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© 2015 Name des Autors/Rechteinhabers:
Gerth Haase

Illustration: Gerth Haase

Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN: 978-3-7386-6072-2

Inhaltsverzeichnis:

  1. Die Mücke, eine wichtige Rolle im Ökosystem
  2. Ich erblickte das Licht der Welt
  3. Überall droht Gefahr
  4. Die körperliche Vereinigung
  5. Ich fieberte nach Blut
  6. Eine proteinreiche Mahlzeit
  7. Menschen sind eine besonders große Bluttankstelle
  8. Mut ist wie ein Abenteuer
  9. Menschen sind eigenwillige Wesen
  10. Es war das Gefühl des Todes
  11. Wie ein Basejumper stürzte ich mich auf den wohlriechenden Körper
  12. Nach der Verdauung kommt die Eiablage

1. Die Mücke, eine wichtige Rolle im Ökosystem

Hallo. Ich heiße Silvana und bin ein weiblicher Zweiflügler, ein nützliches Wesen, das eine ökologische Nische im System ausfüllt. Doch Menschen befürworten nicht unbedingt die Gegenwart von Lebewesen meiner Art. Sie sind der Meinung, dass wir nur die Windschutzscheiben beim schnell fahren auf der Landstraße verdrecken; dass wir ständig dafür sorgen, das Ehemänner aus dem Bett gejagt werden, um mit dem Pantoffel bewaffnet hinter uns her zu jagen; dass unsere Anwesenheit nur zu ekstatischen Nachtpartys anregen; dass wir angeblich eine wesentliche Rolle zum Erwerb von Malaria beitragen; dass wir als Schmarotzer bezeichnet werden, weil wir auf Kosten anderer es uns gut ergehen lassen und das man den Standpunkt vertritt, dass wir zu Elefanten mutieren können, nur weil wir auch über einen Rüssel verfügen.

Dabei sind wir doch zart gebaute, schlanke Wesen mit langen, gut geformten Beinen, nettem Aussehen, einer sportlichen Taille, Fühlern am Kopf als Rezeptoren und leicht beschuppten Flügeln. Wir können bis zu hundert Metern hoch fliegen und das mit einer schwindelerregenden Geschwindigkeit von nahezu zwei Kilometer pro Stunde.

Außerdem sind wir sehr liebebedürftige Wesen, die bis zu dreihundert Eier legen können, die dann fürsorglich in Tümpeln, Regentonnen, ja sogar in mit Wasser gefüllten Vertiefungen eines zusammengeknüllten Plastikbeutels gelegt werden.

Ja ich gehöre zur Klasse der Insekten, zur Unterklasse der Fluginsekten innerhalb der Ordnung der Zweiflügler, die der Familie der Stechmücken, der Gattung Culicidae angehören.

Gerade weil Menschen uns als lästig empfinden, uns als Virusüberträger bezeichnen, grenzen sie uns leider in jeder Hinsicht aus. Dabei sind es nur bestimmte Mücken die daran schuld sind, dass jährlich zig Millionen Menschen auf der Welt in Kliniken eingewiesen werden. Es ist die Anopheles, eine Fiebermücke die sich in subtropischen Gebieten aufhält und jährlich den Tod vieler Menschen auf dem Gewissen hat.

Im Mittelmeerraum existiert sogar eine besondere, unangenehme Mückenart, die Phlebotominae eine Sandmücke aus der Familie der Schmetterlingsmücken, die das Pappataci Fieber überträgt. Ein plötzlich auftretendes Krankheitsgefühl mit hohen Körpertemperaturen und starken Kopfschmerzen, das besonders an der Stirn und hinter den Augen wahrgenommen wird. Doch im Gegensatz zu Malaria, ist das Pappataci Fieber nicht tödlich.

In England lebt eine ganz besondere Mückenart, die an den Film "Die Zeitmaschine" erinnert. Ein Film, der weit in der Zukunft spielt, wo die Erde verseucht wurde und die menschliche Zivilisation sich in zwei Gruppen gespaltet hatte. Die eine Gruppe war das Volk der Eloys. Sie leben oberirdisch, ernähren sich von Obst und Früchten und leben in einer paradiesisch anmutenden Landschaft. Die anderen waren das Volk der Morlocks. Sie leben unterirdisch in einem Labyrinth mit maschinenangetriebenen Apparaten.

In der Londoner U-Bahn ist es nicht viel anders. Mücken die einst von Menschen-und Vogelblut lebten, haben ihr Domizil in die unterirdischen Schnellbahnstrecken verlegt, mussten sich auf Rattenblut umstellen und können sich nicht mehr mit oberirdischen Stechmücken paaren.

Unsere Gattung ist dagegen harmlos. Mit unserem spezialisierten Mundwerkzeug, dem saugenden Rüssel, können wir die Haut von Menschen durchbohren, ohne dass sie es merken und uns an dem roten Blutfarbstoff laben.

Der Mensch zählt nun mal eben zu unseren attraktivsten Opfern. Das im Köper pulsierende Blut und die dort enthaltenen Proteine, sind für die Reifung unserer Eier nach der Paarung äußerst wichtig. Wir brauchen die eiweißhaltige Nahrung für die Aufzucht unserer Nachkommen.

Der Mensch hat so viel davon und wir nehmen doch nun wirklich nur so wenig Blut, dass dieser kleine Tropfen gar nicht auffällt.

Mit unserem Stechrüssel, der rundum eine gezackte Oberfläche hat, ritzen wir ganz vorsichtig in die Haut ein und berühren dabei kaum Nerven, sodass man nicht mal den Stich bemerkt. Damit sich die Einstichstelle nicht gleich wieder schließt, das Blut nicht gerinnt, spritzen wir ein wenig von unserem Speichel in die Einstichstelle, das betäubt sie ein wenig. Hat auch seinen Vorteil, dass wir nicht immer wieder nachstechen müssen, um Blut zu saugen.

Wenn wir dann vollgesaugt sind und dreimal zu schwer abfliegen, puh da haben wir ganz schon was zu schleppen. Sind wir erstmal abgeflogen, bemerkt auch schon bald der menschliche Körper den fremden Mückenspeichel: Es fängt nämlich an zu jucken.

Er ist aber nicht giftig, wie bei Wespen und Bienen. Es sind nur einige Stoffe, auf die der menschliche Körper allergisch reagiert. Deshalb gibt es diese Quaddeln, die dann auch noch jucken. Wenn man dann noch kratzt und reibt, verteilt man nur noch den Speichel unter der Haut und vergrößert dadurch die juckreizende Stelle.

Manche Menschen glauben, dass sie ständig von uns gestochen werden. Das kann natürlich vorkommen, liegt aber nicht am Geschmack des Blutes. Uns ist es ziemlich egal ob es süß oder bitter, schal oder salzig, trocken oder saftig schmeckt. Es ist eher der Mix aus verschiedenen Düften, die von den Menschen über die Haut ausgeströmt werden, wie die Zusammensetzung von Fettsäuren und Schweiß. Auch Menschen nach dem Sport sind interessant, aber nicht nur weil sie schwitzen, nein weil sie mehr vom dem herrlich duftenden Kohlendioxid ausatmen.

Na gut, manche haben auch eine unangenehme Ausdünstung. Das kann am Essen liegen oder am kulturellen Engagement, am Saufen. Auch von Füßen, die mich wie ein Gouda vom vorletzten Monat anlachen oder von T-Shirts mit faulig übelriechendem Geruch, der durch einen bakteriellen Zersetzungsprozess erzeugt wurde, halten wir uns fern. Da bleibt einem dann selbst der Atem weg.

Angenehmer Geruch geht meistens von Frauen aus, wie der Duft einer Frühlingswiese, einer würzigen Meeresbrise; wie Vanille und Orchideen oder Bratapfel mit Zimt und Zucker.

Wenn wir derartige Gerüche identifizieren, das Aroma Einatmen, es dann am Gaumen entlang leiten und es so riechen wie auch schmecken, uns einfach daran statttrinken, dann kann es schon mal vorkommen, dass wir über uns hinaus wachsen.

Es ist wie ein gaumenschmeichelnder Leckerbissen, eine Sinnesexplosion des Geschmackes, eine Freude ohne Gleichen. Wie eine liebevoll zubereitete Speise, die an den empfindlichen Gaumen eines Gourmets gelangt ohne irgendwelche Kochshows aus den TV-Programmen gesehen zu haben, wo angebliche Sterneköche mit ihrer Selbstbeweihräucherung so tun, als wenn sie die einzigen Menschen auf der Welt sind, die kochen könnten.

Viele bezeichnen uns deshalb auch als Dracula oder Vampir. Was für ein Blödsinn oder mutieren wir zu afrikanischen Flughunden? Haben wir uns besonders lange Eckzähne wachsen lassen? Besteht unser Schlafzimmer aus einem Sarkophag mit einer Matratzenbespannung aus weißer glänzender Viskose? Flüchten wir vor knoblauchartigen Mundgeruch? Nein! …Naja, manchmal vielleicht schon.

Nun gut auch wir sind meistens nachts unterwegs. Warum? Weil unsere Augen perfekt an die Dunkelheit angepasst sind. Sie sind tausendmal empfindlicher, als die der Menschen. Schon eine Lichtquelle in einigen hundert Meter Entfernung, konnte uns blenden.

Mit unseren äußerst sensiblen kleinen Härchen an unseren Fühlern, können wir kilometerweit Geruchsinformationen aufnehmen. Alle Verhaltensweisen, die wir zum Überleben brauchen wie Ernährung oder Paarungsverhalten sind von unserem feinfühligen Geruchssinn abhängig.

Auch Luftbewegungen und Körperdüfte können wir wahrnehmen, die uns ziemlich genaue Informationen liefern, wie groß und wie weit es entfernt ist.

Ansonsten ernähren wir uns genauso wie unsere Männchen vom Nektar und anderen zuckerhaltigen Pflanzen- oder Fruchtsäften.

Viele werfen alle Mückenarten in einen Topf und bezeichnen uns als lästige Blutsauger, die den ohnehin schon viel gestressten Menschen das Leben noch ein bisschen schwerer machen. Angebrachter wäre es zu differenzieren und uns als Stechmücke zu bezeichnen, denn es gibt auch welche die nicht stechen, wie zum Beispiel die Zuckmücke. Ihr Mundwerkzeug ist zum Stechen und Blutsaugen nicht geeignet. Man nennt sie auch Tanzmücken oder Schwarmmücken.

Sie versammeln sich zu Gruppen über Seen und Teichen und fliegen unkontrolliert im Zick Zack hin und her, als wenn sie ein geometrisches Muster in der Luft zeichnen würden. Bzzzzz, bzzzzz, bzzzzz, bzzzzz. Auch sie führen einen Paarungstanz mit rückartigen Richtungs- und Kurzänderungen, unruhigen hin und her Bewegungen aus. Es ist die Aufführung eines charakteristischen Tanzes, um einer männliche Mücke die Paarungsbereitschaft zu gestehen. Nach der Paarung sinken die Weibchen erschöpft ab, bewegen sich dann zur Seeoberfläche und legen ihre Eier auf dem Wasser ab.

Im Gegensatz zu uns Mücken, sind aber Stubenfliegen viel lästiger. Sie reden nicht viel, nur in ihrer Angriffslust hört man immer wieder das ssssshhhhhhh, ssssshhhhhhh von ihnen, was viel heißt wie: Fliegen wir nach Hause oder nehmen wir uns einen Menschen. Meistens stehen sie, nachdem sie im Kot gebadet haben, am Straßenrand und warten auf eine Mitfahrgelegenheit, um dann zwischen den Zähnen von Motorradfahrern zu landen.

Auch lieben sie den angenehmen Geruch des Methangases, dass aus Stickstoff, Sauerstoff, Kohlendioxid, Wasserstoff und Methan besteht und regelmäßig durch das Rülpsen einer Kuh ausgestoßen wird. Sie fliegen dann um die Mäuler der Wiederkäuer herum, um das extrem geruchsintensive Odeur ausgeprägter zu wittern. Bei uns würde so ein Gestank nur zur Bewusst- und Willenslosigkeit führen.

Außerdem haben sie die Fähigkeit vom Boden abzuheben, in der Luft zu schweben und ständig den Menschen vor der Nase herum zu fliegen. Das tun sie, weil auch sie sich vom Schweiß angezogen fühlen und da der Mensch für sie unglaublich attraktiv riecht, versuchen sie immer wieder auf der Haut zu landen. Sie haben genau wie wir hochempfindliche Sinnesorgane, die Körper-und Schweißgerüche wahrnehmen können. Sie können auch bei Menschen, die sich regelmäßig duschen und sehr auf ihr Hygiene achten, von den Körperdüften angezogen werden.

Ebenso liebt die vor-dem-Gesichtherumflieg-Fliege es, beim gemeinsamen Frühstück mit der Menschenfamilie dabei zu sein und ihre Mahlzeit direkt auf dem Marmeladenbrot sitzend einzunehmen.

Dann gibt es noch die goldgrün bis blau glänzenden, recht nett anzusehenden Schmeißfliegen, die sich besonders auf Festivals einen Spaß daraus machen dem eiligen Klogänger zuvorzukommen, indem sie dem Bedürfnisgeplagten hinterher fliegen und sich gemeinsam mit ihm die Toilettenbrille teilen.

Ihre Eier legen sie auf faulen Stoffen und Stinkmorcheln ab, sowie auf offenen Wunden oder gar in den Resten des Nassfutters von Hasso oder der Miezekatze.

Wenn ich das im Vergleich sehe, dann sind wir Stechmücken doch relativ wenig belästigend. Wir attackieren keinen Menschen am helllichten Tag, nehmen Rücksicht auf den wohlverdienten Feierabend und warten solange an der Wand, bis sich alles im Zimmer beruhigt hat. Meistens warten wir sogar solange, bis alle Schlafen, bevor wir uns bemerkbar machen.

Eine ältere Freundin von mir hatte immer gesagt, pass auf die Menschen auf. Sie versuchen mit allen Tricks uns Mücken zu verscheuchen. Mit Knoblauchkonsum haben sie es versucht, doch die scharfen Knollen hatten keinen Eindruck auf uns gemacht.

Dann hat man es mit Rauch versucht, auf offenem Feuer gekocht. Doch das Verbrennen von Holz konnte keinen überzeugenden Beweis für ein Vertreiben bringen. Selbst ein Lagerfeuer taugte nicht zur Abwehr und Zigarettenrauch erst Recht nicht.

Mit Licht hatte man es versucht. Hallo, wir sind doch keine Motten die vom Licht angezogen werden. Wir riechen die Ausatmung und an wen wir uns laben, hängt ganz alleine davon ab, wie der Mensch duftet.

Naja und sich hinter möglichst großen und schwitzenden Männern zu verstecken, dass kann schon funktionieren, da große kräftige Männer die Körperwärme besser speichern können und das dessen Schweiß uns schon eher antörnt. Abgesehen von dem moralischen Zweifel, einen anderen Menschen als Mückenfalle zu benutzen.

Mit natürlichen Ölen, wie das aus Zitronengras gewonnene Citronella-Öl, hatte man es versucht, doch die Wirkung verflog bereits nach kurzer Zeit wieder. Für die Nacht war diese Methode nicht geeignet und ganz so sanft wie oft angenommen sind Öle auch nicht.

Moskitonetze, die mechanische Gewalt uns Mücken von den Menschen fernzuhalten. Dabei benötigen wir doch das Protein aus dem menschlichen Blut um nach der Befruchtung Eier zu bilden und abzulegen. Ohne das Protein können wir uns nicht fortpflanzen.