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ISBN Print: 978 3 8006 6626 3
ISBN E-Book: 978 3 8006 6628 7

© 2021 Verlag Franz Vahlen GmbH,
Wilhelmstr. 9, 80801 München
Satz: Fotosatz Buck
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Druck und Bindung: Beltz Grafische Betriebe GmbH
Am Fliegerhorst 8, 99947 Bad Langensalza
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eBook Datagroup int. SRL, 300665 Timisoara, România

Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier
(hergestellt aus chlorfrei gebleichtem Zellstoff)

Chief Behavioral Officer

Wie Sie mit den psychologischen
Erkenntnissen der Verhaltensökonomie
den Unternehmenserfolg erhöhen

 

von
Dominik Imseng

 

 

 

 

 

 

Verlag Franz Vahlen GmbH München
Versus Verlag Zürich

Zum Inhalt:

Sorgen Sie für Kaufentscheidungen zu Ihren Gunsten

Die Verhaltensökonomie (engl. Behavioral Economics) untersucht, wie Menschen Entscheidungen treffen. Darum sind die Erkenntnisse von Verhaltensökonomen wie Daniel Kahneman („Schnelles Denken, langsames Denken“) oder Dan Ariely („Predictably Irrational“) für Unternehmen äusserst wertvoll. Denn wer weiss, wie Kunden Entscheidungen treffen, weiss auch, wie sich diese beeinflussen lassen.

Dominik Imseng – Partner bei einem erfolgreichen ver haltensökonomischen Beratungsunternehmen in Zürich – zeigt Ihnen in diesem Buch praxisnah und unterhaltsam auf, wie Sie mit dem Wissen der Verhaltensökonomie Ihr Angebot überzeugender, Ihr Marketing wirksamer und das Kundenerlebnis attraktiver machen.

Verschaffen Sie sich einen legalen unfairen Wettbewerbsvorteil – mit den Erkenntnissen der Verhaltensökonomie. Sie werden so nicht nur besser wirtschaftliche Heraus forderungen meistern, sondern auch die Basis für den nachhaltigen Erfolg von morgen legen.

Zum Autor:

Bild: Jonas Kuhn

Nach Stationen im Journalismus und in der Werbung entdeckte ­Dominik Imseng 2008 die Verhaltensökonomie (engl. Behavioral Economics). Seitdem nutzen er und sein Geschäftspartner Marcus Gretener erfolgreich verhaltensökonomische Erkenntnisse in den Bereichen Produktentwicklung, Marketing und Customer Experience. Die beiden Inhaber von smartcut consulting in Zürich durften schon über 100 erfolgreiche Projekte begleiten.

Dominik Imseng ist studierter Politikphilosoph und schreibt regelmässig über Innovationsthemen, unter anderem in der „NZZ am Sonntag“. 2018 erschien von ihm ein erfolgreiches Buch über die Kunst, mit guten Ideen Probleme zu lösen: „Der einarmige Judo-Champion: Wie Sie aus einem Nachteil einen Vorteil machen und 49 weitere kreative Superkräfte“ (Hermann Schmidt Verlag, Mainz).

www.smartcut.consulting

5Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Kapitel 1:
Homer Simpson vs. Homo oeconomicus
Wie Sie dank der Verhaltens­ökonomie irrationale Kaufentscheidungen verstehen

Kapitel 2:
Ein Dessert für 1000 Dollar
Wie Sie mit Anchoring die Zahlungsbereitschaft erhöhen

Kapitel 3:
„Nobody ever got fired for buying IBM“
Wie Sie dank Loss Aversion für mehr Marketing-Power sorgen

Kapitel 4:
Eine neue Brille fürs Hirn
Wie Sie mit Framing Ihr Angebot einzigartig machen

Kapitel 5:
Bullshit-Regeln
Wie Sie mit Debiasing Ihre Innovationskraft stärken

Exkurs:
Pragmatisch statt akademisch
Warum Sie die Verhaltensökonomie nicht zu einem Wissenschaftler machen muss

Kapitel 6:
Salz im Trinkgeld-Glas
Wie Sie mit Social Proof Kundenverhalten lenken

Kapitel 7:
Wein oder Wein?
Wie Sie mit Choice Architecture Kaufentscheidungen gestalten

6Kapitel 8:
Der 300-Millionen-Dollar-Button
Wie Sie mit weniger Friction für höhere Erlöse sorgen

Kapitel 9:
Subjektiv = Objektiv
Wie Sie mit der Peak-End Rule das Kundenerlebnis optimieren

Kapitel 10:
Verlernen lernen
Wie Sie mit Reframing den Unternehmenserfolg sichern

Nachwort

Glossar

Bonus

Weiterführende Literatur

Weiterführende Podcasts

Weiterführende TED-Talks

Weiterführende Online-Kurse

Weiterführende Newsletter

Dank

Anmerkungen

7Vorwort

8Ganz gleich, in welcher Branche ein Unternehmen tätig ist: Es ist im Geschäft der Verhaltensänderung. Statt dass Kunden ein Angebot ignorieren, sollen sie es überzeugend finden. Statt dass sie nur einmal kaufen, sollen sie es immer wieder tun. Statt dass sie nur wenig zu zahlen bereit sind, soll ihnen ein Angebot mehr wert sein.

Doch: Wie verändert man das Verhalten von Kunden? Wie beeinflusst man erfolgreich Kaufentscheidungen?

Normalerweise wird die Beantwortung dieser Fragen den Marketingprofis überlassen. Es ist an ihnen, ein relevantes und differenzierendes Angebot zu kreieren und erfolgreich zu vermarkten. Weil das aber nicht immer gelingt, begann im angelsächsischen Raum vor etwa zehn Jahren eine Entwicklung, die mittlerweile auch in europäischen Unternehmen angekommen ist. Ich spreche von der Nutzung der Erkenntnisse der Verhaltensökonomie (engl. Behavioral Economics), 9einer Disziplin der Wirtschaftswissenschaften, die sich mit dem menschlichen Entscheidungsverhalten befasst.

Noch zwei Minuten und das Taxi ist da: Berücksichtigung von Ambiguity Aversion beim Warten auf ein Uber

Damit liegt die Businessrelevanz der Verhaltensökonomie auf der Hand. Denn ein Kaufentscheid ist genau dies – ein Entscheid. Und wenn Unternehmen wissen, wie Menschen Entscheidungen treffen, können sie Produkte und Dienstleistungen entwickeln, die den Erwartungen von Kunden gezielt entsprechen.

In vielen amerikanischen und britischen Unternehmen gehören darum Verhaltensökonomen seit Jahren fest zum Team – bis hin zum Chief Behavioral Officer. Insbesondere im Silicon Valley ist ein Unternehmen ohne verhaltensökonomische Abteilung undenkbar. So setzt z. B. der Taxi-Dienst Uber konsequent auf Behavioral Insights. Und das sehr erfolgreich.

Zur Erinnerung: Vor Uber war das gewöhnliche Taxi die perfekte Lösung für ein dringendes Problem: Wie komme ich schnell, bequem und sicher von A nach B?

Seit Uber ist das traditionelle Taxi nicht mehr die Lösung für dieses Problem, sondern selbst das Problem. Nehmen wir nur einmal den Taxameter. Die Tatsache, dass der Zähler ständig steigt, lässt uns das empfinden, was Verhaltensökonomen Pain of Paying (Schmerz des Bezahlens) nennen. Tatsächlich zeigen Brain-Scans, dass die Schmerzzentren in unserem Hirn aktiviert werden, wenn wir ans Geldausgeben denken müssen.1

Die Verhaltensökonomen bei Uber haben diesen „Schmerzpunkt“ erkannt und darum dafür gesorgt, dass die App von vornherein klar macht, wie teuer die Fahrt werden wird. Im Gegensatz zu gewöhnlichen Taxis lässt uns Uber auch nicht im Unklaren, wann der Fahrer kommt, ob er überhaupt kommt und wie lange die Fahrt dauern wird. Denn die Verhaltensökonomie weiss: Wir Menschen hassen Unsicherheit. Ein psychologisches Phänomen, das als Ambiguity Aversion (Unklarheitsabneigung) bekannt ist.2

Verstehen Sie mich nicht falsch: Natürlich braucht es für das Funktionieren von Uber Technologie, darum beschäftigt die App auch jede Menge Programmierer. Aber es sind die Verhaltensökonomen bei Uber, die diese Technologie erst relevant machen. Sie sind es, die herausfinden, welche Bedürfnisse und Wünsche wir im Mobilitätsbereich haben, und so für den riesigen Erfolg der Taxi-App sorgen.

*****

10Dieses Buch wird Ihnen zeigen: Auch Sie können mit den Erkenntnissen der Verhaltensökonomie Ihr Angebot überzeugender, Ihr Marketing wirksamer und das Kundenerlebnis attraktiver machen.

Am besten beginnen wir wohl damit, dass Sie die wichtigste Lektion der Verhaltensökonomie lernen. Dass Sie nämlich schizophren sind.

Wie, das wussten Sie noch nicht? Na, dann einfach mal umblättern.

11Kapitel 1

Homer Simpson vs. Homo oeconomicus

Wie Sie dank der Verhaltens­ökonomie irrationale Kaufentscheidungen verstehen

12Erinnern Sie sich an Spock aus der TV-Serie „Star Trek“? Der Typ mit den langen, spitzen Ohren, der nie lacht?

Der wissenschaftliche Offizier an Bord des Raumschiffs Enterprise ist halb Mensch, halb Vulkanier. Das heisst: Er stammt väterlicherseits von einem Volk in den Weiten des Universums ab, das alle Gefühle unterdrückt und nur an die reine Logik glaubt.

Als der Verhaltensökonom Richard Thaler und der Rechtsprofessor Cass Sunstein 2008 den Bestseller „Nudge“ veröffentlichten (eines der ersten Bücher, das die Erkenntnisse der Verhaltensökonomie einem breiten Publikum vorstellte), verglichen sie die Figur des hochrationalen Spock mit der aus einer anderen TV-Serie – Homer Simpson.

Homer ist irrational, emotional und unvernünftig. Und entspricht so der wahren Natur von uns Menschen viel mehr als der stets logisch deduzierende Spock. Tatsächlich gibt es den Homo oeconomicus der klassischen Wirtschaftslehre – diesen immerzu kühl kalkulierenden Nutzenmaximierer – genauso wenig wie das Volk der Vulkanier.

Das wissen auch die klassischen Ökonomen. Und doch beginnen Bücher über Verhaltensökonomie meist damit, dass sich die Autorin oder der Autor über die Vorstellung eines hochrationalen Homo oeconomicus lustig macht. Was für weltfremde Theoretiker diese klassischen Ökonomen doch seien. Und wie schlau die Verhaltensökonomen, die 13als erste entdeckt hätten, dass es den Homo oeconomicus überhaupt nicht gibt.

Homo oeconomicus: rational

Homer Simpson: emotional

Unvernünftige Entscheidungen

Die Wahrheit ist: Der Homo oeconomicus der klassischen Wirtschaftslehre ist eine theoretische Annahme, um das wirtschaftliche Verhalten von Menschen vorherzusagen. Und oft ist diese Annahme auch sehr praxistauglich. Aber oft eben auch nicht. Ich gebe Ihnen drei Beispiele:

  1. Wir verdienen lieber 80’000 Euro im Jahr und gehören damit zu den Top Dogs in der Firma, statt dass wir 100’000 Euro verdienen, aber weniger bekommen als die meisten unserer Kollegen.3
  2. Wir kaufen ein Produkt eher, wenn es 39,99 Euro kostet, als wenn wir es für 35 Euro haben könnten.4
  3. Wir fahren bei strömendem Regen ans andere Ende der Stadt, weil es dort das T-Shirt unseres Lieblingsvereins für 24 Euro gibt statt für 38. Aber dieselben 14 Euro Ersparnis sind uns egal, wenn in einem Laden ein Mantel für 686 Euro hängt, den es laut einem Freund am anderen Ende der Stadt für 672 Euro gibt.5

Erwartungsnutzentheorie

All diese ökonomischen Entscheidungen würden zwei Herren ziemlich nervös machen, wenn sie denn noch lebten: Oskar Morgenstern (1902–1977) und John von Neumann (1903–1957).

Die beiden Professoren sind die Väter der grundlegenden Entscheidungstheorie in den Wirtschaftswissenschaften – der Expected Utility Theory (Erwartungsnutzentheorie). Diese geht davon aus, dass wir immer den subjektiven Nutzen aller verfügbaren Entscheidungsoptionen berechnen und dann gezielt jene Option wählen, die den grössten erwarteten Vorteil verspricht.

Von Emotionen oder von der Art, wie Entscheidungsalternativen präsentiert werden, lassen wir uns dabei laut Morgenstern/von Neumann genauso wenig beeinflussen wie ein Computer. Tatsächlich gehen die 14beiden Begründer der Erwartungsnutzentheorie davon aus, dass unsere Berechnung des subjektiven Nutzens von Entscheidungsoptionen mit mathematischer Präzision erfolgt.6

Anspruch und Wirklichkeit

Da unser ökonomisches Handeln der Erwartungsnutzentheorie regelmässig widerspricht (siehe die Beispiele oben), entstand seit den 1970er-Jahren die Verhaltensökonomie, die die Irrationalität unserer wirtschaftlichen Entscheidungen untersucht. Oder anders formuliert: Die Verhaltensökonomie beschreibt, wie Menschen in ökonomischen Situationen wirklich entscheiden und handeln (deskriptiv). Statt nur zu empfehlen, wie sie entscheiden und handeln sollten (normativ).

Jetzt fragen Sie sich vielleicht: „Kann dieses Wissen über irrationale wirtschaftliche Entscheidungen nicht missbraucht werden?“ Und ich muss ganz ehrlich antworten: Doch, das kann es. Ein verhaltensökonomisch geschulter Restaurantbesitzer könnte z. B. dafür sorgen, dass seine Gäste eine teurere Flasche Wein bestellen. Und zwar dadurch, dass er am Anfang der Weinkarte Flaschen für 200 Euro und mehr aufführt. Im Vergleich dazu wird ein Tropfen für 97 Euro wie ein Schnäppchen wirken. (Mehr über das, was Verhaltensökonomen Anchoring nennen, erfahren Sie im nächsten Kapitel.)

Vielleicht kennt der Restaurantbesitzer auch die im Vorwort erwähnte Pain of Paying und lässt darum auf der Weinkarte bei den Preisen das Währungszeichen weg (es steht also z. B. nur 83 statt EUR 83), denn so fällt es den Gästen leichter, Geld auszugeben. Tatsächlich zeigte ein Experiment, dass sich der durchschnittliche Bestellwert durch das Weglassen des Währungszeichens signifikant erhöht.7

Auch der Ober könnte sich die Erkenntnisse der Verhaltensökonomie zunutze machen und jeweils zwei Bonbons auf die Rechnung legen, denn in einem Experiment erhöhte sich so das Trinkgeld um durchschnittlich 14 Prozent.8 Vielleicht legt der Ober aber auch nur ein einzelnes Bonbon auf die Rechnung, läuft weg, dreht sich dann noch einmal um und sagt: „Weil ihr so nette Gäste wart, gibt es noch ein Extra-Bonbon!“ In einem Experiment erhöhte sich so das Trinkgeld noch mehr – um durchschnittlich 23 Prozent.9

15Unmoralische Beeinflussung?

Ist das, was in diesem Restaurant vor sich geht, manipulativ? In einem gewissen Sinne ja. Aber sollten wir darum die Erkenntnisse der Verhaltensökonomie in den Giftschrank der unmoralischen Beeinflussungstechniken sperren? Davon abgesehen: Warum sich überhaupt über die Moral oder Unmoral der kommerziellen Nutzung verhaltens­ökonomischer Erkenntnisse den Kopf zerbrechen? Marketing hat die Aufgabe, ein Angebot möglichst oft und möglichst teuer zu verkaufen und so den Erfolg eines Unternehmens zu sichern. Mit welchen Mitteln dieses Ziel erreicht wird, ist sekundär – oder etwa nicht?

Betrachten wir das Thema aus einer anderen Perspektive. Nehmen wir an, Sie warten schon seit Jahren auf eine Spender-Niere. Aber es gibt in Deutschland einfach nicht genug Menschen, die bereit sind, ihre Organe zu spenden. Wenn Sie jetzt mit dem Wissen der Verhaltens­ökonomie dafür sorgen könnten, dass über Nacht fast alle Deutschen Organspender sind: Wäre das für Sie ebenfalls manipulativ? Oder würden Sie in diesem Fall einen psychologischen Effekt nutzen, den die Verhaltensökonomen Default Bias (Neigung zur Standard-Option) nennen?

Konkret: Da das Thema Organspende komplex ist, entscheiden sich die meisten Deutschen, sich nicht zu entscheiden. Was dazu führt, dass nur wenige Deutsche ihre Organe spenden, denn in Deutschland muss man einer Organentnahme explizit zustimmen (die Standard-Option ist die, dass man grundsätzlich kein Organspender ist). Ganz anders in Österreich, wo man eine Organentnahme explizit verweigern muss, was dazu führt, dass fast alle Österreicher ihre Organe spenden (die Standard-Option ist die, dass man grundsätzlich Organspender ist).10

Wissen ist Macht

Was ich damit sagen will: Ja, das Wissen der Verhaltensökonomie über das menschliche Entscheidungsverhalten wird täglich tiefer und umfassender. Und ja, dieses Wissen – wie jedes Wissen – verleiht Macht. Macht, die Unternehmen missbrauchen können, indem sie noch wirkungsvoller das betreiben, was die klassischen Ökonomen – also nicht erst die Verhaltensökonomen – „Verhaltenslenkung“ nennen.

16

Mehrwert durch Verhaltensökonomie: das Crowdfunding für die WinterCARD der Saastal Bergbahnen AG

Und doch bin ich überzeugt: Auf jedes Unternehmen, das mit den Erkenntnissen der Verhaltensökonomie zu Unrecht den einen oder anderen Euro mehr verdient, kommen mindestens genauso viele, die ihr Wissen über das menschliche Entscheidungsverhalten im Sinne ihrer Kunden nutzen. Indem sie nämlich Produkte und Dienstleistungen mit echtem Mehrwert schaffen.

Ein Hammerdeal

Ein Beispiel dafür ist die WinterCARD, die mein Geschäftspartner Marcus Gretener und ich für die Saastal Bergbahnen AG in der Schweizer Feriendestination Saas-Fee entwickeln durften.

Dabei handelte es sich um einen Saison-Skipass für 222 Franken (statt normalerweise über 1000), der durch ein Crowdfunding möglich wurde. Die verhaltensökonomischen Erkenntnisse, die wir uns zunutze machten (Marcus und ich nennen das Behavioral Business Design), waren unter anderem folgende:

  1. Bandwagon Effect (Nachahmungseffekt): Kunden kaufen, was andere Kunden auch kaufen. Zu Beginn der Aktion speisten wir darum die WinterCARD-Bestellungen von Wiederverkäufern ein (z. B. Hotels), um dem Crowdfunding Momentum zu verleihen.11
  2. 17Intensity Bias (Intensitätsverzerrung): Die Aussicht darauf, für nur 222 Franken den ganzen Winter lang Ski fahren zu können, liess die WinterCARD-Käufer darüber hinwegsehen, dass sie im Durchschnitt nur an einigen Tagen auf der Piste stehen würden. (Wobei sie aber auch in diesem Fall noch vom tiefen Preis der WinterCARD profitierten.)12
  3. Mental Accounting (Mentale Buchführung): Weil die WinterCARD-Käufer so wenig für die Fahrt mit den Bergbahnen bezahlen mussten, blieb mehr Geld für Extras übrig. Z. B. im Restaurant, wo sich die Gäste noch ein Dessert gönnten. Oder beim Skivermieter, wo sie von einem Economy- zu einem Premium-Ski wechselten. Oder im Hotel, wo sie noch eine Übernachtung mehr buchten.13

Win-Win-Situation

Das Beispiel der WinterCARD zeigt: Mit den Erkenntnissen der Verhaltensökonomie lassen sich Produkte und Dienstleistungen entwickeln, die zu einer Win-Win-Situation führen: Zum einen profitieren Kunden von einem attraktiven neuen Angebot, zum anderen steigern Unternehmen die Erlöse. Tatsächlich sorgte die WinterCARD in der Destination Saas-Fee gemäss einer Studie der Hochschule Luzern allein in den Wintersaisons 2016/17 und 2017/18 für ein Umsatzplus von rund 30 Millionen Franken und eine zusätzliche Beschäftigung von umgerechnet 250 Vollzeitstellen.14

Wenn Sie jetzt trotzdem nicht weiterlesen mögen, weil Sie in der Verhaltensökonomie noch immer eine dunkle Wissenschaft der unterschwelligen Einflussnahme sehen, kommt hier ein Vorschlag: Nutzen Sie das Wissen der Verhaltensökonomen, um so erfolgreich zu werden, dass Sie sämtliche Unternehmen, die dieses Wissen missbrauchen, in den Ruin treiben.

Deal? Los geht’s!