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Irina Kostic – Sieben Jahre ohne Pommes | 45 Bibelgeschichten zum Vorlesen – Mit Illustrationen von Anna Karina Birkenstock – SCM Kläxbox | kibimedien

SCM – Stiftung Christliche Medien

Inhalt

Noah und sehr viel Wasser
oder warum Paul kein Schiff im Garten braucht

Josef und seine Brüder
oder von gekitzelten Watschelfüßen

Josef der Traumdeuter
oder sieben Jahre ohne Pommes

Josefs Macht über Ägypten
oder warum nicht jeder einen Silberbecher bekommt

Eine frische Familie für Rut
oder frische Fische für die Katze

Daniel in der Löwenhöhle
oder von klitzekleinen Engeln

Jonas Auftrag
oder warum in einem Wal das Handy nicht funktioniert

Das verlorene Schaf
oder kein tanzendes Ringelschwein

Vom Balken im eigenen Auge
oder womit man so zum Augenarzt geht

Die Hochzeit zu Kana
oder Papas große Sause

Simson
oder Samson, der überall Haare hat

Vertrieben aus dem Paradies
oder aus der Kuchenbäckerküche

Der barmherzige Samariter
oder vom Priester voll Salz, der ins Mittagessen kommt

Das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg
oder warum die Schwimmbadmarke keinem Silbergroschen gleicht

Zachäus
oder wie gut man ohne Bratwurst auf einen Baum klettert

Der Gelähmte, der wieder laufen konnte
oder von Oma, die nicht klettern kann

David gegen Goliat
oder vom Zwerg in Papas Schlafanzug

Jesus und die Kinder
oder warum Papa so gemein ist

Von Freundschaft und Streit
oder wie lecker Salzstangen sind

Vom fröhlichen Geber, den Gott liebt
oder warum drei gesäte Samen reichen

Bartimäus
oder das glitschige Irgendwas

Jesus stillt den Sturm
oder kein Shampoo im See Genezareth

Von der Tochter des Jaïrus
oder Spritzen und Brathähnchen

Von Abram zu Abraham
oder „Abrabram?“

Das enge und das breite Tor
oder die ganz gemeine Schokoladenmauer

Gott gibt Gutes
oder Mama kriegt Schlange statt Fisch

Auf Sand ein Haus bauen
oder einen Sandkuchen backen

Das Baby im Körbchen
oder wie man mit Pech Glück hat

Auszug aus Ägypten
oder schöne Grüße von Gott

Die zehn Gebote
oder bunte Schokolade

Vom Herrn, der mein Hirte ist
oder lieber Elefant als Schäflein

Von Finsternis, die bei Gott nicht finster ist
oder ein Versteck unterm Bett

Vom Siegerkranz der Herrlichkeit
oder echte Wettkrämpfe

Von Heiligem Geist
oder Zeug und Zeugen

Vom Glauben
oder der Befehl von ganz oben

Vom Wort Gottes in Ewigkeit
oder die verrosteten Blumen

Jesus geht auf dem Wasser
oder warum es zur Schwimmnudel keine Schwimmsoße gibt

Das „Vater unser“-Beten
oder was Katzen nicht fressen

Von der Speisung der 5000
oder leckerer Pfefferminzfisch

Singen für Gott
oder Krächzen bei Windpocken

Larifarisäer
oder der Unterschied zwischen Lehre und Vorbild

Das sprechende Licht
oder der ungenießbare Würfel

Erst Feind, dann Freund
oder warum auch Papas wichtig sind

Zwei Schiffe voll Fisch
oder eine Angel für Paul

Vom Hauptmann Kapernaums
oder Heilung ohne Fernbedienung

 

Bibelstellenregister

Noah und sehr viel Wasser
ODER
warum Paul kein Schiff im Garten braucht

„Ooooma!“

„Ruft da jemand? Das ist doch Paul?“, denkt Oma. Aber niemand kommt ins Zimmer. Oma öffnet die Tür und streckt ihren Kopf raus. Links kein Paul, rechts kein Paul. Oma wundert sich: „Aber er hat doch gerufen!“ Sie setzt sich in ihren Sessel.

Da hört sie es wieder: „Ooooma!“

Oma guckt aus dem Fenster. Da steht ihr Paul mit einer blauen Mütze auf dem Kopf. Er winkt mit beiden Händen. Oma öffnet das Fenster. „Musst du so laut rufen, Paul? Warum kommst du denn nicht rein, wenn du mir was sagen möchtest?“

„Ja, Oma!“ Nun redet Paul etwas leiser. „Mama sagt, dass es heute nicht regnet und dass ich noch zehn Minuten draußen spielen soll. Ich darf nicht reinkommen. Wie lang sind zehn Minuten?“

„Zehn Minuten? Das ist ungefähr eine Geschichte, die ich dir erzählen könnte“, antwortet Oma.

„Oh ja, Oma!“, ruft Paul und pflückt ohne hinzusehen ein Blatt vom Busch neben sich.

„In der Bibel wird von Menschen erzählt, die einen schrecklichen Regen erlebten. Der Regen überschwemmte das Land, aber in das einzige Schiff weit und breit durften sie nicht rein.“

„Oh, wenn man bei Regen draußen bleibt, bekommt man eine Verkältung!“, sagt Paul.

Oma nickt: „Eine Erkältung. Aber ich erzähl dir die Geschichte mal von Anfang an.“

Oma legt sich ein Kissen auf die Fensterbank, damit sie sich ein wenig zu Paul herauslehnen kann. „Die Menschen auf der Welt waren sehr böse und Gott war darüber sehr traurig. Nur Noah und seine Familie lebten so, wie es Gott gefiel. Da sagte Gott zu Noah: ,Bau ein großes Schiff aus Zypressenholz. So hoch und so breit, wie ich es dir sage.‘“

„Warum muss man Holz zupressen?“, fragt Paul.

„Der Baum heißt Zypresse“, erklärt Oma. „Daraus sollte Noah das Schiff bauen. Das Holz von diesem Baum ist sehr hart und lange haltbar. Es eignet sich gut zum Bauen.“

„Ach so.“ Paul zerrupft das abgepflückte Blatt in seiner Hand und hat schon ganz grüne Finger.

„Noah begann das Schiff zu bauen. Es hieß übrigens Arche. Aber weißt du was? Weit und breit war kein See in Sicht und kein Meer! Die Leute wunderten sich über Noah. ‚Wofür braucht der Mann ein Schiff?‘, fragten sie sich.“

„Vielleicht will er mal Pirat spielen? Käpt’n Noah, der Schreckliche“, schlägt Paul vor.

Oma schüttelt den Kopf: „Noah tat, was Gott ihm gesagt hatte. Erst sollte Noah noch von jedem Tier ein Männchen und ein Weibchen ins Schiff holen. Und seine Familie. Aber niemand anderen. Und dann schloss Gott die Tür von der Arche.“

„Hat der jetzt Affen, Elefanten und Schlangen und Zebras und alles bei sich im Schiff und kommt nicht mehr raus?“ Paul kann es gar nicht glauben. Er schmeißt das kaputte Blatt in den Busch.

„Richtig, und noch Essen für alle“, nickt Oma. „Kaum war die Tür verschlossen, da fing es an zu regnen. Es regnete und regnete. Vierzig Tage und vierzig Nächte. Das Wasser auf der Erde stieg und stieg. Bald konnte man kein Land mehr sehen, keine Bäume, keine Bergspitzen.“

„Haben die auf dem Schiff auch ein Klo gehabt? Eins, wo der Elefant und Noah drauf passten?“

Oma runzelt die Stirn: „Ich weiß nicht, wie das geklappt hat, Paul. Nach vielen Wochen ging das Wasser langsam zurück. Noah machte einen Versuch. Er ließ eine Taube fliegen. Sie flatterte los, aber als sie eine Pause brauchte, fand sie nichts, wo sie sich ausruhen konnte. Da kehrte sie zu Noahs Schiff zurück. Was wusste Noah nun?“

„Dass alles noch mit Wasser bedeckt ist!“, sagt Paul.

„Stimmt! Diesen Versuch machte Noah noch mal. Als die Taube ein grünes Blatt brachte, wusste Noah, dass er noch ein wenig Geduld haben musste, bis das Wasser fort sein würde. Und als die Taube nicht mehr zurückkam, war klar, dass sich das Wasser verlaufen hatte.“

„Guter Trick“, versteht Paul. Sein Hals tut ein bisschen weh, weil er zu Omas Fenster nach oben sehen muss.

„Noah vergaß nicht, Gott für die Rettung aus der Flut zu danken. Und Gott versprach Noah, dass er nie wieder solch eine riesige Flut schicken würde.“ Ein paar Regentröpfchen beginnen vor Omas Fenster auf die Erde zu fallen. Mama ruft Paul. Bestimmt soll er reinkommen.

„Oma, sag schnell!“, drängelt Paul. „Sollen wir nicht zur Sicherheit im Garten eine Arche bauen? Falls Gott doch mal vergisst, den Regen abzuschalten?“

Oma lacht. „Gottes Versprechen gilt für alle Menschen solange es die Erde gibt. Als Zeichen hat Gott uns den Regenbogen geschenkt. Immer, wenn du einen Regenbogen siehst, weißt du, was Gott uns damals versprochen hat.“

Paul läuft rückwärts los zur Haustür. „Das ist gut, Oma!“, ruft er. „Dann muss ich nämlich nie mit einem Elefanten zusammen auf ein Klo!“

Josef und seine Brüder
ODER
von gekitzelten Watschelfüßen

„Der Tim ist voll blöd.“ Paul zieht grimmig die Augenbrauen zusammen.

Oma wundert sich. „Der Tim?“, fragt sie vorsichtig. „Aber ihr habt doch immer zusammen gespielt. Bist du sicher, dass der auf einmal blöd ist?“

„Tim klettert von unten die Rutsche hoch, wenn ich rutschen will. Und wenn ich mit Lina spielen möchte, macht er einen Purzelbaum und pfeift wie eine Lokomotive. Und dann geht Lina Tim zugucken. Und er hat eine neue Tasche von seinem Papa bekommen. Eine mit roten Autos drauf, wo die Scheinwerfer leuchten. Und ich hab nicht so eine.“ Paul sieht sauer aus.

„Ich kenne auch einen voll Blöden“, sagt Oma leise.

„Hat der auch so eine tolle Tasche?“, will Paul wissen.

Oma nickt: „Keine Tasche, aber einen Ärmelrock. Ein Oberteil für Jungs. Auch von seinem Papa. Turboschick.“

„Einen Ärmelrock?“ Davon hat Paul noch nie etwas gehört.

Oma zieht Paul auf ihren Schoß: „Der Josef erzählte immer, wenn er nachts geträumt hat. Und das hörte sich an, als wenn er der Wichtigste und Beste und Größte wäre. Fast wie Tim.“

„Ich hab mal geträumt, dass ich fliegen kann. Da hab ich oben am Himmel eine Ente an den Watschelfüßen gekitzelt.“ Paul muss lachen, während er das sagt.

„Der Josef hat mal geträumt, dass er mit seinen Brüdern auf dem Feld arbeitete. Das Getreide, das sie dort ernteten, banden sie zusammen. Aber das Getreidebündel vom Josef stellte sich im Traum hin wie ein Mensch. Und die Bündel von den Brüdern verneigten sich ganz tief vor Josefs, wie vor einem König.“

„Hatten die Brüder von Josef auch einen neuen Ärmelrock?“, fragt Paul.

„Eben nicht!“, sagt Oma. „Die Brüder wussten, dass ihr Papa den Josef am allerliebsten hatte. Sie waren sehr neidisch auf Josef. Und dann träumte der auch noch was vom Weltraum!“

„Ist er mit einer Rakete zum Mond geflogen?“ Paul reißt seine Arme in die Luft.

„Mond ist fast richtig“, sagt Oma. „Die Sonne, der Mond und elf Sterne verneigten sich vor Josef. Die Sonne aus dem Traum könnte Josefs Mama sein, der Mond sein Papa und die elf Sterne seine elf Brüder. Stell dir mal vor, Mama und Papa müssten sich vor dir verneigen, Paul. Das ist doch verrückt, oder?“

„Richtig verrückt!“, grinst Paul. „Ich bin doch kein König. Aber ich weiß noch nicht, was ich werden will, wenn ich groß bin.“

„Jetzt wird es gefährlich“, sagt Oma und hebt ihren Zeigefinger. „Die Brüder waren so neidisch auf Josef, dass sie anfingen, ihn zu hassen. Sie fanden ihn nicht nur ein bisschen blöd oder voll blöd, sie wollten ihn am liebsten nie wieder sehen. Sie wünschten ihm sogar den Tod.“

„Das geht doch nicht, wenn das ihr Bruder ist“, schimpft Paul.

„Das geht gar nicht“, sagt Oma. „Auch wenn das nicht ihr Bruder ist. So neidisch soll man nicht sein, dass man anfängt zu hassen. Aber bei Josef ist es passiert. Als er seine Brüder etwas weiter weg beim Schafehüten besuchte, wollten sie ihn wirklich töten. Ihrem Papa wollten sie sagen, dass ein wildes Tier Josef gefressen hat.“

„Kann er nicht schnell weglaufen?“, fragt Paul.

Oma zuckt die Schultern: „Josef wusste nicht, was seine Brüder planten. Ein Bruder hieß Ruben. Der hätte Josef gerne heimlich gerettet. Er sagte: ,Tut dem Josef nichts. Wir werfen ihn nur in einen leeren Brunnen.‘ Also nahmen die Brüder ihm den schönen Ärmelrock weg und warfen den Josef in den leeren Brunnen.“

„Saß der da ganz nackig?“, will Paul wissen. Er hebt seinen Pulli hoch und pult sich im Bauchnabel.

„In Kanaan, wo Josef lebte, war es warm“, sagt Oma und zieht Pauls Pulli wieder runter. „Plötzlich kamen ein paar Kaufleute auf Kamelen dahergeritten. Die nahmen Josef einfach mit nach Ägypten.“

„Kommt jetzt die Polizei und steckt die Männer ins Gefängnis?“, fragt Paul und steckt vor Aufregung einen Finger in den Mund.

„Nein. Aber Gott passte auf Josef auf“, erzählt Oma weiter. „Die Brüder beschmierten den Ärmelrock von Josef mit Blut. Nicht mit Josefs Blut, sondern mit Blut von einem toten Ziegenbock. Der Papa von Josef erkannte den Ärmelrock sofort. Als er das Blut sah, dachte er, dass ein wildes Tier Josef gefressen hat. Er ließ sich von niemandem trösten. So traurig war er, dass sein Lieblingssohn tot war.“

„Aber der war doch nicht tot!“, ruft Paul dazwischen.

„Das wusste Josefs Papa aber nicht und niemand hat es ihm verraten. Und weißt du, was keiner aus Josefs Familie wusste? Josef wurde in Ägypten verkauft. An Potifar, den obersten Wächter vom Herrscher Pharao.“

„Potifar hat Josef gekauft?“, fragt Paul. „Also, den Tim würde ich nicht kaufen. Höchstens seine tolle Tasche.“

Josef, der Traumdeuter
ODER
sieben Jahre ohne Pommes

„Oma, wer ist der Herrscher Pharao?“, will Paul wissen.

Oma überlegt kurz, dann erklärt sie: „Der Pharao war der oberste Herrscher im Land Ägypten in der Zeit, als Josef lebte. Er war sehr reich und sehr mächtig. Um sich selbst und seinen Palast und sein Reich zu schützen, hatte er Soldaten und Wachleute. Potifar war der Oberste der Wachleute im Palast vom Pharao. Und Potifar hatte Josef gekauft.“

„Wie kann man denn einen Menschen kaufen? Das geht doch gar nicht“, stellt Paul fest.

„Heutzutage ist es streng verboten, Menschen zu kaufen! Menschen sind viel zu wertvoll und jeder soll frei sein“, sagt Oma. „Aber bei Josef ging das. Potifar kaufte Josef als Arbeiter für sich. Weil Gott bei Josef war, gelang Josef alles, was er anfing. Darüber freute sich Potifar. Er gab Josef mehr und mehr Aufgaben.“

„Puh, da wurde der ja gar nicht fertig mit seiner Arbeit!“, stöhnt Paul.

„Schlimm war, dass die Frau von Potifar den Josef sehr hübsch fand. Sie wollte, dass Josef immer in ihrer Nähe blieb. Das war natürlich verboten. Sie war ja Potifars Frau und nicht die Frau von Josef. Trotzdem hielt sie Josef einmal an seinem Umhang fest, damit er bei ihr blieb. Josef wollte aber nicht und lief schnell aus dem Zimmer.“

„Er kann doch zu Potifar rennen und sagen, dass die Frau am Umhang zieht“, schlägt Paul vor.

„Aber wem glaubt Potifar? Dem Josef oder seiner eigenen Frau?“ Oma putzt sich die Nase. „Ich sag dir, was passierte. Potifars Frau sagte allen, dass Josef sogar zu ihr ins Schlafzimmer gekommen war. Obwohl das gar nicht stimmte. Josef wurde deshalb ins Gefängnis geworfen.“

„Ach, du liebe Zeit!“, sagt Paul, weil Mama das immer sagt.

Oma schmunzelt: „Zum Glück war Gott auch im Gefängnis bei Josef. Josef traf den Bäcker vom Pharao und den Mundschenk.“

„Hab ich auch einen Mundschenk?“, fragt Paul und reißt seinen Mund weit auf, damit Oma mal gucken kann, ob etwas Schlimmes in seinem Mund ist.

Oma setzt ihre Brille ein Stück tiefer auf die Nase und sieht über den Brillenrand in Pauls Mund. „Mundschenk war damals ein Beruf. Der Mundschenk achtete darauf, dass der Pharao gute Getränke bekam. Aber der Mundschenk hatte den Pharao wohl geärgert oder etwas falsch gemacht. Jedenfalls saß er nun im Gefängnis und träumte komische Sachen, genau wie der Bäcker.“

„Wenn die schlecht träumen, können die ja alle in einem Bett schlafen, damit sie keine Angst haben“, überlegt Paul.

„Es ist immer leichter, wenn man zusammenhält“, bestätigt Oma. „Josef erklärte dem Mundschenk, was sein Traum bedeutete: Drei Tage später sollte er wieder beim Pharao arbeiten.“

„Und der Bäcker?“, fragt Paul.

Oma verzieht das Gesicht. „Dem ging es leider nicht gut. Sein Traum bedeutete, dass der Pharao ihn nicht mehr leben lassen würde. Josef hatte Recht. Der Mundschenk kam frei, der Bäcker wurde getötet.“

„Und wann durfte Josef wieder aus dem Gefängnis?“, fragt Paul.

„Auch der Pharao hatte nach zwei Jahren einen komischen Traum. Als er wissen wollte, was er bedeutete, erinnerte sich der Mundschenk an Josef im Gefängnis. Pharao ließ Josef holen und erzählte ihm seinen Traum.“

„Ich will den auch wissen!“, ruft Paul.

„Na gut. Sieben dicke Kühe stiegen aus dem Fluss. Als die draußen waren, kamen noch mal sieben Kühe raus. Die waren aber ganz dünn und hässlich. Und was machten die? Sie fraßen, eins, zwei, drei, die sieben dicken Kühe auf. Zack, weg waren sie.“

„Kühe fressen doch keine Kühe!“, lacht Paul. „Die fressen Gras und trinken Milch!“

„Ach, Paulchen. Wasser trinkt die Kuh“, verbessert Oma. „Gott sagte Josef auch dieses Mal, was der Traum bedeutete. Er bedeutete, dass es den Menschen in Ägypten sieben Jahre sehr gut gehen sollte. Aber nach den sieben guten Jahren würden sieben schlechte Jahre kommen. Eine große Hungersnot stand bevor. Niemand im ganzen Land sollte genug zu essen haben.“

„Sieben Jahre ohne Pommes?“ Paul ist geschockt.

„Nicht nur keine Pommes, Paul. Es sollte so gut wie gar kein Essen mehr geben“, sagt Oma.

Paul ist blass vor Schreck: „Ich wusste es: Ketchup fehlte auch.“

Josefs Macht über Ägypten
ODER
warum nicht jeder einen Silberbecher bekommt

Paul ist rot vor Wut. „Mama hat gesagt, dass sie heute Nudeln mit Soße für mich macht. Das hat sie gesagt. Aber Papa will Reissalat mit Paprika essen. Und was gibt es heute? Reissalat mit Paprika. Grüne Paprika!“ Paul schubst mit dem Fuß Omas Zeitungsständer um. Dann räumt er schimpfend alles wieder ein. „Ich hab mich so auf Nudeln gefreut! Mama hört nicht auf mich. Ich sag dir was, Oma. Nie wieder werd ich mir ein Essen wünschen!“ Paul verschränkt die Arme, guckt wie eine saure Gurke und presst die Lippen aufeinander.

Oma quetscht ein paar Blätter in die zerfledderte Zeitungssammlung. Als Paul nicht weiter schimpft, versucht sie, etwas zu sagen: „Erinnerst du dich an den Josef, von dem ich dir erzählt hab?“

„Oma! Ich will keine Geschichte. Ich bin sauer.“

„Oh, Entschuldigung“, meint Oma. „Natürlich keine Geschichte. Auch nicht von Josef, der furchtbar sauer war. Der mit seinen Brüdern trotzdem gegessen hat. Kein Wort.“ Oma zieht die Finger über ihren Mund, als hätte sie einen Reißverschluss an den Lippen. Sie schweigt.

Paul sieht sie an. „Oma!“, poltert er los. „Josef ist nur sauer, weil er im Gefängnis sitzt.“

Oma tut so, als würde sie kurz mit den Fingern ihren Reißverschluss am Mund öffnen. „Nicht mehr im Gefängnis“, flüstert sie. „Aber seine Brüder wissen nicht, wo Josef ist! Und wegen der Hungersnot haben die auch nichts zu essen.“ Wieder öffnet Oma blitzschnell ihren Mund: „Aber in Ägypten gibt es ganz viel Essen. Ach, egal …“ Sie lehnt sich zurück und schließt die Augen.

Paul zappelt wie ein Fisch an der Angel. „Dann sag mal, was mit Josef war.“

„Och, nichts Besonderes“, gähnt Oma. Sie öffnet sehr langsam ihre Augen. „Weil Gott bei Josef war, fiel Josef ein Plan gegen die Hungersnot ein. Er wollte in den sieben Jahren der reichen Ernte Speicher für das Getreide bauen. In den sieben Jahren der Hungersnot sollten dann die Menschen in Ägypten von den Vorräten leben. Pharao gefiel der Plan von Josef so gut, dass er ihn zum zweitmächtigsten Mann in Ägypten machte. Alle mussten tun, was Josef sagte.“

„Stimmt das, Oma? Er war doch grade noch im Gefängnis?“

Oma nickt. „Grade noch im kalten und feuchten Gefängnis, Ratten und Mäuse huschten ihm über die Füße. Und plötzlich ist er durch Gottes Hilfe einer der mächtigsten Männer über ganz Ägypten.“

„Ich finde Mäuse und Ratten cool“, meint Paul. „Bekomme ich von dir eine Maus zum Geburtstag?“

Oma verdreht die Augen: „Der Plan von Josef ging auf. Als die Menschen in den sieben schlechten Jahren großen Hunger hatten, kamen sie zu Josef. Und Josef? Der öffnete nach und nach die Speicher mit dem Getreide. Die Leute konnten einkaufen, Brot backen und wurden satt.“

„Wenigstens nicht Reissalat mit Paprika.“ Paul zeigt noch mal seine Schmolllippe.

„Josefs Brüder hatten auch Hunger. Ihr Papa schickte zehn Brüder nach Ägypten. Sie sollten Getreide kaufen. Nur der kleinste Bruder Benjamin blieb bei seinem Vater. Die Brüder erkannten Josef nicht, als sie sich vor ihm verneigten. Aber Josef erkannte sie.“

„Hat er sie angeschrien?“, will Paul wissen. „Ich hätte losgebrüllt!“