Angaben zum Buch

Höhlenjagd in den westlichen Gebirgen

Friedrich Gerstäcker

Wildwest-Erzählung


Herausgeber:

Jürgen Müller

Straße des Friedens 11

09509 Pockau-Lengefeld

Deutschland


Es wird keine gewöhnliche Bärenjagd für den jungen Deutschen Werner und den Indianer Tessakeh in Arkansas entlegener Prärie. Die Gefahren mehren sich. Doch einmal eingedrungen in die enge, finstere und teils wassergefüllte unterirdische Höhle, gibt es kein Umkehren mehr für sie …

Korrektur gelesen und in neuer deutscher Rechtschreibung.


Friedrich Gerstäcker lebte von 1816 bis 1872. Bereits 1837 reiste er für sechs Jahre nach Amerika und führte das abenteuerliche Leben eines Jägers in der Wildnis. Seine Erlebnisse brachte er, nach Deutschland zurückgekehrt, erfolgreich zu Papier.


Jürgen Müller wurde 1960 geboren. Er lebt in Pockau-Lengefeld, einer kleinen Stadt im Erzgebirge. Nebenberuflich arbeitet er als Herausgeber und Korrekturleser von E-Books (Abenteuerverlag Pockau) sowie als An- und Verkäufer von Gebrauchtbüchern (Bücherstube Pockau). Er schreibt seit seinem 14. Lebensjahr.


Höhlenjagd in den westlichen Gebirgen

An einem klaren, bitterkalten Nachmittag des Monats Februar, als die Sonne, von dünnen Nebelschleiern umzogen, nicht Kraft genug hatte, die aus den nordwestlichen Prärien herüberwehende schneidende Luft zu mildern und selbst an den fließenden Wassern ein starker Eisrand hing – etwas in Arkansas sehr Ungewöhnliches –, kletterten an den steilen Abhängen, welche die Quellen des „Spirit creeks“ einschließen, drei Männer über die rauesten und unwegsamsten Stellen hinweg, die in der ganzen Gegend nur gefunden werden konnten. Obgleich oft kurze Strecken offenen, ebenen Bodens vor ihnen lagen, umgingen sie doch stets diese und suchten wieder die schroffsten, wildesten Wände aus, an denen abgebrochene Felsblöcke und toll und bunt durcheinander geworfene Steinmassen ihr Fortschreiten fast zu einer Unmöglichkeit machten.

Die drei Jäger – denn andere Leute konnten in solchem Felschaos nichts zu suchen haben – hielten sich einige hundert Schritt voneinander entfernt, aufmerksam den Boden und die Pflanzen, über dem und an denen sie hingingen, untersuchend, und nur sehr langsam bewegten sie sich vorwärts. Da lenkte plötzlich der Ruf des am tiefsten Dahinkletternden – eines Indianers – (die anderen beiden Jäger waren Weiße) – die Aufmerksamkeit seiner Gefährten dorthin, und sie stiegen auf sein Winken und seine Bewegungen, die ihnen zeigen sollten, dass er etwas gefunden habe, zu ihm hinab, um seine Entdeckung zu untersuchen.

Der Indianer war ein noch junger, rüstiger Mann, etwa dreißig Jahre alt und schlank, aber kräftig gebaut; wenigstens verriet der nackte Arm, den er aus seiner wollenen Decke hervorstreckte, um den anderen das Zeichen zu geben, außerordentlich starke Sehnen und Muskeln. Seine Beine waren mit ledernen Leggins, seine Füße mit Mokassins aus eben dem Stoff bekleidet, sein Jagdhemd aber, aus dünnem, buntfarbigem Kattun leicht zusammengeheftet, wurde eigentlich nur noch durch den Gürtel gehalten, denn in Streifen hing es ihm von den Schultern herunter. Sein Kopf war bloß, und die langen schwarzen Haare flatterten ihm über Stirn und Schläfe herab, auch zeigte sein Gesicht keine der sonst bei seinem Volk gebräuchlichen entstellenden Farben, sondern nur seinen eigenen, kupferfarbenen Teint, aus dem ein Paar feurige Augen kühn hervorblitzten. Auf der linken Schulter lag ihm die lange Büchse, und sein Gürtel hielt unter der Decke Messer, Tomahawk und einen Blechbecher.

Seine beiden Gefährten waren auf ähnliche Art wie er gekleidet, nur trugen sie lederne Jagdhemden, die Decken fest zusammengerollt auf dem Rücken, und der eine von ihnen, ein schlanker, hochgewachsener Mann, dessen blondes Haar den Nordländer verriet, hatte eine rauhaarige, aus dem Fell eines Waschbären roh zusammengeheftete Mütze tief in die Stirn gedrückt, während sein Kamerad, dem eine kurze deutsche Büchse an einem Riemen über die Schultern hing, eine wollene Mütze trug.

An den rauen Weg gewöhnt, sprangen sie mit Leichtigkeit den steilen Abhang von Fels zu Fels hinunter und waren bald an des Indianers Seite, der, als er sah, dass seinem Ruf Folge geleistet wurde, sich fest in seine Decke einhüllend sie erwartete. Als sie aber den Platz, wo er stand, erreichten, streckte er wieder seine Hand aus der Umhüllung hervor und rief, auf den Boden um sich herum und viele abgebissene kleine Büsche zeigend:

„Der Bär liebt den Sassafras, denn er macht ein weiches Lager – wenn das Wetter warm wird, führt eine Fährte von hier nach dem Bach hinunter.“

„Wenn wir’s nicht unter der Zeit vereiteln, Tessakeh!“, rief der schlanke Jäger, indem er aufmerksam die Zeichen, die den nahen Aufenthaltsort eines Bären verrieten, musterte. „Wo steckt aber der schwarze Bursche? Er muss seinen Eingang hier irgendwo in der Nähe haben, und doch sehe ich keine Höhle.“