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Titel

Inhalt

  1. Vorwort
  2. »Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir«
    Geborgen sein
  3. »Gott legt uns eine Last auf, aber er hilft uns auch!«
    Aushalten und Durchhalten
  4. »Des Menschen Herz erdenkt sich seinen Weg; aber der Herr allein lenkt seinen Schritt«
    In einem anderen Licht sehen
  5. »Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns tröstet in aller unserer Trübsal, damit wir auch trösten können«
    Trauern und getröstet werden
  6. »Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende«
    Halt und Vertrauen finden
  7. »Die Wüste und Einöde wird frohlocken, und die Steppe wird jubeln und wird blühen wie die Lilien«
    Hoffnung leben
  8. Bibelquellenverzeichnis
  9. Quellennachweise

Du kannst nicht tiefer fallen, als nur in Gottes Hand, die er zum Heil uns allen barmherzig ausgespannt.

Wir sind von Gott umgeben, auch hier in Raum und Zeit, und werden sein und leben in Gott in Ewigkeit.

(ARNO PÖTZSCH)

Liebe Leserin, lieber Leser,

in einem alten christlichen Hymnus heißt es: »Die Mitte der Nacht ist der Anfang des neuen Tages, die Mitte der Not ist der Anfang des Lichts.« Wenn man mitten in dunklen Zeiten steckt, fällt es schwer, darauf zu vertrauen, dass es auch wieder heller Tag werden wird und dass gerade in den dunkelsten Stunden der Nacht der Morgen nicht mehr fern ist.

Diese dunklen Stunden kennt jeder von uns. Zu dem Einen kommen sie als Krankheit, zu dem Anderen als Verlust eines geliebten Menschen, des Arbeitsplatzes oder der eigenen Selbstständigkeit. Und doch ist da Einer, der uns mit seinen starken und liebevollen Händen auffängt: »Der Herr hält alle, die da fallen, und richtet alle auf, die niedergeschlagen sind« (Psalm 145,14).

Mögen die Texte dieses Buches Ihnen Licht in dunklen Stunden sein und Ihnen Hoffnung schenken in scheinbar hoffnungslosen Zeiten. Mögen sie Ihnen Stecken und Stab sein, wenn Sie »wandern« müssen »in finsterem Tal« und Ihnen die Gewissheit des Wächters in der Nacht schenken, der auf den Morgen hofft und weiß, dass er kommen wird.

Axel Kühner

»Von allen Seiten umgibst du mich

und hältst deine Hand über mir.«

(PSALM 139,5)

Geborgen sein

Zuflucht

Alle Flucht muss Zuflucht sein. Wohin auch immer wir gehen, reisen, fliehen, Gott ist schon vor uns da. Alle Träume und Türme bis an den Himmel enden bei Gott. So hoch hinaus Menschen auch gelangen mögen, Gott ist noch über ihnen und vor ihnen. Auch der Tod ist kein Ausweg, und im Sterben ist kein Friede. Der Tod führt uns nur noch direkter in die Hände Gottes und vor sein Angesicht. Nehmen wir die Flügel der Morgenröte und reisen an die letzten Enden der Erde über die weitesten Meere, auch dort wird Gottes Hand auf uns warten und seine Augen würden uns sehen. Hüllen wir uns in das dunkelste Dunkel und verbergen wir uns in der finstersten Nacht, für Gott stehen wir immer im Licht, und alle Wege sind vor ihm offen und klar.

Es gibt in der ganzen weiten Welt keinen Raum ohne Gott, keine Zeit ohne Gott, keine Wirklichkeit, die Gott nicht umfangen und umfassen könnte. Eine sinnlose Flucht vor Gott und eine heillose Flucht vor der Wahrheit muss eine gezielte Zuflucht zu Gott werden.

»Wohin soll ich gehen vor deinem Geist, und wohin soll ich fliehen vor deinem Angesicht?« Wir gehen mit unserem Leben zu seinem Geist und fliehen unter sein Angesicht. Gott möchte unseren aufgeregten und verwirrten Geist mit seinem Geist der Liebe beruhigen. Gott möchte, dass wir unter seinen Augen geborgen und sicher sind. Wohin soll denn das Leben gehen? Zu ihm. Zu Gott. In seine Nähe, unter seine Hand und seine Augen.

»Denn der Herr ist deine Zuversicht,

der Höchste ist deine Zuflucht.«

(PSALM 91,9)

Geborgen

Gott ist unter uns in seiner tragenden Liebe. Seine glühende Liebe sucht immer die tiefste Stelle unseres Lebens. Wo wir ganz tief besorgt und geängstigt sind, da ist Gott noch unter uns. Wo wir tief in Trauer und Leid hineingeraten, da reicht seine Barmherzigkeit noch tiefer. Wo Menschen ganz tief in Verzweiflung und Resignation hineinfallen, da fängt uns Gottes Treue auf.

Selbst die tiefste Verstrickung in Sünde und Schuld nimmt Gott noch auf sich, indem das Lamm Gottes unsere Sünde hinwegträgt.

Gott ist über uns in seiner bergenden Macht. Was auch immer für Mächte nach unserem Leben greifen – die Mächte des Bösen, der Lüge, des Schicksals und des Todes – Gott hält seine mächtige Hand über uns. Er deckt uns zu und bewahrt uns vor einem letzten Zerbrochen- und Angetastet-Werden.

Gott ist neben uns als Ratgeber und Begleiter. Als Freund teilt er unsere Freude. Als Tröster leidet er mit uns. Aus dem traurigen Begleiter der Angst wird nun der göttliche Begleiter der Hoffnung. Gott ist viel mehr um uns besorgt, als wir es selbst je sein können. Wie seinen Augapfel birgt und umhüllt Gott die Seinen.

Gott wohnt mit seinem Geist in uns. Unser zerbrechliches Leben, unser sterblicher Leib soll eine Wohnung seines Heiligen Geistes sein. Seine ganze Herrlichkeit soll in uns zur Auswirkung und zum Ausdruck kommen. Gott nimmt Wohnung bei uns, damit wir einmal ganz bei ihm wohnen und zu Hause sein können.

»Von allen Seiten umgibst du mich

und hältst deine Hand über mir.«

(PSALM 139,5)

Getragen

Marie Noël wurde 1883 in der burgundischen Kleinstadt Auxerre geboren. Sie hat bis zu ihrem Tod 1967 in der bürgerlichen Enge ihrer Familie und in der beschränkten Konvention ihrer kleinen Geburtsstadt gelebt. Eltern, Verwandte und Mitbürger kannten sie als einen heiteren, zufriedenen Menschen. Alle bedienten sich ihrer ständigen Anwesenheit und Hilfsbereitschaft, ohne zu merken, wie sehr sie unter ihrem eingeengten Alltag litt. In dieser kleinen Welt fühlte sich Marie mit ihrem unbändigen Verlangen nach Freiheit wie ein Vogel im Käfig. Die Lebensumstände liefen ihrer Persönlichkeit schmerzlich entgegen.

Der Mann, mit dem sie ein ihr gemäßes Leben teilen möchte, heiratet ihre Schwester. So findet Marie ihre Freiheit auf einem verborgenen, inneren Weg, ihren Tagebuchaufzeichnungen.

Diese eigentlich unsagbaren menschlichen Erfahrungen, in großer poetischer Kraft formuliert, lassen ahnen, an welchen Abgründen entlang sie bangen Herzens gegangen ist.

Aber am Ende sind es als Summe diese tröstlichen Worte: »Wenn ich mich heute umwende, um zurückzuschauen, so sehe ich, wie ich durch meine traurigen Jahre, meine geduldigen Finsternisse bis zum Ende immer, o mein Gott, von deinen Händen wie eine Gelähmte getragen wurde auf göttlicher Straße.«

»Denn er hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen, dass sie dich auf den Händen tragen und du deinen Fuß nicht an einen Stein stoßest.«

(PSALM 91,11F.)

Wohin sonst sollte ich gehen?

In deine Hände berge ich mich,

wenn meine Hände schwach und hilflos sind.

An dein gutes Herz drücke ich mich,

wenn Ängste und dunkle Ahnungen mein Herz belasten.

Unter den Mantel deiner Liebe krieche ich,

wenn andere keinen guten Faden an mir lassen.

Um deinen Hals schlinge ich meine Arme,

wo sonst sollte ich mich sicher festhalten.

In den Schoß deiner Barmherzigkeit bette ich mich,

da kommen die verwirrten Gefühle zur Ruhe.

Auf deine liebe Seele lege ich mich,

wenn böse Dinge mir auf der Seele liegen.

In deine Arme werfe ich mich,

wenn schlimme Gedanken mich verfolgen.

An deine Auferstehung und Überwindung glau-be ich,

wenn ich noch tief in Kämpfe und Leiden verstrickt bin.

»Behüte mich wie einen Augapfel im Auge, beschirme mich unter dem Schatten deiner Flügel.«

(PSALM 117,8)

Wasser der Liebe

Wasser und Liebe haben eines gemeinsam, sie suchen immer die tiefste Stelle. Alles Streben geht nach oben, hinauf, zum Gipfel, empor auf die Spitze und zum Höhepunkt. Das Kennzeichen der wirklichen Liebe ist, dass sie auf die tiefsten Stellen eines Lebens schaut.

Gott möchte uns an den tiefsten Stellen mit seiner Liebe berühren, dort, wo wir am tiefsten einsam und enttäuscht, am tiefsten besorgt und geängstigt, am tiefsten verstört und verzweifelt, am tiefsten leidend und traurig sind. Gerade da möchte Gott uns seiner Liebe versichern. An dieser Liebe müssen wir uns satt und gesundtrinken.

Die Liebe Gottes, die bis in die tiefste Tiefe eines Lebens hinab reicht, hat für uns einen Namen, ein Gesicht, eine Geschichte, eine menschliche Realität: das Leiden, Sterben und Auferstehen Jesu. Hier wird sichtbar und begreifbar, wie tief Gott in seiner Liebe ging und wie hoch er alles aus den Abgründen von Sterben und Leiden, Hölle und Gericht in die höchsten Höhen seines göttlichen Lebens heben kann.

Nichts an Tiefenerfahrung unseres Lebens setzt dieser Liebe eine Grenze, niemand gibt ihr ein Maß, keiner weiß um eine Bedingung und Einschränkung. Die Liebe Gottes, wie sie in Jesus erscheint, ist grenzenlos, maßlos, bedingungslos und restlos. Und das Wasser der Liebe gibt es umsonst, gratis und von Herzen.

»Wen dürstet, der komme; und wer da will, der nehme das Wasser des Lebens umsonst.«

(OFFENBARUNG 22,17B)

Wir brauchen uns

(GALATER 6,2)