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Wyatt Earp
– 199 –

Kopfgeldjäger

William Mark

Impressum:

Epub-Version © 2019 KELTER MEDIA GmbH & Co. KG, Sonninstraße 24 - 28, 20097 Hamburg. Geschäftsführer: Patrick Melchert

Originalausgabe: © KELTER MEDIA GmbH & Co.KG, Hamburg.

Internet: https://ebooks.kelter.de/

E-mail: info@keltermedia.de

Dargestellte Personen auf den Titelbildern stehen mit dem Roman in keinem Zusammenhang.

ISBN: 978-3-74095-031-6

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Es war düster in der Schenke. Fahles Morgenlicht fiel durch die verhangenen und ohnehin unsauberen Fenster in den Schankraum.

Drüben an der Theke lehnten zwei Männer. Der eine trug einen graukarierten Anzug aus englischem Stoff, einen Californiahut, hatte ein blässliches Gesicht und unter der Nase einen gezwirbelten schwarzen Schnurrbart. Seine Augen hatten etwas Lauerndes an sich.

Dieser Mann war der neununddrei­ßig­­jährige »Unternehmer« Roger Aslan. Er stammte aus Greeley, einer Stadt, die etwa zweiundvierzig Meilen nördlich von Denver lag. Das Leben, das hinter dem Herrn Unternehmer lag, war reichlich abenteuerlich. Und ganz sicher hätte Aslan es nicht gern vor den Leuten hier in Pueblo ausgebreitet gewusst. Er betrieb hier seit etwa sieben Jahren ein Unternehmen, in dem es alles und gar nichts gab. Es hieß, er handele mit Pferden, aber niemals sah man welche auf seinem Hof. Dann hieß es wieder, er habe große Besitzungen im Crowley-County. Und ein andermal wussten die Leute wieder zu berichten, dass er mit Getreide handele. Was jedenfalls feststand, war, dass er Geld besaß. Denn ihm gehörte hier ein großes Haus mit mehreren Anbauten und außerdem noch die St.-Louis-Bar.

Der Mann, der neben ihm stand, war etwas kleiner als er, hatte einen breiten untersetzten Körper und einen massigen Schädel, der halslos auf seinem Rumpf saß. Das Gesicht hatte etwas Bullenbeißerhaftes an sich. Die Augen lagen über großen Tränensäcken und schienen ständig zu triefen. Der Mann war etwa fünfunddreißig Jahre alt und hatte seine beharrten Fäuste jetzt auf dem durchlöcherten Blech der Theke liegen: Halman Jopers. Er war ein Trader. Das heißt, auch er nannte sich nur so, denn in Wirklichkeit war er ein Gesetzloser wie sein Freund Aslan, mit dem er hier an der Theke lehnte. Die beiden Männer waren vor einer halben Stunde hier eingetroffen und blickten mit finsteren Gesichtern vor sich hin.

Nach einer Weile griff Aslan in eine Tasche seiner ebenfalls graukarierten Weste und nahm eine große silberne Uhr heraus, ließ den Deckel springen und warf einen prüfenden Blick auf das Zifferblatt. Dann hob er den Kopf und blickte auf das vergilbte, von Tausenden von Fliegen beschmutzte Zifferblatt der großen Schankhausuhr.

»Er muss jeden Augenblick kommen.«

»Bin neugierig«, entgegnete der andere mürrisch.

»Warte nur ab. Wenn du ihn siehst, weißt du, dass nichts schiefgehen kann.«

»Ich an deiner Stelle wäre weniger zuversichtlich«, entgegnete Jopers.

Der »Unternehmer« aber wischte sich mit dem Handrücken über den Bart und zwirbelte die Enden dann hoch.

In diesem Augenblick war draußen auf der Straße der Hufschlag eines Pferdes zu hören.

Aslan hob nur wieder den Kopf und blickte zur Uhr, nickte dann zufrieden und meinte:

»Er kommt auf die Minute.«

Der Hufschlag war verklungen, und man hörte den sporenklirrenden schweren Tritt eines Mannes auf der Treppe und gleich darauf auf den Vorbaudielen.

Die beiden sehr langen durchbrochenen Arme der Schwingtür wurden so derb auseinandergestoßen, dass sie hinten gegen die holzverschalte Wand schlugen.

Im Rahmen der Tür stand ein herkulisch gebauter Mensch von sicher 1,95 m Größe mit massigen Schultern und schweren Armen. Nur der Schädel wollte nicht recht zu seinem Körperbau passen; der war unverhältnismäßig klein.

Der Mann warf einen riesigen Schatten in den Raum und suchte, seine Augen an den Halbdämmer, der hier in der Schenke herrschte, zu gewöhnen.

Dann rief er: »Aslan?!«

Der »Unternehmer« dachte jedoch nicht daran, sich umzudrehen.

»Yeah, Horric«, entgegnete er, »komm nur herein.«

Dave Horric kam mit schwerem, stampfendem, o-beinigem Schritt durch die Tischreihen auf die Theke zu und blieb neben Aslan stehen.

»Also, ich bin da«, sagte er nur.

Jetzt erst wandte der »Unternehmer« den Kopf und blickte ihn von oben bis unten an.

Auch Hal Jopers, der »Trader«, unterzog den Ankömmling einer eingehenden Musterung.

Horric trug einen grauen Stetsonhut, der alt und mit starken Schweißrändern besetzt war. Außerdem war er zu groß für seinen kleinen Schädel und schien nur von den abstehenden Ohren festgehalten zu werden. Das ergab den Eindruck, als ob der Hut fast auf den Schultern säße.

Er trug ein verwaschen-blaues Hemd, ein gelbes schmieriges Halstuch und eine braune abgewetzte Lederweste. Die Hose saß sehr tief und wurde von einem Strick gehalten. Ebenfalls an einem Strick hing über dem rechten Oberschenkel ein schwerer Peacemaker, Revolver vom Kaliber vierundvierzig. Dieses war eine sehr praktische Waffe, da die Munition, die man in ihr verwenden konnte, auch für die meisten Winches­tergewehre passte.

Die Hosen Horrics waren aus gestreiftem derbem Stoff, und die Knie beulten sich weit nach vorne aus.

Er machte einen wenig angenehmen Eindruck, der riesige Dave S. Horric aus dem Denvervorort Aurora. Vor neunundzwanzig Jahren hatte er oben am Rand der Hauptstadt Colorados als unehelicher Sohn einer Wäscherin das Licht dieser grauen Welt erblickt, die bisher niemals für ihn auch nur die gerings­te Spur von Sonnenschein aufgewiesen hatte. Die Sonne, die da wirklich am blauen Coloradohimmel schien, hatte für ihn keine Bedeutung. Sein Leben war bisher in Düsternis und in dem Grau verlaufen, das schon seiner Jugend anhaftete. Kaum der Schule entwachsen, hatte er sich in den Sattel eines gestohlenen Pferdes gesetzt und war seither auf dem großen Grauen Trail geblieben. Vermöge seines übernatürlichen Körperwuchses und seiner enormen Kraft war er bald als Schläger weithin gefürchtet. Der Pferdediebstahl geriet in Vergessenheit, und er konnte in seine Heimat zurückkehren. Jahrelang herrschte er in einer großen Kneipe in Denver als Rausschmeißer und bekam dann, als der Salooner erschossen wurde, von dem nächsten Besitzer den Laufpass. Seitdem trieb er sich in der Stadt herum und war für jedermann bereit, der einen Schläger brauchte.

Aber auch als Revolverschütze war der lange Horric sehr gefürchtet. Er verstand es, den Colt, der da vorne in dem Strickhalfter hing, sehr viel schneller aus dem Halfter zu bringen, als man es ihm jemals zugetraut hätte.

Seit einigen Monaten hielt er sich hier in Pueblo auf, wo eine Schwester von ihm wohnte. Der Mann seiner Schwes­ter war ein fleißiger Arbeiter und schätzte den herumstromernden Schwager, der ganz offensichtlich ein Tramp war, nicht allzu sehr.

Dafür aber gab es in der Stadt einige andere Leute, die den langen Horric durchaus zu schätzen wussten.

Zu ihnen gehörte Roger Aslan. Er hatte ihm am vergangenen Abend einen Boten geschickt.

Horric stützte jetzt den linken Ellbogen auf die Theke und kniff das linke Auge ein, was seinem Gesicht einen unangenehm pfiffigen Ausdruck verlieh.

»Wie sieht’s zunächst mit einem Drink aus, Aslan?«

Der »Unternehmer«, der es nicht allzu gern hörte, wenn man bei der Anrede an ihn den Mister vergaß, hüstelte gekünstelt und schob sich die weinrote Seidenschleife zurecht, fuhr sich mit dem Handrücken der Linken über sein glattrasiertes Kinn und entgegnete, wobei er die linke Augenbraue hoch in die Stirn schob: »Wir wollen zur Sache kommen, Horric. Sie wissen, um was es sich handelt.«

»Keine Ahnung.«

»Aha, hm, dann muss ich es Ihnen wohl sagen.«

Wieder zupfte er sich die Krawatte zurecht, fuhr sich erneut mit der Hand unter dem Kinn entlang und ließ die Augenbraue bis unter den Hutrand emporschnellen.

»Dieses Land ist reich an Sternschleppern und anderen nutzlosen Leuten. Männer, die sich mutig für die Freiheit einsetzen, gibt es leider wenige …«

»Was sollen die Umschweife«, krächzte der Riese, »kommen Sie zur Sache, Aslan.«

»Wieder hatte der »Unternehmer« es schwer, den vergessenen Mister zu schlucken.

»All right, einer der bedeutendsten Männer, die für die Freiheit kämpfen und sich mutig gegen jeden Sternschlepper einsetzen, ist ohne Zweifel …«

»Sprechen Sie etwa von Clay Allison?«, fragte ihn der Schläger plötzlich.

Aslan ließ wieder die Braune hochzucken und lächelte dann maliziös.

»Sie haben es erraten, Horric.«

Das Gesicht des Riesen verfinsterte sich sofort.

»Wenn Sie darauf anspielen wollen, dass er von Wyatt Earp in Caryn gestellt und eingesperrt worden sei, so muss ich Ihnen sagen, dass ich schon davon gehört habe, es aber nicht glaube.«

Verblüfft blickten die beiden »Unternehmer« ihn an.

»Woher wissen Sie denn das?«

»Ich habe es heute Morgen von einem reisenden Kesselhändler gehört, der von unten aus dem Süden kam.«

Die beiden Gauner wechselten einen kurzen Blick miteinander. Dann meinte Aslan:

»Well, dann sind Sie ja im Bilde.«

»Was denn«, meinte der Riese polternd, »Sie wollen doch nicht behaupten, dass Clay wirklich im Jail sitzt?«

»Es ist so. Sie können sich darauf verlassen.«

»Aber das ist doch unmöglich.«

Der Hüne ließ seine gewaltige Faust auf die Thekenplatte fallen, dass die Gläser hochsprangen und aneinander klirrten.

»Ich kann mir nicht vorstellen, dass das wirklich stimmt.«

»Es ist so. Und deshalb haben wir Sie kommen lassen.«

»Wir? Aha«, meinte Horric, während er an Aslan vorbeisah und jetzt den untersetzten Jopers musterte. »Das ist doch Hal Jopers, nicht wahr?«

Der »Trader« nickte und hatte plötzlich eine steile Falte zwischen den Brauen.

»Mach nicht so viel Umstände, Roger«, fuhr er seinen Freund Aslan an. »Sag ihm endlich, worum es geht.«

»Das finde ich auch«, krächzte Horric. »Ich habe schließlich meine Zeit nicht gestohlen.«

Und damit machte er den nutzlosen Versuch, die viel zu kurze Hose höher zu ziehen.

Aslan hüstelte noch einmal, nahm seine Uhr aus der Tasche, blickte aufs Zifferblatt, ließ den Deckel wieder zuschnappen und schob sie in die Tasche zurück.

»All right, kommen wir zur Sache. Es geht darum, dass wir uns von den Sternschleppern nicht kommandieren lassen wollen. Wenn es so weitergeht, dann werden Leute wie Wyatt Earp bald dieses Land beherrschen und …«

Da stieß Jopers seinen Partner ungeduldig mit dem Ellbogen in die Rippen.

»Hör auf. Es reicht mir. Sag ihm, was du von ihm willst.«

Horric hatte jetzt den Hut nach oben geschoben, was zur Folge hatte, dass man seine fliehende Stirn sehen konnte, auf der das Haar tief und voll nach unten wucherte.

»Ich bin wirklich neugierig. Schießen Sie endlich los, sonst wird das Bier hier warm.«

Aslan hüstelte wieder und sagte dann in gestelztem Ton:

»Es ist klar, dass es unsere Pflicht ist, einen Mann wie Clay Allison aus der Tinte zu holen.«

Horric nickte nur.

Dann fuhr Aslan fort: »Und da sind wir natürlich zunächst auf Sie verfallen. Denn der Mann, der das in die Hand nimmt, muss über die entsprechenden Qualitäten verfügen.«

Der Hinweis, dass man bei ihm Qualitäten vermutete, ließ den Riesen sich aufrichten und seine mächtige Brust mit Luft aufpumpen.

»Spucken Sie endlich aus, Aslan.«

»Gut, es ist also Folgendes: unser Plan läuft dahin, dass …«

Da stieß Jopers seinen Partner erneut ungeduldig mit dem Ellbogen in die Rippen und schob sich jetzt vor ihn.

»Passen Sie auf, Horric. Wir spucken vierhundertfünfzig aus, wenn Sie Clay rausholen.«

Der Riese kniff das linke Auge ein, wobei sein linker Eckzahn sichtbar wurde, der gelb, lang und ungepflegt war.

»Für vierhundertfünfzig huste ich nicht mal, Mister«, entgegnete er schroff.

»All right«, schnappte Aslan, »wir hatten ohnehin an fünfhundert gedacht. Aber darüber hinaus ist nichts mehr drin.«

Horric schob seine riesige Pranke nach vorn.

Sofort griff Aslan in die Tasche, nahm ein Lederetui heraus, dem er ein Bündel Geldscheine entnahm, das er dem Riesen auf die Hand klatschte.

Ohne nachgezählt zu haben, schob Horric es in die Tasche.

Dann stand ein gewisses Grinsen in seinem Gesicht.

»Eigentlich wären die Moneten überflüssig gewesen. Es ist eine Ehrensache für mich, Clay Allsion aus dem Laden da drüben rauszuholen. Ich hätte es auf jeden Fall getan. Bisher wusste ich ja nur nicht, wo er war.«

Wütend starrte Aslan ihn an. Aber er beherrschte sich.

»Well, dann erwarten wir in Kürze eine Nachricht von Ihnen.«

Der Riese, der sich damit verabschiedet sah, griff nach der Flasche, die vor Aslan stand, zog ein Glas heran, kippte es zur Hälfte voll und goß sich den Inhalt in seine Kehle, gurgelte damit und schluckte den braunen Stoff schließlich hinunter.

Dann zog er sich den Hut in die Stirn, wandte sich um und stampfte hinaus.

Sekunden später hörte man den Hufschlag seines Pferdes.

Er hatte es plötzlich offensichtlich eilig. Denn es konnte ja immerhin möglich sein, dass es einem anderen Mann vom Grauen Trail gelang, ihm zuvorzukommen. Dann war er nach den ungeschriebenen Gesetzen des Westens verpflichtet, die fünfhundert Bucks wieder an Aslan und Jopers auszuspucken.

Mit verhängten Zügeln sprengte der Riese auf einem gewaltigen grauen Wallach südwärts.

*

Etwa sieben Meilen südwestlich von Caryn lag in einer Mulde, nur aus allernächster Nähe erkennbar, die winzige Ansiedlung Dobsty.

Ehemals ein altes Settlement, das vor einem halben Jahrhundert von zwei Trappern gegründet worden war, und heute nichts weiter als ein Überbleibsel aus dieser Zeit, das nicht einmal Poststation war und nur von einem winzigen Fahrweg berührt wurde.

Die sieben Häuser sahen so aus, als wollten sie jeden Augenblick in sich zusammensinken. Ihre Besitzer, die im Laufe weniger Jahre ständig gewechselt hatten, dachten nicht daran, etwas für sie zu tun.

Neben der kleinen Schmiede stand ein Haus, das besonders baufällig wirkte und von den beiden Nachbarhäusern regelrecht gehalten zu werden schien. Es war glücklicherweise nur eingeschossig, sonst wäre es sicher längst in sich zusammengebrochen. Dass es jedoch größer schien, lag nur an der Fassade, die man, wie bei so vielen Häusern in den Westernstädten, auf dem unteren Geschosssockel aufgebaut hatte, um das Haus wuchtiger und bedeutungsvoller erscheinen zu lassen. Irgendwann hatte sogar einmal oben jemand Fenster aufgesetzt, deren Läden jedoch niemals geöffnet wurden, da hinter ihnen der blaue Himmel war.

Vorn in der muffigen Stube, deren Fenstervorhänge trotz der Vormittagsstunde noch zugezogen war, hockte ein Mann am Tisch und starrte auf seine Hände, die vor ihm lagen.

Neben diesen Händen stand eine Whiskyflasche.

Der Mann war hager, groß, hatte ein bleiches, knöchernes, kränklich wirkendes Gesicht und ein schwarzes Augenpaar, das dunkel umflort war.

Der Mann wirkte wie Anfang vierzig und war doch erst Ende der Zwanzig. Er hatte einen schmalen Schädel, ein längliches Gesicht, einen langen Hals und hängende Schultern. Der schwarze Anzug war sehr abgetragen, und das Hemd war wohl seit Wochen nicht mehr gewaschen worden. Die Hosenbeine ausgebeult. Aber der Revolver, der tief über seinem Oberschenkel im blanken Halfter steckte, war sauber gepflegt und schien nagelneu zu sein.

Die Hände des Mannes lagen völlig ruhig da. Und doch starrte er gebannt darauf, um sie zu beobachten. Sie zitterten nicht im geringsten.

Und dennoch hatte der Whisky, den er neben sich gestellt hatte, einen wahren Tornado in ihm ausgelöst.

Joe Capman war ein Trinker.

Ein schwerer Alkoholiker sogar.

Er stammte nicht hier aus Dobsty, sondern etwa vierzig Meilen weiter nördlich aus Manitou Springs, das ungefähr sechs Meilen westlich von Colorado Springs lag.

Das Leben, das hinter dem Revolvermann Capman lag, war keineswegs abenteuerlich. Im Gegenteil. Es war betrüblich düster gewesen. Schon in seinem siebten Lebensjahr waren beide Eltern bei einem Überfall auf die kleine Bank in der Stadt erschossen worden. Der Junge wurde nach Cascade Falls, etwa fünf Meilen weiter nordwestlich, zu der Schwester seiner Mutter gebracht und war dort in eine richtige Hölle gekommen. Diese Frau war ein übles Weib, das selbst sieben Kinder hatte. Sie schlug auf den Jungen, den sie wegen der Erbschaft, die sie damit zu machen gedachte, ausdrücklich hatte haben wollen, ständig ein.

Als er dreizehn geworden war, hatte er die Tante eines Tages vor rasender Wut so stark gewürgt, dass ihr Mann ihn so schwer zusammenschlug, dass er tagelang nicht aufstehen konnte.

Als er dann wieder auf den Beinen stand, hatte er das Haus verlassen und war geflüchtet. Quer durch das Land, mit einem gestohlenen Pferd, hinauf nach Denver. Da aber hatte ihn ein Hilfssheriff gestellt.

Unseligerweise hatte Capman eine Waffe bei sich gehabt und auch versucht, von ihr Gebrauch zu machen. Das war straferschwerend für ihn gewesen. Der Richter hatte ihn in eine Besserungsanstalt gesteckt, in der Jugendliche untergebracht wurden, die elternlos waren.

Aber auch hier flüchtete er und trieb sich vier Jahre in den Bergen herum, wo er eine Zeitlang bei den Holzfällern war, ohne mit ihnen zu arbeiten, und dann auch bei den Pelztierjägern.

Das einzige, was er gelernt hatte, als er dann in die Ebene zurück kam, war der Gebrauch des Revolvers.

Joseph Capman war ein gefährlicher Revolvermann geworden.

Und rücksichtslos machte er von der Schusswaffe Gebrauch, sobald er sich nur irgendwie bedroht fühlte.

Und was schlimmer war: