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Impressum

Zeitschrift für Hochschulentwicklung

Jg. 10 / Nr. 2 (Mai 2015)

E-Learning-Strategien für die Hochschullehre

herausgegeben vom Verein Forum neue Medien in der Lehre Austria Graz, 2015

Herausgeber/innen

Sabine Seufert, Martin Ebner, Michael Kopp & Bettina Schlass

ISBN

9783739269344

Druck und Verlag

Books on Demand GmbH, Norderstedt

Inhalt

Vorwort

Als wissenschaftliches Publikationsorgan des Vereins Forum neue Medien in der Lehre Austria kommt der Zeitschrift für Hochschulentwicklung besondere Bedeutung zu. Zum einen, weil sie aktuelle Themen der Hochschulentwicklung in den Bereichen Studien und Lehre aufgreift und somit als deutschsprachige, vor allem aber auch österreichische Plattform zum Austausch für Wissenschafter/innen, Praktiker/innen, Hochschulentwickler/innen und Hochschuldidaktiker/innen dient. Zum anderen, weil die ZFHE als Open-Access-Zeitschrift konzipiert und daher für alle Interessierten als elektronische Publikation frei und kostenlos verfügbar ist.

2013 verzeichnete das Portal www.zfhe.at durchschnittlich 2.100 Besucher/innen pro Monat. Gleichzeitig hat sich die Zeitschrift mittlerweile einen fixen Platz unter den hundert besten deutschsprachigen Wissenschaftspublikationen laut Google Scholar Metrics gesichert.

Dieser Erfolg ist einerseits dem international besetzten Editorial Board sowie den wechselnden Herausgeberinnen und Herausgebern zu verdanken, die mit viel Engagement dafür sorgen, dass jährlich mindestens vier Ausgaben erscheinen. Andererseits gewährleistet das österreichische Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft durch seine kontinuierliche Förderung das langfristige Bestehen der Zeitschrift. Im Wissen, dass es die Zeitschrift ohne diese finanzielle Unterstützung nicht gäbe, möchten wir uns dafür besonders herzlich bedanken.

Das vorliegende Themenheft der ZFHE ist zugleich Tagungsband für die Tagung „E-Learning Strategien an Hochschulen“ am 5. Mai 2015 an der Universität Salzburg. Darin werden erste Überlegungen zum Thema angestellt, bereits entwickelte und auch umgesetzte E-Learning-Strategien dargestellt sowie deren Vor- und Nachteile diskutiert, zumal technologische Innovationen, neue didaktische Konzepte und nicht zuletzt die Erwartungen der Studierenden eine klare strategische Ausrichtung und Positionierung der Hochschule mit einer entsprechenden Budgetierung erforderlich machen, um den zukünftigen Ansprüchen gerecht zu werden.

Seit der Ausgabe 9/3 ist die ZFHE auch in gedruckter Form erhältlich und beispielsweise über Amazon beziehbar. Als Verein Forum neue Medien in der Lehre Austria freuen wir uns, das Thema „Hochschulentwicklung“ durch diese gelungene Ergänzung zur elektronischen Publikation noch breiter in der wissenschaftlichen Community verankern zu können.

In diesem Sinn wünschen wir Ihnen viel Freude bei der Lektüre der vorliegenden Ausgabe!

Martin Ebner und Stephan Waba

Präsidenten des Vereins Forum neue Medien in der Lehre Austria

Sabine SEUFERT (St. Gallen), Martin EBNER1, Michael KOPP (Graz) & Bettina SCHLASS (Amsterdam)

Editorial: E-Learning-Strategien für die Hochschullehre

1 Wozu E-Learning-Strategien

E-Learning kommt ein wenig in die Jahre. Doch das ist nicht negativ gemeint, sondern im Gegenteil erleben wir heute die Bedeutung der Medien an Hochschulen gänzlich anders als noch um die Jahrtausendwende. Mit dem Aufkommen des Internets und damit verbunden der ersten Informationssysteme um 2000 war die Entwicklung und die Integration von Lernmanagementsystemen im Fokus der Wissenschaftler/innen (SCHULMEISTER, 2001; BAUMGARTNER, HÄFELE & MAIER-HÄFELE, 2002; BÄUMER, MALYS & WOSKO, 2004) sowie der verantwortlichen Hochschulleiter/innen. Niemand konnte prognostizieren, wie sich die digitale Hochschullandschaft im Jahr 2015 präsentieren wird. Wir haben einen rasanten Innovationsschub auf Seiten der Technologien miterleben dürfen. Smartphones, Breitband, E-Reader gehören heute schon zur Standardausstattung der Studierenden (EBNER, NAGLER & SCHÖN, 2014), verbunden mit einer Vielzahl an (mobilen) Applikationen (EBNER, NAGLER & SCHÖN, 2015). Und dieser Höhenflug ist bei weitem noch nicht abgeschlossen, wenn man an Datenbrillen, digitale Uhren und andere Wearables denkt.

Dieser Entwicklung steht eine Hochschule mit jahrzehntelanger Lehr- und Lerntradition gegenüber und sieht sich gezwungen, diese zielgruppenadäquater anzubieten. Dazu kommt, dass vermehrt neue didaktische Möglichkeiten wie Flipped-Classroom-Konzepte, Mobile-Learning-Konzepte oder Ansätze des Ubiquitous-Learning aufpoppen. Diskussionen über Open Educational Resources (OER; EBNER & SCHÖN, 2011) und Massive Open Online Courses (MOOCs; McAULEY, STEWART, SIEMENS & CORMIER, 2010) verschärfen zusätzlich die Situation. Mit anderen Worten, die Zeit des Experimentierens ist vorbei, es braucht eine klare strategische Ausrichtung und Positionierung der Hochschule mit einer entsprechenden Budgetierung, um den zukünftigen Ansprüchen gerecht zu werden. Denn eines scheint klar: Die Studierenden von morgen werden dies einfordern.

Mit diesem Tagungsband wollen wir einen kleinen Beitrag leisten und erste Überlegungen bzw. bereits entwickelte und auch umgesetzte Strategien darstellen sowie deren Vor- und Nachteile diskutieren.

2 Aufruf für Einreichungen zum Themenschwerpunkt

Das Sonderheft steht in unmittelbarem Zusammenhang mit einer Tagung in Salzburg an der dortigen Universität am 5. Mai 2015. Die Autoren der akzeptierten Einreichungen bekamen dort die Möglichkeit, ihre Forschungsarbeiten den Teilnehmerinnen und Teilnehmern zu präsentieren.

Entnehmen Sie alle Details zur Tagung der Tagungshomepage http://tinyurl.com/fnma050515. Dort sind das Programm und weitere Informationen zugänglich.

Call for Papers

Neue Technologien sind aus dem Lehr- und vor allem Lernalltag an Hochschulen nicht mehr wegzudenken. Die Digitalisierung der Hochschullehre wird immer vielfältiger: Traditioneller Frontalunterricht wird zunehmend ergänzt durch unterschiedlichste Formate: Videobasiertes Lernen, Flipped-Classroom-Konzepte, selbstorganisierte, vernetzte Lernformen wie MOOCs oder mobile Lernumgebungen.

Die Nutzung neuer Technologien ist vielmehr als selbstverständlich anzusehen und die ständige Adaption der Infrastruktur stellt eine immer größere Herausforderung für Hochschulen dar, sowohl finanziell als auch organisatorisch. Dabei ist die Einführung und Bereitstellung von Technologien alleine – zumindest in formalisierten Bildungskontexten – kaum mit einer nachhaltigen Veränderung der Lehr- und Lernpraxis verbunden. Die didaktische Innovationskraft neuer Technologien wird häufig überschätzt und zugleich das Beharrungsvermögen der „alten Didaktik“ unterschätzt. Die Potenziale und der didaktische Mehrwert von E-Learning scheinen sich nicht ohne weiteres in der „normalen Unterrichtspraxis“ entfalten zu können. Hierzu bedarf es parallel laufender Innovations- und Veränderungsprozesse in der Bildungsinstitution, die neben einer Zielstrategie auch eine Implementierungsstrategie benötigen.

Darüber hinaus stehen viele Hochschulen nach einer erfolgreichen Einführung von innovativen Technologien heute vor dem Problem, dass die Innovationszyklen dieser auch immer kürzer werden. Daran geknüpft sind hohe Investitionskosten, deren Rechtfertigung zunehmend schwieriger wird, wenn die entsprechende Strategie fehlt oder nicht angepasst wird.

Wir riefen in diesem Call auf, Beiträge rund um die strategische Implementierung von technologiegestütztem Lehren und Lernen in der Hochschule einzureichen. Die Beiträge sollten sowohl praxisorientiert als auch wissenschaftsorientiert Einblick geben, wie Strategien für die technologiegestützte Lehre an Hochschulen entwickelt und umgesetzt wurden/werden. Mögliche Fragen konnten sein (aber waren nicht darauf begrenzt):

Kurzum suchten wir Beiträge, die sich gezielt mit der strategischen Entwicklung und Implementierung im E-Learning-Bereich an Hochschulen auseinandersetzen.

3 Beiträge des Themenheftes

Insgesamt konnten aus den Einreichungen zehn Beiträge für das vorliegende Themenheft nach einem doppelt-blinden-Begutachtungsprozess berücksichtigt werden. Im Anschluss folgt eine kurze Übersicht über die Beiträge.

In einem wissenschaftlichen Beitrag gehen Fritjof Kollmann und Michael Schuhen auf einen hochschuldidaktischen Ansatz zur Implementierung von E-Learning in Vorlesungen ein. Als mikrodidaktische Veränderungsstrategie stellen sie das Potenzial von Feedbackmöglichkeiten vor, um den Lernfortschritt von Studierenden während der Vorlesung festzustellen. Die Gestaltung interaktiver Elemente anhand einer kognitionsorientierten Interaktionstaxonomie als Grundlage eines Feedbacks soll die Qualität sicherstellen, die mit gängigen Clickersystemen nicht erzielt werden kann. Der Beitrag stellt somit ein reales Beispiel dar, mit umfassenden Bottom-up-Entwicklungen E-Learning flächendeckend einzuführen und damit eine interaktivere Lehrkultur in der Hochschule zu etablieren.

Unter dem Titel „Es funktioniert doch“ fokussieren Beat Mürner, Laura Polexe und Dominik Tschopp in ihrem Beitrag die Akzeptanz und Hürden beim Blended Learning als Mischung von Online- und Präsenzlernen in der Hochschullehre. Ausgehend von einem Modell nachhaltiger Implementation gehen die Autorin und Autoren auf zwei Fallbeispiele für Blended-Learning-Angebote ein. Ihre Erfahrungen und empirische Untersuchungen zeigen, dass die Akzeptanz bei den Lernenden sehr hoch ist, wohingegen sich bei den Lehrenden eher ein heterogenes Bild abzeichnet. Abschließend hinterfragen sie, inwieweit reine Bottom-up-Entwicklungen aufgrund der Akzeptanzhürden bei Lehrenden tatsächlich zu Veränderungen in der Hochschullehre führen können.

In ihrem Beitrag „Digitalisierung von Hochschulbildung: E-Learning-Strategie(n) noch up to date?“ gehen Patricia Arnold, Gisela Prey und Dennis Wortmann zunächst auf gängige E-Learning-Strategien aus der Literatur ein. Anhand eines konkreten Fallbeispiels werden die Vorgehensweisen, Herausforderungen und Grenzen der Strategieentwicklung für die Implementation von E-Learning aufgezeigt. Entlang der Dimensionen Organisation, Ökonomie, Kultur, Veränderungsprozesse/Leadership werden die Vor- und Nachteile einer eng gefassten E-Learning-Strategie im Vergleich zu einer umfassenderen Digitalisierungsstrategie an einer Hochschule diskutiert. Die Autorinnen und der Autor kommen in ihrem Beitrag zu dem Ergebnis, dass die Wahl der Strategie von mehreren Kontextfaktoren abhängig ist und die Verknüpfung beider Strategien durchaus sinnvoll erscheinen kann.

In ihrem Werkstattbericht beschreiben Michael Kopp und Martin Polaschek die Entwicklung einer E-Learning Strategie für die Universität Graz. Nach der Darstellung der Ausgangslage und der vorliegenden Rahmenbedingungen werden allgemeine Parameter zur Strategieentwicklung unter besonderer Berücksichtigung des Einsatzes neuer Medien erörtert. Daran schließen die Beschreibung der konkreten Strategieentwicklung in Form eines kombinierten Top-down- und Bottom-up-Prozesses sowie die Darstellung der wesentlichen Inhalte inklusive der damit verbundenen definierten Umsetzungsschritte an. Abschließend wird ein Ausblick über zukünftige Entwicklungen und Herausforderungen bei der Strategieumsetzung gegeben.

Der kollaborative Aspekt steht im Mittelpunkt des Werkstattberichtes von Alexander Klier und Timo van Treeck. Am praktischen Beispiel der Fachhochschule Köln zeigen die Autoren, wie kollaboratives E-Learning und soziale Praktiken in die Change-Prozesse in der Organisation Hochschule eingebunden werden müssen, um ein strategisches Leitbild mit hoher Praxisorientierung zu entwickeln und zu etablieren, anstatt es nur zu verordnen. Dabei werden das Lehrenden-Coaching, die innerinstitutionelle Hochschulforschung, die Ausschreibung eines Lehrpreises und ein Scholarship of Teching and Learning als wesentliche Maßnahmen für das Gelingen einer partizipativen E-Learning-Strategie beschrieben.

Julia Liebscher, Anke Petschenka, Holger Gollan, Sandrina Heinrich, Isabell van Ackeren und Christian Ganseuer stellen in ihrem Werkstattbericht die E-Learning-Strategie der Universität Duisburg-Essen vor. Nach der Beschreibung der Ausgangslage nennen die Autorinnen und Autoren die konkreten Zielsetzungen im Kontext einer umfassenden Lernstrategie und beschreiben die Schritte, die vom ersten Textentwurf zur verabschiedeten E-Learning Strategie geführt haben, wobei auch erklärt wird, welche Maßnahmen zur Verbreitung der Strategie an der Hochschule gesetzt wurden. In weiterer Folge werden die ersten praxisorientierten Umsetzungsschritte im Rahmen eines Pilotprojektes vorgestellt, und der Beitrag endet mit der Beschreibung von bisher gewonnenen Erfahrungswerten.

In dem Werkstattbericht „‚Ich fühle mich zehn Jahre weiser‘ – Studentische Beteiligung in zentraler E-Learning-Beratung“ präsentieren Anika Kneiphoff und Holger Hansen eine Reihe von Initiativen an der Ruhr-Universität Bochum, in Bereichen des E-Learning Studierende in diverser Form und Intensität an Projekten teilhaben zu lassen und so den Akzeptanzgrad in der zahlenmäßig stärksten Nutzergruppe durch zielgerichtete Partizipation zu erhöhen.

Daniela Pscheida, Andrea Lißner, Christian Hoppe und Andreas Sexauer stellen in einem Werkstattbericht mit dem Titel „MOOCs als Instrument des hochschulübergreifenden Marketings und der Studienorientierung“ eine Initiative der neun technischen Universitäten in Deutschland (TU9) vor. Dabei wird beschrieben, warum ein MOOC als gemeinsame Möglichkeit gesehen wird, möglichst viele interessierte Studierende anzusprechen. Auch wenn die Zahl der Teilnehmer/innen hinter den Erwartungen blieb und es weitere Hürden zu überwinden galt, wird ein positives Fazit gezogen.

In ihrem Beitrag über „ Was sagen die Studierenden zur E-Learning-Strategie der Hochschule?“ beschreiben Martin Ebner, Martin Schön und Walther Nagler den E-Learning-Strategieentwicklungsprozess an der Technischen Universität Graz. Im Zentrum des Artikels steht aber eine großflächige Umfrage bei Studierenden, die insbesondere die Bedeutung von E-Learning bei der Qualitätsverbesserung der Hochschullehre herausstreicht. Darüber hinaus werden weitere interessante Details herausgearbeitet, die die Lernenden von heute bewegen.

Claude Müller, Maren Lübcke, Mark Alder und Roger Johner berichten in dem Beitrag „Dauerhaft Digital: systematische Entwicklung und Implementation einer E-Learning-Strategie“, wie an der School of Management and Law der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften eine E-Learning-Strategie zuerst systemisch konzipiert wurde, wobei als Diskussionsgrundlage und Entwicklungstool der Morphologische Kasten diente. In einem zweiten Schritt wird auf die Vorgehensweise bei der nachhaltigen und dauerhaften Implementierung dieser Strategie unter Berücksichtigung spezifischer Aspekte von Change-Management-Prozessen an Hochschulen eingegangen.

4 Ein Dank den Gutachterinnen und Gutachtern

Abschließend gilt der Dank den vielen ehrenamtlich tätigen Gutachterinnen und Gutachtern, ohne die ein wissenschaftlich fundiertes Heft gar nie möglich wäre. Wir sagen danke in alphabetischer Reihenfolge an:

Nun ist es aber an der Zeit, Ihnen, liebe Leser/innen, eine interessante Lektüre zu wünschen.

Die Herausgeber/innen

5 Literaturverzeichnis

Bäumer, M., Malys, B. & Wosko, M. (2004). Lernplattformen für den universitären Einsatz. In K. Fellbaum & M. Göcks (Hrsg.), eLearning an der Hochschule (S. 121-140). Aachen: Shaker Verlag.

Baumgartner, P., Häfele, H. & Maier-Häfele, K. (2002). E-Learning Praxishandbuch – Auswahl von Lernplattformen. Innsbruck, Wien: Studienverlag.

Ebner, M. & Schön, S. (2011). Lernressourcen: Frei zugänglich und einsetzbar. In Handbuch E-Learning – Expertenwissen aus Wissenschaft und Praxis – Strategie, Instrumente, Fallstudien (S. 1-14).

Ebner, M., Nagler, W. & Schön, M. (2014). Do You Mind NSA Affair? Does the Global Surveillance Disclosure Impact Our Students? In Proceedings of World Conference on Educational Multimedia, Hypermedia and Telecommunications 2014 (S. 2307-2312). Chesapeake, VA: AACE.

Ebner, M., Nagler, W. & Schön, M. (2015). Why Facebook Swallowed WhatsApp. In Proceedings of World Conference on Educational Multimedia, Hypermedia and Telecommunications 2015 (in Druck).

McAuley, A., Stewart, B., Siemens, G. & Cormier, D. (2010). The MOOC Model for Digital Practice. http://www.elearnspace.org/Articles/MOOC_Final.pdf, Stand vom 8. April 2015.

Schulmeister, R. (2001). Virtuelle Universität, Virtuelles Lernen. München, Wien: Oldenbourg Wissenschaftsverlag.

Herausgeber/innen

Prof. Dr. Sabine SEUFERT || Universität St. Gallen, Institut für Wirtschaftspädagogik || Dufourstr. 40a, CH-9010 St. Gallen

www.iwp.unisg.ch, www.scil.ch, www.scil-blog.ch

sabine.seufert@unisg.ch

Univ.-Doz. Dipl.-Ing. Dr. techn. Martin EBNER || Technische Universität Graz, Abteilung Vernetztes Lernen || Münzgrabenstraße 35a, A-8010 Graz

http://martinebner.at, http://elearningblog.tugraz.at, http://elearning.tugraz.at

martin.ebner@tugraz.at

Mag. Dr. Michael KOPP || Akademie für Neue Medien und Wissenstransfer, Universität Graz || Liebiggasse 9, A-8010 Graz

http://akademie.uni-graz.at

michael.kopp@uni-graz.at

Bettina SCHLASS, M.A., M.A. || Blackboard/Moodlerooms Paleisstraat 1-5, NL-1012 RB Amsterdam

http://moodlerooms.com, http://blackboard.com

bettina.schlass@blackboard.com


1 E-Mail: martin.ebner@tugraz.at

Fritjof KOLLMANN2 & Michael SCHUHEN (Siegen)

Feedback zum Lernfortschritt der Studierenden während der Vorlesung

Zusammenfassung

Durch die Verbreitung mobiler Endgeräte besteht die Möglichkeit, Dozent/in und Studierende durch vielfältige Interaktionen auch innerhalb der Vorlesung miteinander zu vernetzen. Dadurch kann die vielfach kritisierte passiv-rezeptive Rolle der Studierenden um aktive Elemente angereichert werden. Im nachfolgenden Beitrag werden ausgehend von einer Nutzerbefragung interaktive domänenspezifische Aufgaben den Studierenden auf mobilen Endgeräten zur Verfügung gestellt. Anhand des Beispiels „Handel mit Optionen“ aus der Vorlesung „Investition und Finanzierung“ wird gezeigt, wie die durch die Interaktion gewonnenen Daten der/dem Dozierenden neue Erkenntnisse über den Lernfortschritt ihrer bzw. seiner Studierenden ermöglichen. Ziel ist eine Bottom-up-Strategie für die Hochschuldidaktik.

Schlüsselwörter

Interaktive Vorlesungen, mobile Endgeräte, direktes Feedback, domänenspezifische Aufgaben, Learning Analytics

Feedback on the student learning progress during lectures

Abstract

Due to the widespread distribution of mobile devices, it is possible for lecturers and students to integrate feedback and interact digitally within a lecture. By using interactive exercises, the passive-receptive role of the student can be improved. In this paper, interactive domain-specific tasks are distributed to the students on mobile devices based on a user survey.The example “options trading” from the lecture “Investment and Finance” shows how to analyse the data collected from the interactions and how to gain new insights into the learning progress of the lecture participants. The goal is to develop a bottom-up strategy for university teaching.

Keywords

interactive lectures, mobile devices, direct feedback, domain-specific tasks, learning analytics

1 Einleitung

Im Kontext moderner fach- und hochschuldidaktischer Anforderung (VOSS, 2008, S. 1ff) ist die klassische Vorlesung Kritik ausgesetzt. Schon seit langem wird die Passivität von Studierenden in Vorlesungen bemängelt (APEL, 1999, S. 22f), was jedoch bis heute nicht zu grundlegenden Veränderungen des klassischen Vorlesungskonzeptes geführt hat (BLIGH, 2000, S. 7f). Werden darüber hinaus zur Vorlesung keine begleitenden Übungen angeboten, so bleibt die aktive Auseinandersetzung mit den zu lernenden Inhalten alleine dem Engagement des Studierenden überlassen. Informationen zum Lernfortschritt der Studierenden erhält die/der Dozierende dann meist erst am Ende, wenn die Klausur geschrieben wurde oder sie/er die Evaluationsergebnisse zur Vorlesung erhält. Ein „Nachsteuern“ ist dann allerdings nicht mehr möglich.

Die von vielen Seiten aufgestellten Forderungen nach einem „Shift from Teaching to Learning“, nach kompetenzorientierten und nachhaltigen Lehr-Lernarrangements bis zur Förderung der „Employability“ (VON FRANTZIUS, 2013, S. 1f) erfordern neue Kommunikations- und Interaktionsformen. Diese reichen von einer minimalen Veränderung der klassischen Vorlesung durch die Integration von Abstimmungssystemen bis zu Strukturveränderungen durch das Flipped-Classroom-Konzept (KÜCK, 2014).

Neben diesen grundlegenden strukturellen Überlegungen entstehen zudem Anforderungen durch eine „neue“ Studierendengeneration, die sich als „digital natives“ (BENETT et al., 2008) durch ein verändertes Kommunikations- und Mediennutzungsverhalten auszeichnet. In der Gruppe der Studierenden besitzen ca. 97 % ein mobiles Endgerät (JIM, 2014). Zeigten sich in einer Studie von PALFREY & GRASSER (2008) nur 13 % der Gesamtbevölkerung interessiert, User-Generated-Content im Netz anzubieten, so sind es unter den 14- bis 19-Jährigen 57 %. Für diese Generation stellt die digitale Welt einen Kulturraum dar, den sie durch stetige Partizipation aufbauen und interessanter werden lassen. Im Übergang zum universitären Studium kann angenommen werden, dass diese Generation auch im Lehralltag eine vernetzte Lehr-Lernumgebung erwartet. Vernetzung bedeutet in diesem Sinne die Ermöglichung von Interaktivität (BOEM, 2002), wozu nicht nur die Erleichterung der Interaktion (SACHER, 1996, S. 2) zählt, sondern auch die Forderung nach Eingriffs- und Steuerungsmöglichkeiten (HAACK, 1995, S. 152-153).

Allerdings haben weder bestehende Konzepte (wie z. B. der bereits angesprochene Flipped Classroom, aber auch E-Portfolios) (FISCHER & KÖHLER, 2010) noch die neue Generation Studierender bisher zu einer „hochschuldidaktischen Revolution“ geführt. Viele gute, eher auf der Mikroebene der einzelnen Vorlesung oder Übung anzusiedelnde Innovationen haben den Sprung in eine hochschulweite E-Learning-Strategie nicht geschafft und dies aus zweierlei Gründen.

So ist nach der HIS-Studie von 2006 nicht das primäre Bestreben der Hochschulen, die Qualität der Lehre zu verbessern, sondern die hochschulpolitische Auffassung überwiegt, dass E-Learning zur Erreichung strategischer Ziele beitragen kann. Zu diesen Zielen zählen (HIS-Gutachten 2006):

Aber auch auf individueller Ebene sprechen viele Gründe gegen erfolgreiche Top-Down-E-Learning-Strategien. FISCHER & KÖHLER (2010) merken in ihrer Studie an, dass E-Learning-Innovationen nur dann von Dozierenden eingesetzt werden, wenn es ihrer beruflichen Karriere dient oder sie ihr Ansehen innerhalb ihrer Community stärken können. Vielleicht ist dies auch der Grund, warum im Kontext wirtschaftswissenschaftlicher Vorlesungen sich bis heute nur das klassische Vorlesungskonzept mit und ohne begleitende Übungen etabliert hat.