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Über den Autor

Fridtjof Nansen

(1861-1930), norwegischer Polarforscher und Zoologe, gehört zu den bedeutendsten Entdeckungsreisenden der Geschichte. Getrieben von einem leidenschaftlichen Forschergeist und einer unergründlichen Sehnsucht brach er immer wieder in arktische Gefi lde auf. Nach der Rückkehr von seiner epochalen Polarexpedition schrieb er seine Erlebnisse nieder und begann in der Folgezeit als Politiker und Diplomat eine zweite Karriere. Für sein außergewöhnliches humanitäres Engagement u.a. bei der Rückführung von Kriegsgefangenen nach dem Ersten Weltkrieg erhielt er 1922 den Friedensnobelpreis.

Zum Buch

„(…) welchen Wert hätte das Leben ohne seine Träume?“ Fridtjof Nansen

Sein größter Traum geht nicht in Erfüllung: 1893 bricht der Norweger Fridtjof Nansen mit einem eigens dafür gebauten Schiff zur Eroberung des Nordpols auf und kehrt drei Jahre später in die Heimat zurück, ohne den Nordpol je betreten zu haben. Seine Expedition macht ihn dennoch über Nacht weit über die Grenzen seines Landes hinaus bekannt, denn seine abenteuerliche Polarfahrt sprengt die Vorstellungen des bis dato für möglich Gehaltenen.

Nansens autobiographischer Bericht über die abenteuerliche Nordpolexpedition dokumentiert die einzelnen Stationen der Exkursion auf packende, in ihrer Intensität schmerzlich ergreifenden Weise: die Verfehlung des Nordpols mit dem Schiff, der Entschluss, das ewige Eis mit Hundeschlitten zu durchqueren und den Nordpol auf Schneeschuhen zu erreichen, der Abbruch der Expedition 450 Kilometer vor dem Ziel und der Rückweg zur Fram, der zum nackten Überlebenskampf gegen Eisbärattacken, Stürzen ins Meer und die unerbittliche arktische Kälte wird.

ALTE ABENTEUERLICHE REISEBERICHTE

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FRIDTJOF NANSEN

DIE NORWEGISCHE POLAREXPEDITION

IN NACHT UND EIS

1893 – 1896

HERAUSGEGEBEN UND MIT EINEM VORWORT VERSEHEN VON DETLEF BRENNECKE

MIT 20 ABBILDUNGEN UND 2 KARTEN

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

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Alle Rechte vorbehalten

Copy right © by marixverlag GmbH, Wiesbaden 2012

ISBN: 978-3-8438-0254-3

www.marixverlag.de

INHALT

Vorwort des Herausgebers

IN NACHT UND EIS

Die Abreise

Die Winternacht

Frühjahr und Sommer 1894

Der zweite Herbst im Eis

Der Aufbruch

Abschied von der »Fram«

Ein harter Kampf

Mit Schlitten und Kajak

Endlich Land!

Neujahr 1896

Heimwärts!

ANHANG

Editorische Notiz

Weiterführende Literatur

VORWORT DES HERAUSGEBERS

»… wenn möglich bis zum Pol.«
Fridtjof Nansens Abenteuer in der Arktis

»Dr. Livingstone, I presume.« Als der aus England stammende Sensationsreporter Henry Morton Stanley am 10. November 1871 nicht weit vom Tanganjikasee entfernt mit unnachahmlich-britischem Understatement auf David Livingstone zutrat, erfüllte sich seine Mission. Hatte er doch zwei Jahre zuvor vom Chef des New York Herald, James Gordon Bennett jun., die Weisung erhalten, den im Busch verschollenen Afrika-Pionier aufzuspüren.

Die Berichte über das Ereignis, die Stanley zunächst nach New York kabelte und 1872 in seinem Buch Wie ich Livingstone fand zusammenfasste, machten den Herald zum auflagenstärksten Blatt der USA, weshalb sich Bennett vornahm, solchen Coup dereinst zu wiederholen.

Die Gelegenheit bot sich 1879, als der Schwede Adolf Erik Nordenskiöld bei seiner Erschließung eines Seewegs, der von Europa ostwärts durch arktische Gewässer nach China sowie Japan führen sollte, mittlerweile dreißig Monate auf der »Vega« ausgeblieben war, ohne dass jemand eine Nachricht von ihm erhalten hatte. Da schickte Bennett die »Jeannette« unter Kapitän George Washington De Long von San Francisco zur Beringstraße hinauf, um Nordenskiöld zu suchen. Nachdem De Long jedoch ermitteln konnte, dass die »Vega« die Meerenge vor Kurzem erst wohlbehalten hinter sich gelassen hatte und längst auf der Heimreise war, behielt er seinen Kurs bei, um nunmehr den Pol anzusteuern. Auf diesem Unternehmen freilich wurde das Schiff am 12. Juni 1881 nördlich der Neusibirischen Inseln vom anpressenden Eis zersplittert, sodass es versank. Und obwohl sich drei Viertel der Besatzung mit Schlitten und Ruderbooten zum Lena-Delta durchschlagen konnten, glückte es nur wenigen aus dieser Schar, auf versprengte Nomaden zu stoßen und gerettet zu werden. Die meisten – zuletzt auch De Long und der Korrespondent des New York Herald Collins – kamen um im kimmungslosen Nowhere Land und entschwanden zu den anderen vergessenen Statisten der Erkundung unserer Erde.

Das Publikum zog es vor, sich an die Sieger zu halten, die lebenden Helden zumal.

Deshalb hatten das Jubeln und Zylinderschwenken bei der Ankunft des Bezwingers der Nordostpassage Nordenskiöld in Stockholm – eine der farbigsten Schilderungen des Einlaufens der »Vega« verfasste hernach der Asienforscher Sven Hedin – die Erinnerung an den Untergang der »Jeannette« überlagert und nahezu ausgelöscht … bis 1884 zur Verblüffung der Laien und der Wissenschaft einige Wrackteile des Dampfers am Südwestufer Grönlands angespült wurden und das alte Thema »Jeannette« aufs Neue die Gemüter bewegte: Auf welche Weise hatten die Trümmer die Arktis durchwandert? Und auf welcher Route? Waren sie etwa vom Packeis über den Scheitel des Erdballs befördert worden? Und hatten sie demnach jenen Punkt gekreuzt, der eines der großen Sehnsuchtsziele der Menschheit darstellte?

Während alle Welt über diesen Fragen grübelte, gab ein Mann in Norwegen kurz und knapp die Antwort und wandelte sie sogleich in eine Absichtserklärung um, in ein Vorhaben – in den Masterplan zur Eroberung des Nordpols.

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Fridtjof Nansen kam am 10. Oktober 1861 auf dem Gut Store Frøen in Vestre Aker bei Kristiania zur Welt, dem heutigen Oslo. Sein Vater, der dort eine Anwaltskanzlei unterhielt, war fad und paragrafentrocken; Zeitgenossen erinnerten sich an ihn als das »kleine magere Männchen«. Ganz anders die Mutter, eine geborene Baronesse: Von mächtiger Statur, verströmte sie Lebenskraft, war zupackend und gebot mit Witz und Temperament über ihren Hausstand.

Jeder, der den Werdegang Fridtjof Nansens durchleuchtet, kommt angesichts dieses ungleichen Paares zu dem Schluss, dass der Antagonismus im Wesen der Eltern den Sohn geprägt haben muss. Nüchternheit und Schwärmerei, Lebensfreude und Daseinsangst, Misanthropie und Altruismus, Freiluftstreben und Stubenhockerei – alles das findet sich in seiner Vita.

Der Knabe wuchs in einem Kreis von sechs Geschwistern auf und suchte doch die Einsamkeit. Manchmal blieb er seinen vier Wänden eine ganze Woche lang fern. »Irgendwelches Rüstzeug nahm ich auf meine Ausflüge nicht mit. Ich begnügte mich mit etwas Brot und briet mir Fische in der Glut. Ich liebte es, wie Robinson Crusoe dort oben in der Wildmark zu hausen.« Es war wie ein Survivaltraining. Doch wofür?

Er machte sein Abitur und glänzte in den naturkundlichen Fächern so sehr, dass er sich 1881 entschloss, Zoologie zu studieren – ein Fach, das ihm zudem die Möglichkeit bot, die Waldgänge, das Herumstrolchen und -streunen und das Sein-eigener-Herr-Sein mit einer Fortbildungsmaßnahme zu begründen.

Und warum dann nicht geradeso die christliche Seefahrt?

Professor Robert Collett von der Universität Kristiania, ein Freund der Eltern, hatte kürzlich kolportiert, dass unter seinen Kollegen erwogen worden sei angehende Studiosi rerum naturalium auf Seehundfängern anheuern zu lassen, damit sie die Fauna des Eismeers beobachten könnten – worauf Fridtjof Nansen die Chance witterte, eine Vagabondage als Volontariat zu verbrämen. Unverzüglich trat er darum in Kontakt mit einem Skipper, der reisefertig war … und verließ am 11. März 1882 auf der »Viking« unter dem Kommando von Axel Krefting den Hafen von Arendal. Ihre Peilung »Westnordwest«: zur Ostkante Grönlands. »Das war der erste verhängnisvolle Schritt, der mich auf Abwege führte, fort jedenfalls von dem sicheren Pfad der Wissenschaft. Denn eher begeisterte ich mich jetzt fürs Jagen und den Wintersport, eher für polare Probleme als etwa für ein ordentliches zoologisches Studium.«

Nur: War es keinen Spurwechsel wert, nach dreihundert Jahren in der Kiellinie des bislang berühmtesten Mitglieds der Familie zu fahren? Fridtjof Nansen konnte die seinem ›Praktikum‹ tief innewohnende Bewandtnis nicht erkennen.

Dabei knüpfte sie an die Tatsache an, dass Hans Nansen, der Ururururgroßvater des Jünglings, 1614 zur Packeisgrenze gesegelt und dort prompt eingeschlossen worden war. Später, 1619, hatte er von Kopenhagen aus einen Turn in die Barents-See unternommen und am Ende, 1633, seine eigenen Eindrücke mitsamt den Lesefrüchten aus Logbüchern von anderen Voyageuren zu einem Compendium Cosmographicum vereinigt.

Da sich ein Exemplar dieser Arbeit in der häuslichen Bibliothek auf Store Frøen befand, hatte Fridtjof Nansen darin die Auskunft einholen können: »Grönland ist ein sehr großes Land, gehört zum Königreich Norwegen, ist in früheren Zeiten von norwegischen Schiffen besucht und von Norwegern bebaut worden.« Genaueres als diese Überlieferung hatte Hans Nansen nicht weiterzugeben, denn: »In den letzten Jahrzehnten ist die Küste von Grönland nicht mehr angelaufen worden, sodass es uns völlig unbekannt geblieben ist.«

Dass diese Worte seines Ahnen noch 1882 Gültigkeit besaßen, wurde Fridtjof Nansen an Bord der »Viking« auf bedeutungsvolle Weise vor Augen geführt: In Sichtweite Grönlands fror der Robbenfänger – wie damals Hans Nansens Nussschale – fest, und während er drei Wochen lang ohnmächtig gen Süden trieb, stellte die Insel ihre Reize herausfordernd zur Schau.

Da Krefting allerdings damit rechnete, dass die Eiskruste aufbrechen würde, außerdem die Jagdsaison zu Ende ging und die Crew jetzt heimkehren wollte, war ein Verlassen der »Viking« unmöglich. »Hiermit«, seufzte Nansen, »wurden alle meine Pläne umgestürzt; meine schönen Träume, jene so oft von den Entdeckern vergeblich nachgesuchte Küste zu betreten, gingen also für dieses Mal in Rauch auf, und mit Wehmut sah ich das stolze Alpenland allmählich dem Horizonte näher versinken. Ich musste mich mit dem Anblicke begnügen und warf meine sehnsuchtsvollen Blicke hinüber, wenn die Gipfel in der Abendsonne glühten und meiner träumenden Fantasie Bilder grüner, idyllischer Täler und Herden von Rentieren und Moschusochsen vorzauberten.«

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»Für dieses Mal« hatte Fridtjof Nansen auf die Ausführung seiner Pläne verzichtet. Und so konnte er zwar – insofern war der Rat von Robert Collett nicht fruchtlos geblieben – eine Stellung als Konservator im Museum zu Bergen antreten. Aber was half’s: Während er nach dem Grundsatz »learning by doing« am Labortisch – wovon ein Foto bewahrt ist – Würmer sezierte und mikroskopierte und präparierte und analysierte und klassifizierte und sich auf dem Sektor der Anatomie und Histologie von Kleinstlebewesen zum Experten heranbildete, irrlichterten doch im Hintergrund seines Bewusstseins die verführerischen Eindrücke aus dem ewigen Eis.

Noch einmal schloss er daher einen Kompromiss mit der Abenteuerlust und machte sich sowie den Seinen 1886 vor, dass die Kavalierstour nach Kiel, Berlin und Frankfurt am Main und weiter nach Como, Pavia, Mailand und ferner Florenz und Rom und Neapel ein Lehrausflug sei. In Wahrheit wollte er Abstand gewinnen zu seiner Befindlichkeit und prüfen, welcher Weg hinter und welcher vor ihm lag. Einer Freundin schrieb er am 21. Mai 1886 vom Fuße des Vesuvs: »Da ist ein Gewirr von Stimmungen [in mir], viel Sentimentales gepaart mit beinhartem Realismus, viel Leichtsinn gepaart mit der kältesten Berechnung; da ist dies Wursteln im Hier und im Heute gepaart mit einem krankhaften Verlangen, die Zukunft auszuspähen; da sind kümmerliche Ansätze von Idealismus gepaart mit dem krudesten Materialismus; da ist ein schwacher Durst nach Wissen gepaart mit Verachtung der Zivilisation sowie einem Hang nach Ursprünglichkeit und Natur; kurz gesagt: die köstlichste Mischung der heterogensten Bestandteile, ein Chaos der Disharmonien.«

Nansen ging nicht daran, dies Gemenge von Eigenschaften, Vorurteilen und Wünschen zu ordnen oder gleichzurichten. Nein, auch wenn er künftig stets darunter leiden sollte und vereinzelt gar Selbstmordgedanken wälzte – er akzeptierte es. Das hatte den Effekt, dass er seine Dissertation über The Structure and Combination of the Histological Elements of the Central Nervous System 1887 noch zu Ende brachte, eine andere Monografie im Jahr darauf aber mit den Worten abbrach: »Ich muss meine Leser um Nachsicht bitten, wenn ich diese Darstellung in einem unvollendeten Zustand hinausgehen lasse; der Grund dafür ist, dass ich im Begriff bin, eine arktische Expedition anzutreten.«

Er wollte sehen, was sich hinter dem gleißenden Saum von Grönland verbarg, hinter den irisierenden Visionen »grüner, idyllischer Täler mit Herden von Rentieren und Moschusochsen« – traf es zu, was seit Jahrhunderten geraunt und überdies schwarz auf weiß dargelegt worden war: dass im Inneren Grönlands ausgedehnte Wälder lagen, von Menschen nie betretene Haine, Gefilde einer heilen Welt?

Die Zeit oder besser: die Konkurrenz drängte – waren doch Adolf Erik Nordenskiöld, der Schwede, 1870 sechzig und 1883 achtzig Kilometer sowie der Amerikaner Robert Edwin Peary 1885 einhundertfünfzig Kilometer auf die Insel vorgedrungen, und zwar jeweils vom besiedelten Westen her. Nansen dagegen beabsichtigte, die Eiswüste von Osten aus zu durchqueren. Er schloss in aller Eile sein Promotionsverfahren ab und startete von Kristiania vier Tage danach, am 2. Mai 1888. Was ihm hinterdreinscholl, war nicht die Ermutigung durch seine Landsleute, kein »Hals- und Beinbruch!« oder »Mast- und Schotbruch!«, sondern der bare Hohn. Die Presse hielt die Operation eher für toll denn für kühn und kündigte an: »Im Juni dieses Jahres wird Herr Konservator Nansen eine Vorstellung im Schneeschuhlaufen mit ›Weitsprung‹ auf dem grönländischen Inlandseise geben. – Feste Sitzplätze in den Eisspalten. Rückfahrkarten sind überflüssig.« Fridtjof Nansen münzte solche Schmähung um in die Parole: »Der Tod oder Grönlands Westküste.«

Es war tatsächlich ein Hinter-sich-alle-Brücken-Abbrechen und damit jenes Handlungsmuster, das Fridtjof Nansen, als er es eines Tages repetierte, den größten Ruhm bescheren sollte. Vorerst nötigte es bloß dazu, aus der Situation, in die sich der Sechsundzwanzigjährige zusammen mit seinen fünf Begleitern begeben hatte, wieder heil herauszukommen.

Am 15. August waren sie – nach der Überwindung zahlreicher Missgeschicke bei der Anfahrt zum östlichen Gestade Grönlands – oberhalb des vierundsechzigsten Breitengrads aufgebrochen. Ihr Bestimmungsort war Kristianshaab auf der anderen Seite der Insel. Die Entfernung dorthin betrug in der Luftlinie sechshundert Kilometer.

Sie zu überwinden bedeutete, in den nächsten Wochen bei Temperaturen von minus vierzig Grad zwischen Eisklüften und Schneewällen enorme Strapazen zu erleiden. Dennoch nahm die Expedition nie eine bedrohliche Wendung; vielmehr verlief sie in einer Gleichförmigkeit, in die allein die Zubereitung von Mahlzeiten und das Sammeln von Messwerten Abwechslung brachten, bis auch dies zum eintönigen Trott gehörte.

Wohlbehalten erreichten die Männer auf diese Weise am 3. Oktober 1888 die Ansiedlung Godthaab. Da wegen des sich ankündigenden Winters freilich das letzte Schiff den Flecken jüngst verlassen hatte, mussten sie bis zum Frühjahr im Müßiggang des Eskimolebens verweilen: sechs Europäer an einem Ort in der Weite des Eises, die Rang und Namen nichtig macht.

Aber als Nansen dann am 30. Mai 1889 mit seinen Getreuen unter Böllergetöse und Menschengeschrei und Sirenengeheul nach Kristiania heimkam, war dieser Einzug der Triumphmarsch eines Helden, eines Nationalidols.

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Ein Norweger hatte als Erster Grönland durchquert und damit bestätigt, was Fridtjof Nansen verkündet hatte: dass nämlich sein Volk »für die Polarforschung am ehesten geeignet ist«.

Und auch wenn er nun Anstalten machte, sich zu etablieren – er wurde Kustos am Zootomischen Institut der Universität Kristiania, er heiratete, baute ein Haus und schrieb darin Bücher und wurde Vater –, so war doch das »Chaos der Disharmonien« dermaßen virulent, dass er an ein dauerhaftes Sesshaftwerden nicht denken mochte. Zu sehr beschäftigten ihn schon seit Langem jene Überreste der »Jeannette«, die man in Grönland als Strandgut aufgelesen hatte.

Was wäre, wenn sie vom Eis gleich einer Last zum Nordpol oder dicht an ihm vorbei nach Westen gedriftet waren? Und was wäre, wenn man solches mutwillig wiederholte? Das heißt: mit einem Schiff, dessen Wandung so abgerundet ist, dass das Eis daran abgleiten muss und demzufolge, wenn die Pressung beginnt, den Rumpf aus dem Wasser empordrückt. Wie ein blinder Passagier würde das Fahrzeug auf dem Rücken des Eises die Reise nach Westen mittun und dabei im besten Fall den Nordpol berühren.

Das Land konnte seinem Helden den Bau dieser Arche nicht verwehren. Und so lief die »Fram«, der Nansen ihren Namen nach der Lektüre eines Romans von Jules Verne gegeben hatte, im Oktober 1892 vom Stapel. Acht Monate später stach Fridtjof Nansen in Begleitung von zwölf Gefährten erneut mit Kurs aufs Eismeer in See. »Möge es«, flehte Nansen in einer Fachzeitschrift, »das Banner Norwegens sein, das als erstes über unserem Pol weht!« Die Fahrt zu »unserem Pol« galt also nicht voraussetzungslos dem Wissen und der Wahrheit, sondern war eine Demonstration des norwegischen Patriotismus. Sie war ein Abenteuer, ein Hasardspiel um alles oder nichts, das am Ende lediglich seinen Einsatz abwarf: absonderlich mithin und spannend – Fridtjof Nansens Geschichte In Nacht und Eis.

Sie hebt gemächlich an mit dem Abschied von Frau und Kind und dem langsamen Herantasten an die Packeisgrenze westlich von Sewernaja Semlja, wo Nansens

Theorie bestätigt wurde: Während das Wasser um die »Fram« herum allmählich zufror und die Klumpen und Kloben nun andrängten und -drückten, fanden sie keinen Halt und waren gezwungen, sich unter den Corpus des Schiffes zu schieben und ihn rumpelnd und ruckend auf die Schollen zu wuchten. Huckepack zum Nordpol!

Nachdem die dreizehn Männer anfangs noch geschäftig waren sich einzurichten, Messstationen und eine Windmaschine aufzubauen, stellte sich doch binnen Kurzem eine Monotonie des Existenzrhythmus ein, die jener ähnelte, der Nansen auf seinem Marsch durch Grönland ausgesetzt war. Und so meldete sich auch das »Chaos der Disharmonien« zurück. »Mein Geist ist verwirrt«, notierte er nächtens in seiner Kajüte, »alles ist in Unordnung geraten, ich bin mir selbst ein Rätsel. Ich bin abgenutzt und fühle doch keine besondere Ermüdung. Alles um mich herum ist Leere und mein Gehirn ist ein weißes Blatt.« So vergingen die Wochen und die Monate und zuletzt gar die Jahre … 1893 … 1894 …

Er hatte seit Langem berechnet, dass die »Fram« zwar wie erwartet nach Westen driftete, den Pol indes nicht streifen würde. Da entschloss er sich, in Begleitung von Hjalmar Johansen die leidlich sichere Behausung seines Schiffes zu verlassen und auf Brettern das Traumziel anzugehen. Als ob die Losung jetzt lauten würde: »Der Tod oder der Nordpol.«

An Wahnwitz war das Vorhaben nicht zu übertreffen. Denn abgesehen von den Unwägbarkeiten, die den beiden bevorstehen mochten – wie wollten sie vom Rand der Packeiskappe in die Heimat übersetzen, wo die schiere Entfernung vom Nordpol – vorausgesetzt, sie würden ihn erreichen – nach Kristiania jener von hier nach Neapel entsprach? Eine Distanz, auf der man sich’s keinesfalls auf Fähren und in Wagon-Lits wohl sein lassen konnte, sondern die in Kajaks und auf Skiern Schritt für Schritt und Schlag für Schlag durchlitten werden musste. Und womit würde die Plackerei enden?

Wieder brach Fridtjof Nansen alle Brücken hinter sich ab, als er am 14. März 1895 mit Hjalmar Johansen davonzog … Die Hunde vor den drei Schlitten mit vielerlei Gepäck waren der ambulante Proviant. Und schien dem »Unternehmen Nordpol« auch zuerst ein guter Stern zu leuchten, so erwies sich doch alsbald, dass es nicht zu meistern war: Im zähen Ringen gegen die Widerstände der Natur büßten die Männer ihren Wegmesser ein; sie vergaßen ihre Uhren aufzuziehen und konnten (weil man hierzu wissen muss, wann es zwölf Uhr mittags ist) ihre Position nicht mehr bestimmen; ja: nach fünfundzwanzig Tagen saßen sie in einem Feld von verkanteten Eisblöcken fest.

Da befahl Fridtjof Nansen am 8. April 1895 den Rückzug.

Sie wähnten auf einer nördlichen Breite von 86°14’ zu sein, hatten tatsächlich nur 86°04’ erreicht – auch dies immerhin eine Höhe, auf der noch nie ein Mensch gewesen war – und kehrten jetzt um. Aufs Geratewohl Richtung Süden. In abstracto schnitten sie irgendwo die Linie, auf der die »Fram« derweil entlanggedriftet war, und verloren sich zeitlos und ortlos.

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Das Zeugnis Fridtjof Nansens von der dritten Überwinterung in Nacht und Eis, vom neunmonatigen Dahinvegetieren in einem Erdstollen, von Eisbärattacken, von Stürzen ins Meer und der glücklichen Wiedervereinigung mit der Mannschaft der »Fram« – diese suspense story, der kein Vorwort je die Spannung rauben darf, besticht durch ihre Ehrlichkeit.

Man kann seither, nachdem er das verwegene Abenteurertum aufgegeben hatte und als Politiker im In- und Ausland hoch geschätzt und 1920 für seine Verdienste um die Opfer des Ersten Weltkriegs mit dem Friedensnobelpreis geehrt worden war, davon lesen, dass der Realpolitiker Nansen im Grunde ein Fantast war. Wohl bedacht schließt sein Buch mit dem Satz: »Aber welchen Wert hätte das Leben ohne seine Träume?«

Damals hatte er sich ausgemalt, den Nordpol zu erreichen. Später – und über Nansens Tod am 13. Mai 1930 hinaus – blieb jene Fiktion ein Ausdruck seines Idealismus. Denn konnte man nicht ebenso gut eine Welt erdenken, in der den Verhungernden Nahrung und den Verfolgten Zuflucht gegeben würde?

Deswegen war es für unzählige Menschen eine segensreiche Fügung, dass Fridtjof Nansen am 17. Juni 1896 bei 79°55’ nördlicher Breite und 49°50’ östlicher Länge auf einen Mann stieß, der Englisch sprach und mit ihm, als ob da jemand zum Tee vorbeigekommen wäre, über Gott und die Welt plauderte, bis er plötzlich mit unnachahmlich-britischem Understatement die Frage stellte: »Aren’t you Nansen?«

Detlef Brennecke

IN NACHT UND EIS

Ihr,
die das Schiff getauft
und den Mut hatte zu warten

DIE ABREISE

So fahre ich gen Norden in das finstre Reich hinein,
wo keine Sonne scheint. Dort ist kein Tag.
Volkslied aus Telemarken

Es war am Johannistag 1893. Grau und traurig brach er herein; nun hieß es Abschied nehmen – unwiderruflichen Abschied. Die Tür schloss sich hinter mir. Zum letzten Mal ging ich vom Haus durch den Garten nach dem Strand hinab, wo an der Bucht das kleine Motorboot der »Fram« wartete. Hinter mir lag alles, was ich im Leben lieb hatte. Was lag vor mir? Und wie viele Jahre mochten vergehen, ehe ich alles das wiedersah? Oben im Fenster saß Liv, mein Töchterchen, und klatschte in die Händchen. Glückliches Kind, du ahnst noch nicht, wie wunderbar verwickelt und wechselvoll das Leben ist!

Wie ein Pfeil schoss das Boot durch die Bucht von Lysaker hinaus auf die Fahrt, deren Einsatz das Leben war, wenn nicht mehr.

Endlich ist alles fertig. Der Augenblick ist gekommen, auf den jahrelange, angestrengte Arbeit unaufhaltsam gerichtet war, mit ihm das Gefühl, dass alles so vorbereitet ist, dass sich das Gehirn endlich ausruhen darf.

Dampf schnaubend liegt die »Fram« in der Bucht von Piperviken und wartet auf das Signal, während die Barkasse, am Dyna-Leuchtfeuer vorüber, summend herankommt und anlegt.

Das Deck ist voller Menschen, die uns Lebewohl sagen wollen; jetzt müssen sie von Bord. Dann lichtet die »Fram« den Anker; schwer und tief geladen setzt sie sich langsam in Bewegung. Die Kais sind voller Menschen, die Hüte und Taschentücher schwenken. Schweigsam und still wendet die »Fram« den Bug nach dem Fjord und steuert behutsam und sicher an Bygdøy und Dyna vorbei in das Unbekannte hinaus, umschwärmt von Booten, Jachten und Dampfern.

Nun ein letzter Gruß dem heimatlichen Hause dort auf der Landzunge. Vorn der glänzende Fjord, Tannen- und Fichtenwald ringsum, lachendes Wiesenland und lang gezogene, waldbedeckte Gipfel dahinter. Durchs Fernrohr sehe ich eine weiße Gestalt auf der Bank unterm Fichtenbaum …

Das war der schwerste Augenblick der ganzen Fahrt.

Während der folgenden Tage kreuzten wir fortgesetzt nach Norden zwischen der Eiskante und dem Land. Das offene Wasser war anfangs breit, aber weiter nach Norden wurde es so schmal, dass wir manchmal die Küste sahen, wenn wir an der Eiskante wendeten.

In dieser Zeit kamen wir an vielen unbekannten Inseln und Inselgruppen vorüber. Hier hätte man Zeit haben müssen, eine Karte der Küste aufzunehmen. Unser Ziel aber war weiter gesteckt und unsere kartografische Arbeit beschränkte sich auf mehr zufällige Messungen, wie sie Nordenskiöld vor uns gemacht hatte.

Am 25. August vermerkte ich in meinem Tagebuch, dass wir am Nachmittag sieben Inseln (später Scott-Hansen-Inseln benannt) sichteten, hohe, felsige Inseln mit steilen Abhängen, sogar mit kleinen Gletschern und Schneefeldern. Die Felsen zeigten deutliche Spuren der Erosion durch Eis und Schnee.

Am Morgen des 26. August fuhren wir an einer Inselgruppe vorüber, und zwischen den Klippen sah ich zwei andere, die ich nach dem berühmten englischen Admiral und Präsidenten der Royal Geographical Society Clements-Markham-Inseln nannte. Dann Land oder Inseln weiter nach Norden, die Ringnes-Inseln, nach dem Mitglied des Expeditionskomitees so genannt; noch mehr waren in Nordosten zu sehen. Um 5 Uhr nachmittags wendeten wir vor zwei großen Inseln, zwischen denen wir Untiefen vermuteten. Die Inseln waren abgerundet wie die früheren, aber ziemlich hoch; ich nannte sie nach dem verdienten norwegischen Meteorologen Mohn-Inseln.

Ich glaube, dies zeigt genügend, von welcher Art diese Küste ist. Ihre Felseninseln kann man freilich nicht mit den norwegischen Schären vergleichen, sie sind aber schwerlich an anderen als gletscherbedeckten Küsten zu finden und sie bestärken mich in der Ansicht, dass auch an diesem Teil der Erde die Eiszeit geherrscht hat.

Nachdem wir eine Menge neuer Inseln und Holme passiert hatten, kamen wir am 29. August an der Taimyr-Insel entlang in offenes Fahrwasser und dampften bei stillem Wetter durch den Sund in nordöstlicher Richtung. Um 6 Uhr nachmittags sah ich von der Tonne aus vor uns festes Eis. Es hielt uns auf und erstreckte sich bis zu den Inseln draußen. Auf dem Eis lagen allerorten bärtige Seehunde (Phoca barbata) und außerdem ein Walross. Wir hielten auf die Eiskante zu, um zu vertäuen; aber die »Fram« hatte »Totwasser« (Dødvand) und wollte fast nicht vom Fleck, obwohl die Maschine mit voller Kraft arbeitete. Es ging so langsam, dass ich im Boot vorausruderte, um Seehunde zu schießen. Mittlerweile glitt die »Fram« nur langsam bis zur Eiskante.

Weiter kamen wir im Augenblick nicht. Freilich trennten uns nur ein paar Meilen festes Eis von dem wahrscheinlich offenen Taimyr-Meer, aber dieses Eis zu durchbrechen war unmöglich, es war zu stark und Öffnungen fanden sich nirgends.

Hier, wo Nordenskiöld auf seiner berühmten Fahrt am 18. August 1878 durchgekommen war, ohne die geringsten Hindernisse anzutreffen, hier sollten unsere Hoffnungen vielleicht schon scheitern, wenigstens für dieses Jahr? Dass das Eis jetzt noch schmolz, ehe der Winter hereinbrach, war undenkbar. Das Einzige, was uns retten konnte, war ein tüchtiger Südweststurm. Eine geringe Hoffnung setzte ich noch darauf, dass Nordenskiölds Taimyr-Sund weiter im Süden offen war und wir die »Fram« dort hindurchzwängten, obschon Nordenskiöld ausdrücklich bemerkt: »Der Sund war zu seicht, um ihn mit größeren Fahrzeugen zu passieren.«

Der östliche Teil der Taimyr-Halbinsel ist ein verhältnismäßig hohes, gebirgiges Land, aber mit einem niedrigen, ebenen Streifen zwischen den Bergen und der See. Am 14. September stand die »Fram« nahe an der Küste zwischen dem Chatanga- und dem Anabara-Fluss.

Am 15. September kamen wir in gutes offenes, aber seichtes Wasser von 12–13 Meter Tiefe. Wir hörten im Osten das Getöse der Wogen; in dieser Richtung musste also offenes Wasser sein. Offenbar wirkte hier schon der Lena-Strom mit seiner mächtigen Masse warmen Wassers. Die See war bräunlich und augenscheinlich mit schlammigem Flusswasser vermischt; auch der Salzgehalt war gering.

Das Eis gibt mir hier ziemlich viel zu raten auf. Wie in aller Welt geht es zu, dass es nicht durch die Strömung, die von dieser Küste nach Norden geht, nordwärts getrieben wird? Das Eis ist so hart und dick und sieht aus, als sei es mehrere Jahre alt. Kommt es von Osten her oder treibt es sich hier rundherum in der See zwischen der nordwärts gehenden Strömung der Lena und der Taimyr-Halbinsel? Ich kann es noch nicht sagen, jedenfalls unterscheidet sich dieses Eis von dem dünnen, einjährigen Eis, das wir bis jetzt im Karischen Meer und westlich von Kap Tscheljuskin gesehen haben.

Sonnabend, 16. September. Wir halten nach dem Kompass einen nordöstlichen Kurs durch offenes Wasser ein und sind ziemlich weit nach Norden gekommen, sehen aber kein Eis. Der Himmel ist nach Norden hin dunkel. Es ist verhältnismäßig warm, fast +2°C. Wir haben die Strömung gegen uns.

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Am nächsten Tag trafen wir Eis an und hielten etwas südlich, um davon freizukommen. Ich fürchtete schon, dass wir nicht so weit gelangten, wie ich gehofft hatte. Aber in meinen Aufzeichnungen für den 18. September steht:

»Ein herrlicher Tag. Richteten den Kurs nordwärts, westlich von der Bjelkoff-Insel. Offene See, schöner Wind aus Westen, guter Fortgang, Wetter klar. Nachmittags etwas Sonnenschein.«

»Nun kommt der entscheidende Augenblick. Um 12 Uhr 15 Minuten nehmen wir den Kurs missweisend Nord zu Ost. Jetzt muss sich zeigen, ob meine Theorie, auf der die ganze Expedition beruht, richtig ist: ob wir nördlich von hier eine nach Norden gerichtete Strömung finden!

Bis jetzt ist alles besser gegangen, als ich erwartet habe. Wir stehen auf 75°30’ n.Br. und haben im Norden und Westen noch offenes Wasser und dunklen Himmel.

Abends wurde voraus und über dem Steuerbordbug am Himmel der Widerschein von Eis sichtbar. Gegen 7 Uhr glaubte ich Eis zu sehen, das jedoch in so regelmäßigen Linien aufstieg, dass es mehr Ähnlichkeit mit Land hatte; es war aber zu dunkel, um genau zu unterscheiden. Es konnte die Bjelkoff-Insel sein, und ein großer, heller Fleck weiter nach Osten wäre dann der Widerschein der schneebedeckten Kotelnyj-Insel gewesen.

Gern wäre ich hier angelaufen, einmal, um etwas von dieser interessanten Insel zu sehen, zum andern, um den Proviant zu untersuchen, der, wie wir wussten, von Baron von Toll dort für uns niedergelegt war. Aber die Zeit war kostbar und nach Norden hin schien die See offen vor uns zu liegen. Die Aussichten waren glänzend und wir segelten stetig nach Norden, neugierig, was der nächste Tag uns bringen würde, Enttäuschung oder Hoffnung. Wenn alles gut ging, würden wir Sannikoff-Land erreichen, ein Gebiet, das noch kein Mensch betreten hatte.

Es war ein seltsames Gefühl, so in dunkler Nacht nach unbekannten Ländern zu fahren, über ein offenes, wogendes Meer, das noch kein Schiff, kein Boot getragen. Wir glaubten in Gewässern Hunderte von Meilen südlicher zu schwimmen, so mild war es.«

Dienstag, 19. September. Noch nie habe ich eine so herrliche Segelfahrt gemacht. Weiter geht es nach Norden, stetig nach Norden mit gutem Wind, so schnell Dampf und Segel uns führen, und auf offener See, Meile auf Meile, Wache um Wache durch diese unbekannten Gebiete. Fast könnte man sagen: Es wird freier und immer freier von Eis! Wie lange wird dies dauern? Immer, wenn man auf der Brücke auf und ab schreitet, wendet sich das Auge nach Norden, blickt es in die Zukunft. Und voraus ist stets derselbe dunkle Himmel, der offenes Wasser anzeigt.

Mein Plan bestand die Probe. Seit dem 6. September war uns das Glück zur Seite. Wir sahen »nichts als reines Wasser«, wie Hendriksen mir jedes Mal aus der Tonne antwortete, wenn ich ihn anrief. Als er später am Ruder stand und ich auf der Brücke, sagte er plötzlich: »Zu Haus in Norwegen glauben sie jetzt kaum, dass wir in freiem Wasser gerade auf den Pol lossegeln!«

Und ich würde es selbst nicht geglaubt haben, wenn mir jemand das noch vor vierzehn Tagen gesagt hätte. Alle meine Erwägungen über die Frage des offenen Sibirischen Meeres wurden bestätigt und das machte mich glücklich; denn nur selten erweisen sich die Eingebungen der Menschen als so richtig.

Nach keiner Richtung hin stand der Widerschein von Eis am Himmel, nicht einmal jetzt am Abend! Wir sahen den Tag über kein Land, aber wir hatten den ganzen Vormittag Nebel und dickes Wetter, sodass wir mit halber Kraft fuhren, weil wir irgendwo aufzustoßen fürchteten. Wir waren jetzt beinahe auf 77° n.Br. Wie lange wird das so weitergehen? Ich würde mich freuen, wenn wir 78° erreichten; allein Sverdrup ist weniger leicht befriedigt, er sagt: über 80°, vielleicht 84° oder 85°. Er spricht sogar ernsthaft von dem offenen Polarmeer, von dem er einmal gelesen hat, und kommt immer wieder darauf zurück, obwohl ich ihn auslache.

Fast muss ich mich fragen, ob ich nicht träume. Man muss gegen den Strom gekämpft haben, um zu wissen, was es bedeutet, mit dem Strom zu fahren.

Lebendiges ist hier kaum zu sehen. Heute beobachtete ich in der Ferne einen Alk und später eine Seemöwe. Als ich abends einen Eimer Wasser aufzog, um das Deck abzuspülen, phosphoreszierte das Wasser stark. Man könnte meinen, im Süden zu sein.

Mittwoch, 20. September. Fast 78° sind erreicht. Aber rau wurde ich aus meinem Traum geweckt! Als ich 11 Uhr vormittags in die Karte blickte und daran dachte, dass mein Kelch wohl bald voll sein würde, luvte das Schiff plötzlich an und ich stürzte hinaus. Vor uns schimmerte die Eiskante durch den Nebel, lang und fest. Ostwärts schien das Eis weiter nach Süden zu reichen. Wahrscheinlich würden wir eine höhere Breite gewinnen, wenn wir westlich hielten; also steuerten wir in dieser Richtung. Die Sonne kam einen Augenblick durch und wir nahmen eine Beobachtung, die 77°44’ n.Br. ergab.

Wir steuerten jetzt nordwestlich am Rande des Eises entlang. Vögel verschiedener Art, die wir beobachteten, deuteten auf Landnähe. Ein Zug Schnepfen oder Stelzvögel begegnete uns, folgte uns eine Zeit lang und flog dann nach Süden davon. Sicherlich kamen die Vögel von einem Land im Norden. Wir sahen nichts. Hartnäckig lagerte der Nebel über dem Eis. Am nächsten Tag war es klarer, doch immer noch kein Land in Sicht. Wir standen jetzt eine gute Strecke nördlich von der Stelle, auf die Baron von Toll auf der Karte die Südküste von Sannikoff-Land verlegt hat. Wahrscheinlich ist jenes Land also nur eine kleine Insel und jedenfalls kann es sich nicht weit nach Norden ausdehnen.

Am 21. September hatten wir dichten Nebel. Wir segelten nordwärts bis zum oberen Ende einer Bai im Eis, kamen nicht weiter und beschlossen, hier klares Wetter abzuwarten. Nach meiner Berechnung waren wir jetzt auf etwa 78°30’ n.Br. Im Laufe des Tages loteten wir mehrmals, erreichten aber mit 400 Meter Leine den Grund nicht!

Heute entdecke ich, dass Wanzen an Bord sind. Sehr angenehm! Wir müssen den Kampf gegen sie aufnehmen.

Freitag, 22. September. Wieder heller Sonnenschein und glänzend weißes Eis voraus. Zuerst lagen wir im Nebel still, weil wir keinen Weg sahen; jetzt ist es klar, aber wir sind nicht klüger geworden. Es sieht aus, als ob wir uns an der nördlichen Grenze des offenen Wassers befinden. Nach Westen scheint das Eis sich wieder südwärts auszudehnen. Nach Norden ist es fest und weiß und zeigt nur hier und dort kleine, offene Rinnen oder einen Teich und der Himmel ist überall am Horizont bläulich weiß.

Wir sind von Osten her gekommen, haben dort aber nur wenig gesehen; da wir nichts Besseres zu tun haben, werden wir einen Ausflug nach jener Richtung machen und Öffnungen im Eise suchen. Wenn wir viel Zeit hätten, würde ich gern ostwärts bis nach der Sannikoff-Insel gehen oder noch lieber den ganzen Weg nach Bennet-Land zurücklegen, um dort die Eisverhältnisse zu prüfen. Dazu ist es aber jetzt zu spät. Das Meer wird bald zufrieren und wir würden Gefahr laufen an einer ungünstigen Stelle einzufrieren.

Früher hielten es arktische Forscher für nötig, sich in der Nähe einer Küste zu halten. Gerade das aber wollte ich vermeiden. Ich wollte vielmehr in die Drift des Eises gelangen, und was ich am meisten fürchtete, war die Fesselung der »Fram« durch Land. Geschah dies, so würden wir weit schlechter fahren, als wenn wir uns dort, wo wir waren, dem Eis überließen, vor allem, da unser Ausflug nach Osten bewiesen hatte, dass wir bald wieder südwärts gedrängt werden würden, wenn wir der Eiskante in jener Richtung folgten. Wir machten daher vorläufig das Schiff an einem großen Eisblock fest und bereiteten uns vor, den Kessel zu reinigen und Kohlen zu trimmen.

Wir liegen in offenem Wasser mit nur wenigen großen Schollen hier und dort, aber ich habe das Gefühl, als ob dies unser Winterhafen sein wird.

Heute großer Wanzenkrieg. Wir richten den dicken Dampfschlauch auf Matratzen, Sofakissen und alles, was unserer Meinung nach die Feinde beherbergen könnte. Alle Kleidungsstücke werden in ein Fass getan, das mit Ausnahme der Stelle, an der der Schlauch hineingeleitet ist, fest verschlossen wird. Dann wird Volldampf angesetzt. Im Innern zischt und pfeift es, ein wenig Dampf dringt durch die Fugen und unserer Meinung nach muss es recht hübsch heiß für die Tiere sein. Aber plötzlich explodiert das Fass und der Dampf entweicht. Noch hoffe ich, dass es ein großes Abschlachten war. Es sind schreckliche Feinde.

Sonnabend, 23. September. Wir liegen noch an derselben Stelle vertäut und trimmen Kohlen. Ein unangenehmer Gegensatz – alles an Bord, auch die Menschen und die Hunde, ist schwarz und schmutzig, und rundherum erglänzt alles weiß im schönsten Sonnenschein. Viel Eis treibt herein.

Sonntag, 24. September. Noch immer beim Kohlentrimmen. Morgens Nebel. Im Laufe des Tages klart es auf. Wir entdecken dabei, dass wir auf allen Seiten von ziemlich dickem Eis dicht umlagert sind. Zwischen den Schollen liegt Schlammeis, das fester und fester wird. Von der Tonne aus erkennen wir mit dem Fernrohr noch das Meer jenseits des Eises im Süden. Ich glaube, »man« will uns einschließen! Nun, wir müssen selbst das Eis willkommen heißen.

Eine tote Gegend hier; nirgends ein Anzeichen von Leben außer einer einzigen Robbe (Phoca foetida) im Wasser; auf der Scholle neben uns sieht man eine alte Fährte von einem Eisbären. Wieder loten wir, kommen aber nicht bis zum Grund: Merkwürdig, dass das Meer hier so tief ist!

Man kann sich kaum eine schmutzigere Arbeit denken als Kohlentrimmen. Bedauerlich, dass ein so nützlicher Stoff wie die Steinkohle so schwarz sein muss! Wir tun weiter nichts, als die Kohlen aus dem Raum hissen und die Bunker damit auffüllen. Jeder Mann an Bord muss dabei helfen und alles ist voll Schmutz.

Die einen stehen auf dem Kohlenhaufen im Raum und füllen die Eimer und die andern hissen sie auf. Jacobsen eignet sich für das Hissen besonders gut; mit seinen kräftigen Armen zieht er Eimer auf Eimer herauf, als ob es Zündholzschachteln wären. Die Übrigen gehen mit den Eimern zwischen der großen Luke und dem Halbdeck hin und her und schütten die Kohlen in die Bunker und unten steht Amundsen, schwarz wie ein Neger, und verstaut sie. Selbstverständlich fliegt der Kohlenstaub über das ganze Deck; die Hunde verkriechen sich, schwarz und zerzaust, in die Ecken. Einiges Vergnügen schafft uns der gräuliche Anblick unserer Gesichter mit der dunklen Farbe, den schwarzen Streifen an den unwahrscheinlichsten Stellen und den durch den Schmutz hindurchschimmernden Augen und weißen Zähnen. Wer mit seiner Hand zufällig die weißen Wände in der Kajüte berührt, hinterlässt einen schwarzen, fünffingrigen Abdruck. Die Türen sind im Überfluss damit gesegnet. Die Sitzkissen auf den Sofas werden mit der unteren Seite nach oben gedreht, weil sie sonst dauernde Spuren eines anderen Körperteils tragen würden, und das Tischtuch – nun, glücklicherweise besitzen wir ein solches Ding nicht.

Kurz, das Kohlentrimmen ist das schmutzigste, jämmerlichste Geschäft, das man sich in dieser hellen und reinen Umgebung denken kann. Ein Gutes ist dabei, dass man reichlich frisches Wasser hat, sich zu waschen; man findet es in jeder Aushöhlung auf den Schollen und so hoffen wir, mit der Zeit doch wieder sauber zu werden; wir hoffen ferner, dass dies unser letztes Kohlentrimmen ist.

Montag, 25. September. Fester und immer fester eingefroren! Prächtiges, stilles Wetter; in der letzten Nacht 25°C Kälte. Jetzt kommt der Winter.

DIE WINTERNACHT

Es sah wirklich aus, als ob wir jetzt endgültig eingefroren waren, und ich erwartete nicht, dass die »Fram« eher aus dem Eis wieder herauskam, als bis wir auf der anderen Seite des Pols waren und uns dem Atlantischen Ozean näherten. Der Herbst war schon ziemlich weit vorgeschritten, die Sonne stand von Tag zu Tag niedriger am Himmel und die Temperatur fiel stetig.

Die lange Winternacht kam heran – die gefürchtete Nacht. Uns blieb nichts zu tun übrig, als uns auf sie vorzubereiten, und so verwandelten wir das Schiff, so gut wir konnten, in ein behagliches Winterquartier. Gleichzeitig trafen wir alle Maßregeln, uns gegen die Kälte, das Treibeis und sonstige Naturkräfte zu sichern, denen wir, wie uns prophezeit war, unterliegen müssten.

Wir holten das Steuerruder in die Höhe, um zu verhindern, dass es durch die Eispressungen zermalmt würde. Das Gleiche wollten wir auch mit der Schraube tun, allein da sie mit ihrer eisernen Umkleidung sicher das Achterende des Schiffs und besonders den Ruderpfosten verstärkte, so ließen wir sie an ihrer Stelle.

Auch mit der Maschine hatten wir viel Arbeit; jeder einzelne Teil wurde herausgenommen, geölt und für den Winter weggelegt; Schieber, Kolben und Wellen wurden untersucht und gründlich gereinigt. Amundsen sorgte für die Maschine, als ob sie sein eigenes Kind wäre; spät und früh war er unten und wir pflegten ihn zu necken, nur um ihn sagen zu hören: »Ihr könnt meinetwegen reden, aber es gibt keine zweite solche Maschine der Welt und es wäre Sünde und Schande, nicht gut für sie zu sorgen.«

Im Raum machten wir Platz für eine Tischlerwerkstätte; die Mechanikerwerkstelle hatten wir im Maschinenraum, die Schmiede war anfänglich auf Deck und später auf dem Eis; die Klempnerarbeiten wurden meist im Kartenzimmer, die Schuhmacher- und Segelarbeiten im Salon vorgenommen.

Von den empfindlichsten Instrumenten bis zu den groben Holzschuhen und Axtstielen – alles wurde an Bord der »Fram« gemacht. Als wir eine neue Lotleine brauchten, wurde auf dem Eis eine großartige Reepschlägerei eingerichtet.

Jetzt stellten wir auch die Windmühle auf. Sie sollte die Dynamomaschine treiben und uns elektrisches Licht liefern. Solange das Schiff in Fahrt war, wurde die Dynamomaschine von der Schiffsmaschine getrieben, allein schon seit langer Zeit hatten wir uns in unseren dunklen Kabinen mit Petroleumlampen begnügen müssen. Die Windmühle wurde an der Backbordseite auf dem Vorderdeck zwischen der großen Luke und der Reling errichtet, doch dauerte es mehrere Wochen, ehe sie betriebsfähig war.

Montag, 9. Oktober. Nachmittags – wir saßen gerade müßig und plauderten – entstand ganz plötzlich ein betäubendes Getöse und das ganze Schiff erzitterte: Es war die erste Eispressung. Alle Mann stürzten an Deck, um zuzusehen.

Die »Fram« verhielt sich wundervoll, wie ich es von ihr erwartet hatte. Mit stetigem Druck schob sich das Eis heran, musste jedoch unter uns durchgehen und wir wurden langsam in die Höhe gehoben. Diese Pressungen wiederholten sich den ganzen Nachmittag und waren manchmal so stark, dass die »Fram« mehrere Fuß gehoben wurde; aber dann konnte das Eis sie nicht länger tragen und brach unter ihr entzwei. Es scheint hier ziemlich viel Bewegung im Eise zu sein. Peder erzählt uns soeben, dass er das dumpfe Knallen starker Pressungen nicht weit entfernt gehört habe.

Dienstag, 10. Oktober. Der Aufruhr im Eis dauert fort.

Mittwoch, 11. Oktober. Heute Nachmittag wurde »Hiob« von den anderen Hunden zerrissen. Wir fanden ihn eine gute Strecke vom Schiff entfernt. »Suggen« bewachte seine Leiche, sodass kein anderer Hund herankommen konnte.

Es sind Schufte, diese Hunde. Kein Tag vergeht ohne Kampf. Bei Tag ist gewöhnlich einer von uns zur Hand, um einer Rauferei ein Ende zu machen, aber keine Nacht vergeht, ohne dass sie über einen ihrer Kameraden herfallen und ihn beißen. Der arme »Barrabas« hat vor Furcht fast den Verstand verloren; er bleibt jetzt an Bord und wagt sich nicht mehr auf das Eis. Nicht eine Spur von Ritterlichkeit steckt in diesen Kötern; wo ein Kampf stattfindet, stürzt sich die ganze Bande wie wilde Tiere auf den Unterliegenden.

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Das Eis ist ruhelos und es gab heute wieder eine ziemlich starke Pressung. Sie beginnt mit einem leisen Krachen und Ächzen längs der Schiffsseite, das allmählich in allen Tonarten lauter wird. Jetzt ist es ein hoher, klagender Ton, dann ein Grollen, dann ein Knurren. Das Geräusch nimmt zu, bis es wie sämtliche Pfeifen einer Orgel ertönt; das Schiff erzittert, schüttelt sich und hebt sich in Sprüngen und Sätzen.

Es ist ein behagliches Gefühl für uns, wenn wir auf diesen Aufruhr horchen und uns dabei der Stärke unseres Schiffes bewusst sind. Manches Schiff wäre schon längst zerdrückt worden. Aber bei uns wird das Eis an der Schiffsseite zermalmt, die zertrümmerten Schollen werden haufenweise unter den schweren, unverwundbaren Rumpf gedrängt und wir liegen wie in einem Bett. Bald erstirbt das Geräusch, das Schiff sinkt in seine alte Lage zurück und dann ist alles wieder so still wie früher.

Rund um uns herum hat sich das Eis aufgetürmt, an einer Stelle zu beträchtlicher Höhe. Gegen Abend trat eine Lockerung ein und wir lagen in einem offenen Teich.

Donnerstag, 12. Oktober. Am Morgen trieben wir samt unserer Scholle auf blauem Wasser mitten in einer großen, offenen Rinne, die sich weit nach Norden hin erstreckte, wo die Luft über dem Horizont dunkel und blau war. So weit wir von der Tonne aus mit einem Feldstecher sehen konnten, hatte das offene Wasser kein Ende und es trieben nur hier und dort einzelne Stücke Eis darin. Dies waren außerordentliche Veränderungen.

Ich war ungewiss, ob wir uns darauf vorbereiten sollten, unter Dampf vorwärtszugehen. Leider hatten wir schon die Maschine für den Winter auseinandergenommen, sodass wir längere Zeit gebraucht hätten, sie wieder betriebsfähig zu machen.

Klares Wetter mit Sonnenschein. Ein schöner Wintertag. Aber immer nördlicher Wind. Wir loten und finden 90 Meter Wasser. Wir treiben langsam südwärts. Gegen Abend schob sich das Eis erneut mit großer Gewalt zusammen. Nachmittags fischte ich in einer Tiefe von ungefähr 50 Metern mit dem Murrayschen Seidennetz1 und fing kleine Krustentiere (Copepoden, Muschelkrebse, Flohkrebse usw.) und einen arktischen Wurm (Spadella), der im Meer umherschwimmt.

Das Fischen ist hier schwierig. Kaum hat man im Eis eine Öffnung gefunden und die Leine hinabgleiten lassen, schließt sich das Eis wieder, und man muss so rasch wie möglich aufholen, damit die Leine nicht eingeklemmt wird und alles verloren geht. In der kleinsten Eisöffnung sieht man das Wasser phosphoreszieren2; es ist hier mehr tierisches Leben, als man erwarten sollte.

Freitag, 13. Oktober. Jetzt stecken wir gerade mitten in der Gefahr, vor der uns die Propheten so sehr bange machen wollten. Das Eis presst und schiebt sich mit donnerndem Getöse rund um uns her. Es türmt sich zu langen Mauern und zu Haufen auf, die weit an der Takelung der »Fram« hinaufreichen. Es versucht in der Tat sein Äußerstes, um die »Fram« zu Staub zu zermalmen. Wir sitzen aber ganz ruhig und gehen nicht einmal hinauf auf Deck, uns den Wirrwarr anzusehen, sondern plaudern und lachen, wie wenn nichts wäre. Man fühlt, dass das Schiff es aushalten kann, und solange dies der Fall ist, kann nichts Schaden leiden als das Eis selbst.

Am Morgen ließ der Druck nach, aber gegen Abend fing die Pressung wieder im Ernst an. Offenbar steht die Eispressung hier mit Ebbe und Flut in Verbindung oder wird vielleicht davon verursacht. Sie tritt mit größter Regelmäßigkeit ein; zweimal in 24 Stunden lockert sich das Eis und zweimal schiebt es sich in dieser Zeit zusammen. Die Pressung erfolgt ungefähr um 4, 5 und 6 Uhr morgens und fast genau um dieselbe Stunde nachmittags, in der Pause liegen wir stets eine Zeit lang auf offenem Wasser.