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  Simone Ehrhardt– Das Geheimnis des goldenen Reiters | Ein Krimi zum Mitraten– SCM Kläxbox

ISBN 978-3-417-22719-2 (E-Book)
ISBN 978-3-417-28640-3 (lieferbare Buchausgabe)

Datenkonvertierung E-Book:
CPI – Ebner & Spiegel, Ulm

© 2014 SCM Kläxbox im SCM-Verlag GmbH & Co. KG
Bodenborn 43 · 58452 Witten
Internet: www.scmedien.de · E-Mail: info@scm-klaexbox.de

Umschlaggestaltung: Dietmar Reichert, Dormagen

Mein besonderer Dank geht an
Andrea, Uwe und Vera für ihre Unterstützung.

W.O.L.F. – das ist ein Detektiv-Club, bestehend aus den drei Freunden Olaf, Latif und Wuschel und Wuschels Ratte Freddy.

Olafist ein zwölfjähriger Junge mit kurzen braunen Haaren und einem ganz beachtlichen Intelligenzquotienten. Er hat fast immer gute Noten (außer in Sport) und bringt mit seinen Fragen manchmal sogar die Lehrer zum Schwitzen. Zusammen mit seiner Mutter lebt er in einer Drei-Zimmer-Wohnung. Als Computerfreak begeistert er sich natürlich für allen möglichen technischen Schnickschnack.
  
Latifist ebenfalls zwölf und geht in dieselbe Klasse wie Olaf. Er liebt Sport und ist am liebsten dauernd in Bewegung. Mit seinen Eltern und einem älteren Bruder bewohnt er eine nicht allzu große Vier-Zimmer-Wohnung. Latif versorgt den Detektivclub gelegentlich mit türkischen Leckereien, die seine Mutter selbst herstellt. Da er den Computer zu Hause mit seinem Bruder teilen muss, hat er oft Zeit, seine Nase in spannende Bücher zu stecken.
  
Wuschel  heißt eigentlich Katharina und ist zwölf. Sie geht in eine Parallelklasse der beiden Jungs. Katharina ist abenteuerlustig und bringt den Detektivclub häufig in größere Schwierigkeiten, als es eigentlich sein müsste. Genau wie Olaf und Latif liest sie mit Begeisterung Detektivgeschichten, außerdem nimmt sie Reitstunden. Sie hat eine kleine Schwester und wohnt mit ihr und ihren Eltern in einem großen Haus. Ihren Spitznamen Wuschel erhielt sie, weil … Nun, das erfährst du schon bald.
  
  
Freddyist Wuschels schokobraune Farbratte. Er frisst für sein Leben gern Erdnüsse und ist sehr intelligent. Eigentlich darf er nicht mit in die Schule, aber Wuschel schafft es immer wieder, ihn einzuschmuggeln. Wenn er entdeckt wird, gibt es jedes Mal ein großes Theater, inklusive Antreten beim Direktor, Einberufung der Eltern und anschließendem Hausarrest. Freddy ist aber wirklich völlig zahm, lässt sich gern streicheln und würde niemals weit weglaufen.

Wie funktioniert der Rätsel-Krimi?

Für Detektive ist es ganz besonders wichtig, dass sie die Augen und Ohren offen halten. Sie müssen alles ganz genau beobachten und gründlich zuhören. Schließlich weiß man nie, welche Kleinigkeiten später wichtig sein könnten.

Zum Schluss eines jeden Kapitels gibt es ein Rätsel, das du lösen kannst, wenn du beim Lesen gut aufgepasst hast. Mit jeder Lösung erhältst du einen Buchstaben. Wenn du am Ende alle Buchstaben zusammensetzt, ergibt das einen wichtigen Satz, den sich alle Detektive hinter die Ohren schreiben sollten :-)

Falls mal eine Frage etwas zu kniffelig sein sollte, findest du dazu auch noch ein paar hilfreiche Tipps!

Viel Spaß beim Lesen und viel Erfolg beim Knobeln!

Inhalt

Prolog: In einer finsteren Nacht …

Kapitel  1 · Eine Ratte verschwindet
Kapitel  2 · Eingeschlossen im Museum
Kapitel  3 · Freddy macht sich verdächtig
Kapitel  4 · Die Jagd beginnt
Kapitel  5 · Die Verfolgung
Kapitel  6 · Ein Club wird gegründet
Kapitel  7 · Der Fluch schlägt zu
Kapitel  8 · Es ist nicht alles Gold, was glänzt
Kapitel  9 · Das fremde Mädchen
Kapitel 10 · Eine abenteuerliche Geschichte
Kapitel 11 · Gefangen
Kapitel 12 · Goldglänzende Beweise
Kapitel 13 · Ein unvermutetes Geständnis
Kapitel 14 · Überzeugen ist schwer
Kapitel 15 · Alles wird gut – oder doch nicht?
Kapitel 16 · Ein neues Problem
Kapitel 17 · In der Warteschleife
Kapitel 18 · Abstecher in den Dschungel
Kapitel 19 · Nervige kleine Schwestern und sture Polizisten
Kapitel 20 · Schule – dabei gibt es so viel Wichtigeres
Kapitel 21 · Zurück ins Museum
Kapitel 22 · Neue Spuren
Kapitel 23 · Volles Risiko
Kapitel 24 · Auf feindlichem Gebiet
Kapitel 25 · Auf der Flucht
Kapitel 26 · Die Polizei – dein Freund und Helfer?
Kapitel 27 · Minuschka
Kapitel 28 · Der große Unbekannte
Kapitel 29 · Auch Detektive brauchen ihren Schlaf
Kapitel 30 · Ein glorreicher Abschluss

Extra-Tipps zum Rätsellösen

In einer finsteren Nacht …

Dunkelheit umhüllte den schwarz gekleideten, schlanken Mann. Er bewegte sich so geschmeidig wie eine Raubkatze. Lautlos huschte er durch die Gänge, um Ecken, vermied dabei sorgfältig die Berührung der herumstehenden Gegenstände. Handschuhe sollten Fingerabdrücke verhindern, eine Maske, die den Kopf vollständig verbarg und nur die Augen frei ließ, sorgte dafür, dass keine Haare herabfielen. Er kannte sich aus, wusste, dass die Polizei schon kleinste Spuren finden würde.

Ein kaum hörbares Geräusch ließ ihn abrupt innehalten und lauschen. Lange stand er regungslos da, wie ein Schatten. Wäre jemand vorbeigekommen, hätte er ihn nicht wahrgenommen. Als er sicher war, dass ihm keine Gefahr drohte, setzte er seinen Weg fort. Er näherte sich dem Treppenhaus, einer heiklen Stelle, weil es dort keine Verstecke gab. So schnell wie möglich ließ er es hinter sich, immer vorsichtig und auf alles gefasst.

Der Geruch von Geschichte schlug ihm entgegen. Er liebte diesen Duft. Für ihn war es der Atem alter Gegenstände – Artefakte aus der Vergangenheit, Zeugen ihrer Zeit, getränkt und angereichert mit den Erfahrungen, Gefühlen und Leiden der Menschen, die sie einst erschufen. Zu gern hätte er sich umgesehen, doch die Zeit drängte. Er durfte nicht noch länger bleiben. Er musste schnellstens erledigen, wozu er hergekommen war, und dann verschwinden.

Der Anblick der goldenen Statue im schmalen Lichtschein seiner Lampe bereitete ihm eine Gänsehaut. Er zählte innerlich bis zehn, beruhigte seinen Puls und seine Finger. Sie durften nicht zittern, wenn er das Stück berührte. Ganz vorsichtig streckte er die Arme aus und näherte sich der Figur Zentimeter um Zentimeter. Nur wenige Millimeter noch. Seine Fingerspitzen fühlten das Metall. Andächtig legte er seine Hände um die Statue, nahm sie sanft auf, drückte sie sich an die Wange und verstaute sie in dem mitgebrachten Beutel.

Im nächsten Moment lag der Raum wieder leer da, als wäre nichts geschehen.

Kapitel 1

Eine Ratte verschwindet

»Gääääähn! Ist das langweilig!«, verkündete der Junge neben Olaf laut und deutlich. Die Frau, die die Führung durch die Ausstellung im Museum machte, verstummte und schaute irritiert zu ihnen herüber. Olaf versuchte, sich hinter seinen Mitschülern zu verstecken, damit nicht noch jemand dachte, er sei das gewesen. Herr Trommler, der Lehrer, der am nächsten stand, zischte ein »Pssst« in seine Richtung.

»Was soll der Aufstand?«, flüsterte jemand Olaf ins Ohr. Er drehte sich um und sah, dass ein anderer Junge neben ihn getreten war. Er kannte ihn aus der Klasse, wusste aber seinen Namen nicht.

»Ist doch echt interessant«, fuhr der Junge fort. »Dschingis Khan und die Mongolen – das finde ich klasse. Die ritten auf ihren wilden Ponys und kämpften mutig gegen ihre Feinde. Sie eroberten fast ganz Europa.«

»Wusstest du, dass Dschingis Khan schon mit neun Jahren verlobt war?«

Der Junge riss die Augen auf. »Echt?«

»Klar, ich habe es in einem Buch gelesen.«

»Und mit zehn hat er geheiratet, oder wie?«

»Nö, erst ein paar Jahre später.« Olaf musterte den schwarzhaarigen Jungen genauer. »Du gehst in meine Klasse, oder?«

»Ja. Ich bin Latif.«

»Olaf.«

»Ich weiß.« Latif nickte ihm zu.

Natürlich, für Latif war es leicht, sich seinen Namen zu merken. Schließlich musste er sich nur an einen neuen Mitschüler gewöhnen – nämlich ihn, Olaf. Er selbst musste 26 Namen lernen. Nach einem Umzug ging er seit den Sommerferien in die Humboldt-Schule. Das gefiel ihm gar nicht, aber was konnte er schon tun? Augen zu und durch, sagte seine Mutter gern. Irgendwie würde es schon werden. Allerdings hatte er nach fast drei Wochen immer noch keine Freunde gefunden. Die Jungs in seiner Klasse machten einen Bogen um ihn und die Mädchen ignorierten ihn. Aber eigentlich ignorierten sie alle Jungs, außer, sie tuschelten miteinander, zeigten auf jemanden und kicherten wie verrückt. Nein, bis jetzt gefiel es ihm gar nicht in der neuen Schule.

»Schon eingewöhnt?«, fragte Latif, als hätte er seine Gedanken gelesen. Olaf schüttelte den Kopf.

»Wird schon«, meinte Latif und nickte wieder.

»Weiß nicht«, erwiderte Olaf. Er wollte noch mehr sagen, doch er wurde plötzlich von einem Mädchen abgelenkt. Es stand am hinteren Rand der großen Gruppe von Schülern, sah sich nach allen Seiten um und ging dann langsam in die Knie. Als sie abgetaucht war, ließ sie sich auf alle Viere nieder und fing an, hin- und herzukrabbeln. Dabei gab sie merkwürdige Geräusche von sich.

»Was macht die denn da?«, fragte Latif, der sie offenbar auch beobachtete.

»Kennst du sie?«, wollte Olaf wissen.

»Sie ist in der Parallelklasse, aber ich weiß nicht, wie sie heißt.«

»Vielleicht braucht sie ja Hilfe?«, überlegte Olaf. »Wir sollten hingehen und sie fragen.«

Er schob sich vorsichtig an den anderen vorbei. Er wollte keine Aufmerksamkeit erregen und die Führung nicht stören. Die siebten Klassen seiner neuen Schule besuchten gemeinsam die Ausstellung »Dschingis Khan – Mongolenfürst und Eroberer«. In drei Gruppen aufgeteilt durchwanderten sie mit je einem Museumsführer das Stockwerk und lauschten seinen Ausführungen. Die Begeisterung der Schüler hielt sich in Grenzen und die Lehrer hatten alle Hände voll damit zu tun, sie ruhig zu halten.

Latif folgte ihm und sie erreichten das Mädchen, ohne unangenehm aufzufallen.

»Hey«, sagte Olaf.

Das Mädchen sah hoch und verzog das Gesicht. »Was?«

»Hast du etwas verloren?«

»Lass mich in Ruhe.«

Latif schob sich näher. »Bist du immer so unhöflich? Wir dachten, du könntest Hilfe brauchen.«

Das Mädchen richtete sich widerwillig auf. »Nein danke. War das höflich genug?«

»Wie heißt du?«

»Katharina. Und du?«

»Ich bin Latif und das ist Olaf.«

»Was ist mit deinen Haaren passiert?«, wollte Olaf wissen, denn jetzt, da Katharina in voller Größe vor ihm stand, erkannte er ganz deutlich, dass sie eine besonders eigenwillige Frisur hatte. Ihre Haare waren unterschiedlich lang und standen nach allen Seiten ab.

»War ein Unfall. Ich wollte sie mir selbst schneiden.« Katharina wurde tatsächlich rot.

»Wieso denn das?«

»Ist doch egal. Jedenfalls muss ich zur Strafe zwei Wochen damit herumlaufen. Erst dann geht meine Mutter mit mir zum Frisör.«

»Das ist ja gemein«, meinte Latif teilnahmsvoll.

»Na ja, die zwei Wochen sind fast rum«, erklärte Katharina.

»Du siehst richtig wuschelig aus«, stellte Olaf grinsend fest.

»Wuschelig? Du hast wohl einen Knall!«, protestierte Katharina aufgebracht. Doch Olaf ließ sich davon nicht beeindrucken.

»Ich sollte dich Wuschel nennen.«

»Wage es ja nicht!« Katharina blitzte ihn wütend an.

»Also, Wuschel«, übernahm Latif, »nun sag mal, was hast du auf dem Boden gemacht? Wieso rutschst du auf Händen und Knien über diesen schmutzigen Teppich?«

Katharina sah mit einem Mal sehr unglücklich aus. Sie flüsterte ihre Antwort nur noch.

»Ich habe meine Ratte verloren.«

»Deine Ratte?« Olaf schlug sich erschrocken die Hände vor den Mund und Katharina wurde wieder sauer.

»Geht es noch lauter? Das darf doch keiner wissen! Man hat mir verboten, Freddy mit in die Schule zu bringen.«

»Freddy?« Latif kicherte. »Deine Ratte heißt Freddy?«

»Warum hast du überhaupt eine Ratte? Für ein Haustier ziemlich komisch«, fügte Olaf hinzu.

»Gar nicht komisch«, verteidigte sich Katharina. »Ich habe ihn gerettet. Er sollte als Versuchstier in ein Labor und ich habe ihn davor bewahrt. Er verdient ein besseres Leben, wie alle anderen Tiere auch. Kein Tier sollte in einem Versuchslabor enden.« Sie schniefte. »Freddy ist nicht gern allein, er braucht Gesellschaft, deshalb nehme ich ihn immer mit. Meistens schläft er ja auch tagsüber, aber manchmal wacht er auf und hat Hunger oder braucht Bewegung. Und wenn ich dann nicht aufpasse, entwischt er mir.«

»Und jetzt ist er dir hier in der Ausstellung abgehauen?«, wollte Latif wissen.

»Ja«, antwortete Katharina. »Er könnte überall sein. Normalerweise läuft er nicht weit weg von mir, aber hier kennt er sich nicht aus. Vielleicht hat er sich verlaufen. Wir müssen doch immer weitergehen, durch die ganze Ausstellung hindurch, und er hat mich bestimmt aus den Augen verloren.«

»Hört er auf seinen Namen?«, fragte Olaf. Katharina zuckte mit den Schultern.

»Manchmal. Oft. Aber nicht immer, vor allem, wenn er gerade abgelenkt ist.«

»Sollen wir dir beim Suchen helfen?«, bot Latif an.

»Ich würde ihn schon längst überall suchen, aber immer, wenn ich von der Gruppe weg will, erwischt mich ein Lehrer. Es ist zum Haareraufen!« Zur Bestätigung fuhr sie sich dabei mit beiden Händen in ihre Wuschelfrisur. »Ihr könnt euch wohl vorstellen, was die Leute vom Museum mit einer Ratte machen, wenn sie sie finden. Es ist denen ja egal, dass Freddy eine zahme Farbratte ist und keine wilde. Die fangen ihn ein und töten ihn dann bestimmt.« Sie war nun ganz verzweifelt.

»Na gut, wir helfen dir«, versprach Olaf. »Wenn nicht jetzt, dann später, wenn die Führung vorüber ist. Danach haben wir schulfrei und genügend Zeit. Oder, Latif?«

Latif nickte. »Klar, ich bin auch dabei.«

Gerade setzte sich ihre Gruppe wieder in Bewegung und marschierte zum nächsten Ausstellungsstück.

»Der goldene Todesreiter«, sagte die Frau, die ihre Führung machte, mit lauter Stimme, und dabei klang sie geheimnisvoll und schien sogar ein wenig zu zittern. »Das wertvollste Stück der Ausstellung. Dschingis Khan selbst ließ sie extra anfertigen. Die Figur ist aus massivem Gold und von einzigartiger Schönheit. Man sagt …« Sie stockte und ließ ihre Augen über die Schüler wandern. »… dass sie verflucht ist. Jeder, der die Skulptur aus ihrer Heimat, der mongolische Steppe, entfernt oder sie ihrem rechtmäßigen Besitzer entwendet, wird heimgesucht von Pestilenz und Tod. Im Lauf der Jahrhunderte sind etliche Menschen, die mit dem goldenen Todesreiter zu tun bekamen, auf geheimnisvolle Weise erkrankt und gestorben. Manche litten schwer und qualvoll. Andere ereilte der Tod ganz plötzlich, aus heiterem Himmel.« Es war so leise, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören. Olaf meinte, ein Quieken zu vernehmen. Er sah aus den Augenwinkeln, dass Wuschel die Ohren spitzte und sich umsah.

»Der Todesreiter ist ein Geisterwesen, das vor Dschingis Khan her ritt und ihm zu seinen Siegen in den Schlachten und seinen großen Eroberungen verhalf«, fuhr die Frau fort. »Ihm zu Ehren ließ Dschingis Khan diese Skulptur anfertigen, von dem geschicktesten Künstler, den er finden konnte. Der Todesreiter ist noch immer mit der Skulptur verbunden, so heißt es. Wer sie besitzt, dem verhilft er zu Ruhm, Erfolg, Macht über dessen Feinde und zu überwältigendem Reichtum. Doch die Gefahr ist groß, dabei umzukommen. Nur wenige sind bereit, das Risiko einzugehen, und wer es wagt, die Skulptur zu stehlen oder sich durch Betrug zu erschleichen, auf den wartet ein grausames Schicksal.«

Die Frau lächelte zufrieden, als sie sah, dass sie die Schüler zum Schluss doch noch beeindruckt hatte. Gebannt blickten alle auf die Vitrine aus Glas, in der die goldene Figur zu sehen war. Alle, bis auf eine – Wuschel.

F R A G E :Wie heißt der berühmte Mongolenkrieger, der den goldenen Todesreiter in Auftrag gegeben hat?
LupeDu brauchst den 11. Buchstaben.

Kapitel 2

Eingeschlossen im Museum

Olaf blieb ein Stück hinter den anderen zurück, als diese zum Ausgang gingen, um sich den goldenen Todesreiter in Ruhe aus der Nähe anschauen zu können. Die Figur zeigte einen Mann in mongolischer Ausrüstung auf einem Pony, in der rechten Hand hielt er einen Speer, in der linken eine Art Flamme, sein langes Haar war zu mehreren Zöpfen geflochten. Von den Hufen des Ponys bis zum Kopf des Reiters maß die Skulptur etwa 30 cm, schätzte Olaf. Und das alles aus massivem Gold. Der Todesreiter musste ein ordentliches Gewicht haben und sehr wertvoll sein. Kein Wunder, dass sich immer wieder Menschen versucht sahen, ihn zu besitzen. Olaf fragte sich, ob er wohl dem berühmten Dschingis Khan nachempfunden war.

Er wandte sich um, damit er den anderen folgen konnte. Sein Blick fiel dabei auf einen Mann und blieb dort hängen. Olaf wusste erst nicht, warum er den Fremden beobachtete. Es gab schließlich viele Besucher in der Ausstellung, nicht nur die Schüler der Humboldt-Schule. Etwas an dem Mann kam ihm verdächtig vor. War es seine Jacke? Sie schien ihm zu groß und wirkte schmuddelig und abgetragen. Oder lag es an seiner Körperhaltung? Er stand mit eingezogenem Kopf und hängenden Schultern da. Sogar seine Knie schienen leicht angewinkelt, doch das konnte auch an der ausgebeulten Hose liegen. Vorsichtig sah der Mann sich um und begann, sich dem goldenen Todesreiter anzunähern. Herr Trommler rief Olaf zur Gruppe. Der Mann erschrak, blieb stehen und drehte sich um. Schnell setzte er seinen Weg in eine andere Richtung fort. Olaf verlor ihn aus den Augen.

Als er sich den anderen wieder anschloss und zum Treppenhaus ging, sah er Wuschel, die noch immer ihren Kopf drehte und wendete, um nach ihrer Ratte Ausschau zu halten. Doch auch jetzt konnte sie nicht richtig nach Freddy suchen, denn Herr Trommler blieb in ihrer Nähe und scheuchte die Nachzügler vorwärts, damit keiner im Museum vergessen wurde. Er rief Olaf zu, er solle sich beeilen, und Olaf beschleunigte seine Schritte.

Im Erdgeschoss befand sich die Garderobe, wo sie ihre Jacken und Taschen verstaut hatten. Olaf kämpfte sich durch die laute Schülermasse zu seinem Spind. Er hatte gerade seine Sachen herausgeholt, als plötzlich ein lauter Sirenenton erklang, der in den Ohren wehtat. Die Schüler und Lehrer sahen sich erschrocken an, einige pressten sich die Hände an die Ohrmuscheln. Es heulte und heulte. Und es kam noch schlimmer! Vor den Fenstern und den Ausgängen gingen Gitter nieder und verriegelten das Museum vollständig. Sie saßen fest!

Katharina kam zu ihm gelaufen. »Was hat das zu bedeuten? Ist irgendetwas kaputt?«

Olaf schüttelte den Kopf. »Wenn ich raten müsste, würde ich sagen, das ist das Sicherheitssystem. Jemand hat den Alarm ausgelöst und deswegen sind alle Wege nach draußen versperrt worden.« Er musste schreien, um sich verständlich zu machen.

Katharina wurde bleich. »Meinst du, das ist wegen Freddy?«

»Kann ich mir nicht vorstellen. Er ist doch nur ein kleines Nagetier. Und ich schätze, es gibt hier noch mehr davon. Nichts für ungut«, fügte er hinzu, als er sah, dass Wuschel energisch widersprechen wollte. »Natürlich keine so edlen wie Freddy.«

»Mensch, der Lärm ist ja kaum auszuhalten«, brüllte Latif, als er neben ihnen auftauchte.

»Das wird bestimmt gleich abgestellt«, entgegnete Olaf. Und tatsächlich, einige Sekunden später wurde es schlagartig leise. Nur in seinen Ohren klang noch immer ein langsam abnehmendes Schrillen nach. Die Lautsprecher, die im ganzen Museum verteilt waren, fingen an zu knacken und zu rauschen.

»Sehr geehrte Besucher«, ertönte eine männliche Stimme. »Wir bitten, die Unannehmlichkeiten zu entschuldigen. Der Sicherheitsalarm wurde ausgelöst und die Polizei ist auf dem Weg hierher. Wir bitten Sie um etwas Geduld. Die Ausgänge können erst wieder entriegelt werden, wenn die Ursachen dafür geklärt sind. Es wird nicht lange dauern. Vielen Dank für Ihr Verständnis.« Mit erneutem Knacken und einem Zischen wurde die Durchsage beendet.

»Das war bestimmt Freddy.« Wuschel klang zittrig. »Ich bin sicher, er hat etwas angenagt und dadurch wurde der Alarm ausgelöst.«

»Das wäre durchaus möglich«, überlegte Latif und brachte Katharina damit endgültig zum Weinen.

»Was werden sie mit Freddy tun?«, jammerte sie.

»Erst mal ruhig bleiben«, schlug Olaf vor. »Wir wissen doch noch gar nicht, was passiert ist. Es ist viel zu früh, um sich schon aufzuregen.«

Jede Menge Polizisten strömten plötzlich ins Erdgeschoss. Sie kamen die Treppe vom Keller hoch. Dort unten musste es einen Hintereingang geben, überlegte Olaf. Der Haupteingang war nach wie vor vergittert, genau wie alle Fenster. Einige Polizisten verteilten sich auf dem Stockwerk, die anderen stürmten über die Treppe weiter nach oben. Nun standen sie auch noch unter Polizeibeobachtung. Olaf schluckte aufgeregt. Was für ein Tag! Der war mehr als eine Entschädigung für den eher traurigen Start ins neue Schuljahr. Latif schien genauso zu denken, denn er gab ihm einen kumpelhaften Hieb auf die Schulter und zeigte fröhlich seine Zähne. Nur Wuschel saß wie ein Häufchen Elend neben ihnen.

»Sehr geehrte Besucher«, knisterte die Stimme eine halbe Stunde später erneut über die Lautsprecher, »wir bitten nochmals um Entschuldigung für die Verzögerung und danken für Ihre Geduld. Der Ausgang wird nun wieder geöffnet. Jedoch müssen wir als Vorsichtsmaßnahme leider darauf bestehen, dass jeder vor Verlassen des Gebäudes durchsucht wird. Wir bitten Sie um Ihr Verständnis und Ihre Zusammenarbeit. Herzlichen Dank.«

»Wir werden gefilzt?«, wunderte sich Katharina. »Aber wieso denn das?«

»Ich glaube, das ist ein gutes Zeichen«, vermutete Olaf. »Das bedeutet ziemlich sicher, dass Freddy nicht schuld an dem Schlamassel ist.«

Latif nickte. »Ja, das klingt eher nach einem richtigen Verbrechen. Jemand hat bestimmt etwas geklaut.«

Wuschel lehnte sich erleichtert zurück. »Puh, was für ein Glück! Dann ist Freddy vielleicht immer noch unentdeckt.«

»Was wurde wohl gestohlen?«, überlegte Olaf. »Hier im Museum gibt es so viele wertvolle Gegenstände. Und noch dazu am helllichten Tag! Das ist echt dreist!«

»Das bedeutet aber auch, dass viele Besucher da sind«, warf Latif ein. »Für jeden Dieb ist das eine perfekte Tarnung. Er kann leicht in der Masse untertauchen. Denkt nur an Taschendiebe, die schlagen am liebsten dort zu, wo viel los ist. Auf Weihnachtsmärkten und Messen zum Beispiel.«

»Du klingst wie ein Polizist«, erwiderte Wuschel.

»Ich lese viele Detektivgeschichten«, erklärte Latif.

»Ich auch«, sagte Katharina.

»Und ich erst«, fügte Olaf hinzu. Die drei lächelten sich kurz an. Da waren sie ja Gleichgesinnte! Olaf freute es. Zum ersten Mal seit dem Schulwechsel hatte er das Gefühl, Freunde gefunden zu haben.

»Ich würde zu gern wissen, wo die Diebe zugeschlagen haben.« Latif legte die Stirn in Falten. »Die Polizei wird uns bestimmt nichts sagen. Und die Leute vom Museum auch nicht.«

»Vielleicht steht schon etwas im Internet«, schlug Olaf vor und zückte sein Handy. Es war ein schickes kleines Smartphone mit Internetflatrate und einer spitzen Übertragungsrate. Ein Geburtstagsgeschenk seiner Tante. Seine Mutter wollte zuerst, dass er das Telefon ablehnte, weil es viel zu teuer sei, doch seine Tante überzeugte sie, dass Kinder die bestmögliche Verbindung zu den Eltern brauchten, um sie im Notfall erreichen zu können. Als seine Mutter seufzend zustimmte, zwinkerte seine Tante ihm verschwörerisch zu. Sie war Flugbegleiterin und schenkte ihm oft tolle Dinge, meistens entgegen dem Wunsch seiner Mutter, die wollte, dass er bescheiden blieb.

»Wow«, entfuhr es Wuschel. »So gut ist meins nicht.«

Olaf tippte auf dem Touchscreen herum und öffnete die Twitter-App. Er suchte eine Weile nach Schlagworten und wurde endlich fündig.

»Hier!« Er zeigte aufgeregt auf den kleinen Bildschirm. »Jemand hat gerade gepostet, dass der goldene Todesreiter verschwunden ist.«

»Ob das stimmt?«, zweifelte Latif.

»Ich glaube schon. Das muss jemand vom Museum sein.« Olaf zog die Nase kraus. »Ich glaube eigentlich nicht, dass die das der Öffentlichkeit mitteilen dürfen. Jedenfalls nicht jetzt schon. Zuerst muss doch die Polizei ermitteln und Spuren sichern. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die damit schon fertig sind.«

»Wisst ihr, was das bedeutet?«, fragte Latif mit großen Augen. »Der goldene Reiter wurde gestohlen, als wir gerade dort fertig waren. Gleich danach ging ja der Alarm los. Wir waren praktisch die Letzten, die ihn in der Vitrine gesehen haben!«

»Wenn wirklich jemand von den Besuchern den goldenen Todesreiter in der Tasche hätte, würde er schwer daran zu schleppen haben«, meinte Wuschel. Latif und Olaf nickten.

»Daran habe ich auch schon gedacht. Gold ist sehr schwer.« Latif sah sich um. »Wir sollten die Augen aufhalten, ob uns jemand mit einer besonders schweren Tasche auffällt.«

»Ja, das machen wir«, stimmte Olaf zu.

Damit verbrachten sie die Wartezeit, bis sie das Museum wieder verlassen durften. Als sie an der Reihe waren, vor dem Rausgehen durchsucht zu werden, hatten sie niemanden gefunden, der sich mit einem auffälligen Gewicht abzuplagen schien. Alle Besucher trugen nur normale Hand- oder Schultaschen und Rucksäcke mit sich. Keiner ging gebeugt oder geneigt, wie man es mit etwas Schwerem auf der Schulter oder dem Rücken tun würde. Olaf trat enttäuscht ins Freie, nachdem seine Tasche geöffnet, durchwühlt und ihm wieder übergeben worden war.

»Das war wohl nichts«, murmelte er, als Wuschel und Latif neben ihm standen.

»Ich muss wieder rein und Freddy suchen«, sagte Katharina verzweifelt. »Ich kann ihn doch nicht einfach hier lassen!«

»Das kannst du für heute vergessen«, sagte Latif. »Das Museum bleibt den Rest des Tages geschlossen, da kommt niemand mehr rein, wenn die Besucher alle draußen sind.«

Wuschel liefen die Tränen über das Gesicht. »Der arme Freddy. Was wird nun aus ihm?«

»Weißt du was?«, schlug Olaf vor. »Morgen ist Samstag. Wir kommen alle drei her, so früh wie möglich, und suchen ihn. Wäre doch gelacht, wenn wir ihn nicht finden. Freddy ist sicher schlau genug, sich bis dahin versteckt zu halten.«

»Meinst du?« Sie warf ihm einen zweifelnden Blick zu, doch ihre Tränen versiegten.

»Die andere Möglichkeit wäre, es deinen Eltern zu sagen. Dann könnten die im Museum Bescheid geben, dass die Ratte dir gehört. Wenn sie jemand findet, können sie dich anrufen.«

Katharina schüttelte heftig den Kopf. »Auf keinen Fall! Meine Eltern dürfen nichts davon erfahren. Wenn sie herausfinden, dass ich Freddy wieder mit in die Schule genommen habe, bekomme ich Hausarrest für den Rest meines Lebens und sie nehmen mir Freddy weg. Außerdem sitze ich immer noch die letzte Strafe ab.« Sie deutete auf ihre blonden, wirren Haare. »Das reicht fürs Erste!«

»Dann ist es abgemacht, wir treffen uns morgen früh hier, gleich, wenn das Museum aufmacht.«

»Das wird ein teurer Spaß, wenn wir den Eintritt bezahlen müssen«, sagte Latif düster. »Ich habe nicht so viel Taschengeld.«

»Ich bezahle für euch«, versprach Wuschel. »Das ist das Mindeste, was ich für eure Hilfe tun kann. Und wenn ich mir für den Rest des Monats nichts mehr kaufen kann, macht das gar nichts. Freddy ist mir das allemal wert.«

Sie verabschiedeten sich und Olaf stürmte los nach Hause. Er würde seiner Mutter einiges zu erzählen haben, sobald sie beim Abendessen saßen. Er hatte heute so viel erlebt und dazu noch zwei neue Freunde gefunden. Er rannte, bis er ganz außer Atem war und eine Pause brauchte. Den Rest des Weges ging er dann doch lieber etwas langsamer. Nutzte ja nichts, sich völlig zu verausgaben.

F R A G E :An welchem Wochentag findet der Schulausflug ins Museum statt?
LupeDu brauchst den 6. Buchstaben.

Kapitel 3

Freddy macht sich verdächtig

Olaf kam als Erster vor dem Museum an. Er sah auf seine Armbanduhr. Es war zehn vor neun. Um neun Uhr öffnete das Museum. Er hatte es so eilig gehabt, dass er prompt zu früh dran war. Also setzte er sich auf die Umrandung eines Blumenbeetes, von wo aus er die großen Glastüren gut im Blick hatte, damit er sehen konnte, wenn Latif und Wuschel kamen.

Olaf fühlte sich blendend. Normalerweise schlief er samstags gern lang und verbrachte den Nachmittag am Computer, aber heute hatte ihn die Aufregung schon früh aus dem Bett getrieben. Seine Mutter staunte nicht schlecht, als er um halb acht in der Küche auftauchte und frühstücken wollte. Da sie wusste, was er vorhatte, machte sie ihm Rühreier mit Toast und danach noch mehr Toast mit Marmelade und Nuss-Nugat-Creme. So war er gestärkt für die anstrengende Suche nach einer Ratte und musste nur noch auf seine beiden neuen Freunde warten.

Katharina trudelte als Nächste ein, nur zwei Minuten nach ihm. Sie winkte ihm zu, als sie ihn entdeckte, und nahm neben ihm Platz.