Frauen-Wellness
Im Sturzflug der Hormone

Von Dr. Jan-Dirk Fauteck, Imre Kusztrich



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IGK-Verlag
7100 Neusiedl am See, Österreich
Copyright © 2015
ISBN: 9783958492851
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Die Menopause chronobiologisch meistern

Einem Mann springt diese Frage nicht ins Gesicht, sicher aber einer Frau, wenn sie lange genug in einschlägigen Magazinen blättert: „Machen schlechte Hormone schlechte Ehen?“

Der Gedanke kommt nicht von ungefähr. Ernsthafte Wissenschaftler beschäftigen sich mit einem Phänomen: Viele Scheidungsverfahren werden gestartet, wenn Ehefrauen die Menopause erreichen, und in sechs von zehn Fällen sind sie selbst die treibende Kraft!

Unleugbar ist, dass der weibliche Organismus ab der Mitte des Lebens wesentlich stärker unter dem Einfluss von Botenstoffen steht, die während all der Jahre der Jugend, der Schönheit und Fruchtbarkeit eine viel geringere Rolle spielten. Jetzt aber werden sie womöglich immer öfter abgerufen. Es sind die so genannten Stresshormone.

Das klingt vielleicht schlimmer, als es sollte.

Jeder Stress wird im Gehirn gestartet und in diesen Regionen erlebt, ebenso in den übrigen Organen.

Vernünftigerweise reagiert der Körper auf fast jedes plötzliche, unerwartete Ereignis und hilft seinen Organen durch die Freisetzung von chemischen Transmittern – beispielsweise Substanzen aus der Familie der Amine treiben die Herzschlagrate an und erhöhen den Blutdruck. Der einmalige Stress verursacht schützende Maßnahmen durch Aktivitäten der Systeme unserer Nerven, des Herz-Kreislaufs, der Abwehrkräfte gegen Krankheitserreger und des Stoffwechsels, also der Gewinnung von Energie aus Nährstoffen. Dieser Prozess heißt mit zwei Wörtern aus dem Griechischen Allostase, wörtlich „Erreichen von Stabilität durch Anpassung“.

Unterm Strich kann eine positive Bilanz gezogen werden.

Anders verhält es sich mit andauerndem, chronischem Stress. Rein organisch spiegelt er sich in denselben Systemen wider, allerdings haben diese gleichen Reaktionen durch die regelmäßig wiederkehrenden Auslöser erhöhte körperliche Anforderungen und münden in einem gefährlichen Abnutzungseffekt auf unsere Regelsysteme. Am Ende addieren sich die chronisch beschleunigte Herzleistung und der pausenlos erhöhte Blutdruck zu dramatischen Organsteuerungen im Ausmaß eines Herzinfarkts oder eines Schlaganfalls. Und nicht nur sie.

Bei dieser Belastung bleibt es oft nicht, denn häufig wird sie begleitet von Veränderungen des persönlichen Verhaltens, sei es durch Rauchen, Essattacken, übermäßigen Alkoholkonsum oder schlechte Schlafqualität, die in dem Begriff Lebensstil zusammengefasst werden.

Alle Einflüsse zusammen können die allostatische Überbelastung bilden, wie die übertriebene Inanspruchnahme des Organismus seit 1993 heißt.

Es wird immer deutlich, dass das Klimakterium der Frau und der Hormonabfall des Mannes tatsächlich behandlungswürdige Beschwerden hervorrufen, die aber nicht nur auf niedrige Spiegel der Sexualhormone zurückzuführen sind.

Eine ganze Reihe von Hormonen, von denen am ehesten Cortisol, Dopamin und Adrenalin geläufig sind, übernehmen jetzt schubartig die Steuerung.

Erst diese Regelsubstanzen befähigen uns, sich mit bestimmten Veränderungen um uns herum sinnvoll auseinanderzusetzen und ihnen angemessen zu begegnen. Überflüssig zu sagen, dass diese Hormone nicht schlechter oder besser als die anderen sind.

Allerdings können Stresshormone ebenso unsere Kampfbereitschaft stärken, so dass wir die Auseinandersetzung wählen.


Doppelte Menopause

Übrigens: Nicht viel anders geht es dem Mann, wenn er seine so genannten besten Jahre hinter sich lässt …

Die männlichen Wechseljahre erstrecken sich über bis zu 15 Jahre. Auch das macht sie so rätselhaft.

Ihr Leben lang behandelte die Ärztin und Psychologin Dr. Nancy Cetel Patientinnen mit Hormonproblemen. Erst in dieser Zeit wurde ihr etwas bewusst, was sie während des Medizinstudiums nie gelernt hatte: Während bei der Frau die hormonelle Balance und die Psyche dramatischen Veränderungen unterliegen, ergeht es den Männern genauso!

Andropause ist die Bezeichnung für die andere, die männliche Menopause. Sie ist vor allem von einem Mangel an Wissen und Informationen gekennzeichnet, während über die weiblichen Wechseljahre pausenlos Bücher geschrieben werden.

Und das beschreibt bereits eine unnötige Verschärfung des Problems. Der Mann verliert die Ausdauer im Sexualbereich und kämpft mit Erektionsproblemen, und rasch kommt es aus Uninformiertheit zu hormongetriebenen Konflikten in der Partnerschaft. Dr. Nancy Cetel: „Das ist definitiv beängstigend, besonders, weil er nicht ahnt, dass das ein universales Schicksal ist.“

Schließlich begann die Ärztin, erst die Rat suchenden Ehefrauen in ihrer Praxis selbst und dann auch deren Männer genauer über die emotionalen Reaktionen aufzuklären. Und am Ende interessierte sie sich besonders für das Phänomen der gleichzeitigen weiblichen und männlichen Menopause. Sie schrieb ein Ratgeberbuch mit dem Titel: „Doppelte Menopause – Was zu tun ist, wenn sowohl Sie als auch Ihr Partner hormonelle Veränderungen gemeinsam erleben“.

Menopause im Gehirn

Fast möchte man sagen: Noch gravierender als die Geschehnisse in ihren Fortpflanzungsorganen in der Mitte des Lebens ist, was sich im Gehirn der Frau verändert.

Die im Juli 2006 veröffentlichte „Europäische Menopause-Studie 2005“ fasste bedrückende Aussagen von 4.201 Frauen in sieben Ländern zusammen. Die Interviewten waren zwischen 45 und 59 Jahre alt. Fast alle berichteten von Wechseljahr-Symptomen. 63 Prozent bewerteten sie als schwer. Acht von zehn Frauen waren der Auffassung, dass ihre Beschwerden behandlungsbedürftig sind. 59 Prozent der Befragten befürchteten jedoch einen Zusammenhang zwischen Hormonersatztherapie und erhöhtem Brustkrebsrisiko. Ihre Meinung resultierte vor allem aus wilden Spekulationen auf Grund eines 2002 von der Women’s Health Initiative (Frauen-Gesundheits-Initiative) veröffentlichten umstrittenen Berichts, der von Wissenschaftlern heftigst kritisiert worden war.

Die Ergebnisse der Studie wurden von Beginn an jahrelang kritisch kommentiert und überprüft. 2013 einigten sich führende nationale ärztliche Menopause-Gesellschaften, auch in Deutschland, Österreich und in den USA, auf ein globales „Ja!“ zur individuell begründeten Hormon-Ersatztherapie bei der Frau und veröffentlichten ein konkretes Empfehlungspaket.