Adelheid von Lare

Historischer Roman
um die Stifterin des Klosters Walkenried

von
Simone Knodel

2. Buch

Anno 1105

Der Mai des Jahres 1105 zeigte sich so, wie es vom Wonnemonat erwartet wird: mild und sonnig. Er duftete nach Maiglöckchen und Veilchen und zauberte gute Laune in die Gemüter der Menschen. Über den Wipfeln der Bergkämme lag dieser erste zarte Grünton, der von innen heraus zu leuchten scheint.

Besonders fröhlich klangen die Kinderstimmen allerdings nicht, die an diesem Morgen auf Lare lautstark über den Hof der Kernburg kreischten.

„Du darfst Dabolus nis reiten, er is viel zu snell für dis!“ Ein kräftiges kleines Mädchen mit blonden, kaum gebändigten Locken, versuchte ihrem Bruder ein kunstvoll bemaltes schwarzes Steckenpferd mit rotem Zaumzeug zu entreißen.

Der schmächtige Junge, obwohl vier Jahre älter, war ihr an Statur und Größe gerade mal ebenbürtig und hatte große Mühe, sich körperlich zu behaupten. Seine einzig wirksamen Waffen waren Worte: „Es heißt Di-a-bo-lus, Helisende! Du kannst das Pferd auch nicht reiten, wenn du noch nicht einmal seinen Namen richtig aussprechen kannst!“ Krampfhaft versuchte er, das begehrte Spielzeug fest zu halten, wusste er doch aus früheren Zweikämpfen, wie schlecht seine Chancen standen. Spätestens, wenn ihre Fingernägel zum Einsatz kämen, würde er aufgeben müssen.

Helisende stampfte mit den Füßen, schob ihre Unterlippe bedrohlich nach vorn und schrie: „Böser Bengar, böser Bengar!“

„Ich heiße Be-rin-gar, du dummes Kind!“

Helisendes Geschrei steigerte sich zu einem Sirenengeheul, das die im Saal arbeitenden Mägde genervte Seufzer ausstießen ließ. Der Waffenschmied Ansgar, dessen Werkstatt dem Ort des Geschehens am nächsten war, trat mit seiner hünenhaften Gestalt in die Tür, holte tief Luft und ließ ein donnerschlagartiges „Wollt ihr wohl Ruhe geben?“ über den Hof schallen.

Bruder und Schwester stoben erschrocken auseinander. Das schwarze Holzpferd mit dem schwer auszusprechenden Namen blieb unbeachtet auf dem Kalksteinpflaster liegen.

Adelheid hatte vom Fenster ihres Schlafgemaches aus den letzten Teil des Streites verfolgt und schüttelte nachdenklich den Kopf. „Wir müssen uns wegen Helisende unbedingt etwas einfallen lassen. Ihr Temperament ist nicht mehr zu zügeln. Sie ist erst vier, aber Beringar hat bald keine Chance mehr gegen sie. Wie soll das nur weitergehen?“

Folkmar räkelte sich ein letztes Mal, gähnte und grinste sie schief an: „Die beiden sind wie du und ich. Er kann nur versuchen, sie mit Worten zu besiegen!“

„Wie meinst du das?“, fragte Adelheid gefährlich leise und griff nach einem Daunenkissen, das in der Nähe lag.

„Nun, du weißt doch, dass du am Ende auch immer alles kriegst, was du willst, obwohl ich älter bin als du!“ Im letzten Moment wich er dem Kissen aus, das federstiebend neben ihm auf das Lager plumpste.

„Jetzt scher dich aus dem Bett, die Synode beginnt sonst ohne dich!“

„Ich dachte, wir könnten noch …?“

„Wir könnten schon, aber dann musst du Thymbos reiten, um pünktlich in Nordhusen zu sein. Soll ich ihn satteln lassen?“ Ein schelmisches Grinsen lag auf ihrem Gesicht.

„Um Himmels willen, nein! Auf dem Leibhaftigen reiten? Niemals! Es lebe die rumpelnde Kutsche.“ Ächzend kroch er aus dem Bett und griff nach seinen Unterkleidern. Reiten war ihm nach wie vor ein Gräuel, zumal sein rechtes Bein mit zunehmendem Alter immer mehr Probleme bereitete. Und Thymbos war der Sohn von Diabolus, was zwar für den Hengst sprach, aber nicht unbedingt bequemes Reiten garantierte.

„Sind Ludwig und Adele fertig? Ich möchte nicht auf sie warten müssen!“ Sorgfältig zog er seine seidenen Beinkleider glatt.

Adelheid lächelte. „Die stehen gewiss schon seit dem ersten Hahnenschrei unten im Saal und scharren ungeduldig mit den Füßen. Seit Wochen freuen sie sich auf dieses Ereignis!“ Sie reichte ihm seine rehbraune Hose, die in den Falten mit dunklen Streifen unterlegt war und sich über den Knien in modischer Weite plusterte. Er schnürte sie mit einem ledernen Gurt an der Hüfte fest. Ein helles Unterhemd aus feiner Seide und ein dunkelgrüner Leinenrock ergänzten das Bild. Adelheid betrachtete ihn still und bewunderte wieder einmal, wie gut er aussah. Zwar waren im hellen Haar hin und wieder ein paar silberne Strähnen zu entdecken, und um die Augen streuten sich kleine Fältchen wie Sonnenstrahlen, aber das machte ihn nicht weniger reizvoll. Er hatte ihren Blick bemerkt und drehte sich mit ausgebreiteten Armen langsam wie ein Gockel vor einer Henne.

„He, alter Mann, bilde dir nur nichts ein!“, prustete sie.

Er packte sie an den Armen und zog sie zu sich heran. „Ich bin erst fünfundvierzig, und wenn du denkst, ich bin alt, dann werde ich das Risiko auf mich nehmen, danach den schwarzen Teufel satteln zu lassen und den Kindern hinterherzureiten!“ In seiner Stimme lag dieses wohlige Schnurren, dem sie normalerweise nicht widerstehen konnte, doch heute blieb sie eisern.

„Schluss jetzt! Du musst los! Schließlich willst du doch bei König Heinrich V. nicht ins schlechte Licht rücken, indem du als Letzter den Saal betrittst? Immerhin ist er der aufgehende Stern am Himmel all jener, die seinen Vater gehasst haben. Dabei hat er ihn elendig verraten, wofür er eigentlich auf den Richtblock gehört!“

Spätestens jetzt beeilte sich Folkmar wirklich, denn wenn Adelheid mit ihrer Treue zu Heinrich IV. ins Reden kam, fand sie kein Ende. Oft genug hatten sie endlose Debatten über das Für und Wider der königlichen Politik geführt und keine Einigung gefunden.

Unten im Saal stand sein Frühstück bereit und tatsächlich saßen daneben auf der Bank seine beiden ältesten Kinder, sichtbar aufgeregt und fein herausgeputzt für die Reise zur Burg Nord­husen.

„Vater, wo bleibt Ihr? Wir warten bereits sehr lange!“ Adele, die eigentlich wie ihre Mutter Adelheid hieß, aber der Einfachheit wegen meist nur in dieser Kurzform gerufen wurde, hatte ihre Stimme ihrem eleganten Sonntagsstaat angepasst. Vorwurfsvoll richtete sie ihre großen blauen Augen auf den, von dem sie dieselben geerbt hatte.

„Entschuldige bitte, meine Liebe“, säuselte Folkmar spöttisch und deutete eine leichte Verbeugung an. „Ich brauchte etwas länger für meine Garderobe.“

Seine Tochter verdrehte die Augen und schwieg wohlweislich, um seinen Spott nicht noch mehr herauszufordern. Ludwig, mit dreizehn Jahren der älteste unter den Geschwistern, blieb ruhig. Er begrüßte seine Mutter mit einer leichten Verbeugung, nickte seinem Vater erfreut zu und setzte sich wieder. Obwohl er versuchte, es sich nicht anmerken zu lassen, war er furchtbar nervös. Eine kirchliche Synode hatte er noch nie erlebt. Er wusste zwar nicht so richtig, was er sich darunter vorstellen sollte, aber sein Vater hatte ihm erklärt, dass viele geistliche Würdenträger anwesend wären, und – was am wichtigsten war – der König hatte sein Teilnahme angekündigt!

Endlich hatte der Vater aufgegessen und sie nahmen Platz in der Holzkutsche, die draußen vorm Palas bereit stand. Ludwig wäre freilich lieber geritten, aber er wusste, dass der Vater mit seinem Bein nicht gut zu Pferd war und tröstete sich mit dem Gedanken, während der Zeit in diesem äußerst weibischen Gefährt alle seine Fragen an den Vater ungestört loswerden zu können.

Die vier Pferde zogen nach einem Peitschenknall kräftig an, es gab einen unsanften Ruck und bald polterten die eisenbespannten Räder über die Zugbrücke. Adele winkte der Mutter, die auf der Treppe zum Herrenhaus stand.

„Vater, was ist eine Synode?“ Ludwig war kein Freund von langer Umschweife.

Folkmar zog den Kopf ein, den er bis dahin aus dem Fenster gesteckt hatte, um Abschied zu nehmen. „Eine Beratung, eine größere Versammlung von Kirchenoberen, die wichtige Dinge beschließen wollen.“

„Warum nimmst du daran teil? Du bist kein Kirchenherr!“, warf Adele vorwurfsvoll ein.

„Ich nehme auch nicht direkt teil, ich bin nur ein Beobachter. Als Burgherr von Lare und Ritter von Walkenried darf ich als Gast zuhören. Natürlich bin ich nicht befugt, mich einzumischen. Aber ich freue mich darauf, König Heinrich V. sehen zu können. Ich verspreche mir sehr viel von ihm für die Zukunft.“

„Was soll er besser machen als der alte König?“ In Adeles spitzer Stimme lauerte die Meinung ihrer Mutter. Folkmar nahm sich vor, wachsam zu sein. Er wollte nicht, dass seine Kinder mit ­Vorurteilen belastet wären, bevor sie sich ein eigenes Bild von Politik machen konnten.

Der Wagen war jetzt an der steilen Abfahrt angelangt, die vom Bergkamm der Hainleite hinunter ins Wippertal führte. Der Weg folgte einem schmalen Einschnitt zwischen zwei Bergrücken und zog sich in scharfen Kehren bergab. Der klobige Wagen knarrte verdächtig, wenn er sich in die Kurven legte. Zunächst hatten die Insassen alle Hände voll zu tun, sich irgendwo festzuhalten und die Füße am Sitz gegenüber zu verkeilen, um die Fahrt ohne blaue Flecke zu überstehen. Nach kurzer Zeit wurde der Weg wieder bequemer. Er führte jetzt nur noch leicht bergab auf das Dorf Naschhusen zu.

„Das ist gar nicht so einfach zu sagen“, setzte Folkmar seine Erklärungen fort. „Dazu müsst ihr wissen, dass Heinrich IV. bereits als Dreijähriger König wurde und damals natürlich noch nicht regieren konnte.“

„Das wissen wir längst, aus den Unterrichtsstunden bei Mutter!“ Adele verdrehte wieder in der für sie typischen Mimik die Augen.

„Na gut, dann wisst ihr auch, warum seine Politik erfolglos blieb?“

Der Wagen kam jetzt aus dem Wald heraus und rechts oben auf dem Bergsporn sahen sie Lare liegen, hell leuchteten die Kalksteinmauern in der Frühlingssonne. Auf dem Bergfried flatterte die Fahne mit dem Lareschen Löwen im Wappen.

Da die Kinder ratlos schwiegen, gab Folkmar die Antwort selbst: „Nun, es spielten natürlich sehr viele Dinge eine Rolle. Aber die Hauptursache war wohl, dass er es allen recht machen wollte. Er tat, was der Papst ihm sagte, wenn er in Italien war. Wenn er nach Deutschland zurückkehrte, versuchte er die Fürsten und Herzöge zu beruhigen und tat, was sie wollten. Damit erzürnte er wiederum den Papst und so ging es weiter. Am Ende hatte er die Kleriker und die weltlichen Fürsten gegen sich, versteht ihr?“

Die beiden Halbwüchsigen nickten zögernd. Adele fiel noch etwas ein: „Mutter sagt, er war ein sehr unglücklicher König.“

Folkmar überlegte, was Adelheid damit gemeint haben könnte und nickte dann langsam. „Ja, da hat sie wohl Recht. Er ist sicher nicht dumm, im Gegenteil, er hatte oft einfach nur Pech. Besonders, als sein eigener Sohn sich gegen ihn erhob. Aber der hatte auch gespürt, dass es so nicht weitergehen konnte. Er musste etwas unternehmen.“

„Er hat seinen eigenen Vater in den Kerker geworfen!“, stellte Adele gnadenlos richtig.

Folkmar schaute grübelnd zum Fenster hinaus. „Vielleicht ist es gar nicht möglich für einen einzigen Menschen, ein so weit ausgedehntes Reich zu regieren und dabei weltliche und kirchliche Fürsten unter einen Hut zu bringen. Das ist ungefähr so, als würde ein Viehhirt mit einem Rudel Wölfe und einer Schafherde gleichzeitig losziehen um sie auf unübersichtlichem Gelände zu hüten.“ Die Kinder nickten eifrig, obwohl sie selbst noch nie Vieh gehütet hatten, konnten sie sich gut vorstellen, wie schwierig diese Aufgabe auch ohne das Rudel Wölfe bereits war.

„Italien ist zu weit weg! Er sollte sich auf die deutschen Gebiete beschränken!“ Altklug zupfte Ludwig an seinem gestärkten Kragen.

„Wie sieht er denn aus, dieser fünfte Heinrich?“ Von der Antwort auf diese Frage schien Adeles Einordnung des neuen Königs nicht unwesentlich abzuhängen. Folkmar musste innerlich lächeln, hütete sich aber, dies offen zu tun.

Ludwig kam ihm mit einer Antwort zuvor: „Er hat zwei Beine, zwei Arme, und mitten zwischen den Schulter sitzt sein Kopf!“ Dafür erntete er von seiner Schwester einen schmerzhaften Knuff in die Rippen und einen strafenden Blick seines Vaters. Beide mussten sie nun den Anblick von Adeles schmollendem Gesicht ertragen.

Folkmar versuchte, die Stimmung zu retten: „Vielleicht kannst du nachher einen Blick auf ihn erhaschen, wenn ihr vor dem Königspalast wartet.“

„Meinst du, wir dürfen nicht mit hinein?“

„Das glaube ich kaum, es ist schließlich eine sehr ernsthafte Versammlung, keine Messe.“

Inzwischen hatten sie das Dorf Naschhusen passiert, das um diese Zeit verlassen in der Sonne lag. Alles, was laufen konnte, war zur Bestellung auf den Feldern. Ein paar Hühner rannten gackernd vor den rumpelnden Rädern davon, sonst blieb es ruhig. Das Dorf war in den letzten Jahren aufgeblüht. Die Hütten der Bauern sahen ordentlich und beschaulich aus, hier und dort waren größere Stallungen angebaut worden. Seit der schweren Hungersnot vor nun mehr sechzehn Sommern hatte Gott der Allmächtige sie vor ähnlichen Unbilden bewahrt. Mit Stolz blickte Folkmar über das grünende Land. Immerhin konnten die Bauern in den letzten Jahren in Frieden ihre Äcker bestellen.

Vor ihnen lag das fruchtbare Wippertal, auf seinen nahrhaften Weiden sahen sie hier und dort einzelne Viehherden grasen. Die Pferde hatten jetzt ihre Gangart gefunden und liefen synchron auf der alten Heeresstraße, die sich wie ein braunes Band vor ihnen in der Sonne aufrollte. Auf der anderen Seite des Tales erhoben sich westwärts einige Vorharzberge, die mit ihren langgestreckten Kämmen wie riesige Brotlaibe in der Landschaft lagen. Unmittelbar davor zog eine flache Erhebung an ihrem Blickfeld vorbei: der Georgenberg, seit ewigen Zeiten der Dingplatz und die Richtstätte der Herren von Lare. Weithin sichtbar reckte sich der leere Galgen wie ein mahnend erhobener Zeigefinger von der Hügelkuppe in den Himmel. Der Platz war denkbar günstig gewählt, denn von der Burg und sämtlichen umliegenden Dörfern aus gab es freie Sicht auf diese Stelle. Wenn ein Gehenkter dort baumelte, bis die Raben seine Knochen blank gefressen hatten, wanderte manch furchtsamer Blick aus den Hütten und von den Höfen herüber.

„Was wird denn nun auf dieser Synode beraten?“, erinnerte Ludwig seinen Vater.

„Ich denke, es soll in erster Linie darum gehen, wer in Zukunft die Bischöfe ernennen darf. Bisher war es so, dass der König bestimmte, wer Bischof ist. Aber die Kirchenoberen möchten das wohl lieber selbst entscheiden. Dieser Streit schwelt bereits viele Jahre, er spaltet unser Land in feindliche Parteien und führt immer wieder zu Krieg. Es wird Zeit, dass er beigelegt wird.“

Sie hielten an der kleinen Kapelle, die an der Heeresstraße lag und „Maria im Elende“ genannt wurde. Es war üblich, hier anzuhalten und ein kurzes Gebet zu verrichten, um von der Mutter Gottes einen guten Verlauf für die weitere Reise zu erbitten.

Nachdem sie wieder aufgestiegen waren, ging die Fahrt zügig weiter, die Kinder und Folkmar wurden bald schläfrig von dem andauernden Holpern des Wagens.

Am Barfüßertor in Nordhusen wurden sie fast schon unfreundlich weitergewinkt, die Kinder in der Kutsche gaben den bewaffneten Torwächtern wohl keinen Anlass zur Sorge. Nachdem das Gefährt zunächst bergauf rumpelte, kam es auf den schmalen Wegen in der Nähe der Burg immer wieder zu Problemen, da viele andere Reisende mit ihren Wagen das gleiche Ziel hatten. Folkmar befahl schließlich dem Kutscher zu halten und an günstigerer Stelle auf sie zu warten. Das restliche Stück Weg über den Hof zum Königspalast würden sie zu Fuß gehen. Am Portal gab es eine freudige Überraschung: Die Versammlung der Kirchenfürsten fand öffentlich statt. Ein geschickter Schachzug, dachte Folkmar, so gewinnt Heinrich eventuell noch mehr Anhänger.

Sie bekamen Plätze in der vordersten Reihe auf einem Podium im hinteren Teil des großen Versammlungsraumes, der das gesamte Untergeschoss des Palastgebäudes einnahm. Es roch nach rußenden Kerzendochten und harzigem Holz. Adele war zum ersten Mal auf der Königsburg. Ehrfürchtig still betrachtete sie die farbenfrohen Malereien an den Wänden, die abenteuerliche Kampf- und Jagdszenen aus dem Leben König Heinrichs I. darstellten. Das Sonnenlicht fiel schräg durch das Fenster gegenüber und ließ die tanzenden Staubteilchen über den Köpfen der raunenden Menschenmenge sichtbar werden. Wenig später beobachteten sie staunend den Einzug der mit prachtvollen Messgewändern und goldverbrämten Kaseln geschmückten Kirchenoberen. Der wegen seiner balkenförmigen schwarzen Augenbrauen sehr grimmig aussehende Erzbischof Ruthard von Mainz schritt allen voran zu einem kleinen Altar im vorderen Teil des Saales, wo er niederkniete und stumm betete. Die anderen Bischöfe nahmen in der frei gebliebenen ersten Reihe des Gestühles Platz.

„Wo ist der König?“, flüsterte Adele an Folkmars Seite, auf dem Ende ihres blonden Zopfes kauend.

Ihr Vater zuckte mit den Achseln. „Ich kann ihn nicht sehen!“

Der Erzbischof hielt zunächst eine Messe ab, bevor die Herren sich anschickten, das Thema der Versammlung anzusprechen. Ruthard von Mainz verlas eine Erklärung, deren kompliziertes Latein die Kinder nur bruchstückhaft verstanden.

Folkmar versuchte, ihnen das Wichtigste zu übersetzen: „Er mahnt noch einmal zur Einhaltung des Gottesfriedens. Vom Sonntage vor dem Fasten bis zum Sonnenaufgang am Montage der Pfingstoktave sollen die Waffen ruhen, ebenso vom Donnerstag vor dem Advent bis zum Montag der Epiphaniasoktave.“ Folkmar flüsterte halblaut und bemerkte, dass auch die einfachen Handwerksleute hinter ihnen begierig lauschten, offenbar waren sie des Lateinischen nicht mächtig und froh, einen Übersetzer vor sich zu haben.

„Jetzt zählt er noch die anderen Tage auf, an denen der Gottesfrieden gilt: Die Marien- und Apostelfeste, ihr kennt sie selbst, und schließlich alle Wochen vom Donnerstagabend bis zum Montagmorgen.“

Adele krauste ihre Stirn: „Da bleiben nicht viele Tage übrig, die zur Fehde benutzt werden dürfen!“ Der Handwerksmeister hinter ihr lachte leise und sie schwieg peinlich berührt.

Die klare und machtbewusste Stimme des Erzbischofs war bis in die letzte Reihe der voll besetzten Halle deutlich zu hören, Ludwig und Adele sahen von ihrem Platz aus viele andächtig lauschende Menschen. Wie viele davon die lateinischen Worte jedoch wirklich verstehen konnten, war nicht ersichtlich.

Die Stimme hob sich zu einem zornigen Satz, den der Erzbischof förmlich ausspie. Ludwig blickte seinen Vater fragend an.

„Er sagt, dass kirchliche Ämter nicht durch weltliche Herrscher vergeben werden sollten.“

Die Würdenträger, welche die vordersten Reihen besetzten, nickten zustimmend, ihre hohen Bischofsmützen schwankten dabei gefährlich.

„… verdammt sein soll auch die Ehe von Priestern …“, übersetzte Folkmar flüsternd.

Nun erhoben sich alle anderen Bischöfe und gelobten in einem feierlichen Versprechen dem Erzbischof die Treue.

„Wo ist der König?“, fragte Adele halblaut in die ehrfürchtige Stille hinein, die sich nach dem Gelöbnis der alten Mauern bemächtigte. Ihr Bruder knuffte sie erbost in die Seite, froh darüber, ihr den schmerzhaften Stoß vom Morgen zurückzahlen zu können. Sie schwieg erschrocken und warf ihm nur einen giftigen Blick zu. Folkmar konnte die Frage selbst nicht beantworten, hatte er doch bereits vergeblich nach jemandem Ausschau gehalten, der in etwa wie ein König aussah.

Besonders befremdlich war erst recht die Tatsache, dass Ruthard von Mainz nun inmitten seiner Bischöfe vor dem Altar niederkniete und sie gemeinsam dem jungen König Heinrich V. ihre Treue schworen.

Jetzt wurden auch die vielen Zuschauer im Saal unruhig. Sie verdrehten die Hälse nach dem vermeintlichen König und konnten doch niemanden erblicken.

Schließlich erhob sich der Erzbischof aus der Reihe der demütig gebeugten Rücken und bat mit lauter Stimme, der König möge endlich vortreten und ihre Ehrung entgegennehmen. Wie eine plötzliche Windböe die Blätter eines Baumes wendet, so wandten sich erneut alle Köpfe nach hinten. Aus dem Dunkel der letzten Bank löste sich jetzt ein junger Mann in sehr einfachem Gewande, der deshalb zuvor niemandem aufgefallen sein konnte, weil er sich mit gesenktem Kopf und äußerst schlichter Kleidung unters Volk gemischt hatte. Auch jetzt, als er begleitet vom ungläubigen Raunen der Masse durch den Mittelgang schritt, hob er sein Antlitz nicht. So konnten die Leute lediglich einen rötlich-blonden Haarschopf sehen, der sich am Hinterkopf bereits leicht lichtete. Die kirchlichen Würdenträger, die sich mit ihren prunkvollen Gewändern ziemlich grotesk von dem bäuerlich Gekleideten abhoben, wichen zurück, als fürchteten sie, seine Schlichtheit könne sie wie eine gefährliche Krankheit anstecken.

Folkmar, der das Geschehen mit ungläubigen Augen verfolgte, wurde das Gefühl nicht los, einem schlechten Schauspiel beizuwohnen. Was wollte der König mit dieser Geste erreichen? Machte er sich und die Bischöfe denn damit nicht einfach nur lächerlich? Durchschauten die anderen nicht, dass diese Demut nur gespielt sein konnte, so überzogen wie sie war?

Inzwischen hatte Heinrich den kleinen Altar erreicht und sank vor dem hölzernen Christus am Kreuz in die Knie. Inbrünstig schien er zu beten und alles verharrte in gespannter Erwartung. Dann richtete er sich auf, drehte sich langsam um und erhob seine Stimme: „Als Knecht Gottes und um Christi Willen bitte ich Euch in aller Demut: Höret mich an!“ Er streckte seine Arme aus und auch das letzte Geräusch im Saal erstarb. Es schien, als wage nicht einmal das Gebälk zu knarren.

Heinrichs helle Stimme drohte zu versagen, als er unter Räuspern weitersprach: „Ein Wunsch, der einem frommen Zwecke dient, ist wohl mit Gottes Segen belegt. Mein sehnlicher Wunsch war es, der von meinem Vater, König Heinrich IV., misshandelten Kirche wieder Ansehen und Gerechtigkeit zu verschaffen. Aus diesem Grunde schicke ich heiße Gebete zu Gott, dem Allmächtigen, auf dass er den harten Sinn meines Vaters erweiche und mir, seinem ergebenen Sohn, gnädig sei!“

Tränen liefen ihm über die Wangen und tropften ungehindert auf seine grobe braune Tunika. Folkmar fühlte sich peinlich berührt von diesem würdelosen Schauspiel. Er beobachtete, wie auch einige der Bischöfe verlegen ihre Schuhspitzen betrachteten.

Doch die von der Tragik dieses Momentes leicht zu beeindruckende Menge brach in Beifallsrufe aus und jubelte dem jungen König euphorisch zu. Das von einigen Kehlen angestimmte Kyrie eleison griffen die Menschen begeistert auf und bald erfüllte brausender Gesang die mächtigen Mauern der Burg.

Nur wenig später verließ ein enttäuschter Folkmar mit beiden Kindern an den Händen in einem Strom von Menschen den Saal. Die Gesichter der anderen Besucher spiegelten zwiespältige Gefühle wieder. Einige strahlten vor Enthusiasmus und es erklangen immer wieder Rufe wie „Hoch lebe der junge König!“ oder „Hoch Heinrich der Fünfte!“ Andere dagegen schienen in die gleiche Richtung zu denken wie er, sie wirkten ernüchtert, unzufrieden und unangenehm berührt.

Es dauerte eine Weile, bis sie im Gewühl ihren Wagen fanden, der mit dem Kutscher und den drei Reisigen als Begleitschutz gewartet hatte. Die Kinder konnten sich nicht satt sehen an den vielen fremden und prächtig gekleideten Menschen, die zum Gefolge der Kirchenoberen gehörten und wie Ameisen geschäftig über den weitläufigen Königshof eilten. Schimpfend und fluchend kutschierte der Fuhrmann den Wagen über das belebte Gelände, vorbei am Damenstift und an den Mauern des Klosters „Zum Heiligen Kreuz“. Schließlich erreichten sie das Torhaus und verließen die Feste in Richtung Westen.

Gerade hatten sie das Altendorf am Fuße der Burg rechts liegen gelassen, als sie durch energische Rufe aufgefordert wurden, erneut anzuhalten und den Weg zu räumen. In halsbrecherischem Tempo ritt die Eskorte des Königs an ihnen vorbei, in der Mitte konnten sie Heinrich selbst erkennen. Ganz so bescheiden wie während seines Auftrittes war er nun nicht mehr gekleidet, sein Reitgewand aus feinem Leder verriet einen teuren Schneider und auch das Zaumzeug seines Pferdes wirkte nicht wie das eines einfachen Bauern. Der blasse Jüngling mit der etwas zu groß geratenen Nase und dem dünnen roten Haar würdigte die Gruppe am Straßenrand keines Blickes und machte einen sehr selbstzufriedenen Eindruck.

„Er ist hässlich!“, vernahm Folkmar Adeles mürrischen Kommentar, als die Staubwolke hinter der Truppe sich legte und sie sich allmählich wieder in Bewegung setzten.

„Er kommt für dich sowieso nicht in Frage!“, konterte ihr Bruder.

Folkmar kam diesmal mit erhobenem Finger dem Knuff in die Rippen zuvor und machte endlich seinem Herzen Luft: „Er war enttäuschend!“

„Sag ich doch!“, murmelte Adele, doch Ludwig horchte auf und fragte: „Warum? Weil er wie ein Weib vorm Altar geweint hat?“

„Nicht wegen der Tränen an sich, aber es wirkte alles so gestellt, als hätte er diesen Auftritt vorher einstudiert, um die Menge zu überzeugen und für sich zu gewinnen.“

„Das scheint ihm auch gelungen zu sein, bis auf eine kleine Ausnahme“, stellte Ludwig mit einem Seitenblick auf seine Schwester fest.

Folkmar winkte ab, er war des lästigen Dauerstreites der Ge­schwister müde. „Ich hatte so viel von ihm und dieser Versammlung erwartet! Doch es fiel kein einziges klärendes Wort über den Einsatz der Bischöfe. Wieder nur Forderungen, ohne klare Ergebnisse. Niemand sprach vom Verbleib des Kaisers. Statt dessen Ermahnungen über den Gottesfrieden, an den sich sowieso niemand hält, schon gar nicht der König!“

„Es bleiben 30 Wochen!“, platzte Ludwig heraus. Als Vater und Schwester verdutzt schwiegen, fügte er triumphierend hinzu: „Ich habe nachgezählt während der endlosen Rede des Bischofs. Es bleiben 30 Wochen im Jahr, an denen der Gottesfrieden nicht gilt! Diese Wochen haben jedoch nur jeweils vier Tage, denn ab Donnerstag sollen die Waffen ruhen. Somit kann an 120 Tagen gestritten werden!“

„Doch so viel!“, staunte Adele und Folkmar lachte bitter.

„Selbst diese vielen Tage reichen manchen Herren nicht aus für ihre Fehden. Was meint ihr, wie oft Heinrich IV. dieses Gesetz übertreten hat?“

Die Kinder wussten ihm nichts zu antworten. Und so versank die kleine Reisegesellschaft in brütendes Schweigen, jeder hing seinen Gedanken nach und das rumpelnde Gefährt bewegte sich in Richtung der schnell sinkenden Sonne. Sie schafften es gerade noch, vor Anbruch der Dunkelheit auf Lare zu sein.

Dort saß Folkmar müde vor seinem Nachtmahl, Adele und Ludwig hatten das Reden übernommen. „Stellt Euch vor, Mutter, der König war gekleidet wie ein Bauer!“ Ludwig riss ein großes Stück vom Roggenbrot ab und tauchte es in die Truthahnsoße.

„Aber nur in der Versammlung! Als er an uns vorbeiritt, sah er wieder aus wie ein richtiger König“, ergänzte seine Schwester, die unlustig an einem Haferkuchen knabberte.

„Doch der Erzbischof, der sah wahrhaft prächtig aus, lauter Gold hatte er an seinem Messgewand!“

Adelheid hörte geduldig zu und warf ab und an eine Frage ein, bis die zwei sich ins Bett verabschiedeten. Dann setzte sie sich zu den Männern im Saal, die bereits ungeduldig darauf warteten, dass Folkmar endlich die wichtigen Dinge der Synode zur Sprache brachte. Nachdem er geendet hatte, brach eine aufgeregte Diskussion los.

„Kein klärendes Wort über die Einsetzung von Bischöfen?“ Robert schüttelte missmutig den Kopf. „Wie lange soll sich dieser Streit denn noch hinziehen?“

„Was wird nun aus dem Kaiser? Hält er ihn noch immer gefangen?“, fragte Johannes, der am späten Nachmittag vom Straußberg gekommen war, um eventuelle Neuigkeiten zu erfahren.

„Es sieht ganz so aus. Natürlich hat er kein Wort darüber verloren, wo er seinen Vater gefangen hält. Dazu ist er zu schlau.“

„Von mir aus kann der windige Kaiser bleiben, wo er ist. Waren wir nicht froh, ihn los zu sein?“ Gottschalk von Wisedendorf, Folkmars väterlicher Freund, ärgerte sich über das Mitleid gegenüber dem alten König.

„Bei ihm wussten wir aber wenigstens, woran wir waren. Er hat uns hier auf Lare schalten und walten lassen, wie wir wollten. Was jetzt wird, bleibt abzuwarten. Ihr solltet vorsichtig sein! Mir scheint, beim neuen König weht der Wind aus vielen Richtungen.“ Adelheid wusste, dass die meisten von Folkmars Freunden nur deshalb den jungen König begrüßten, weil sie sich neue Erfolge für die sächsischen Fürsten versprachen, die seit ihrer Niederlage in den siebziger Jahren ungeduldig mit den Schwertern klirrten. Sie warteten nur auf eine Gelegenheit, einen weiteren Aufstand zu beginnen. Sollte der neue König Schwäche zeigen, dann würden sie endlich gewinnen. Und Lare war diesmal dabei, daran gab es kaum noch Zweifel. So hatte sie erst vor kurzem mit Folkmar beschlossen, den Bau einer größeren Kapelle erneut zu verschieben und stattdessen die zweite Ringmauer im Osten der Burg auszubauen.

Robert schien in die gleiche Richtung zu denken. „Wir sollten nun ernsthaft den Bau eines weiteren Turmes in Angriff nehmen. Der Bergfried sichert uns nach Norden, die Motte nach Südwesten. Der Osten ist trotz der Unterstützung vom Straußberg noch immer unsere schwächste Stelle. Jeder Feind, der den Straußberg geschickt umgeht, kann uns von dort überrumpeln.“

Adelheid seufzte und zog die Stirn kraus. Die Motte sicherte den Bergsporn mit ihrer trutzigen Behäbigkeit bereits seit Hunderten von Jahren, sie war die älteste Verteidigungsanlage auf dem Gelände. Schon Graf Beringer hatte darauf bestanden, dass sie sorgfältig erhalten wurde. Sie hatte ihn und seine Leute während der Bauarbeiten geschützt und konnte im Ernstfall zur Verteidigung der Vorburg, des Halsgrabens und nicht zuletzt des Torweges noch immer sehr nützlich sein. Aber von der östlichen Ecke der Burg war auch sie zu weit entfernt. Der Bau eines dritten Turmes war schon öfter diskutiert worden, nun war die Zeit wahrscheinlich reif dafür.

Gottschalk trank seinen Kelch aus und reckte sich. „Wir müssen abwarten. Früher oder später wird sich herausstellen, welches Pferd der junge Heinrich reitet. Wir sollten auf alles gefasst sein!“

Die anderen betrachteten das wohl als Schlusswort und erhoben sich.

Folkmar neigte sich zu Adelheid und flüsterte ihr ins Ohr: „Können wir das Gespräch oben fortsetzen, es ist heute früh etwas offen geblieben …“ Kleine Lachfältchen saßen um seine Augen, deren Ausdruck eine einzige Bitte war. Als ob sie bei diesem Blick jemals hätte nein sagen können!

Nachdem sie sich von den Männern verabschiedet hatten, packte er sie und nahm sie auf den Arm, um sie die Treppe hinaufzutragen.

Sofort begann sie zu zetern: „Du weißt, dass ich das nicht möchte. Dein Bein hält solche Belastungen nicht mehr aus! Sei vernünftig!“

„Du wiegst doch nur so viel wie ein Huhn!“, schnaufte er seine übliche Antwort und zog sich mit einem Arm am hölzernen Geländer hinauf.

„Aber auch ein altes Suppenhuhn hat sein Gewicht!“, konterte sie und lachte schon wieder. An der obersten Stufe sprang sie behände ab und lief voraus. Vor der Tür jedoch blieb sie stehen und legte warnend den Finger auf die Lippen. Folkmar nickte, er hatte nicht vergessen, dass Helisende in ihrem Gemach schlief. Der kleine Teufelsbraten gehörte längst zu den anderen Kindern ins Zimmer, ihre Geschwister waren jedoch froh, wenn sie Ruhe vor ihr hatten, denn sie terrorisierte alle, Brüder, Schwester und Gesinde gleichermaßen.

Lächelnd standen die Eltern am Bett ihrer Jüngsten. Wenn sie schlief, ahnte niemand, welches Temperament in ihr steckte. Die blonden Locken kräuselten sich störrisch auf dem Kissen, die kleine Faust hatte sich entschlossen um einen Zipfel der Bettdecke geklammert, als fürchte sie selbst im Schlaf, sie könne ihr genommen werden.

„Sie ist genau so schön wie du!“, flüsterte Folkmar ehrfürchtig.

„Und auch so störrisch, wolltest du sagen?“

„Nein! Wie käme ich darauf?“

Er warf sich auf das Bett und beobachtete mit unverhohlener Vorfreude, wie Adelheid sich auszog. Obwohl sie vier Kinder geboren hatte, war sie noch immer eine zierliche Frau. Ihre Brüste waren etwas voller geworden, denn sie hatte die Kinder selbst gestillt. Das schulterlange blonde Haar verbarg die paar silbernen Fäden ganz gut. Er bemerkte die schimmernden Strähnen, wenn er neben ihr lag und sie betrachtete, aber er würde den Teufel tun, ihr seine Entdeckung mitzuteilen. Sie konnte sehr eitel sein.

Vor acht Jahren hätte er sie beinahe verloren, und die Erinnerung daran war ein dunkler Tunnel in seinem Gedächtnis, den er jetzt wieder einmal unter Schmerzen durchwanderte. Sie ging damals im siebten Mond schwanger mit Beringar. Sie hatte sich in den Kopf gesetzt, Magdalena auf dem Straußberg zu besuchen, die ebenfalls ein Kind erwartete, aber bereits kurz vor der Niederkunft stand. Weder Folkmar noch ihre Kammerdienerin konnten sie davon abhalten. Zu allem Unglück hatte der alte Diabolus eine Hufentzündung und sie ließ Thymbos satteln. Der Rappe war seinem Vater sowohl vom Aussehen als auch vom Temperament her außergewöhnlich ähnlich und deshalb Adelheids ausgesprochener Liebling. Doch Thymbos war jung und unerfahren. Auf dem Weg zum Straußberg scheute er vor einer Kreuzotter, die urplötzlich aus dem dichten Gras am Wegrand über den Boden glitt und ging durch. Adelheid konnte ihn nach einem viertelstündigen Höllenritt zwar beruhigen, durch die heftigen Erschütterungen setzten allerdings die Wehen ein. Als die panisch suchende Begleitmannschaft sie endlich im Wald kurz vor den Mauern von Straußberg gefunden hatte, war Beringar bereits geboren. Die Männer brachten die fast besinnungslose Mutter und das winzige, kaum atmende Bündel Mensch sofort auf die Burg, wo Magdalena sich um die beiden kümmerte. Mutter und Kind überlebten wie durch ein Wunder, Beringar blieb jedoch klein und kränkelte stets.

„Warum siehst du so traurig aus?“, schnurrte ihre Stimme dicht an seinem Ohr.

Er schüttelte sich, um die trüben Gedanken zu vertreiben. „Ich dachte nur gerade, wie schwer es Beringar einmal haben wird!“

„Ich glaube seine körperliche Schwäche gleicht er durch etwas aus, was auch sehr gefährlich sein kann: Er hat dein vorlautes Mundwerk!“

„Wieso meines? Was unterstellst du mir schon wieder?“

Im Schein der Kerze waren seine Augen auf sie gerichtet und das Blau wirkte bei diesem Licht fast schwarz. Wie so oft vorher staunte sie über seine dichten Wimpern, die sich wie ein Vorhang über die Pupillen senkten und einen langen Schatten auf seine stoppeligen Wangen warfen.

„Ich unterstelle nicht, ich stelle fest!“ Sie räkelte sich genüsslich und kroch dicht an ihn heran. „Und ich werde gleich noch viel mehr …“ Weiter kam sie nicht, denn er beugte sich über sie und verschloss ihr den Mund mit seinen warmen, fordernden Lippen. Seine Bartstoppeln kratzten, aber es war ein herrliches Gefühl.

Anno 1111

Glückliche Jahre vergehen schnell, und so verrannen die nächsten Sommer und Winter auf Lare wie im Fluge. Gleich einer Insel lag die Feste unberührt im brodelnden Umfeld der Intrigen und Machtspiele zwischen Kirche und Königtum. Anno 1106 hatte Heinrich IV. seinem Sohn entfliehen können, doch das Schicksal gönnte ihm diesen Triumph nicht, nur kurze Zeit später starb er unverhofft in Lüttich. Heinrich V. tat unterdessen alles Erdenkliche, um sich im Lande unbeliebt zu machen. Er stieß die wenigen Fürsten vor den Kopf, die weiterhin zu ihm hielten, raffte Geld und Gut zusammen, wo es nur ging und verprellte die Städte, auf die sein Vater noch hatte zählen können, mit der Einführung neuer Steuern. Das ehemalig große Reich, seit den Ottonen unbezwingbar, zerfiel ihm langsam unter den Händen.

Ungeachtet dieser trügerischen Ruhe hatten die abhängigen Bauern auf Lare unter der Leitung von erfahrenen Baumeistern einen weiteren Turm im Osten der Burg errichtet, der aus der Feste nun eine der stärksten Verteidigungsanlagen südlich des Blocksberges werden ließ. Doch die dunklen Wolken, die sich über dem Land zusammenzogen, waren von diesem neuen Aussichtspunkt umso besser zu sehen. Die sächsischen Fürsten erstarkten immer mehr, das Klirren ihrer Schwerter ging in lautes Rasseln über. Die einzelnen Truppen schlossen sich zu einem starken und bedrohlichen Bund zusammen, den der Kaiser bald nicht mehr ignorieren konnte.

Im Frühjahr des Jahres 1111 häufte sich die Ankunft von berittenen Boten auf der Burg, die nach kürzester Zeit mit frischen Pferden und versiegelten Schriftrollen in den Satteltaschen die Feste wieder verließen. Adelheid beobachtete nervös das hektische Treiben und befürchtete wieder einmal, Lare könne nun doch in kriegerische Auseinandersetzungen verstrickt werden.

An diesem regnerischen Apriltag war bereits der dritte Bote erschienen, als Adelheid vorwurfsvoll an den Tisch im Saal trat, wo eine eng vertraute Männerrunde die Köpfe zusammensteckte.

„Könnte mir jemand von den Herren mitteilen, was hier vor sich geht? Ist es vielleicht etwas, was ich als Burgherrin wissen müsste?“ Sie hatte Lare zu lange allein regiert, um sich von den Männern ausbooten zu lassen.

Nachdem zunächst niemand antwortete, räusperte sich endlich Gottschalk von Wisedendorf. Sein Haar wie auch sein voller Bart waren inzwischen fast weiß geworden, doch seine Augen versprühten noch immer Vitalität und der Charme, mit dem er ihr vor vielen Sommern erklärt hatte, er sei für seinen Freund um die lareschen Mauern geritten, war unverbraucht.

„Hohe Frau, seht den Tatsachen ins Auge. Der Salier hat ausgespielt, es wird Zeit für einen frischen Wind im deutschen Land! Er treibt sein Possenspiel mit dem Papst schon viel zu lange. Was soll uns dieser geheime Vertrag bringen, den er mit dem Oberpfaffen ausgeknobelt hat? Wem nützt es, wenn nur noch Paschalis als Papst über die Einsetzung der Bischöfe entscheidet? Und unsere Fürsten sollen im Gegenzug sämtliche kirchliche Lehen abgeben!“ Er lachte höhnisch auf und die anderen Männer murmelten beifällig.

„Die Sachsen haben junges Blut, das an die Spitze drängt. Die Fürsten wollen ihr Land selbst regieren und sich nicht von diesem habgierigen, unfähigen König sagen lassen, was sie zu tun haben.“

„Frisches Blut? Nennt mir Namen!“ Adelheid blieb skeptisch.

„Nun, ich denke an den Pfalzgrafen Friedrich von Sommerschenburg, Herzog Lothar von Supplinburg …“

„Lothar?“ Adelheid lachte unsicher. „Aber er ist Heinrich treu ergeben! Der Kaiser hat ihn doch zum Herzog von Sachsen berufen!“

„Nenn ihn nicht Kaiser!“, brauste Folkmar auf. „Wer den Papst gefangen nimmt, um sich die Krönung zu erzwingen, der ist für mich kein Kaiser, sondern ein Barbar!“

„Egal, ob Kaiser oder König“, beschwichtigte Gottschalk mit ruhiger Stimme, „er hat es sich inzwischen mit allen Fürsten im Lande verdorben. Hohe Frau, Ihr habt gewiss von Fürst Wiprecht von Groitzsch gehört, auch ein ehemals treuer Anhänger des Königs. Er führte die Unterhandlungen mit Heinrich IV. um die Reichskleinodien, kämpfte schon ihn Italien heldenhaft für seinen König. Nun wollte es das Schicksal, dass Wiprechts Sohn recht unglücklich in die Wirren um die böhmische Thronfolge verwickelt wurde, und der König ließ ihn daraufhin verhaften. Erst nachdem Wiprecht unverschämt hohes Lösegeld in Form von Besitztümern gezahlt hatte, konnte er seinen Sohn wieder in die Arme schließen.“

Gottschalk trank bedächtig einen Schluck aus dem Weinkelch, bevor er fortfuhr: „Fürst Wiprecht war über so viel Unverfrorenheit und Habgier natürlich erbost und wechselte das Lager. Mag sein, dass noch andere Dinge eine Rolle gespielt haben und die Geschichte um seinen Sohn lediglich das Fass zum Überlaufen brachte. Schließlich weiß jeder, dass Wiprecht ein Vertrauter Heinrichs IV. war. Jedenfalls überredete er Herzog Lothar, Markgraf Rudolf, unseren Pfalzgrafen und noch einige andere, dem Kaiser den Gehorsam zu versagen.“

„Und nun sitzen sie alle auf ihren Burgen und wetzen die Schwerter?“ Es war wohl nur eine rhetorische Frage, und sie bekam auch keine direkte Antwort.

„Wenn wir die Gunst der Stunde jetzt nicht nutzen“, Gottschalk rieb sich nachdenklich den Bart und sah Adelheid ernst an, „dann verstreicht die Möglichkeit, ihn zu besiegen. Worauf sollen wir noch warten?“

Adelheid war innerlich erschrocken, welche Ausmaße die Verschwörung bereits angenommen hatte. Dass selbst Lothar von Supplinburg vom Kaiser abgefallen war, hatte sie bisher nicht geahnt.

Lothar hatte vor nunmehr elf Sommern ihre Base Richenza von Northeim geheiratet, ein damals bereits aufgewecktes und intelligentes Mädchen, das seinem zwölf Jahre älteren Gemahl nicht nur Reichtum und Einfluss, sondern auch einen scharfen Verstand und ein klares Urteilsvermögen mit in die Ehe gebracht hatte. Man sagte von dem so unterschiedlichen Paar, sie sei der Kopf und er die Hand. Mit dem Tod seines Schwiegervaters, Heinrich dem Fetten, im Jahr nach der Hochzeit war Lothars Einflussbereich erheblich gewachsen und er fiel bald darauf dem König auf, der ihn 1106 zum Herzog von Sachsen bestellte. Inzwischen galt Lothar als der mächtigste Mann in Norddeutschland.

Fragend und ratlos blickte Adelheid zu Folkmar hinüber.

„Euer Gemahl wird hier auf Lare die Fäden in der Hand behalten“, beeilte sich Gottschalk zu versichern. Alle wussten, dass Folkmar große Probleme beim Reiten hatte, sein Bein versteifte sich von Jahr zu Jahr mehr. Er würde daher auf der Burg nützlicher sein als auf dem Schlachtfeld. Zwar war das für Adelheid ein gewisser Trost, doch die Gefahr für Lare blieb, denn wenn sich herausstellte, dass der Aufstand gegen den Kaiser von hier aus geplant worden war, würden die kaiserlichen Truppen die Feste angreifen und im schlimmsten Falle schleifen.

Der Sommer kam und in den Waffenschmieden südlich und östlich der Harzberge sangen Hammer und Amboss ein stetiges Lied. Es formierte sich hinter Festungsmauern und Zinnen ein Heer gegen den Kaiser, das von Wiprechts Neffen Siegfried angeführt werden sollte. Bewaffnete Truppen standen auf Sachsens Burgen bereit und warteten auf das Signal zum Angriff.

Über Lare lag eine fast greifbare Spannung unter dem blassblauen Himmel, die noch unerträglicher wurde von der drückend heißen Luft, die Ende August den Bauern die Erntearbeiten recht sauer werden ließ.

Der Schmied schwitzte umso mehr hinter seinem Blasebalg, denn es gab so viel zu tun wie nie zuvor. Da die Herren Ritter zur Tatenlosigkeit gezwungen hinter den Burgmauern saßen, fiel ihnen alle Nasen lang etwas anderes ein, was sie noch in Auftrag geben konnten. Ein großer vierschrötiger Mann, der so stark schielte, dass niemand genau sagen konnte, wen er gerade anblickte, und von allen nur „Adler“ gerufen wurde, wollte eine größere Nasenschiene an seinen Helm geschmiedet haben. Ein langer, dürrer Ritter aus dem Straußberger Gefolge stellte fest, dass der Stirnpanzer seines Pferdes noch eine Verstärkung nötig habe.

Dem Waffenschmied Ansgar erging es nicht anders. Ständig gab es Schwerter zu schleifen, Parierstangen anzuschmieden oder noch schnell eine Lanzenspitze anzufertigen.

Die Frauen der Burgbesatzung, die nicht in der Küche oder bei der Ernte halfen, saßen im Schatten unter einer Weide nahe der Burgmauer und nähten Tuniken aus derbem Stoff, die ihre Männer unter den Kettenhemden tragen sollten, damit die Metallglieder nicht rieben oder durch harten Schlag von feindlicher Hand gar in die Haut eindringen und gefährliche Verletzungen verursachen konnten. Ein Feinschmied aus Nordhusen besserte die vorhandenen Kettenhemden aus und stellte zusätzlich schützende Beinlinge aus Kettengeflecht her.

Doch der befreiende Befehl zum Losschlagen blieb aus. Immer wieder fanden sich Gründe, den Aufstand zu verschieben. So ging der Sommer dahin und schließlich auch der regnerische Herbst. Ein früher Wintereinbruch mit viel Schnee bereits im Oktober legte die Rebellionspläne dann buchstäblich auf Eis. Adelheid konnte vorläufig aufatmen.

Der Winter war so kalt wie schon seit Jahren nicht mehr und die Bauern hatten einen harten Kampf, ihre Familien und das Vieh am Leben zu erhalten. Doch konnten sie diesmal Nutzen aus den vielen guten Erntejahren ziehen, in denen ausreichend Vorräte angelegt worden waren. Trotzdem zogen Scharen von Bettlern durchs Land, klopften an Burgtore und Klosterpforten und nicht wenige erfroren am Straßenrand. In den Wäldern verendeten Rehe und Hirsche in den Schneemassen, so dass die Aasfresser einen runden Bauch bekamen.

Im Jahre des Herrn 1112 begann das Frühjahr zögerlich und die sächsischen Rebellen kamen ebenso langsam aus ihren Schlupflöchern, um erste vorsichtige Beratungen aufzunehmen. Besorgt registrierte Adelheid wieder fremde Männer im Saal, die geheimnisvoll raunend diskutierten und mit Schriftstücken und Karten hantierten. Doch diesmal sollte der Kaiser ihnen zuvorkommen. An einem kalten Märztag marschierte er mit seinen Truppen gegen Groitzsch, wo der ihm verhasste Fürst Wiprecht seinen Stammsitz hatte und griff die Feste ohne jede Vorwarnung an. Da Wiprecht jedoch eine große Schar Streiter mit bester Ausrüstung bereits seit Monaten in seinen Mauern versammelt hatte, verlor Heinrich fünfhundert Mann in dieser Schlacht und musste die Eroberung schmählich abbrechen.

Wiprecht rüstete seine Truppen auf und drängte jetzt das Bündnis der sächsischen Fürsten zur Eile. In einer stürmischen Aprilnacht trafen auf Lare in kurzen Abständen hintereinander mehrere edle Herren ein, denen das Tor eilig geöffnet wurde, ohne das unnötige Worte fielen.

Adelheid erkannte als einen der ersten Lothar von Supplinburg, der sie schweigend und ernst umarmte, denn sie hatten sich seit seiner Hochzeit nicht gesehen. Eine halbe Stunde später ritt Ludwig von Thüringen durchs Tor, nur kurze Zeit darauf schließlich Wiprecht von Groitzsch mit seinem Neffen Siegfried. Das flackernde Licht der Fackeln im Saal beleuchtete entschlossene und ernste Gesichter. Gottschalk von Wisedendorf und Folkmar saßen an den Stirnseiten der Tafel, Robert und Johannes vom Straußberg ließen sich den Rücken vom Kamin wärmen. Ihnen gegenüber hockte mit funkelnden Augen Adelheids ältester Sohn Ludwig und sprühte vor Tatendrang. Mit knappen Worten schilderte Wiprecht die Schlacht vor seinen Mauern.

„… und ich sage Euch, Ihr edlen Herren, er hat jetzt Blut gerochen! Diese Niederlage wird ihn anstacheln und er wird bald zurückkommen. Dann ist die Chance da, auf die wir nun wahrhaftig lange genug gewartet haben! Stellen wir ihm eine Falle!“

Ludwig von Thüringen, der vom Volk auch „der Springer“ genannt wurde, weil er bei seiner waghalsigen Flucht vor dem König von den Mauern der Burg Giebichenstein in die Saale gesprungen war, schlug mit der flachen Hand so hart auf den Tisch, dass die Weinkrüge einen Satz taten. „Genug der Worte. Wie lange soll er uns noch auf der Nase herumtanzen? Sind wir denn nicht Männer genug, ihn endgültig zu schlagen? Er spielt mit uns Katz und Maus. Lasst uns ihm entgegenziehen, Ihr Herren! Offene Karten – offenes Spiel!“

Lothar wiegte bedächtig den Kopf. „Eher ein gewagtes Spiel! Vergesst nicht, dass er dort in Schwaben noch die Staufer hinter sich hat. Wir sollten ihn in unsere Gegend locken. Das ist sicherer.“

Ein Diener kam herein und raunte Folkmar eine kurze Mitteilung zu.

„Ein Bote? Schick ihn zu mir – nein warte! Ich komme hinaus!“ Es war nicht nötig, dass ein fremder Knappe all die versammelten Männer hier sitzen sah. Als er zurückkam, verschloss er sorgfältig die Tür hinter sich.

„Der Salier ist auf dem Weg nach Weimar, er will die Güter des verstorbenen Grafen Udalrich zu Gunsten der Krone einziehen!“

Ein lautes Poltern folgte. Ludwig von Thüringen hatte beim Aufspringen seinen Hocker umgeworfen. Der nach einer heimtückischen Darmkrankheit gestorbene Graf war sein Tochtermann. „Worauf warten wir noch? Jetzt ist der Moment da, wir werden auch die thüringischen Fürsten auf unserer Seite haben. Lasst uns diesen frechen Schmarotzer endlich schlagen!“

Herzog Lothar erhob sich ebenfalls und nahm das Wort. „Er will in Thüringen Fuß fassen, das müssen wir verhindern, koste es, was es wolle. Ich schlage vor, wir treffen uns in der dritten Nacht in der Senke bei Warnstedt, wo wir alle sammeln, die mit uns ziehen werden. Gebt Euren Leuten das verabredete Signal!“

Während die Gäste mit ihrem Gefolge, das meist nur aus ein oder zwei Knappen bestand, in einzelnen Gruppen und im Schutze der Nacht die Burg verließen, diskutierte Folkmar im Saal mit seinen engsten Vertrauten Gottschalk, Johannes und Ludwig. Adelheid lag mit offenen Augen in ihrer Kammer und fühlte eine harte Faust in ihrem Magen, denn ihr Sohn Ludwig würde diesmal mit in die Schlacht reiten.

„Wenn ich schon als Krüppel zu Hause bleiben muss“, hatte Folkmar mit fester Stimme gesagt, „soll wenigstens mein Sohn unsere Sache mit auskämpfen.“