Inhaltsverzeichnis

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Einleitung

Poker ohne Bluff

Der Bluff als bedeutender Gewinnfaktor

Bluffs am Online-Tisch

Selbstdisziplin und Live-Tells

Das gewinnbringende Verhältnis zwischen
erfolgreichen und misslungenen Bluffs

Spieltheorie und Bluffhäufigkeit

Verhaltensmuster

Voraussetzungen: Fixed-Limit, No-Limit, Turnier

Misslungener Bluff und indirekter Profit

Der Cold Call – ein Schwächezeichen

Checken am Turn

Der Semi-Bluff

Einige klassische Bluff-Situationen

Der Bluff, der keiner ist

Analysen ausgewählter Bluffs

Bluff Nr. 1:  Gecheckter Flop aus erster Position

Bluff Nr. 2:  Ein gefährlich aussehender Flop

Bluff Nr. 3:  Der Turn paart das Board

Bluff Nr. 4:  Dan Harrington, WSOP 2004

Bluff Nr. 5:  Unterschätzte Gegenwehr

Bluff Nr. 6:  Semi-Bluff und trotzdem Favorit

Bluff Nr. 7:  Raise am Flop für die »Gratiskarte«

Bluff Nr. 8:  Durchschautes Continuation-Bet

Bluff Nr. 9:  Der Bluff des Jahrhunderts

Bluff Nr. 10:  Angriff gegen den Short-Stack

Bluff Nr. 11:  Ein transparentes Test-Raise

Bluff Nr. 12:  Vorbereitung am Turn, Bluff am River

Bluff Nr. 13:  Verteidigung der steigenden Blinds

Bluff Nr. 14:  Keine Angst vor dem Flush

Bluff Nr. 15:  Ein provozierter Bluff

Bluff Nr. 16:  Misslungener Bluff gewinnt im Showdown

Zusammenfassung

Glossar

Einleitung

Ungeachtet dessen, ob die Wurzeln des Pokerspiels im spanischen Primero, im persischen As Nas oder im deutschen Pochen zu finden sind, um 1830 tauchte die älteste Form des Pokerspiels in New Orleans auf, verbreitete sich von dort über den Mississippi ins Landesinnere und erlebte seinen ersten Höhepunkt zur Zeit des Goldrausches in Kalifornien. Gespielt wurde anfangs folgendermaßen: Jeder Teilnehmer erhielt fünf Karten, deren Kombination, ebenso wie bei der modernen Variante, in eine hierarchische Ordnung gegliedert wurde. Entsprechend dem Wert des Blattes wurde der Einsatz in einer bestimmten Höhe erbracht. Dann lag es am Gegner entweder zu passen, diesen Einsatz zu halten oder zu erhöhen, immer in der Hoffnung, man möge selbst über das bessere Blatt verfügen.

Die einzige Information, die der Gegner über den Wert seines Blattes in diesem Spiel vergab, war die Höhe des Einsatzes, und diese war damit auch das einzige Instrument zur Täuschung. Es lebe der Bluff!

Erst zur Zeit des amerikanischen Bürgerkriegs begann sich Poker weiterzuentwickeln und erste Spielvarianten traten in Erscheinung. Der Kartentausch im Draw-Poker vermittelt nicht nur einen gewissen Einblick in die Stärke des Blattes – wer drei Karten weglegt, kann über nicht mehr als ein Paar verfügen –, auch entsteht dadurch eine zweite Einsatzrunde. Die Summe der Informationen vergrößert sich also.

Es dauerte nicht lange, bis 7-Card-Stud ins Leben gerufen war. Vier der sieben Karten werden offen gezeigt. Fünf Einsatzrunden erlauben wiederum wesentlich mehr Einblicke in die gegnerische Stärke.

Es geht die Legende, dass Hold ’em den Köpfen texanischer Berufsspieler entsprungen ist. Sie reisten von Stadt zu Stadt, schlossen sich örtlichen Spielrunden an und wollten eine Variante einführen, in der Geschick deutlich mehr Einfluss auf den Ausgang ausübt als das Glück, auf das der Gelegenheitsspieler damals wie heute so gerne blind vertraut.

War es also in der ursprünglichen Form des Pokers – das heißt ohne Kartentausch, ohne offene oder Gemeinschaftskarten und mit nur einer Einsatzrunde – letztendlich ausschließlich der geschickt angewandte Bluff, der dem besseren Spieler als Instrument dienen konnte, so kommen im modernen Texas Hold ’em eine ganze Menge anderer Faktoren dazu: das korrekte Einschätzen des Gewinnpotentials der Anfangskarten, die Berechnung der Verbesserungschancen, die Analyse des Einsatzverhaltens (insbesondere im Zusammenhang mit der Entwicklung des Boards) – kurzum alles, was wir im Laufe der Jahre an Erfahrung sammeln konnten und was wir in mittlerweile Dutzenden von Büchern nachlesen bzw. erlernen können.

Abhängig vom Spielniveau der Gegner gehört zu den Faktoren, die langfristig über Gewinn oder Verlust entscheiden, auch das Täuschen. Wir bereichern unser Spiel durch eine Vielzahl von Variationen. Wir spielen mittelmäßige Karten gelegentlich aggressiv, während wir das erstklassige Blatt – gelegentlich – durch Zurückhaltung verbergen. Wir checken mit dem besten Blatt, um auf den erfolgten Einsatz mit einem Raise zu antworten. Vielleicht checken wir sogar in zwei Einsatzrunden, um den Gegner restlos davon zu überzeugen, dass sein schwaches Blatt doch das bessere ist.

Ein andermal sind wir überzeugt, dass unsere Karten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht gut genug sind, um einen Showdown zu überleben. Trotzdem bringen wir einen Einsatz, geben vor, dass uns die soeben gefallene Karte äußerst gelegen kommt, zeigen Selbstsicherheit, scheinen den Call herbeizusehnen – und beobachten mit diebischer Freude, wie unser letzter Gegner seine Karten zur Tischmitte schiebt. Er hat gepasst. Wir haben erfolgreich geblufft.

Das vorliegende Buch setzt sich fast ausschließlich mit Bluffs auseinander. Welche Voraussetzungen sind günstig? Welche Gegner lassen sich überhaupt bluffen? Wie erkenne ich, ob mein Gegner den Pot stehlen will?

Manche Spieler bluffen bei weitem zu oft, andere wiederum zu selten.

Haben Sie sich selbst schon gelegentlich gefragt, wieso manche Gegner Ihre Bluffs immer durchschauen? Glauben Sie mir, auch erfahrene Spieler begehen oft den Fehler, immer wieder die falsche Situation, den falschen Zeitpunkt oder den falschen Gegner für ihre Bluffs zu wählen; dadurch reduzieren sie letztendlich ihre Gewinne, anstatt sie zu maximieren.

Der Vorteil des guten Pokerspielers gegenüber seinen schwächeren Gegnern beträgt immer nur wenige Prozent. Bei extremen Unterschieden in der Spielstärke liegt dieser Vorteil vielleicht bei zehn Prozent, in sehr seltenen Fällen ist er geringfügig höher. Doch darüber hinaus spielt der Zufallsfaktor eine entscheidende Rolle, der auch dem blutigen Anfänger, der keiner logischen Strategie folgt, regelmäßig das Gewinnblatt beschert – was Sie als routinierten Spieler häufig genug überrascht.

Nun, auch wenn der Vorteil gegenüber dem Gegner im einzelnen Spiel minimal erscheinen mag, nachdem sich dieser über Hunderte und Tausende einzelner Partien wiederholt, führt er letztendlich zum verdienten Gewinn. Nach einer repräsentativen Anzahl von Spielen wird also der Geschicktere seinen Vorteil in jedem Fall geltend gemacht haben. Und das mit mathematischer Gewissheit!

Ein einfaches Vergleichsbeispiel: Sie werfen eine Münze und nehmen Ihrem Gegner jedes Mal 10 Euro ab, wenn Sie die richtige Seite vorhersagen. Verlieren Sie, zahlen Sie ihm aber nur 9 Euro und 80 Cent. Vorübergehend mögen Sie zwar in die Verlustzone gleiten, doch langfristig gleicht sich der Zufall immer aus. Sie werden gewinnen, und das, obwohl im angeführten Beispiel Ihr Vorteil nicht mehr als zwei Prozent beträgt.

Da der Unterschied in der Spielstärke, in Prozent ausgedrückt, wirklich nur sehr knapp ist, ist es insbesondere gegen entsprechend erfahrene Gegner unumgänglich, sein eigenes Spiel so nah wie möglich an den Rand der Perfektion zu bringen. Der richtig eingesetzte Bluff wird dabei zum bedeutenden Instrument – auch wenn wir ihn nur unter bestimmten Voraussetzungen, und vielleicht nur selten, einsetzen.

Stellen Sie sich vor, Sie sitzen einem Spieler gegenüber, der mit Gewinnwahrscheinlichkeiten, Verbesserungspotential und dem Berechnen von Outs und Odds ebenso vertraut ist wie Sie. Den ausgegebenen Karten entsprechend sind seine Calls, Bets und Raises ebenso gerechtfertigt wie die Ihren. Was meinen Sie – wer würde nach einer repräsentativen Anzahl von Konfrontationen schlussendlich als Gewinner dastehen? Praktisch würde ein solcher Pokerabend in einem Remis enden bzw. der Zufall würde dazu führen, dass beide Spieler abwechselnd im Vorteil sind.

Im Poker gibt es aber ein wohlgehütetes Geheimnis: Ihre Karten! Ihr Einsatz, Ihr Raise oder Ihr Reraise kann auf entsprechender Stärke beruhen; kann – muss aber nicht.

Und hier kommen wir zu einem ganz entscheidenden Punkt, der letztendlich eines der wesentlichen Kriterien ist, die Poker zu dem machen, was wir alle an dem Spiel so sehr schätzen: Es gibt immer zwei Möglichkeiten, den Pot zu gewinnen. Eine der beiden Möglichkeiten wäre das bessere Blatt, das Ihnen regelmäßig per Zufall zuteil wird. Die andere Möglichkeit ist der Bluff: Sie bringen einen Einsatz, der den Gegner davon überzeugt, dass Ihr Blatt das bessere ist – und Sie gewinnen den Pot, ohne die Karten zeigen zu müssen, auf die Sie diesen Einsatz geleistet haben.

Selbstverständlich ist der Bluff keine Wunderwaffe. Schließlich steht er jedem Ihrer Gegner als Instrument genauso zur Verfügung wie Ihnen selbst. Doch wer setzt ihn am geschicktesten ein? Wer versteht es am besten, die richtige Situation zu nutzen? Wer verfügt über genügend Erfahrung, die Wahrscheinlichkeit eines Bluffs zu beurteilen, die möglicherweise hinter dem gegnerischen Einsatz steckt?

Es mag Tische geben, und darauf kommen wir noch zu sprechen, an denen Sie auch ohne Bluffs gewinnen können. Sobald Sie sich jedoch auf ein höheres Niveau begeben, führt kein Weg an einer geschickten Bluffstrategie vorbei, wenn Sie zu den Gewinnern zählen möchten. Unumgänglich sind Bluffs auch in den fortgeschrittenen Phasen von Turnieren, wenn die ansteigenden Blinds Ihren Stack immer kleiner werden lassen und Ihnen mit Sicherheit die Zeit fehlt, auf das passende Blatt zu warten. Dann wird es wichtig, günstige Situationen für Bluffs zu nutzen, um Ihr weiteres Überleben im Turnier mit entsprechender Wahrscheinlichkeit zu sichern.

Poker ohne Bluffs ist genauso undenkbar wie Poker ohne Einsätze! Ist es Ihr Ziel, das Maximum aus dem Spiel herauszuholen, dann müssen Sie die Fähigkeit besitzen, Bluffs optimal einzusetzen. Für viele Spieler wäre der geschicktere Umgang mit diesem wichtigen Instrument letztendlich sogar der Weg aus der negativen in die positive Bilanz.

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Poker ohne Bluff

Im Kasino oder Card-Club ist die Zahl der bespielten Tische selten groß genug – wenn wir nicht gerade in Las Vegas oder Atlantic City verweilen –, um wirklich wählerisch zu sein. Meist müssen wir uns mit dem nächstbesten Platz zufrieden geben, der sich für die gewünschte Spielvariante mit dem gewählten Limit anbietet. Spielen wir online, dann finden wir in der Lobby nicht nur meist eine recht große Auswahl an Spieltischen, sondern auch wertvolle Angaben zur Dynamik. Wie viele Spieler sehen den Flop? Wie viele Hände werden pro Stunde ausgegeben? Wie hoch sind die durchschnittlichen Pots?

Praktisch jeder Pokerspieler freut sich über sogenannte loose games. Wilde Calls und noch wildere Raises garantieren gewaltige Pots. Spieler verschwenden ihre Chips für Einsätze auf so schwache Hände wie images/nec-17-1.png, images/nec-17-2.png und images/nec-17-3.png. Wenn Doyle Brunson mit images/nec-17-4.png sogar zwei Weltmeistertitel gewinnen konnte, dann wird dieses Blatt doch wohl auch für einen ganz normalen Pot reichen, noch dazu gegen wesentlich schwächere Gegner. So mag der eine oder andere jedenfalls denken.

No-Limit Hold ’em. Fünf Limper. Sie sitzen mit images/nec-17-5.png am Cutoff und bringen ein Raise, das achtmal so hoch ist wie der Big Blind. Eigentlich hoffen Sie darauf, durch dieses doch recht ansehnliche Raise einen Caller isolieren zu können. Doch was passiert? Der Button geht mit, der Big Blind ebenso, und von den ursprünglich fünf Limpern findet sich nur ein einziger, dem das Raise zu teuer ist. Sieben Spieler im Pot, und das trotz eines respektablen Raises. Gut, die Odds stimmen, und Ihre Big Slicks images/nec-17-6.png sind das favorisierte Blatt.

Der Flop bringt images/nec-18-1.png, Rainbow. Sie verfügen somit über das Top-Paar mit bestmöglichem Kicker. Alle vor Ihnen checken. Sie erbringen einen Einsatz in Pothöhe. Und wieder finden sich drei Caller! »Die können doch nicht alle etwas getroffen haben«, denken Sie.

Der Turn bringt eine Neun. Neben der Gefahr eines Drillings und zwei Paaren zeigt sich jetzt auch noch eine mögliche Straight. Wieder wird zu Ihnen gecheckt. Sie setzen 70 Prozent des Pots. Noch immer zwei Caller!

Am River fällt eine Sechs. Weitere Möglichkeiten für Straßen, Drillinge oder zwei Paare. Vom ersten Spieler erfolgt ein Einsatz in halber Pothöhe. Der nächste Spieler erhöht. Sie sehen kaum Chancen, dass Ihr Paar Kings für den Gewinn ausreicht, selbst wenn Sie den besten Kicker vorweisen können. Sie sparen sich weitere Chips und steigen aus. Sie hoffen dabei lediglich, dass sich der ursprünglich bietende Spieler für einen Call entscheidet, damit Sie wenigstens sehen, womit Sie geschlagen worden sind. Und so geschieht es auch. Der Call erfolgt, und was zeigen die beiden im Showdown?

images/nec-18-2.png und images/nec-18-3.png. Straight gewinnt gegen Drilling!

Nachdem Sie gelernt haben, dass Ihr Ärger über derartige Vorgänge üblicherweise nicht zu einem erfolgreichen Spiel beiträgt, schütteln sie bloß ungläubig den Kopf und denken darüber nach, was in diesen Wirrköpfen wohl vor sich gehen könnte. Der Call vor dem Flop? Gut, vielleicht waren die Odds günstig. Doch danach? Ein Zwei-Outer gegen eine Backdoor-Straight?!

Ich kann mir durchaus vorstellen, dass Ihnen etwas Ähnliches schon einmal untergekommen ist. Glauben Sie, dass Sie an einem solchen Tisch erfolgreich bluffen können? An einem Tisch, an dem die Mehrzahl der Spieler den Flop sieht und praktisch jede Begegnung in einem Showdown endet?

Nun, ein völlig kategorisches Nein würde ich hier nicht aussprechen. Die korrekte Antwort ist aber nicht allzu weit davon entfernt.

Es gibt Voraussetzungen, die für Bluffs denkbar ungünstig sind. Und die beschriebene Situation wäre eine davon. Die rege Beteiligung vieler Spieler führt dabei nicht nur zu ansehnlichen Pots, die für alle vorangegangenen Verluste entschädigen, sobald Sie Ihr Gewinnblatt vor sich liegen haben; gleichzeitig steigen dadurch auch für jeden einzelnen Spieler die Odds. Betragen diese 1 zu 5, 1 zu 6 und mehr, und zählen wir die Implied Odds noch dazu, dann wird fast jedes Blatt vor dem Flop spielbar. Fällt der Einsatz nicht zu hoch aus, lohnt es sich auch Gutshots zu spielen – denn die Odds stimmen immer noch.

Sowohl Berechnungen als auch die eigene Erfahrung sprechen dafür, dass derartige Tische langfristig betrachtet profitabel sind. Wenn Sie sich allerdings gerade in einer Session befinden, spielen solche Überlegungen keine große Rolle; wichtig ist dann nur, welches Blatt Sie erhalten bzw. welche Gemeinschaftskarten auf dem Tisch liegen. Die gewonnenen Pots fallen zwar entsprechend höher aus, aber von den zwei erwähnten Möglichkeiten, eine Partie für sich zu entscheiden – nämlich indem man das bessere Blatt im Showdown zeigt oder den Pot einstreicht, ohne seine Karten aufzudecken, also indem man blufft –, bleibt Ihnen in einer solchen Konstellation nur die erstgenannte. Der Bluff als nennenswerter Schritt zur Profitmaximierung ist weitgehend auszuschließen.

Unter welchen Voraussetzungen gleitet der Erwartungswert von Bluffs in den negativen Bereich? Ich spreche hierbei von allgemeinen Gegebenheiten, die nichts mit Ihrer eigenen Spielweise bzw. mit Ihrer Glaubwürdigkeit zu tun haben.

Zunächst sollten Sie dem Prozentsatz derjenigen Begegnungen Beachtung schenken, die in Showdowns enden. An solide gespielten Tischen, insbesondere an solchen ohne Limit, fällt in der Mehrzahl der einzelnen Spiele die Entscheidung ohne Showdown. Das Raise am Flop mag zwar noch gecallt werden, doch der Einsatz am Turn überzeugt dann vollends. Oder es erfolgt ein Raise am Turn, woraufhin der Bettor dem Gegner das stärkere Blatt glaubt und sich zum Fold entschließt.

Die Motivation für Calls bis zum bitteren Ende, also bis zum Showdown, mag für die einzelnen Beteiligten eine unterschiedliche sein, doch das Resultat bleibt das gleiche: Bluffs gehen zu oft schief!

Wenn Sie über längere Zeiträume hinweg beobachten, dass fast alle Pots, neun von zehn oder vielleicht auch nur acht von zehn, durch Showdown entschieden werden, dann sinkt die Erfolgswahrscheinlichkeit von Bluffs drastisch. Sie sollten niemals vergessen, dies zu berücksichtigen.

Abgesehen von den Situationen, in denen die allgemeine Dynamik des Tisches von Bluffs grundsätzlich abrät, finden wir uns auch oft mit einzelnen Gegnern konfrontiert, gegen die Bluffs zu selten erfolgreich sind. Calling-Stations sind keine Legende, sie entstammen auch keinem Mythos, sie sind unabänderliche Realität an Pokertischen auf beiden Seiten des Atlantischen Ozeans. Sie zahlen gut, wenn wir unser Gewinnblatt erhalten, und sie sind auch ein erstklassiger Anlass für Value-Bets. Es besteht kaum ein Grund zu der Annahme, dass derselbe Spieler, der bereits in sieben Showdowns gegen Sie verloren hat, beim achten nicht wieder callen wird. Wenn er nicht schon bei der dritten oder vierten Niederlage zur Vernunft gekommen ist, und auch nicht bei der fünften, sechsten und siebten, warum gerade jetzt?

Es entspricht der allgemeinen Erfahrung routinierter Pokerspieler, dass es wesentlich schwieriger ist, schlechte Spieler und Anfänger zu bluffen als Profis. Wenn Sie jemals in deutschen Kasinos gespielt haben, in denen mit großer Regelmäßigkeit absolute Neulinge vom Roulette- oder Black-Jack- zum Pokertisch wechseln, und wenn Sie dort mit Ihren Nuts schon das eine oder andere Mal auf einen dieser Caller gestoßen sind, der gelegentlich nichts Besseres vorzuweisen hat als images/nec-20-1.png, dann wissen Sie, was ich meine.

Die Stacks dieser Spieler streichen Sie am einfachsten mit einem guten Blatt ein. Auch wenn Sie sich schon über längere Zeit sehr zurückhaltend gezeigt haben, es bringt nichts: Der echte Zocker scheut vor keinem Call zurück. Heben Sie sich Ihre Bluffs also lieber für jene Gegner auf, die der Entwicklung des Spiels auch entsprechende Aufmerksamkeit schenken; die all jene Hinweise deuten können, mit denen Sie ihn glauben machen, dass Ihr Blatt wahrscheinlich auch jenes ist, das Sie vorgeben zu haben. Wer gewohnt ist darauf zu hoffen, dass eine bestimmte Zahl am Roulette-Tisch fällt, der ist auch imstande darauf zu hoffen, dass seine Pocket-Deuces zum Gewinn ausreichen.

Und trotzdem: Nachdem der Bluff zur wahren Essenz des Pokerspiels gehört, gibt es praktisch keinen Tisch und keinen Gegner, gegen den er nicht gelegentlich anwendbar ist. Es kann sein, dass es einzelne Spieler am Tisch gibt, die sich mit angenehmer Regelmäßigkeit kleine Pots stehlen lassen. Es kann aber ebenfalls sein, dass Sie nur einmal pro Stunde einen Bluff anwenden können. Vielleicht ergibt sich die Situation dafür auch nur ein einziges Mal an einem Abend. Auch wenn Sie am gewohnten Pokertisch fast niemals bluffen, weil Sie Ihre Gegner als notorische Calling-Stations entlarvt haben, kann es trotzdem sein, dass es Ihnen vielleicht zumindest einmal pro Woche gelingt, einen Pot auf diese Weise einzustreichen. Dann haben Sie aber zumindest diesen einen Pot mehr gewonnen. Wir schließen Bluffs also nie zur Gänze aus, wenden sie an manchen Tischen aber trotzdem äußerst selten an.

Der Grund dafür, dass ich Sie schon zu Anfang dieses Buches vor solchen Situationen warne, in denen Bluffs nicht wirklich erfolgversprechend sind, liegt daran, dass ich Sie davon abhalten möchte, am falschen Tisch mit Bluffs zu experimentieren. Auch wenn das Erfolgserlebnis noch so beflügelnd sein sollte, wenn es Ihnen doch endlich einmal gelungen sein sollte, einen lästigen Gegner zum Passen zu bewegen, der mit den unmöglichsten Karten bis zum Showdown im Pot bleibt, sollten Sie nachrechnen, wie viele Chips Sie durch die vorangegangenen Versuche bereits verloren haben. Der Erfolg am Pokertisch zeigt sich ausschließlich als Nettogewinn am Jahresende – und sicher nicht durch ein gelegentlich befriedigtes Ego.

Statistiken sind immer hilfreich. Spielen Sie online, kann es niemals schaden, Papier und Bleistift griffbereit neben dem Computer liegen zu haben. Auch am Live-Tisch hält Sie niemand davon ab, gelegentlich ein paar Zahlen in Ihr Notizbuch einzutragen. Schreiben Sie sich die Erfolge und die Misserfolge auf. Jeder misslungene Bluff kostet Geld. Wie viel? Jeder gelungene Bluff bringt Geld. Wie viel? Gewinnen Sie insgesamt mehr als Sie investieren? Wenn Sie nicht wirklich davon überzeugt sind, dann sollten Sie sich Aufzeichnungen machen. Ist die Bilanz negativ, dann bluffen Sie entweder zu oft oder zum falschen Zeitpunkt. Was immer der Grund für die entstandenen Verluste sein mag, Ihr Spiel bedarf auf jeden Fall einer Korrektur.