbesondere den Beziehungen zwischen Literatur und Geisteswissenschaften, v. a. den philologisch-historischen Wissenschaften, außerdem der Gattung des Epos vom Altertum bis in die Gegenwart sowie den Prozessen transnationalen Kulturtransfers vom 18. Jahrhundert bis in die Klassische Moderne. Zuletzt erschienen u. a.: »Studierte Dichter. Zum Spannungsverhältnis von Dichtung und philologisch-historischen Wissenschaften im 19. Jahrhundert« (2015), Aufsätze zur internationalen Faust-Rezeption sowie (hg. mit Albrecht Hausmann) ein hochschulpolitisches Heft (2/2018: »Prekär. Berichte, Positionen und Konzepte zur Lage des germanistischen ›Mittelbaus‹«) der »Mitteilungen des Deutschen Germanistenverbandes«.
Dr. Jörg Döring, Universitätsprofessor für Neuere deutsche Philologie, Medien- und Kulturwissenschaft an der Universität Siegen. Zuletzt erschienen: »rowohlts deutsche enzyklopädie: Wissenschaft im Taschenbuch 1955–68« (hg. mit Sonja Lewandowski und David Oels, 2017), »Peter Handke beschimpft die Gruppe 47« (2018).
Dr. Julika Griem, Professorin für anglistische Literaturwissenschaft an der Universität Duisburg-Essen und Leiterin des Kulturwissenschaftlichen Instituts Essen (KWI). In ihrer wissenschaftlichen Arbeit beschäftigt sie sich mit Literatur-, Erzähl- und Gattungstheorie, mit Gegenwartsliteraturforschung und den Möglichkeiten einer kultursoziologischen Erweiterung von Literaturwissenschaft und Philologie.
Dr. Caspar Hirschi, Professor für Geschichte an der Universität St. Gallen. Er studierte an den Universitäten Fribourg und Tübingen und lehrte an der Universität Cambridge und an der ETH Zürich. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehört das Verhältnis zwischen Wissenschaft und Politik von 1700 bis heute. Zu diesem Thema erschien die Monografie »Skandalexperten, Expertenskandale. Zur Geschichte eines Gegenwartsproblems« (2018).
Dr. Christoph Jürgensen, Privatdozent und Akademischer Oberrat a.Z. für Neuere deutsche Literaturgeschichte und Allgemeine Literaturwissenschaft an der Bergischen Universität Wuppertal; Promotion 2005, Habilitation 2017. Zuletzt erschienen: »Schnitzler-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung« (hg. mit Wolfgang Lukas und Michael Scheffel, 2014), »Younger than yesterday – 1967 als ›Schaltjahr‹ des Pop« (hg. mit Gerhard Kaiser und Antonius Weixler, 2017), »Gedichte von Jan Wagner. Interpretationen« (hg. mit Sonja Klimek, 2017), »Federkrieger – Autorschaft im Zeichen der Befreiungskriege« (2018).
Jürgen Kaube, einer der vier Herausgeber der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« und zuständig für das Feuilleton. Er ist Lehrbeauftragter im Bereich »Neuere Deutsche Literaturwissenschaft« am Germanistischen Seminar der Universität Heidelberg, außerdem Herausgeber und Autor von Sachbüchern. Zuletzt erschienen: »Im Reformhaus. Zur Krise des Bildungssystems« (2015), »Die Anfänge von Allem« (2017), »Lob des Fußballs« (2018).
Dr. Kai Kauffmann, Professor für Germanistische Literaturwissenschaft an der Universität Bielefeld. Als letztes Buch erschien 2014 die Biografie »Stefan George«; 2018 gab er die Kindheitschronik »Leonhard«, das literarische Hauptwerk seines Großvaters Fritz Alexander Kauffmann, neu heraus.
Sandra Kegel, seit 1999 Redakteurin der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, seit 2008 im dortigen Ressort für Literatur und literarisches Leben. Sie studierte deutsche und französische Literatur in Frankfurt/Main, Aix-en-Provence und Wien und war u. a. Mitglied der Jury des Ingeborg-Bachmann-Preises. Sie wurde ausgezeichnet mit dem Ravensburger Medienpreis.
Dr. Charlotte Kurbjuhn, Studium der Neueren deutschen Literatur, Lateinischen Philologie und Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft in Heidelberg, Basel, Paris und Berlin; Promotion 2010 zur Geschichte der ästhetischen Denkfigur ›Kontur‹. Seit 2012 Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Humboldt-Universität zu Berlin, 2017–2019 Vertretungsprofessur ebenda. Veröffentlichungen zur deutschen Literatur des 18. bis 21. Jahrhunderts, besonders zum Verhältnis von Literatur und bildender Kunst.
Dr. Steffen Martus, studierte Germanistik, Philosophie und Soziologie an der Universität Regensburg und arbeitet als Professor für Neuere deutsche Literatur an der Humboldt-Universität zu Berlin. 2015 wurde er mit dem Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preis ausgezeichnet. Aktuelle Forschungsschwerpunkte: Ästhetik der Lyrik im 18. Jahrhundert, Geschichte der Gegenwartsliteratur, Praxeologie der Geisteswissenschaften. Veröffentlichungen u. a.: »Werkpolitik. Zur Literaturgeschichte kritischer Kommunikation vom 17. bis ins 20. Jahrhundert mit Studien zu Klopstock, Tieck, Goethe und George« (2007), »Die Brüder Grimm. Eine Biographie« (4. Aufl., 2013), »Aufklärung. Das deutsche 18. Jahrhundert – ein Epochenbild« (2. Aufl., 2015).
Dr. Alexander Nebrig, studierte Germanistik, Romanistik und Slavistik in Freiburg, Bordeaux und Berlin; er wurde mit einer übersetzungsgeschichtlichen Arbeit zur Aufklärung und Romantik 2006 an der Ludwig-Maximilians-Universität München promoviert und habilitierte sich 2012 mit einer Studie zum Verhältnis von Poesie und Philologie in der Klassischen Moderne an der Humboldt-Universität zu Berlin. Anschließend vertrat er Professuren in Heidelberg, Lausanne und Mainz und war Gastforscher an der École normale supérieure in Paris (rue d’Ulm). Er ist Professor für Neuere Deutsche Literaturwissenschaft an der Universität Düsseldorf, aktuell untersucht er die Internationalisierung der deutschsprachigen Literatur seit der Durchsetzung des Urheberrechts.
Dr. Stephan Porombka, studierte Germanistik, Politikwissenschaft und Theaterwissenschaften an der Freien Universität Berlin, Promotion 1999; bis 2003 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der FU Berlin und wissenschaftlicher Assistent an der Humboldt-Universität zu Berlin, danach Inhaber der Juniorprofessur für Literaturwissenschaft und Kulturjournalismus an der Universität Hildesheim, die 2007 in eine Universitätsprofessur für Literatur und Kulturjournalismus überging; mit Hanns-Josef Ortheil Leitung des Studiengangs »Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus«; von 2007 bis 2011 Vizepräsident der Universität Hildesheim, zuerst für Lehre, dann für Forschung; seit 2013 Professor für Texttheorie und Textgestaltung an der Universität der Künste Berlin. Seine Forschungsschwerpunkte sind Literatur und Journalismus, Sachbuchforschung, angewandte Literaturwissenschaften, literarische Kreativität und die nächsten Schrift- und Schreibkulturen.
Jens-Christian Rabe, hat sein Studium an der Ludwig-Maximilians-Universität München mit einer Arbeit zu »Moral und Recht bei Kant« bei Henning Ottmann abgeschlossen und arbeitet seit 2007 im Feuilleton der »Süddeutschen Zeitung«. Dort versucht er als Literatur- und Popkritiker herauszubekommen, ob es stimmt, wie Adorno einmal schrieb, dass sich der Schwachsinn des Ganzen aus lauter gesundem Menschenverstand zusammensetzt – oder ob es womöglich nicht doch genau umgekehrt ist. Im Suhrkamp Verlag erschienen bislang Essays über Slavoj Zizek (»Philosophie als Telesport«, 2011) und den Hass auf den Hipster (»Gegenwärtigkeit als Phantasma«, 2012).
Michael Schikowski, ist für Verlage und Buchhandlungen tätig; studierte Germanistik und Philosophie; Mitherausgeber von »NON FIKTION – Arsenal der anderen Gattungen«; Lehraufträge an der Universität Bonn (Non Fiktion) und der Universität Düsseldorf (Buchkultur); er betreibt den Blog: www.immerschoensachlich.de.
Dr. Ute Schneider, studierte Buchwissenschaft, Germanistik und Soziologie, promovierte 1994 (»Friedrich Nicolais Allgemeine Deutsche Bibliothek als Integrationsmedium der Gelehrtenrepublik«, 1995) und habilitierte sich 2001. Sie ist Hochschuldozentin am Institut für Buchwissenschaft der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und Herausgeberin von »Imprimatur. Ein Jahrbuch für Bücherfreunde« (2002 ff.). Zuletzt erschienen: »Eine Disziplin und ihre Verleger. Disziplinenkultur und Publikationswesen der Mathematik in Deutschland, 1871–1949« (mit Volker R. Remmert, 2010), »Lesen. Ein interdisziplinäres Handbuch« (hg., 2015), »Klassiker der Sachliteratur. Eine Anthologie vom späten 18. bis zum frühen 20. Jahrhundert« (hg. mit Christian Meierhofer und Michael Sarkowski, 2016).
Dr. Carlos Spoerhase, studierte Deutsche Literatur, Philosophie sowie Politische Theorie und Ideengeschichte; gegenwärtig ist er Professor für Germanistische Literaturwissenschaft an der Universität Bielefeld. Er schreibt regelmäßig für das Feuilleton der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« und der »Süddeutschen Zeitung«. Jüngere Publikationen: »Politik der Form: Autosoziobiografie als Gesellschaftsanalyse«, in: »Merkur. Deutsche Zeitschrift für europäisches Denken« 71 (2017), S. 27–37, »Das Format der Literatur. Praktiken materieller Textualität zwischen 1740 und 1830« (2018).
Dr. Tilman Spreckelsen, wurde in Freiburg mit einer Arbeit zu Androiden im Werk Karl Immermanns promoviert; seit 2001 ist er Redakteur der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung«. Er erzählte Artusepen, ausgewählte Isländersagas und das finnische Kalevala nach. Zuletzt erschien von ihm »Der Held im Pardelfell« nach dem georgischen Versepos des Schota Rustaweli (2018).
Thomas Steinfeld, Journalist, Literaturkritiker, Übersetzer und Schriftsteller; seit 2001 ist er leitenden Redakteur im Feuilleton der »Süddeutschen Zeitung«, seit Frühjahr 2006 Titularprofessor für Kulturwissenschaften an der Universität Luzern. Seit Januar 2007 leitete er gemeinsam mit Andrian Kreye das Feuilleton der »Süddeutschen Zeitung«, seit Januar 2014 ist er außerdem deren Korrespondent in Venedig.
Dr. Claudia Stockinger, studierte Germanistik, Geschichte und Philosophie an der Universität Regensburg, arbeitete von 2002 bis 2017 als Professorin für Deutsche Philologie / Literaturwissenschaft (Neuere deutsche Literatur) an der Georg-August-Universität Göttingen und lehrt jetzt an der Humboldt-Universität zu Berlin. Veröffentlichungen u. a.: »Das dramatische Werk Fouqués. Ein Beitrag zur Geschichte des romantischen Dramas« (2000), »Das 19. Jahrhundert. Zeitalter des Realismus« (2010), »Karl Philipp Moritz: Sämtliche Werke. Kritische und kommentierte Ausgabe«, Bd. 11: »Denkwürdigkeiten« (2013), »Föderalismus in Serie. Die Einheit der ARD-Reihe Tatort im historischen Verlauf« (2014, mit Christian Hißnauer und Stefan Scherer), »An den Ursprüngen populärer Serialität. Das Familienblatt ›Die Gartenlaube‹« (2018).
Erika Thomalla, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für neuere deutsche Literatur der Humboldt-Universität zu Berlin. Forschungsschwerpunkte: Neuere deutsche Literatur vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart, Geschichte der Herausgeberschaft, Praxeologie der Literaturwissenschaft, Literaturwissenschaftliche Netzwerkforschung. Publikationen u. a.: »Die Erfindung des Dichterbundes. Die Medienpraktiken des Göttinger Hains« (2018).
Steffen Martus / Carlos Spoerhase
Steckt das Lesen in der Krise? Bejaht wird diese beunruhigende Frage von einer vieldiskutierten Studie, die die Gesellschaft für Konsumforschung im Auftrag des Börsenvereins des deutschen Buchhandels erstellt und im Sommer 2018 unter dem Titel »Buchkäufer – Quo vadis?« der Öffentlichkeit vorgestellt hat. Die Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass heute immer mehr Erwachsene, die über eine stabile Lesebiografie verfügen, in der Mitte des Lebens den Kontakt zum literarischen Medium Buch vollständig verlieren – und überhaupt keine Bücher mehr kaufen. Einige Indizien weisen darauf hin, dass nicht nur der Bucherwerb, sondern auch die Lektüre davon betroffen ist. Die Gründe für diese ökonomische Krise, die als Lesekrise der Gruppe der 20- bis 50-Jährigen gedeutet wird, sind vielfältig. Sie reichen, wie die Feuilleton-Debatte im Anschluss an die Studie hervorgehoben hat, von der Ablenkung durch Smartphones bis zur Konkurrenz durch Streamingportale.1 Das sinkende Interesse am Buch in der Konkurrenz mit neuen Medien hat demzufolge erhebliche soziale Effekte. Literatur büßt ihren kommunikativen Stellenwert ein. Das alltägliche Gespräch über Bücher und Bücherlesen sei fast verschwunden, weil man permanent auf die nächste Nachricht aus der WhatsApp-Gruppe warte oder sich mit Freunden und Bekannten beim Abendessen lieber über die gerade angesagte Netflix-Serie austausche.2
Befindet sich das Buch als traditionelles literarisches Medium also vor allem in Konkurrenz zu allen digitalen Angeboten und verliert dadurch an Bedeutung? Der Medienwissenschaftler Jim Collins hat sich mit dieser Frage schon vor beinahe zehn Jahren auseinandergesetzt und den Krisenerzählungen damals eine alternative Diagnose entgegengehalten.3 Collins beobachtete Literatur als Teil der »Popular Culture« und fragte danach, wie große Leseerfolge in der Postmoderne zustande kommen – und zwar Erfolge von Autoren wie etwa Toni Morrison, Margaret Atwood oder Cormac McCarthy, die nicht unter Trivialitätsverdacht stehen. Diese Schriftsteller verfügen über einen Markennamen, der auf eine beeindruckende Popularität hinweist, auch wenn dies aus »Highbrow«-Perspektive suspekt erscheinen mag. Ihre Bekanntheit resultiert nicht aus der Konkurrenz, sondern aus dem Zusammenwirken des alten Mediums Buch mit neuen Medien, vor allem mit Film und Fernsehen. In Deutschland scheinen die Zeiten vorbei zu sein, in denen das »Literarische Quartett« oder Elke Heidenreichs »Lesen« für Massenerfolge gesorgt haben. In den USA darf ein Verlag die Auflagenhöhe gewaltig nach oben schrauben, wenn eines seiner Bücher in »Oprah Winfrey’s Book Club« empfohlen wird. Stehen also im aktuellen Medienverbund einige traditionelle Formen des Lesens vor allem deswegen auf dem Spiel, weil sich das Leseverhalten, die Leseorte, Leserituale und die entsprechenden Bewertungsmuster verändern, ohne dass das Lesen selbst deswegen in die Krise gerät?
Eine wesentliche Beobachtung von Collins besteht darin, dass die Lektüre gerade unter digitalen Bedingungen von einer vornehmlich privaten, einsamen Erfahrung zu einer sozialen Aktivität geworden sei, der neue Formen von Buchclubs, Fernsehsendungen, Internetforen und Konsumpraktiken entsprechen. Muss man also nur an den richtigen Stellen suchen, um die kommunikative Relevanz von Literatur wiederzufinden? Auf Literatur lässt sich demnach in mannigfaltiger Gestalt und Dosierung zugreifen. Aber selbst wenn Collins’ Beschreibung für den US-amerikanischen Buchmarkt stimmt: Inwieweit lassen sich seine Diagnosen verallgemeinern? Und könnte sich die friedliche Koexistenz und wechselseitige Beförderung von alten und neuen Medien langfristig – wie die aktuelle Studie des Börsenvereins nahelegt – doch als Wunschtraum erweisen?
Grundsätzlich wird von den in der »Quo vadis«-Studie befragten Nicht-Lesern die unentwegte Zerstreuung durch einen von digitalen Medien geprägten Alltag für die Entfremdung vom Medium Buch verantwortlich gemacht. Interessant ist an der Studie aber nicht nur diese Krisendiagnose, sondern auch die dort von den Befragten artikulierte kulturelle Erwartungshaltung an das Buch. Die Leistungen des Buchmediums werden nämlich gerade von den Nicht-Lesern äußerst positiv bewertet: Das Buch sei im Grunde das Lösungsmedium für die Probleme der modernen digitalen Welt. Es biete in der hektischen Gegenwart die ersehnte »Entschleunigung«.4 Die Vorstellung, dass es sich beim Buch um ein eskapistisches Medium handelt, das von der alltägliche Hektik zu flüchten erlaubt, antwortet paradoxerweise auf die beklagte digitale »Zerstreuung« (»ständig abgelenkt« sein)5 mit der Sehnsucht nach buchförmiger »Zerstreuung« (»Ablenkung«).6 Das Buch wird letztlich als buchförmige Ablenkung von der alltäglichen digitalen Ablenkung verstanden. Das gegenwärtige Lektüre- und Konsumverhalten passt mithin nicht zur Hoffnung auf Erlösung von all den Belastungen der Moderne und Postmoderne, die sich an einem sentimental-romantischen Verständnis von Kultur und Selbstsorge orientiert.
Ähnlich paradox wirkt aus dem Blickwinkel der »Quo vadis«-Studie das Verhältnis des Buchs zu den auf Streamingportalen laufenden Serien, deren enormer Publikumserfolg das einst für die Lektüre freigebliebene Zeitpensum zunehmend schmälert. So versichert die Studie einerseits nachdrücklich, dass das Buch ein Medium sei, das ganz anders als Serien funktioniere und deshalb nicht in Gefahr wäre, von dem steigenden Serienkonsum substituiert zu werden. Andererseits empfiehlt die Studie den Verlagen, Bücher idealerweise wie erfolgreiche Serien zu konstruieren, das heißt »Bücher-Serien« zu kreieren, »Binge-Reading« zu forcieren und mit »Socializing« die Lektüre zu unterstützen.7 Auch wird empfohlen, analog zu den aus dem Serienbereich bekannten Trailern »kleine gedruckte Teaser-Heftchen«8 beziehungsweise kurze »Leseproben« von Neuerscheinungen zu verbreiten.9
Aber gibt es das alles nicht schon längst? Welche Literatur ist hier eigentlich gemeint? Und müsste die Frage möglicherweise weniger lauten, wie der endzeitliche Kampf zwischen dem Literaturmedium ›Buch‹ und den neuen Medien und Medienangeboten erfolgreich zugunsten der Gutenberg-Galaxis gewendet werden kann, sondern was es bedeutet, dass Literatur ein Teil der digitalen Populärkultur geworden ist? Die »Quo vadis«-Studie nennt jedenfalls keine konkreten Titel, aber sie zeigt wenigstens einige Buchcover: »Fifty Shades of Grey« und »Harry Potter«. Aufschlussreich ist das insofern, als das Ausbleiben von Bücher-Hypes, wie sie von diesen beiden Buchserien verursacht wurden, häufig dafür verantwortlich gemacht wird, dass die Beschäftigung mit dem Buch an Breitenwirksamkeit verloren hat. Und um diese Breitenwirksamkeit geht es in der Studie in erster Linie. Die inhaltliche und intellektuelle Qualität der verkauften Bücher kümmert die Untersuchung dagegen ausdrücklich nicht, wie sich auch an der folgenden Empfehlung erkennen lässt: »›Leichtere‹ Literatur in Schule einführen [sic], nicht mit Faust o. a. abschrecken«.10 Könnte aber nicht der Rückgang der Buchlektüre auch mit einem breiten Rückgang der normativen Bindung zu tun haben, die vormals in der Schule und möglicherweise gerade durch die »Faust«-Lektüre hergestellt wurde?
Was es genau für Bücher sind, die heute nicht mehr gelesen werden, bleibt in der Studie also unklar. Die schon vor langer Zeit angemahnte »Verbraucherpoetik« ist noch immer ein Desiderat.11 Vielleicht ist das kein Zufall, denn in der abstrakten Version kann sich jeder Leser der Studie seine liebsten Bücher als bedrohte Gattung vorstellen. Der Fantasy-Fiction-Fan kann das Desinteresse an seiner Drachenwelt befürchten, der Buchhändler wird sich über das Ausbleiben einer neuen »Harry-Potter«-Euphorie ärgern, der Hobbykoch bangt um den Nachschub an neuen Rezeptbüchern, das Feuilleton mag schließlich den mangelnden Erfolg von anspruchsvollen Erzählungen beklagen. Sobald also inhaltlich gefüllt würde, was genau mit ›Buch‹ jeweils gemeint ist, würde sich eine geschmackliche und gesellschaftliche Diversifizierung ereignen. Dies zeigt auch ein Blick auf die enorm heterogenen Lektüreneigungen, die die Beststellerlisten dokumentieren: Verkaufserfolg lässt sich offenkundig nicht auf eine allgemeingültige Formel bringen.12 Der kleinste gemeinsame Nenner, der »Bestseller-Code«, taugt nicht als Rezept für das Verfassen eines konkreten Buchs. Polemisch verkürzt zeigt die Big-Data-Recherche nach Gemeinsamkeiten lediglich, dass junge starke Frauen häufig gut ankommen, dass Sex weniger wichtig ist als unverfängliche Formen menschlicher Nähe, dass Hunde in Erfolgsromanen eine größere Rolle spielen als Katzen, kurze Kapitel von Vorteil sind und bestimmte Spannungsbögen den Leser eher bei der Stange halten als andere.13
Jede Konkretisierung macht also sofort klar, dass in der ausgerufenen Lektürekrise von vollkommen verschiedenen Lesergruppen gesprochen wird – und dass ein Werk, das für den einen zum ewigen Vorrat der deutschen Literatur gehört, für den anderen gerne bis an das Ende aller Tage ganz ungelesen bleiben kann. Auf Seiten der Produktion kann ein Leseerfolg nicht geplant und herbeigeführt, sondern durch Marketing und gute Platzierung allenfalls unterstützt werden; die Eigenschaften eines erfolgreichen Buchprodukts lassen sich nur vage am Mittelschichtengeschmack ausrichten; und bei den Rezipienten genügen schlichte Rezepte der Bedürfnisbefriedigung offenbar nicht, um Leser für ein Buch zu gewinnen.14 Steckt die Buchlektüre heute in der Krise? Solange die Krisendiagnose nicht inhaltlich gefüllt wird, lässt sich diese Frage nicht seriös beantworten. Solange wir nicht genau wissen, welche Bücher heute gelesen und nicht mehr gelesen werden, lässt sich auf die Krisendiagnose der Studie nur mit weiteren Fragen antworten: Welche Literatur? Welche Lektüre?
Gerade der kulturkritische Blick auf das krisenhafte Lesen bezieht sich meist nur auf kleine Ausschnitte der publizierten Literatur und auf ausgewählte Aspekte literarischer Lektürepraktiken. Blickt man dagegen auf die Gegenwartsliteratur in ihrer Pluralität – also auf die Vielfalt unterschiedlicher Gattungen (vom Lyrikband bis zum Kochbuch), geografischer Verbreitungen (Lokal- oder Welterfolge), temporaler Dimensionen (Fast- oder Longseller) oder sozialer Reichweiten – so kann man erkennen, dass auch heute sehr viel gelesen wird. Und dass es sehr unterschiedliche Gründe für den Verkaufserfolg gibt: Im Mai 2018 wurde beispielsweise Frank Schätzings mit enormem Marketingaufwand vertriebener Thriller »Die Tyrannei der Schmetterlinge« im amazon-Verkaufsranking mühelos von einer »Erste Hilfe«-Broschüre zur »Datenschutzgrundverordnung« überholt. Der Präsident des Bayerischen Landesamts für Datenschutzaufsicht, das die Broschüre verantwortete, gab zu Protokoll, es fühle sich sehr gut an, einen Bestseller geschrieben zu haben, bemerkte jedoch zur Erleichterung seiner Konkurrenten auf dem Buchmarkt auch: »Momentan ist nicht geplant, einen weiteren Bestseller zu schreiben.«15
Ganz anders verhält es sich mit dem Überraschungserfolg von Patrick Mayers Roman »Freedom – Die Schmahamas-Verschwörung«, der im Wesentlichen auf die Fangemeinde des Autors zurückgeht: Unter dem Pseudonym Paluten betreibt Mayer einen erfolgreichen YouTube-Kanal mit derzeit rund 2,9 Millionen Abonnenten. Hier also befeuert die digitale Medienprominenz den Buchverkauf. Das gilt im Prinzip auch für Carolin Bendel, und doch lassen sich die Fälle offenkundig nicht wirklich gut in eine Kategorie sortieren: Nachdem ihre Romane von Verlagen reihenweise abgelehnt wurden, brachte Bendel ihre Footballspieler-Romane als Poppy J. Anderson auf der Internetplattform »Kindle Direkt Publishing« in Eigenregie heraus und verkaufte als erste deutsche Selfpublisherin über eine Million E-Books – mittlerweile publiziert sie bei Bastei Lübbe und Rowohlt auch Bücher.
Man mag über diese Leseerfolge ebenso die Nase rümpfen wie über die historischen Romane von Rebecca Gablé, deren Auflagenhöhe bei über vier Millionen Büchern liegt, Sabine Eberts Serie über das Leben der fränkischen Hebamme Marthe, deren fünfter und letzter Teil mit einer Startauflage von 220 000 Exemplaren auf den Markt kam, oder Sebastian Fitzeks Psycho-Thriller, die in 24 Sprachen übersetzt wurden. Viel gelesene Bücher gibt es aber in allen Sparten und auf allen Anspruchsniveaus. Es werden weiterhin dicke Bücher verschlungen, Romane kommen in astronomisch hohen Erstauflagen auf den Markt und der Lesehunger der Käufer und vor allem der Käuferinnen ist unersättlich.16 Nur muss man anstelle eines »klassischen« Wertesystems mit einem »profan-liberalen« rechnen, das den hochkulturellen Kanon lediglich als eine Offerte unter anderen versteht, mit dem Bedeutungsverlust der alten »Gatekeeper der Kultur« und mit der Eingliederung des Buchs in einen »Produktverbund« diverser Medien.17
Wir verstehen die Frage nach der ›gelesenen Literatur‹ mithin als Reflexionshilfe für all jene literarischen Bereiche, in denen Literatur massenhaft erscheint, wo Popularität und Konsum keine Schimpfwörter sind, wo mit großer Leidenschaft, Regelmäßigkeit und Selbstverständlichkeit gelesen wird und die leicht ins Abseits der literaturhistorischen und -kritischen Wahrnehmung geraten. Gibt es also Formen und Themen, die intensive und extensive Lektürepraktiken heute besonders anregen? Wie werden diese Bücher gelesen, von wem und mit welchen Erwartungen? Handelt es sich um einen Buchmarkt im toten Winkel des anspruchsvollen Feuilletons und der akademischen Gegenwartsliteraturforschung? Wer urteilt über die ›gelesene Literatur‹, wer empfiehlt sie und in welche Kommunikationsformen ist sie eingebettet? In Literaturkritiken, Rezensionsforen, Fünf-Sterne-Bewertungen oder auch nur im Gespräch mit der Arbeitskollegin oder dem Nachbarn? Welche Medienkonzerne richten ihre Geschäftsmodelle, Vertriebsweisen, Herstellungsverfahren oder Gattungssysteme auf Massenlektüre ein? Was oder wer ist überhaupt der Gegenstand von Popularität: das literarische Werk, sein Stoff, die Hauptfigur einer Erzählung oder der charismatische Autor des Buchs? Und welche Rolle spielen dabei die digitalen Medien, die nicht zuletzt den Zugriff auf Lesedaten in einer Weise erlauben, wie dies noch nie zuvor der Fall war?
Besonderes Augenmerk liegt dabei auf den vielfältigen literarischen Praktiken in Medienverbünden. Dass ein bestimmtes Buch zu einem bestimmten Leser findet, ist eine der größten Unwahrscheinlichkeiten. Für solche Begegnungen ist letztlich nicht die individuelle Neigung eines Lesers oder einer Leserin verantwortlich, sondern eine komplexe Infrastruktur, die die Chance zur Begegnung mit einem Buch größer oder geringer macht, die die Neigung zur Lektüre eines Buches mindert oder verstärkt. Zu dieser Infrastruktur zählt ein ganzes Ensemble von pädagogischen Institutionen, von Verlags- und Vermittlungsaktivitäten, von kulturellen Gewohnheiten, medialen Gegebenheiten und vielen weiteren Elementen einer sozialen Praxis. Der Status von ›gelesener Literatur‹ hängt dabei nicht zuletzt von institutionellen Beobachtungsformaten ab. Bestsellerlisten, Publikumspreise und andere Indizien erlauben überhaupt erst zu erkennen, was im Lesepublikum den stärksten Anklang findet, um dadurch wiederum das Interesse anzuregen und zu vermehren.
Bestimmte Literaturgattungen und Publikationsformate werden dabei von den gängigen Listenformaten und Prämierungsverfahren ausgeschlossen. Atlanten, Wörterbücher oder Gesetzestexte haben sich immer schon mehr und länger verkauft als die Bücher, die sich auf den Bestsellerlisten finden.18 Das gilt auch für bestimmte Bereiche der Belletristik. Einige Bücher gelangen schlicht auf alternativen Vertriebswegen zu den Lesern, etwa über Selfpublishing-Plattformen. Auch die 16 Bände der evangelikalen Erfolgsroman-Serie »Left Behind«, deren Bedeutung für die Verbreitung politisch relevanter Endzeiterwartungen nicht unterschätzt werden darf, fliegen unterhalb des literaturkritischen Radars – Jerry Falwell, Präsident der christlichen »Liberty University« in Virginia und prominenter Trump-Anhänger, meinte dazu: »Abgesehen von der Bibel hat wohl kein Buch der Neuzeit größeren Einfluss auf das Christentum ausgeübt.«19 Das dürfte, wie so viele Aussagen in diesem Milieu, übertrieben sein, sollte jedoch ähnliche Phänomene merkwürdig machen.
Wie muss ein Text bemerkt, gekauft, heruntergeladen, besprochen und wahrgenommen werden, damit wir ihn als ›gelesen‹ auffassen können? Helfen uns Schlangen vor den Buchhandlungen und Literaturhäusern weiter? Oder die Anzahl der Fanseiten von Lesern auf Rezensionsplattformen und in sozialen Netzwerken? Ist ›gelesene‹ Literatur diejenige, die am meisten verkauft wird? Wäre dann aber der Hype des Fastsellers zu fokussieren oder der kulturelle Erfolg des Longsellers? Woran ließe sich dieser Erfolg quantitativ bemessen: An der Anzahl der Auflagen? An der Menge der insgesamt verkauften Exemplare? Am Umsatz des Verlages? Am Anteil innerhalb eines bestimmten Marktsegments? Oder an der Fähigkeit, durch den Medienverbund zu vagabundieren und im Buch, aber auch im Hörspiel, Fernsehen, Film, Computerspiel zu erscheinen? Wie stellt sich die Literaturwerbung auf Plakaten, Zeitungsanzeigen oder Buchtrailern auf die multimediale Realität ›gelesener‹ Literatur ein? Welche Formate erscheinen einer weiten Verbreitung von Lesestoffen förderlich? Das dünne Arztroman-Heftchen? Die populäre Taschenbuchreihe? Oder E-Book-Formate, die verdecken, dass man gerade in »Fifty Shades of Grey«-Phantasien schwelgt? Lässt sich ein aussagekräftiger Zusammenhang herstellen zwischen bestimmten Formatmerkmalen und der Wahrscheinlichkeit, dass ein in diesem Format zirkulierender literarischer Text häufig bemerkt, gekauft, gelesen, besprochen wird? Dies sind einige der Fragen, die in den folgenden Beiträgen diskutiert werden.
Dieser Band widmet sich den vielfältigen Ausprägungen der literarischen Lektüre in der Gegenwart. Dabei kommen an erster Stelle die Bestseller in den Blick: Verlage versuchen zwar, Besteller zu planen. Trotz aller Bemühungen – so Christian Adams Fazit – gelingt es aber nicht vorauszusagen, welche Werke zu vielgelesener Literatur werden. Wenn jedoch ein Werk den Bestsellerstatus errungen hat, lässt es sich damit gut vermarkten, sodass aus der Rückkoppelung weitere Verkaufseffekte resultieren. Caspar Hirschi untersucht in seinem Essay die Bestseller im Bereich Sachbuch: Bemerkenswert sind hier die Erfolge in der historischen Abteilung. In diesem Bereich herrscht ein Genre vor, das Hirschi als das »Große Männerbuch« charakterisiert. Von diesen von Männern für Männer geschriebenen und von großen Männern handelnden Büchern versprechen sich die Verlage einen großen Umsatz.
Anhand einer Studie zu »The Da Vinci Code«, einem der weltweit meistverkauften Romane der letzten Jahrzehnte, zeigt Mark-Georg Dehrmann, mit welchen Strategien dieses Blockbuster-Buch arbeitet: Es setzt auf die Wirkung seiner »Referenzeffekte«, um die Leser an sich zu binden. Der Bestseller verdankt seinen Erfolg also dem geschickten Spiel mit dem Verhältnis von Fiktionalität und Faktualität – mithin der Tatsache, dass auch Sachbücher zum Themenfeld von »The Da Vinci Code« sehr viel gelesen werden. Welchen Stellenwert haben aber Beststeller im Feuilleton? In einem Interview sprechen Jürgen Kaube und Sandra Kegel über den Status der viel gelesenen Literatur, über die Konsequenzen aus der »Quo vadis«-Studie und darüber, welche Funktionen Bücher und Buchlektüre für unsere Kultur und Gesellschaft haben.
Zur vielgelesenen Literatur gehören in der Gegenwart aber nicht nur Romane. Philip Böttcher verfolgt das enorme Interesse an Lyrics, die heute meist weder in Buchform noch überhaupt gedruckt vorliegen, sondern frei im Netz zirkulieren. Auch Claudia Stockinger untersucht am Beispiel der Groschenhefte eine faszinierende Form von Massenlektüre jenseits des Buchs, die sich nach eigenen Regeln und Gesetzen richtet und erstaunliche, überaus anspruchsvolle Lektüreleistungen provoziert. Charlotte Kurbjuhn hebt in ihrem Essay über die Formenvielfalt der Graphic Novel schließlich hervor, wie sehr eine ausschließliche Aufmerksamkeit für Texte bei der Beobachtung von gelesener Gegenwartsliteratur in die Irre führt: Gelesene Literatur ist heute sehr häufig bildlich vermittelte Literatur.
Ohne das Internet stünde es schlecht um die Lektüre. Das zeigt jedenfalls die von Ute Schneider untersuchte digitale Inszenierung des Buchs, das bislang gerade kein Leitmedium der Populärkultur gewesen ist. Bestimmte beliebte Bildformeln wie die Kombination von Buch und Bett, Buch und Katze oder der »Stapel der ungelesenen Bücher« (»Sub«) dienen der Darstellung einer ebenso intimen wie exzessiven Buchlektüre. Während Erika Thomallas Analyse von Literaturkritik auf Social-reading-Plattformen auf bemerkenswerte konservative und literaturhistorisch vertraute Verfahren des Lesens, der Beurteilung und Kanonisierung stößt, betont Stephan Porombka, dass Lesen zu einer zentralen Praxis in den sozialen Netzwerken geworden und im Sinne von ›Mögen‹, ›Empfehlen‹, ›Kommentieren‹ und ›Weiterverbreiten‹ selbst zu einem aktiven Modus der Kulturproduktion avanciert ist. Das Netz wird aber nicht nur von Lesern zur digitalen Inszenierungen ihrer Buchleidenschaft genutzt, sondern bietet auch Verlagen und Schriftstellern eine Fülle von virtuos realisierten Möglichkeiten zur Selbstdarstellung, etwa in den von Christoph Jürgensen untersuchten Buchtrailern und Vorlesevideos.
Verlage haben ihre eigenen Strategien, viel gelesene Bücher zu noch mehr gelesenen Büchern zu machen. Der geschickte Einsatz der Backlist, den Tobias Amslinger am Beispiel des Suhrkamp-Erfolgs von Max Frischs »Homo Faber« beschreibt, ist dabei ein wesentlicher Faktor. Gerade der globale Erfolg eines Titels stellt das Verlagswesen vor ganz eigene Herausforderungen: Alexander Nebrig beschreibt vor allem die juristischen Problemstellungen, vor denen ein globalisiertes Verlagswesens heute steht, wenn es einen Megabestseller für ein weltweites Lesepublikum vermarkten will. Michael Schikowski erinnert daran, dass die Literatur nicht nur von den Buchkäufern gelesen werden will, sondern zunächst von den Verlagsvertretern, dadurch vermittelt von Buchhändlern – und dann erst von der weiten Welt der Leseöffentlichkeit. Bis ein Buch zu vielgelesener Literatur wird, müssen es sehr viele Personen schon gelesen und für gut befunden haben, noch bevor das erste Exemplar verkauft worden ist. Auf anderen Wegen gelangt das Buch in die Redaktionen des Feuilletons. Auch wenn die Literaturkritik ihren Bedeutungsverlust beklagt: Neben den Social-Media-Plattformen wird Aufmerksamkeit für Bücher weiterhin in den Kulturteilen der überregionalen Zeitungen gestiftet. Wie die Literaturkritik den Buchmarkt beobachten und Erfolgsliteratur besprechen sollte, diskutiert Jens-Christian Rabe in seinem Essay. Er zeigt, wie Erfolgsbücher ihr Publikum finden und welche Strategien das Feuilleton anwenden müsste, um Bestseller als Symptome einer kulturellen Konstellation der Gegenwart zu verstehen.20