Ralf Peter Reimann

@ChristInnen: Gehet in die
sozialen Netze

Kirche, Theologie, Social Media und mehr.

Ausgewählte Blogposts aus TheoNet.de

28. April 2013

Books on Demand

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

© 2013 Ralf Peter Reimann

Herstellung und Verlag: BoD — Books on Demand, Norderstedt

ISBN 978-3-8482-8296-8


Vorwort

"Hello World" — so lautet die Überschrift, die Wordpress automatisch dem ersten Blogbeitrag vergibt. So habe ich vor gut einem Jahr auch mein Blog gestartet. Im Februar 2012 war ich wieder ins Düsseldorfer Landeskirchenamt als Internetbeauftragter der Rheinischen Kirche zurückgekehrt. Fünf Jahre lang durfte ich Erfahrungen als Leiter der EKD-Internetarbeit und als Pastor bei evangelisch.de sammeln, die ich nun gerne im Rheinland einbringe.

Social Media heißt gegenwärtig die große Herausforderung auch für die Kirche. Online-Kommunikation ist keine Einbahnstraße, sondern geschieht in einem Netzwerk. Im Blog habe ich meine Arbeit als Internetbeauftragter reflektiert und mich vor allem über die zahlreichen Kommentare gefreut, die mir wichtiges Feedback gegeben haben. Das Internet verändert sich schnell. Wenn man nicht netzaffin ist — oder sich beruflich mit dem Internet beschäftigen darf — kann es schwerfallen, mit den neuen Entwicklungen Schritt zu halten. Man kann dann leicht zum Getriebenen werden und abblocken — so wie die Pfarrerinnen und Pfarrer, die zwar Facebook nutzen, um ihre Konfirmandinnen und Konfirmanden online zu erreichen, aber selber ohne Profilfoto in Mark Zuckerbergs sozialem Netzwerk agieren und sich so hinter der Maske eines Standardprofilbildes verstecken. Auf der anderen Seite findet sich auch ein unreflektierter Enthusiasmus dem Internet gegenüber, so feierte eine hessische Kirchengemeinde ein Online-Abendmahl. Für andere ist das Internet ein Ort, wo sie ihren Glauben leben, es gibt Chatandachten und Gottesdienste auf Facebook.

Ist ein eigenes kirchliches Datenschutzrecht sinnvoll? Was bedeutet Open Content für das Urheberrecht? Verändern sich auch Organisationsstrukturen durch Social Media?

Anders als im Rundfunk hat die Kirche im Internet keine Drittsenderechte, sondern sie bewegt sich auf dem digitalen Marktplatz und ist ein Sinnstifter unter anderen. Wie kann sich die Kirche in sozialen Netzwerken engagieren, wenn die Netzcommunity stark atheistisch geprägt ist? Wie ändern sich Kommunikationsstrukturen? Gerade Social-Media-Aktivitäten leben von persönlicher Kommunikation, also von Christinnen und Christen, die in sozialen Netzen mit ihrem Glauben präsent sind.

Als Jesus seine Jüngern beauftragte, in alle Welt zu gehen und das Evangelium zu verkünden, gab es das Internet nicht, heute würde er wahrscheinlich seinen Jüngerinnen und Jüngern auch sagen: @ChristInnen: Gehet in die sozialen Netze!

Lohnt es sich, ein Buch zu veröffentlichen, wenn alle Texte als Blogposts bereits online sind? Es geht mir nicht um die große Auflage, sondern darum, die Gedanken und Anregungen auch als Print-Produkt festzuhalten, denn Online-Quellen haben im Gegensatz zu Büchern eine sehr unterschiedliches und unbestimmtes Haltbarkeitsdatum. Für dieses Buch bin ich alle Artikel durchgegangen, einige Links waren bereits nach weniger als einem Jahr obsolet und nicht rekonstruierbar, während andere Inhalte über die Wayback-Maschine von web.archive.org in verschiedenen Versionen abrufbar sind.

Aus Blogs Bücher zu machen ist nichts Ungewöhnliches, eine einfache Internetsuche zu "blog2book" liefert viele Treffer mit Tools und Webservices. Aus Wordpress habe ich das gesamte Blog als XML-File einschließlich Kommentaren exportiert und in mehreren Schritten umgewandelt und mit LATEX gesetzt, dabei waren mir Tilo Gockels Vorlagen [38] eine große Hilfe. Den Sprachduktus eines Blogs habe ich weitestgehend belassen. Weil ein Blog von Kommentaren lebt, habe ich einige auch unter den einzelnen Artikeln abgedruckt, dabei aber Namen in der Regel entfernt. Wer möchte, kann die Original-Kommentare jedoch auf TheoNet.de nachlesen.

Mülheim an der Ruhr,
den 28. April 2013

Ralf Peter Reimann


Inhaltsverzeichnis

Teil I


Theologie

1


Das Internet als religiöses Phänomen

1.1 Da ist kein Gott im Internet — oder doch?

Der sowjetische Kosmonaut Juri Gagarin soll auf die Frage eines westlichen Journalisten, ob er im Weltall Gott gesehen habe, geantwortet haben: „Gott habe ich dort oben nicht gefunden.“ Die Frage war natürlich provokativ, aber es ist klar, dass auch die Antwort nichts über die Existenz oder Nicht-Existenz Gottes aussagt. Die Frage nach der Existenz Gottes im Weltall lässt sich auch auf das Internet übertragen: Gibt es Gott im Netz? Viel verrät diese Frage über das Gottesbild, das hinter der Frage und der Antwort stehen. Gott wird zu einer Chiffre, dies gilt für die Frage und auch für die Antwort. Die Frage versucht, den neu erschlossenen Raum des Netzes religiös aufzufüllen, über Naturwissenschaften gelangen wir zu Gotteserkenntnis. Die Antwort geht einen umgekehrten Weg, je weiter sich die Grenzen menschlicher Erkenntnis verschieben, desto mehr verdrängen wir Gott aus dem Raum unserer Erkenntnis. Je weiter sich unsere Erkenntnis entwickelt, desto mehr gewinnt die atheistische Weltdeutung über eine theistische Deutung der Wirklichkeit. Dies ist keine Debatte der 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts, obiges Interpretationsmuster findet sich auch heute wieder, so unlängst in der Replik von Sascha Lobo auf Matthias Matussek. In seiner Analyse „Der neue Mensch“ erkennt MATUSSEK [53, S. 136] den

„Cybernautentraum von Erlösung und ewigem Leben im Netz, natürlich eine kindische theologische Travestie, die aber unendlich viele Phantasien befeuert. Der neue, der erlöste, der gerechtfertigte Mensch ist der verkabelte. […] Die reale Welt, das ist der Grundverdacht vieler Piraten-Aktivisten, verdankt ihre Probleme Programmierfehlern, die zu beheben wären.“

Matussek sieht in Sascha Lobo einen Vertreter dieses Cybernautentraumes — obwohl sie sich nach außen atheistisch gerieren, seien diese Netzaktivisten ihrem Wesen nach religiös.

Diese Ansicht Matusseks kann nicht unwidersprochen bleiben, Sascha LOBO [51] seinerseits erwidert:

„[D]as Quasireligiöse entsteht nicht durch Prediger, Heilsversprechen oder einen Glauben an die Umwälzungen durch die Technologie […]. Das Digitalreligiöse besteht ebenso wenig in der Hoffnung auf Erlösung und ewiges Leben im Netz (Matussek). Das gefährlich Religionsähnliche entsteht, wenn man vergisst, dass das Netz von Menschen absichtlich geschaffen ist und von Menschen gestaltbar. Jeder Pixel ist an seinem Platz, weil irgendjemand es so wollte (oder die Folgen nicht überblickte), irgendjemand ist verantwortlich, es gibt keinen Gott im Netz und damit kein Schicksal, in das man sich klaglos fügen müsste. Es herrsche also der Zweifel, der Widerspruch: das Gegenteil des Glaubens.“

Hat das Netz nun eine religiöse Dimension? Gibt es Gott im Netz? Diese Frage gleicht der, ob es Gott im Weltraum gebe.

Was sicherlich interessant wäre: Phänomenologisch zu untersuchen, inwieweit sich die beschriebenen Netzaktivisten selbst religiöser Deutungsmuster bedienen. Auch Atheisten können nämlich religiös sein, die Negierung Gottes kann glaubenshafte Züge tragen.

Umgekehrt wäre auch der Versuch einer theologischen Interpretation des Internet eine Herausforderung. Pierre Teilhard de Chardins Evolutionstheorie könnte sich mit einer Entwicklung der crowd intelligence parallelisieren lassen. Ist die Noosphäre eine Evolutionsmöglichkeit der crowd intelligence ?

Gegen jegliche Verdrängung des Religiösen aus dem Internet oder jegliche religiöse Überfrachtung des Internet muss man festhalten: Die Frage nach Gott — so wie er sich in Jesus Christus offenbart hat — stellt sich hier nicht. Religiöse Phänomene beweisen oder widerlegen den christlichen Gott nicht, er ist anders, jenseits der Religion. In diesem Sinne spricht beispielsweise Dietrich Bonhoeffer vom religionslosen Christentum.

Über Gagarins Weltraumflug wird auch folgender Witz erzählt:

Chruschtschow fragt Gagarin, ob er Gott gesehen habe. „Ja!“ Darauf Chruschtschow: „Hier hast du 10.000 Dollar, aber sage niemand etwas!“ Bei einer Audienz fragt der Papst Gagarin nach Gott. „Nein, ich habe ihn nicht gesehen.“ „Hier hast du 10.000 Dollar, aber schweig!“ Schließlich trifft Gagarin Präsident Kennedy: „Hast du Gott gesehen?“ „Ja.“ „Macht nichts, ich habe Theisten und Atheisten unter meinen Wählern.“ Gagarin: „Sie ist schwarz.“

In einem hat der Witz recht: Gott ist anders als wir ihn uns vorstellen — und spannend bleibt es auf jeden Fall, das Internet theologisch zu durchdenken.

Kommentare

Die Frage versucht, den neu erschlossenen Raum des Netzes religiös aufzufüllen, über Naturwissenschaften gelangen wir zu Gotteserkenntnis. Die Antwort geht einen umgekehrten Weg, je weiter sich die Grenzen menschlicher Erkenntnis verschieben, desto mehr verdrängen wir Gott aus dem Raum unserer Erkenntnis. Je weiter sich unsere Erkenntnis entwickelt, desto mehr gewinnt die atheistische Weltdeutung über eine theistische Deutung der Wirklichkeit.

Ich bin tatsächlich eher durch naturwissenschaftliche Erkenntnis dazu kommen, dass es so etwas wie Gott geben muss.

Kann es sein, dass Du Gott ein wenig externalisierst? Oder ist er sowieso überall, also auch im Netz.

Das Internet hat insofern eine religiöse Dimension, als es dafür sorgt, dass die Menschen mehr zusammenwachsen — „We are one in the infinite sun“, wie es ein wunderschönes Mantra beschreibt. Und da ist Gott sicher auch mit dabei.

***

Hallo N.N.

danke für Deinen Kommentar. Worauf es mir ankam, es geht nicht nur um die Existenz bzw. Nichtexistenz Gottes, sondern darum, wie er sich zeigt. Protestantische Theologie betont, dass der christliche Gott anders ist als unsere Vorstellung von ihm, man also nicht von der Offenbarung Gottes in der Natur auf das Wesen des christlichen Gottes schließen kann, während katholische Theologie durchaus von der natürlichen Gotteserkenntnis ausgeht.

Daher auch die Pointe des Witzes, ob Gott sich im Internet manifestiert oder nicht, weiß ich nicht, wenn er es tut, dann jedenfalls anders, als wir ihn uns vorstellen.

1.2 „Wir müssen lernen, in der Netzkultur zu leben!“

Im Juni 2012 trafen sich 50 Internetexperten zur ökumenisch ausgerichteten European Christian Internet Conference (ECIC) in Rom, die auf Einladung der italienischen Bischofskonferenz in Rom stattfand. Eine gute Übersicht über die Beiträge aus neun europäischen Ländern findet sich auch im Blog kirche20.at [54], besonders interessant waren jedoch die Impulse aus Italien und dem Vatikan. Man merkte, wie innerhalb der katholischen Kirche um den Umgang mit dem Internet und den sozialen Netzwerken gerungen wird.

Dabei reichen manchmal 140 Zeichen aus, um treffend eine Position zu beschreiben:

Abb. 1.1. Tweet zur ECIC

Das Internet ist für Mgr. Claudio Maria Celli, den Präsidenten des Päpstlichen Rates für die sozialen Kommunikationsmittel, kein Mittel oder Werkzeug zur Evangelisation, sondern ein Ort der Netzkultur — und in dieser Kultur müssen wir als Kirche präsent sein und dort das Evangelium zu verkünden. Ohne dass es ausgesprochen wurde, habe ich dabei auch das Wort Inkulturation mitgehört, d.h. die Kirche muss sich auf die Netzkultur, Celli sprach auf Englisch von Digital Culture, einlassen, diese verstehen und dort präsent sein und im Dialog das Evangelium verkünden. Auf der ECIC buchstabierte dann Antonio SPADARO [71] aus, was dies für die (katholische) Kirche bedeutet, der es mit seinem Buch Cyberteologia in die italienische Zeitung Repubblica und in den Economist [6] brachte.

Erzbischof Cellis Aussage, dass das Internet kein Werkzeug sei, ist ein weiterer Schritt nach vorne. Unter seinem Vorgänger Erzbischof John P. Foley wurde das Verhältnis der katholischen Kirche zum Internet noch anders bestimmt, hier war der Gedanke des Internet als eines Werkzeuges für die Evangelisation noch bestimmend [59]:

„Das Internet stellt ein wirksames technisches Mittel für die Verwirklichung dieser Vision zur Verfügung. Hier gibt es also ein Instrument, das für verschiedene Aspekte von Verwaltung und Leitung genutzt werden kann. Neben der Öffnung von Kanälen für den Ausdruck der öffentlichen Meinung stellen wir uns Verschiedenes vor wie die Beratung durch Experten, die Vorbereitung von Versammlungen und die Praxis der Zusammenarbeit in und zwischen den Teilkirchen und religiösen Instituten auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene.“

Celli und Spadaro beschreiben eine Vision, es braucht Zeit, bis sich diese auch innerhalb des Vatikans entwickelt. Interessant wäre es, diese Position, sich als Kirche auf die Netzkultur einzulassen, auch auf Deutschland zu übertragen. Was hieße das für die katholische Kirche — und auch für die evangelische? Wo sind wir in der Netzkultur, die sich häufig atheistisch gibt, präsent? Wir müssen lernen, in der digitalen Kultur zu leben, nur dann können wir in diesem Lebensraum auch den Dialog suchen. Die Netzkultur darf für uns keine fremde Kultur sein, sondern wir müssen in ihr leben lernen.

Kommentare

Man muss sich nichts vor machen: Kirche ist semper reformanda, muss sich immer wieder neu auf die Probe stellen und dort ändern, wo es nötig ist. Dies fällt der evangelischen Kirche schwer. Die Mitarbeitenden sind meist so sehr kirchlich sozialisiert (ich nehme mich da nicht aus), dass wir oft gar nicht mehr merken, wie die Kultur rundherum sich geändert hat. Im Gegenteil: Ich stoße immer noch auf Pfarrerinnen und Pfarrer, die stolz darauf sind, unter Kultur nur Bach und Beethoven zu verstehen und von da aus Kirche und kirchliches Leben zu gestalten. In der katholischen Kirche fällt die Änderung etwas leichter. Wenn der Bischof eingesehen hat, dass eine Änderung nötig ist, dann stielt er diese ein, benennt Verantwortliche und dann passiert etwas. Das Ganze gilt aber nur, soweit es durch die vielen theologischen Entscheidungen der Vergangenheit gedeckt ist und sich die Kirche bei Widersprüchen nicht daran gebunden fühlt und die zu beanstandenden Entscheidungen durch theologisch fragwürdige Winkelzüge weiterhin legitimiert. Kriterium ist für mich dabei immer 1.Kor. 13,2 + 3 + 9 + 13 — Theologie mag sich die Wahrheit erarbeiten. Wenn das Ergebnis lieblos ist, nützt es alles nichts. Im Zweifel ist die Liebe wichtiger als die Wahrheit. So hat es Gott im Umgang mit den Menschen immer wieder vorgemacht. Kirche neigt dazu, die Wahrheit überzubewerten, so wichtig diese auch sein mag, und in ihrem Handeln, auch in ihrem ethischen Handeln, lieblos zu werden. Dies merken die Menschen. Und und sich auf sie einlässt. Und da hilft alles nichts: Wenn sich Kirche da nicht auf ihre Wurzeln besinnt, dass ihre Botschaft nämlich eine Liebesbotschaft ist, und dass sich dies in der Praxis vor Ort so auch zeigen muss, auch in kritischen Situationen, im Zusammenleben mit Geschiedenen, im Umgang mit Schwulen und Lesben, im Umgang mit kirchenfernen oder anderskonfessionellen oder andersreligiösen Mitarbeitern, im Umgang mit Frauen in hohen Ämtern. Kirche kann sich im Internet auf den Kopf stellen. Sie wird mit dem Evangelium auch im Internet nicht landen können, sofern sie an vielen anderen Stellen nicht als glaubwürdig wahrgenommen wird. Und sie wird an vielen Stellen (leider nur zu recht) nicht als glaubwürdig wahrgenommen. Das eine oder andere erfolgreiche Projekt mag darüber hinweg täuschen, auch im Internet. Aber es verhindert manchmal Änderungen an der Wurzel.

2


Gottesdienste, Sakramente und Gemeinde im Netz

2.1 Online-Gottesdienste: Bestandsaufnahme und Ideenbörse

Manchmal ist es erschreckend, wie die Zeit verfliegt. Im Internet hat sich in den letzten fünf Jahren viel bewegt, es gibt Twittergottesdienste und Chatandachten, aber der Aufsatz Gottesdienst und Gemeinde im Internet von BROK & REIMANN [32], der eine Übersicht aus evangelischer Perspektive bietet und der immer noch zitiert wird, ist von 2007, im Internet ist das ein Zeitalter. Was bedeutet dies für das Thema? Online-versierte Theologinnen und Theologen probieren einfach Formate für Internet-Gottesdienste aus, die praktisch-theologische Reflexion lässt aber auf sich warten, frische wissenschaftliche Literatur gibt es kaum.

Einen Überblick über Gottesdienstformen im Netz gibt diese Übersicht:

Streaming von Gottesdiensten

Twittergottesdienste:

Hier kommt der Kurznachrichtendienst Twitter zum Einsatz. In der Regel werden hier Textnachrichten versendet, allerdings ist auch der Versand von Fotos/Bildern möglich. Natürlich können auch Links zu Audio-Dateien und zu Videos gepostet werden.

Bei Twittergottesdiensten stellt sich die Frage nach der Audience: Für wen mache ich den Gottesdienst? Für die vor Ort versammelte Gemeinde, für die Christinnen und Christen, die online teilnehmen, oder für beide Zielgruppen?

Bei der Planung sollte man sich über die Zielgruppe(n) klar sein.

     Weitergehende Überlegungen finden sich bei DAHL [35].

Facebook-Gottesdienst:

Chatandachten:

Kommentare

Weitere Links zum Thema: Bei der Beatmesse World Wide in der Gemeinde und auf dem DEKT 2011 in Dresden banden wir die Besucherinnen und Besucher per Twitter und SMS ein — sie konnten über diesen Weg Fürbitten beisteuern, die wir dann per Beamer projiziert haben.

Links dazu: http://beatmesse.de/konzeptl9.html und http://beatmesse.de/konzeptl9DEKT.html, die Server-Soft ware (GPLv2) ist unter http://code.google.com/p/beatmesse-world-wide/ abgelegt — leider gibt’s noch keine nennenswerte Doku dazu.

***

Ich finde zwei Aspekte noch interessant: (1) Wie kann ein wie auch immer gearteter Online-Gottesdienst gestaltet werden, ohne dass einfach nur ein bisheriges Gottesdienstmodell der Hut „online“ übergestülpt wird. Bzw. auch, wie können Social Media einen/den (Online-)Gottesdienst verändern? (2) Was für Gottesdienstformen sind dem jeweiligen Medium angemessen? Passt es z.B. zu Facebook und der üblichen Facebooknutzung, wenn eine Assistentin mit dem iPad ins Bild läuft und ein paar Kommentare abliest?

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Spontan finde ich die Bedeutung von Gottesdiensten im Internet eher marginal. Vielleicht im Notfall, wenn die Kirche zerbombt ist und man sich als Christ nur noch über das Internet unterhalten kann. Aber dann stellt sich auch die Sicherheitsfrage. Ansonsten kann nichts den wirklichen Gottesdienst ersetzen, die reale Zusammenkunft der Gemeinde. Übers Internet einen Gottesdienst zu veranstalten finde ich relativ unsinnig. Dann kann man auch gleich Seelsorge im Chat machen. Für mich ist das Internet, ist Twitter oder Facebook usw. eine Möglichkeit, mit Menschen ins Gespräch zu kommen und ihnen von Jesus Christus zu erzählen. Mag sein, dass das sogar eine Form von Gottesdienst sein kann, aber richtige Gottesdienste zu veranstalten, halte ich für sinnlos und undurchführbar. Ich habe das Gefühl, damit wird nur versucht, eine Kernkompetenz der evangelischen Kirche ins Internet zu transportieren. Die Kernkompetenz ist aber nicht der Gottesdienst. Die Kernkompetenz ist das Evangelium von Jesus. Und das kann man im Internet verbreiten, damit die Menschen in den Gottesdienst gehen und Gott begegnen. Aber wenn man unbedingt hipp sein will und Gottesdienste im Internet feiern will, bleiben die Gottesdienste online genauso leer wie offline.

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Katholischerseits kann ich noch zweimal Online-Gottesdienst in Form von Stundengebet, genauer gesagt der Komplet, ergänzen:

2.2 ~o~ heißt: „Friede sei mit dir“ — Gottesdienste im Internet

Facebook-Gottesdienst, Twittagsgebet, Chatandacht oder Online-Abendmahl — alleine diese Worte zeigen schon, was es im Netz alles gibt. Allerdings, was technisch geht, muss theologisch noch lange nicht gut sein.

Das Web 2.0 hat die Trennung zwischen Produzenten und Konsumenten, aufgehoben, wir alle sind Prosumer geworden, d.h. wir produzieren und konsumieren Inhalte. Auf Gottesdienste übertragen heißt dies, die Trennung zwischen der Liturgin bzw. dem Liturgen (dem Produzenten bzw. der Produzentin eines Gottesdienstes) und der Gemeinde (den Konsumenten eines Gottesdienstes) ist aufgehoben. Diese Möglichkeiten des Web 2.0 werden allerdings nicht immer genutzt, man findet daher auch im Internet Gottesdienst 1.0, d.h. traditionelle Gottesdienst-Formen aus der Kohlenstoffwelt, die eins zu eins ins Internet transponiert werden, ohne die durch das Web 2.0 gegebenen Kommunikationsformen zu nutzen. Andererseits gibt es in den Weiten der Online-Welten auch immer jemand, der oder die Experimentelles einfach umsetzt und neue Online-Techniken nutzt, ohne sich für diese Gottesdienstform die kirchenamtliche Erlaubnis einzuholen.

Streaming von Gottesdiensten

Das Streaming — also eine Live-Übertragung über das Internet — war 2001 noch etwas besonderes, als die rheinische Kirche auf ekir.de erstmalig einen Pfingstgottesdienst live ins Internet streamte. Damals ein innovatives Konzept, würde sich heute allerdings niemand mehr Online-Streams in Briefmarkengröße ansehen wollen. Internetübertragungen von Gottesdiensten sind so normal geworden, dass man in der Regel nichtmals mehr an den Verbreitungsweg denkt. Man kann beispielsweise den ZDF-Fernsehgottesdienst über Antenne, Satellit oder eben das Internet ansehen, das Internet ist nur der Übertragungskanal, die Form des Gottesdienstes wird aber nicht durch das Netz beeinflusst. Was in den USA oder Skandinavien schon üblich ist, fasst auch in Deutschland Fuß, es gibt bereits Gemeinden, die regelmäßig den Gemeindegottesdienst ins Internet übertragen.

On-demand-Video

Neben der Live-Übertragung gibt es auch das Bereitsstellen von ondemand-Videos von Gottesdiensten. Ob Übertragung oder on-demand. Online-Angebote sind natürlich besonders interessant für Gemeinden, an deren Gottesdienste bestimmte Zielgruppen nicht vor Ort teilnehmen können. Die Cathedral of Hope in Dallas cathedralofhope.com ist eine so genannte open and affirming church, also eine Gemeinde innerhalb der UEK-Partnerkirche United Church of Christ, die schwule, lesbische und Transgender-Christen explizit einlädt. Da es in Texas nicht in allen Städten solche offene Gemeinden gibt, können aufgrund des langen Weges viele Interessierte nur unregelmäßig am Gottesdienstleben teilnehmen. Daher setzt die Cathedral of Hope auch auf das Internet und bietet ihre Gottesdienste auch on-demand im Internet an. Um die Rückbindung an die Gemeinde vor Ort herzustellen, werden die Internet-User gebeten, dem Pfarrer bzw. der Pfarrerin das Ansehen des Gottesdienst-Videos mitzuteilen, die Gemeinde spricht dann von der Online-Teilnahme am Gottesdienst.

Interaktive Gottesdienste

Einen Schritt weiter gehen interaktive Gottesdienst. Das Internet ist funktioniert hier auch als Rückkanal zur versammelte Gemeinde. Die Online-Teilnehmer am Gottesdienst spielen über Email, Chat oder Twitter bzw. Facebook ihre Anliegen wieder zurück in das gottesdienstliche Geschehen der versammelten Gemeinde. Beispielhaft dafür ist der ZDF-Gottesdienst zum Volkstrauertag 2006. Unter dem Titel „Stärker als Geschichte“ wurde aus der Christus- und Garnisonkirche in Wilhelmshaven nicht nur ein Gottesdienst im Fernsehen und als Internet-Stream übertragen. Sondern über das Internet konnten sich Menschen aktiv im Vorfeld der Übertragung über ein Blog und dessen Kommentarfunktion einbringen, während der laufenden Sendung könnten sie online Fürbitten posten, die dann verlesen und übers Fernsehen übertragen wurden. Während des Gottesdienstes gab es einen Chat. Das Internet eröffnete im Gegensatz zum Fernsehen einen Rückkanal, so dass die Nutzerinnen und Nutzer Fragen stellen oder sich mit ihren Anliegen an Seelsorger wenden können. So wünschenswert solche partizipatorischen Gottesdienste sind, es gibt sie nicht oft, denn die Vorbereitung ist deutlich aufwändiger.

Zu diesem Genre könnte man auch den nach eigenen Angaben ersten katholischen Facebook-Gottesdienst [44] im April 2012 zählen, der mit dem Slogan „Einloggen, anklicken, mitfeiern“ beworben wurde. Dem Gottesdienst merkte man deutlich die Herkunft aus der Fernseharbeit an, auch wenn er nur über das Internet gesendet wurde. Neben dem Priester gab es ein gutes Dutzend Gottesdienstbesucherinnen und -besucher auf den Bänken einer Kapelle. Eine Online-Redakteurin trat neben den Pfarrer und verlas vom iPad, was die Facebook-User mitteilten; dies wurde dann wieder live gestreamt.

Bei diesem Gottesdienst wurde die Problematik von Online-Gottesdiensten deutlich: Durch das Medium Internet als solches wird ein Gottesdienst nicht automatisch interaktiv. Auch die Menschen in den Bänken hätten zum Mikro gehen können und Fürbitten vortragen können oder sie hätten selbst ihr Smartphone zücken können und ihre Anliegen posten können — aber sie verhielten sich wie sonst bei Gemeindegottesdiensten: zuhören, mitbeten, mitsingen. Oder zielte der Gottesdienst eigentlich auf die Facebook-User irgendwo draußen im WWW ab und sind die in der Kapelle versammelten Menschen nur schmückendens Beiwerk? Dann hätten ihre Interaktionen aber im Mittelpunkt stehen müssen und nicht nur von einer Reporterin verlesen werden dürfen. Es ist schwierig, zwei Zielgruppen — vor Ort und online — in einem Gottesdienst einzubeziehen und beiden gleichsam gerecht zu werden.