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ISBN 978-3-406-67691-8

 

© 2015 Verlag C.H.BECK oHG
Wilhelmstraße 9, 80801 München
Satz: Fotosatz Buck,
Zweikirchener Str. 7, 84036 Kumhausen
Umschlaggestaltung: Ralph Zimmermann – Bureau Parapluie
Bildnachweis: © doble.d – fotolia.com
E-Book-Produktion: Datagroup int. SRL, www.datagroup.ro

Dieser Titel ist auch als Printausgabe beim
Verlag und im Buchhandel erhältlich.

9Inhalt

So nutzen Sie dieses Buch

Vorwort

1. Kapitel: Ein Kind kommt zur Welt

I. Die Eltern

1. Wer sind die Eltern des Kindes?

2. Welche Leistungen können Eltern beanspruchen?

3. Welche Formalien sind bei der Geburt erforderlich?

4. Wer trägt die Verantwortung?

5. Welche Rechtspositionen haben Adoptiveltern?

II. Das Kind

1. Welche Rechte hat das Kind?

2. Wie heißt das Kind?

3. Welche Leistungsansprüche hat das Kind?

4. Kann das Kind erben?

2. Kapitel: Erziehung in der Familie

I. Rechte und Pflichten der Eltern

1. Was bedeutet elterliche Sorge?

2. Wie weit geht das Erziehungsrecht der Eltern?

3. Wo liegen die Grenzen des Erziehungsrechts?

4. Was beinhaltet Aufsichtspflicht?

5. Müssen Eltern Mitarbeiter des Jugendamts in ihre Wohnung lassen?

106. Wer entscheidet über die Religion?

7. Wer entscheidet bei Meinungsverschiedenheiten der Eltern?

8. Wie können Eltern Konflikte mit ihrem Kind lösen?

II. Mitwirkung weiterer Familienmitglieder

1. Welche Rechte haben Stiefeltern?

2. Welche Rechte haben Großeltern und andere Verwandte?

3. Kapitel: Einzelfragen im Alltag

I. Finanzen

1. Darf das Kind selbst Einkäufe tätigen?

2. Inwieweit können Eltern auf das Taschengeld des Kindes Einfluss nehmen?

3. Müssen Eltern für die Telefonrechnungen des Kindes aufkommen?

4. Kann das Kind ein eigenes Konto eröffnen?

5. Welchen Einfluss können Eltern auf eine Nebenbeschäftigung des Kindes nehmen?

6. Muss das Kind im Haushalt oder im Geschäft der Eltern mitarbeiten?

7. Welche Pflichten kommen auf Eltern zu, wenn sie für das Kind ein Tier kaufen?

II. Freunde und Freizeit

1. Dürfen Eltern vorschreiben, welche Freunde das Kind haben darf?

2. Dürfen Eltern den Freund der Tochter bei ihr übernachten lassen?

3. Können Eltern verhindern, dass ihr minderjähriger Sohn seine Freundin heiratet?

4. Was müssen Eltern beachten, wenn ein Freund des Kindes mit ihnen verreist?

5. Welche Regelungen gelten für das Kind im Straßenverkehr?

6. Darf das Kind rauchen und Alkohol trinken?

7. Wie lange darf das Kind abends ausgehen?

8. Welche Filme darf das Kind anschauen?

III. Online-Kommunikation

1. Müssen Eltern die Internetnutzung des Kindes zulassen?

2. Wer haftet bei Online-Käufen des Kindes?

113. Welche Rechte haben Eltern gegen Betreiber sozialer Netzwerke und gegen Suchmaschinen?

4. Dürfen Fotos von Kindern in sozialen Netzwerken veröffentlicht werden?

5. Dürfen Eltern E-Mails oder Post des Kindes lesen?

6. Was können Eltern gegen Mobbing und sexuelle Belästigung des Kindes im Netz unternehmen?

IV. Spezielle Lebenssituationen

1. Können Eltern die Tochter zur Abtreibung zwingen?

2. Können Eltern Piercing und Tätowierungen verbieten?

3. Welche Möglichkeiten haben Eltern, wenn das Kind suchtkrank ist?

4. Dürfen Eltern Zwangsmaßnahmen gegenüber dem Kind veranlassen?

5. Was kommt auf Eltern zu, wenn das Kind eine Straftat begeht?

4. Kapitel: Lebensalltag außerhalb der Familie

I. Kitaphase

1. Können Eltern den Kitaplatz selbst auswählen?

2. Wie weit gehen die Rechte der Fachkräfte in der Kita?

3. Welche Rechte haben Eltern gegenüber Fachkräften der Kita?

4. Welche Rechte haben Kinder in der Kita?

5. Wer haftet bei Unfällen in der Kita?

6. Kann die Kita ein Kind ablehnen, weil es nicht geimpft ist?

7. Dürfen Eltern zur Betreuung ihres Kindes zu Hause bleiben?

8. Wie ist die Rechtslage, wenn Eltern das Kind zu einer Tagesmutter geben?

9. Welche Rechte haben Eltern, wenn das Kind in einer Pflegefamilie oder im Heim lebt?

10. Darf das Jugendamt das Kind beraten ohne die Eltern zu informieren?

11. Dürfen Ärzte beim Verdacht auf Kindeswohlgefährdung das Jugendamt informieren?

II. Schule und Ausbildung

1. Schulpflicht

122. Können Eltern vorschreiben, in welche Schule das Kind gehen soll?

3. Welche Möglichkeiten haben Eltern, wenn sie mit den Schulnoten nicht einverstanden sind?

4. Wie können sich Eltern gegen eine ungerechte Behandlung des Kindes wehren?

5. Dürfen Eltern das Kind zu Hause lassen, wenn sie mit den Unterrichtsinhalten nicht einverstanden sind?

6. Wer entscheidet über die Teilnahme am Religionsunterricht?

7. Dürfen Eltern das kranke Kind in die Schule schicken?

8. Kann die Schule ein Kind wegen fehlender Früherkennungsuntersuchung ablehnen?

9. Welche Rechte haben Eltern bei Schulausflügen?

10. Wer haftet bei Unfällen in der Schule oder bei schulischen Veranstaltungen?

11. Welche Daten von Eltern und Kindern werden von den Schulen erhoben?

12. Können Eltern verlangen, dass die Schule den Kindern politische Werbung verbietet?

13. Können Eltern das Nachsitzen ihres Kindes untersagen?

14. Welche Rechte hat das Kind in der Schule?

15. Wie lange müssen Eltern für das Studium des Kindes zahlen?

5. Kapitel: Besondere Lebenssituationen für die Eltern

I. Trennung

1. Wer sorgt jetzt für das Kind?

2. Wie wird der Kontakt mit dem Kind geregelt?

II. Tod

1. Wie ist die Rechtslage bei Tod eines Elternteils?

2. Wie ist die Rechtslage, wenn beide Eltern versterben?

6. Kapitel: Das Kind wird erwachsen

I. Volljährigkeit des Kindes

1. Arbeitszeiten

2. Führerschein

3. Geschäftsfähigkeit

134. Heiraten

5. Jugendschutz

6. Schadensersatzpflicht

7. Schule

8. Strafmündigkeit

9. Wahlrecht

10. Wohnung

II. Rechtspositionen des Kindes in den verschiedenen Altersstufen

1. Zeitpunkt der Zeugung

2. Vollendung der Geburt

3. Das Kind wird ein Jahr alt

4. Das Kind wird zwei Jahre alt

5. Das Kind wird drei Jahre alt

6. Das Kind wird fünf Jahre alt

7. Das Kind wird sechs Jahre alt

8. Das Kind wird sieben Jahre alt

9. Das Kind wird acht Jahre alt

10. Das Kind wird zehn Jahre alt

11. Das Kind wird 12 Jahre alt

12. Das Kind wird 13 Jahre alt

13. Das Kind wird 14 Jahre alt

14. Das Kind wird 15 Jahre alt

15. Das Kind wird 16 Jahre alt

16. Das Kind wird 17 Jahre alt

17. Das Kind wird 18 Jahre alt

18. Das Kind wird 21 Jahre alt

19. Das Kind wird 25 Jahre alt

20. Das Kind wird 27 Jahre alt

Anhang Abkürzungen der Gesetze und Verordnungen

5So nutzen Sie dieses Buch

Um Ihnen das Lesen und Arbeiten mit diesem Buch zu erleichtern, hat die Autorin verschiedene Stilelemente verwendet, die Ihnen das schnellere Auffinden bestimmter Texte ermöglichen.

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Hier finden Sie Tipps, Aufzählungen und Checklisten.

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So sind „Merksätze“ gekennzeichnet.

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Hier finden Sie Beispiele, die das Beschriebene plastisch erläutern und verständlich machen.

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Hier finden Sie Definitionen, Rechtsnachweise oder Gesetzestexte.

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Die Zielscheibe kennzeichnet Zusammenfassungen und ein Fazit zum Kapitelende.

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Hier finden Sie Übungen und Muster zum selber Ausfüllen und Nachrechnen.

7Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

unser Zusammenleben ist geprägt von Regelungen jeweils für oder gegen etwas. Dabei spielt es keine Rolle, wo wir uns bewegen, wie wir leben – ob innerhalb unserer Familie, im Beruf oder in der Gesellschaft insgesamt – in unserem Lebensalltag stoßen wir immer wieder an Grenzen. Diese Grenzen werden gesetzt von Vorschriften, von rechtlichen Bestimmungen.

Auch in Ihrem Alltag mit Ihren Kindern, in Ihrer Rolle als Eltern erleben Sie diese Probleme Tag für Tag. Für Sie stellen sich Fragen, die Sie ohne fachlichen Rat nicht beantworten können.

Mit unserem Buch bieten wir genau diese Hilfe an: Wir wollen die Wege aufzeigen, wie Sie in Ihrem Alltag mit Kindern mit den typischen Rechtsfragen klar kommen:

Welche Rechte und Pflichten haben Eltern gegenüber ihrem Kind – wie ist es, wenn sich Eltern nicht einig sind – wie verändert sich die Rechtslage, wenn Eltern sich trennen – wer ist für die tägliche Finanzierung des Kindes zuständig, welche Rechte haben Sie als Eltern gegenüber Erziehern oder Lehrern – was dürfen Sie Ihrem Kind verbieten – wie weit geht Ihr Einfluss bei Geldangelegenheiten – können Sie Ihrem Kind den Umgang mit Freunden verbieten – Welche rechtliche Stellung hat Ihr jetziger Lebenspartner in Bezug auf Ihr Kind – haben Oma und Opa auch ein Mitspracherecht?

Wir bieten Ihnen mit diesem Ratgeber in verständlicher Sprache eine Orientierung im Dschungel der rechtlichen Regelungen. Das Buch 8gibt Antworten und Rechtshilfen für die typischen Fragestellungen im Lebensalltag mit Kindern.

Wir richten uns an alle Eltern, an Kinder und Jugendliche und an diejenigen, die beruflich involviert sind wie Lehrer, Erzieher und Mitarbeiter in sonstigen sozialen Berufen.

Mit anschaulichen Erläuterungen und Übersichten bringen wir Ihnen Rechtsfragen anhand von Fallbeispielen näher und machen die Rechtsprobleme für Sie damit verständlicher. Wir erklären Ihnen die einschlägigen Paragrafen, Sie erhalten Hinweise auf Institutionen, an die Sie sich wenden können. Wir geben Ihnen Literaturempfehlungen zur Vertiefung von Einzelfragen.

München im August 2015

Gabriele Kokott-Weidenfeld

Kurt-Peter Merk

151. Kapitel

Ein Kind kommt zur Welt

Die Geburt eines Kindes kündigt sich an – dies ist immer ein Anlass großer Freude. Gleichzeitig entstehen Unsicherheiten, es stellen sich Fragen: Was kommt auf die werdenden Eltern zu, mit welchen rechtlichen Problemen werden sie konfrontiert. Im nachfolgenden Text werden die Rechtspositionen der Eltern gegenüber ihren Kindern erläutert, es geht also einerseits um die Rechte und Pflichten der Eltern und damit gleichzeitig ebenso um die Rechte der Kinder. Rechtspositionen werden ausschließlich durch gesetzliche Bestimmungen, also durch Paragrafen in bestimmten Gesetzen normiert. Insofern wird im nachfolgenden Text immer wieder auf Gesetze und einzelne gesetzliche Bestimmungen verwiesen. Diese Gesetze lassen sich leicht im Internet finden.

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Gesetze finden

I. Die Eltern

Nicht immer ist es klar, wer die Eltern eines Kindes sind. Im Folgenden soll also zunächst dieser Frage nachgegangen werden. Erst wenn Eltern in diesen Fragen Klarheit haben, wenn sie tatsächlich wissen, 16dass sie die rechtlichen Eltern des Kindes sind, sind die Fragestellungen der dann folgenden Kapitel für die Betroffenen von Relevanz.

1. Wer sind die Eltern des Kindes?

a) Mutter

Eigentlich ist der Sachverhalt der Mutterschaft – gemeint ist die Frage, wer die Mutter des Kindes ist – für jeden klar und selbstverständlich und trotzdem enthält das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) ausdrücklich die Regelung:

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§ 1591 BGB

„Mutter ist die Frau, die das Kind geboren hat.“

Die Mutter im Rechtssinne ist demnach die Frau, die tatsächlich das Kind zur Welt bringt, also die biologische Mutter. Rechtsregelung und biologischer Vorgang stimmen bei der Mutterschaft überein. Diese Vorschrift zählt zu den wesentlichen Grundsätzen unserer Rechtsordnung. Die Mutterschaft der Frau, die ein Kind geboren hat, kann weder durch Anfechtung noch durch eine vertragliche Vereinbarung in Frage gestellt oder verändert werden.

In früheren gesetzlichen Regelungen fanden sich keinerlei Hinweise über die Mutterschaft. Erst mit neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen, mit den Fortschritten der genetischen Medizintechnik wurden Klarstellungen notwendig. Die verschiedenen Möglichkeiten künstlicher Befruchtung entwickelten rechtliche Unklarheiten und Streitigkeiten: Wer ist die „richtige“ Mutter des Kindes – die, die das Kind ausgetragen hat oder diejenige, die dieser Frau eine Ei oder Embryonenspende weitergegeben hat?

Die oben aufgeführte rechtliche Regelung gilt immer, das heißt, dass diejenige Frau, die mit ihrer Ei- oder Embryonenspende ihr Erbgut an eine andere Frau weitergegeben hat, keinerlei Rechte an dem daraus entstandenen, von einer anderen Frau geborenen Kind hat. Es ist irrelevant, ob die beiden Frauen eine vertragliche Vereinbarung abgeschlossen haben, die etwas anderes aussagt.

Möglicherweise kann die Spendermutter aus persönlichen, physischen Gründen das Kind nicht selber austragen und zu Welt bringen und sie bezahlt der Leih- oder Ersatzmutter eine bestimmte Summe 17als Gegenleistung für ihre „Tätigkeit“. Natürlich will sie dann „ihr“ Kind nach der Geburt in die Arme schließen und sieht sich als Mutter und zusammen mit dem Erzeuger des Kindes denken sie, sie sind die Eltern dieses von einer anderen Frau zur Welt gebrachten Kindes. Diese wiederum hat durch das Austragen des Kindes möglicherweise Muttergefühle entwickelt und sieht das von ihr geborene Baby schon deswegen als ihr Kind an.

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Leihmutter

Die Frau, die Mutter werden will, ist selbst nicht in der Lage das Kind auszutragen. Der Embryo wird in den Körper einer anderen Frau implantiert, die das Kind austrägt.

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Ersatzmutter

Wegen Sterilität der Frau, die sich ein Kind wünscht, wird bei einer anderen Frau eine Insemination mit dem Sperma des (Ehe)Mannes der nicht gebärfähigen Frau vorgenommen.

Das erste künstlich befruchtete Baby wurde bereits 1976 zur Welt gebracht, inzwischen sind es vermutlich Millionen. Diese künstliche Form, ein Kind zu „produzieren“ ist nach unserem Grundverständnis mit dem Grundrecht der Menschenwürde nicht vereinbar. Deshalb wurden im Jahre 1991 mit dem Embryonenschutzgesetz (ESchG) klare Regelungen geschaffen:

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Achtung!

Alle Formen der Ersatzmutterschaft oder der Leihmutterschaft sind verboten, § 1 ESchG.

Strafbar machen sich

Nicht strafbar

Egal ob Ersatz- oder Leihmutter: Es geht immer darum, dass nicht diejenige, die das Kind tatsächlich zur Welt bringt, als Mutter des 18Kindes gelten soll, sondern die Frau, die das Kind selbst nicht zur Welt bringen kann oder will. Genau das aber wird durch die gesetzlichen Regelungen des ESchG und des BGB untersagt. Das ESchG stellt entsprechende Vorgänge unter Strafe und durch die oben zitierte Klarstellung im BGB bleibt ausschließlich diejenige Frau, die das Kind tatsächlich zur Welt bring im rechtlichen Sinne seine Mutter. Jeder Vertrag über eine Leih- oder Ersatzmutterschaft, also jeder Vertrag, in dem sich eine Frau bereit erklärt, sich einer künstlichen oder natürlichen Befruchtung zu unterziehen oder einen nicht von ihr stammenden Embryo auf sich übertragen zu lassen oder sonst auszutragen, ist nach dieser Rechtslage von vorne herein nichtig, da er nach den Bestimmungen des BGB „sittenwidrig“ ist, § 138 Abs. 1 BGB.

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Fazit

Die genetische Mutter ist nicht immer auch die rechtliche Mutter des Kindes.

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Zur Vertiefung der Fragen über die Forschung an Embryonen, den Import von Stammzellen aus dem Ausland und das Klonen von Menschen:

https://www.psychologie.uni-freiburg.de (Informationsbroschüre)

In anderen Ländern gelten andere Regeln als in Deutschland. In Großbritannien, Spanien, Belgien, Griechenland und in einigen Staaten der USA ist Leihmutterschaft zwar nicht verboten, die Bestimmungen dazu sind jedoch im Einzelnen durchaus unterschiedlich. Die Kosten für das Austragen eines Kindes sind mit mehreren zehntausend Euro beachtlich. Außerdem ist zu bedenken, dass die Einreise nach Deutschland für die im Ausland geborenen Kinder wegen der deutschen Gesetzeslage erschwert ist. Die Kinder, die von Leihmüttern im Ausland ausgetragen wurden und deren künftige (soziale) Eltern in Deutschland leben, erhalten keine deutsche Staatsangehörigkeit (siehe dazu 1. Kapitel I. 3.). Eine andere Möglichkeit für die betroffenen Eltern wäre noch der Weg der Adoption des Kindes – auch dieser Weg ist jedoch mit einigen Hürden verbunden (siehe dazu 1. Kapitel I. 5.).

19Allerdings hat der Familiensenat des Bundesgerichtshofs entschieden, dass das Urteil eines kalifornischen Gerichts, wonach die sog. Wunscheltern des von einer Leihmutter geborenen Kindes auch dessen rechtliche Eltern sind, bei uns anzuerkennen ist.

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Bundesgerichtshof, Beschluss des XII. Zivilsenats vom 10.12.14 (XII ZB 463/13)

Die Grundregel des BGB, die auf die biologische Mutterschaft abstellt, beinhaltet die Aussage, Mutter bleibt Mutter – auch wenn inzwischen eine Geschlechtsumwandlung erfolgt ist, das bedeutet, nach den Regelungen des Transsexuellen Gesetzes (TSG), §§ 10 und 11 bleibt der Status der Mutterschaft auch nach einer Geschlechtsumwandlung unberührt.

Eine weitere Form von Mutterschaft ist die sogenannte vertrauliche Geburt.

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Vertrauliche Geburt

Eine Geburt, bei der die Schwangere ihre Identität nicht offenlegt.

Die Frau bringt ihr Kind heimlich zur Welt und nimmt gleichzeitig die beschützende Hilfe von Schwangerschaftsberatungsstellen in Anspruch.

Für diese Fälle gelten die besonderen Bestimmungen des Gesetzes zum Ausbau der Hilfen für Schwangere und zur Regelung der vertraulichen Geburt, die ihren Niederschlag vor allem im Schwangerenkonfliktgesetzes (SchKG) gefunden haben. In einem zweistufigen Verfahren werden den werden Müttern Hilfen angeboten: Der erste Schritt beinhaltet die Beratung der Schwangeren in einer besonderen sozialen Konfliktlage. Erst wenn feststeht, dass sich die Frau trotz aller Hilfsangebote nicht offenbaren möchte und ihr Kind auf jeden Fall anonym zur Welt bringen möchte, wird sie im zweiten Schritt beraten, wie sie das Angebot einer vertraulichen Geburt annehmen kann. Der Wunsch nach einer Nichtbekanntgabe der persönlichen Daten der Mutter wird respektiert und gleichzeitig werden ihr die notwendigen medizinischen Hilfen zu teil. Mit diesen genannten gesetzlichen Regelungen wird die werdende Mutter geschützt, denn die von ihr gewünschte vertrauliche Geburt wird auf klaren rechtlichen 20Grundlagen vollzogen, siehe dazu §§ 25, 26 und 27 SchKG. Die Beratenden unterliegen der Schweigepflicht und damit der Strafandrohung des § 203 Strafgesetzbuch (StGB). Wegen der Einzelheiten zur Geburtsurkunde (siehe 1. Kapitel I. 3.).

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Hier finden sich weitere Informationen zu dieser Frage:

www.bmfsfj.de/publikationen (Broschüre)

www.geburt-vertraulich.de

b) Vater

Viel komplizierter als die Frage nach der Mutterschaft im Rechtssinne ist die Antwort auf die Frage wer im Rechtssinne der Vater des Kindes ist. Wer ist gemeint, wenn vom biologischen, vom soziologischen oder vom rechtlichen Vater die Rede ist?

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Biologischer Vater

ist der Erzeuger der männlichen Keimzellen für die Zeugung eines Kindes.

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Soziologischer Vater

ist derjenige Mann, der tatsächlich umfassend Sorge und Verantwortung für das Kind übernimmt.

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Rechtlicher Vater

ist derjenige Mann, der rechtlich die Verantwortung für das Kind hat.

In der traditionellen Familie nimmt der (Ehe)Partner der Mutter in der Regel alle drei Funktionen wahr.

Hinzu kommen zahlreiche andere begriffliche Varianten von Vaterschaften – Stiefväter, alleinerziehende Väter, Samenspender, Väter in einer homosexuellen Beziehung, Bei der Frage, wer die Eltern eines Kindes im Rechtssinne sind, kommt es letztendlich nur auf die rechtlichen Bestimmungen dazu an. Die Frage nach der biologischen oder sozial tatsächlich ausgeübten Vaterschaft ist für die rechtliche Entscheidung nicht vorrangig. Die rechtliche Vaterschaft ist im Zweifel 21eine rein rechtliche Fiktion, die nach den Bestimmungen im BGB genau definiert und festgelegt ist.

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Vater im Rechtssinne ist

Sind die Eltern des Kindes also miteinander verheiratet ist die Rechtslage eindeutig: Der Ehemann ist der Vater des Kindes. Allein die Tatsache, dass ein Mann mit der Mutter verheiratet ist, macht ihn zum (rechtlichen) Vater des von ihr geborenen Kindes. Juristisch spielt es also keine Rolle, ob der Mann zugleich der biologisch-genetische Vater ist. Als Ehemann der Mutter hat er allerdings die Möglichkeit von sich aus die durch die Geburt entstandene Vaterschaft zu bestreiten und sie durch Anfechtung im Sinne von § 1599 BGB zu beseitigen.

Auch wenn der Ehemann bereits verstorben ist, wenn diese Ehe also durch seinen Tod aufgelöst wurde, wird ihm das Kind soweit es innerhalb von 300 Tagen nach seinem Tod zur Welt gekommen ist, doch noch zugerechnet. Wegen des vermutlichen Zeugungstermins des Kindes kann davon ausgegangen werden, dass der verstorbene Ehemann der Vater dieses Kindes ist.

Nur wenn die Eltern eines Kindes nicht miteinander verheiratet sind oder nicht miteinander verheiratet waren werden für die rechtliche Klärung der Vaterschaft für das Kind weitere gesetzliche Konstruktionen zur Erlangung der Vaterschaft angeboten. Es gibt die Möglichkeit einer Anerkennung der Vaterschaft oder die Form der Feststellung der Vaterschaft.

Der nicht mit der Mutter verheiratete Mann kann nur durch eine offizielle Anerkennung nach den vorgegebenen rechtlichen Regelungen Vater des Kindes im Rechtssinne werden.

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22Was wird zur Anerkennung benötigt?

Die Einzelheiten zur Anerkennung der Vaterschaft sind in den §§ 1595–1599 BGB zu finden.

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Voraussetzungen zur Anerkennung der Vaterschaft

  1. Anerkennungserklärung des Mannes, § 1591 BGB.
  2. Zustimmung der Mutter, § 1595 Abs. 1 BGB (in besonderen Fällen zusätzlich des Kindes).
  3. öffentliche Beurkundung beider Erklärungen, (beim Notar, Jugendamt, Amtsgericht oder Standesamt), § 1597 Abs. 1 BGB, § 44 Personenstandsgesetz (PStG).
  4. alles ohne Bedingung oder Zeitbestimmung, § 1594 Abs. 3 BGB.
  5. die Anerkennung wird nur wirksam, wenn kein anderer Mann noch der Vater des Kindes ist, § 1594 Abs. 2 BGB.
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Empfehlung

Anerkennung der Vaterschaft bereits vor der Geburt des Kindes möglich, (§ 1594 Abs. 4 BGB).

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Kosten der Anerkennungserklärung

Bei den Jugendämtern und Standesämtern werden Gebühren in Höhe von 10–50 € erhoben.

Die Kosten beim Notar liegen wegen seiner Beratungsverpflichtung höher (zwischen 50–200 €).

Wenn alle Erfordernisse für eine Anerkennung erfüllt sind wird sie automatisch wirksam, § 1598 Abs. 1 BGB. Es wird nicht geprüft, es kommt also nicht darauf an, ob der die Vaterschaft des Kindes anerkennende Mann auch tatsächlich der biologische Vater dieses Kindes ist.

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23Verschiedene Vaterschaften (1)

Die ledige 17-jährige Vera bringt das Kind Karl zur Welt. Vera ist seit drei Jahren mit Herbert eng befreundet und die beiden leben seit einem Jahr in einer gemeinsamen Wohnung. Ist Herbert der Vater von Karl?

Herbert ist im rechtlichen Sinne nicht der Vater von Karl, denn er erfüllt keine der in § 1592 BGB formulierten Voraussetzungen.

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Verschiedene Vaterschaften (2)

Herbert will die Vaterschaft von Karl anerkennen. Vera will aber nichts davon wissen. Ist eine Anerkennung trotzdem möglich?

Eine Anerkennung der Vaterschaft ist für Herbert nicht möglich, da sie immer der Zustimmung der Mutter bedarf.

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Verschiedene Vaterschaften (3)

Die Lage hat sich verändert: Vera will der Anerkennungserklärung von Herbert nun doch zustimmen. Wird die Anerkennung durch ihre Zustimmung rechtswirksam?

Grundsätzlich bedarf die Anerkennung der Vaterschaft der Zustimmung der Mutter. Vera ist mit ihren 17 Jahren noch nicht volljährig und deshalb nicht voll geschäftsfähig. Sie benötigt zur rechtlichen Wirksamkeit dieser Erklärung daher die Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters, das sind normalerweise ihre Eltern (§§ 104 ff. BGB). Nur mit deren Zustimmung wird die Zustimmung von Vera in die Anerkennungserklärung durch Herbert rechtswirksam. In diesem Fall muss auch das Kind selbst zustimmen. Das Kind wird dabei vom Jugendamt als Amtsvormund vertreten.

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Verschiedene Vaterschaften (4)

Herbert ist wegen seiner Alkoholabhängigkeit unter rechtliche Betreuung, § 1896 BGB, gestellt. Kann er trotzdem die Vaterschaft für Karl anerkennen?

Da Herbert trotz rechtlicher Betreuung weiterhin geschäftsfähig ist, kann und darf er die Anerkennungserklärung für das Kind Karl nur selbst, also höchstpersönlich abgeben.

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24Verschiedene Vaterschaften (5)

Vera lebt inzwischen mit Sascha zusammen. Dieser ist bereit, die Vaterschaft für Karl anzuerkennen, obwohl Herbert der wahre Vater von Karl ist. Kann Sascha anerkennen, wenn Herbert bisher nicht anerkannt hat?

Hier besteht kein Problem, da es für die Anerkennung nicht auf die tatsächliche, biologische Vaterschaft ankommt, sondern nur darauf, dass alle formalen Voraussetzungen für eine wirksame Anerkennungserklärung erfüllt werden. Es wäre also auch ohne Bedeutung, ob der anerkennende Vater überhaupt zeugungsfähig ist.

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Verschiedene Vaterschaften (6)

Kann Sascha anerkennen, wenn Herbert bereits rechtswirksam anerkannt hat?

In diesem Fall ist eine rechtlich relevante Anerkennung der Vaterschaft durch Sascha nicht mehr möglich, siehe § 1594 Abs. 2 BGB. Es soll verhindert werden, dass das Kind zwei Väter hat!

Sascha hätte in dieser Situation jedoch unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, die Vaterschaft erfolgreich anzufechten.

Das Gesetz sieht außerdem Regelungen vor, auf welche Weise ein Mann die Vaterschaft für ein Kind wieder loswerden kann, wie er also seine rechtlich wirksam bestehende Vaterschaft beseitigen kann.

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Beseitigung der Vaterschaft

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Verschiedene Vaterschaften (7)

Vera und Herbert sind bei der Geburt von Karl verheiratet. Nachdem Herbert wegen Alkohol und Drogenabhängigkeit unter rechtliche 25Betreuung gestellt wurde nimmt Vera dies zum Anlass sich scheiden zu lassen. Während des Scheidungsverfahrens erfährt Herbert, dass Karl nicht von ihm, sondern von Sascha stammt. Welche Möglichkeit hat Herbert?

Herbert kann die Vaterschaft anfechten, obwohl er unter rechtlicher Betreuung steht, denn er ist weiterhin geschäftsfähig, § 1600a Abs. 5 BGB.

Besonderheiten ergeben sich auch, wenn das Kind nach dem Tod des Vaters zur Welt kommt.

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Verschiedene Vaterschaften (8)

Vier Monate vor der Geburt von Karl stirbt Ehemann Herbert an einer Überdosis Heroin.

Ist Herbert der Vater von Karl, obwohl er zum Zeitpunkt der Geburt nicht mehr lebt?

Grundsätzlich geht der Gesetzgeber davon aus, dass die Eltern bei der Geburt des Kindes miteinander verheiratet sind. Wurde die Ehe bereits vor der Geburt durch Tod aufgelöst, wird darauf abgestellt, ob das Kind innerhalb von 300 Tagen nach diesem Zeitpunkt zur Welt kommt, siehe dazu § 1593 Abs. 1 BGB.

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Verschiedene Vaterschaften (9)

Wie ist es aber, wenn Karl erst ein Jahr nach dem Tod von Herbert zur Welt kommt?

In diesem Fall wird rechtlich davon ausgegangen, dass das Kind Karl nicht mehr von dem verstorbenen Ehemann von Vera abstammen kann, denn Karl wurde nach Ablauf der 300 Tage- Frist geboren. Hier passt sich die rechtliche Fiktion des Gesetzgebers an die biologischen Wahrscheinlichkeiten an.

Die gleiche Rechtslage gilt für den Fall, dass die Ehe bereits geschieden wurde.

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Verschiedene Vaterschaften (10)

Die Ehe von Vera und Herbert wird geschieden. Neun Monate nach der Scheidung wird Karl geboren.

26Vera und Herbert sind bei der Geburt von Karl nicht mehr miteinander verheiratet, insofern kann die grundsätzliche Ehelichkeitsvermutung keine Wirkung mehr entfalten. Der geschiedene Ehemann Herbert gilt nicht als Vater des Kindes Karl.

Wird das Kind erst nach Anhängigkeit der Scheidung geboren, gemeint ist damit nach der Einreichung des Scheidungsantrages bei Gericht, aber noch vor dem Scheidungsurteil, dann gilt ebenfalls die gleiche Rechtslage. Steht für die Beteiligten fest, dass der Noch-Ehemann nicht der Vater des Kindes ist, bietet der Gesetzgeber mit § 1599 Abs. 2 BGB einen vereinfachten Weg für die Anfechtung der Vaterschaft an: Dem biologischen Vater soll unter bestimmten gesetzlich festgelegten Voraussetzungen ein aufwändiges Anfechtungsverfahren erspart werden:

Diese vereinfachte Form der Anerkennung wird allerdings erst zu dem Zeitpunkt rechtlich wirksam, wenn das Familiengericht das Scheidungsurteil verkündet. Bis zu diesem Zeitpunkt bleibt das Kind eheliches Kind des Noch-Ehemannes.

Wie ist die Rechtslage für die Väter, die nicht mit der Mutter verheiratet sind und die die Vaterschaft für das neugeborene Kind nicht übernehmen wollen? In diesen Fällen – gemeint ist: Nur in diesen Fällen! – soll die Vaterschaft gerichtlich festgestellt werden, § 1592 Ziff. 3, 1600d BGB.

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Gerichtliche Feststellung der Vaterschaft

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27Verschiedene Vaterschaften (11)

Vera und Herbert sind nicht miteinander verheiratet. Herbert hat erhebliche Zweifel, ob er wirklich der Vater von Karl ist. Er führt mit Vera eine offene Beziehung. Vera hat ihm immer wieder von anderen Sex-Partnern berichtet. Auch in dem Zeitraum, in dem Karl gezeugt sein müsste hat sie sich mehrfach mit anderen Männern getroffen.

Zur Klärung, ob er wirklich der Vater von Karl ist, könnte Herbert aufgrund der Regelung in § 1598a BGB verlangen, dass eine genetische Abstammungsuntersuchung vorgenommen wird und dafür die Entnahme der für diese Untersuchung geeigneten genetischen Probe bei Karl geduldet wird. Alle Beteiligten (Vater, Mutter, Kind) untereinander können nach dieser gesetzlichen Regelung verlangen, in eine genetische Abstammungsuntersuchung einzuwilligen, damit die leibliche Abstammung des Kindes geklärt werden kann. Die Grundlage für dieses Vorgehen liegt in § 1600d BGB. Ein Abstammungsprozess, also ein Verfahren im Rahmen einer Vaterschaftsfeststellungsklage ist dann zu führen, wenn schwerwiegende Zweifel an der Vaterschaft bestehen. Die oben beschriebene Vermutung für das Bestehen einer Vaterschaft gilt dann nicht, wenn, wie Vera in Beispielsfall 11, also die Mutter während der Empfängniszeit mit mehreren Männern Geschlechtsverkehr hatte. In Zweifelsfällen wird die Vaterschaft dann aufgrund eines Blutgruppengutachtens oder eine DNA-Analyse festgestellt. In besonderen Ausnahmefällen kann ein erbbiologisches oder ein Tragezeitgutachten relevant werden. Im Abstammungsprozess herrscht der sog. Amtsermittlungsgrundsatz, das Gericht kann also von sich aus Tatsachen erforschen und Beweise anordnen, wie z.B. den Vaterschaftstest. Die Betroffenen können sich dem letztlich nicht entziehen, denn nach § 372a der Zivilprozessordnung (ZPO) hat in einem Abstammungsprozess jede Person die erforderliche Untersuchung zu dulden. Es könnte sogar Zwang angeordnet werden.

Mit den obigen Erläuterungen wird jeder für sich in die Lage versetzt, zu klären, ob er oder sie im rechtlichen Sinne Mutter oder Vater des Kindes ist. Es versteht sich nunmehr von selbst, dass sich die nachfolgenden Ausführungen nur auf die rechtlichen Eltern beziehen können.

282. Welche Leistungen können Eltern beanspruchen?

Zum Einstieg in diese Frage ein Fallbeispiel zu den rechtlichen Fragen, mit denen werdende oder neue Eltern konfrontiert werden.

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Fallbeispiel Iris

Iris ist schwanger. Sie arbeitet in einem Lebensmitteldiscounter, muss lange an der Kasse stehen und muss die Regale, auch die obersten, ein- und ausräumen, täglich mindestens vier Stunden. Nach Ablauf der Arbeitszeit müssen die Angestellten jeden Tag zur Überprüfung auf Diebstähle durch ein Röntgengerät gehen. Erst im 6. Monat ihrer Schwangerschaft informiert Iris ihren Chef. Er regt sich über diese späte Mitteilung sehr auf und fordert von Iris eine ärztliche Bescheinigung. Außerdem stellt er sie vor die Wahl: Kündigung oder ab sofort tägliche Arbeitszeit von acht Stunden und an sechs Tagen in der Woche. Am darauffolgenden Tag muss Iris zu einem wichtigen Vorsorgetermin, zu dem sie ihr Arbeitgeber aber nicht gehen lässt.

a) Mutterschutz

Um die hier aufgeworfenen Fragen zu klären sollte man zunächst einen Blick in das Mutterschutzgesetz (MuSchG) werfen.

Das Gesetz zum Schutz erwerbstätiger Mütter gilt für alle schwangeren Frauen und Mütter, „die in einem Arbeitsverhältnis stehen“, also auch für Auszubildende oder geringfügig Beschäftigte und für weibliche „in Heimarbeit Beschäftigte“ § 1 Abs. 2 MuSchG.

Für Beamtinnen gelten inhaltlich ähnliche Bestimmungen. Sie finden sich aber in den entsprechenden Verordnungen (Mutterschutz- und Elternzeit-VO) der Länder bzw. des Bundes.

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Warum Mutterschutz?

Ziel dieser gesetzlichen Regelungen ist es, die (werdende) Mutter und ihr Kind vor Gefährdungen, Überforderungen und gesundheitlichen Einschränkungen aller Art am Arbeitsplatz zu schützen. Zusätzlich geht es um den Schutz vor finanziellen Einbußen und vor dem Verlust des Arbeitsplatzes.

Ausgeschlossen bleiben also selbstständige Gewerbetreibende, die für andere Auftraggeber arbeiten, also Frauen, die in freien Berufen 29tätig sind oder eine Beschäftigung aufgrund eines Werkvertrages ausüben.

Damit der jeweilige Arbeitgeber die ihm nach den Gesetzen auferlegten Pflichten einhalten kann, sollen schwangere Frauen ihrem Chef möglichst schnell über den Eintritt der Schwangerschaft und den mutmaßlichen Tag der Entbindung in Kenntnis setzen.

Im Fallbeispiel hat sich Iris Zeit gelassen, ihren Chef über ihre Schwangerschaft zu informieren. Erst im 6. Monat der Schwangerschaft hat sie ihrem Arbeitgeber Mitteilung darüber gemacht.

Trotzdem: Auch wenn § 5 MuSchG festlegt, dass Schwangere dem Arbeitgeber ihre Schwangerschaft mitteilen sollen, „sobald ihnen ihr Zustand bekannt ist“, kann auch bei einer erst wesentlich späteren Mitteilung für die Schwangere kein Nachteil daraus erwachsen. § 5 MuSchG ist eine sog. Soll-Vorschrift.

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Merke!

Die werdende Mutter unterliegt keiner Informationspflicht. Sie soll selber entscheiden können, wie sie sich verhält, denn letztlich handelt es sich um eine sehr persönliche Information aus ihrem Intimbereich.

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Beschäftigungsverbote

In § 4 MuSchG werden die Beschäftigungsverbote für werdende Mütter definiert, u.a.:

30Im Fallbeispiel verstoßen die Arbeitsauflagen an Iris also klar gegen die Regelungen im MuSchG: Sie darf im 6. Monat ihrer Schwangerschaft nicht lange stehen und sie darf derartige Arbeiten nicht länger als 4 Stunden täglich ausführen. Beim Ein- und Ausräumen der Regale von oben bis unten muss sich Iris sicherlich erheblich nach oben strecken und nach unten beugen. Die zusätzliche tägliche Durchleuchtung wegen Diebstahlsgefahr beinhaltet ebenfalls Gesundheitsgefährdungen im Sinne von § 4 Abs. 1 MuSchG.

Hinzu kommen die Mehrarbeitszeiten, die der Chef nun von Iris einfordert. Iris soll 6 mal 8 Stunden arbeiten, was, berechnet auf eine „Doppelwoche“ nach § 8 MuSchG, 96 Stunden ergibt und damit klar über der in § 8 Abs. 2 Ziff. 2 MuSchG vorgegebenen Zeitbegrenzung von 80 Stunden/Woche liegt.

Fest steht zudem: Der Arbeitgeber von Iris darf ihr wegen des im MuSchG festgeschriebenen Kündigungsverbotes zu diesem Zeitpunkt nicht kündigen.

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§ 9 MuSchG Abs. 1 S. 1

„Die Kündigung gegenüber einer Frau während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von 4 Monaten nach der Entbindung ist unzulässig, wenn dem Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Kündigung die Schwangerschaft bekannt war …“

Iris darf selbstverständlich ihren Termin zur Vorsorgeuntersuchung während der Schwangerschaft wahrnehmen, ihr Arbeitgeber hat sie dafür nach § 16 MuSchG freizustellen.

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Tipp!

Die Kosten für die vorzulegende ärztliche Bescheinigung über die bestehende Schwangerschaft kann sie von ihrem Chef zurückverlangen.

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Fortsetzung Fallbeispiel Iris

Iris hat sich inzwischen entschlossen, nach der Geburt bei ihrem Kind zu Hause zu bleiben.

31b) Verschieden Leistungsarten

Es stellt sich die Frage, ob und wie lange Iris zu Hause bleiben darf und welche Hilfen sie beantragen kann.

Bereits vor der Geburt des Kindes hat Iris einen Anspruch auf Arbeitsendgeld falls für sie ein Beschäftigungsverbot nach den §§ 3 und 4 MuSchG bestand. Dieses Arbeitsendgeld berechnet sich nach dem Durchschnittsverdienst der letzten 13 Wochen.

Außerdem erhält sie für die Zeit der Schutzfristen (sechs Wochen vor der Geburt und acht Wochen nach der Geburt) Mutterschaftsgeld (§ 13 MuSchG). Hinzu kommen Sach- und Dienstleistungen, die mit der gesundheitlichen Versorgung während der Schwangerschaft und der Entbindung zu tun haben (§ 15 MuSchG).

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Iris kann zudem Elterngeld und weitere Leistungen nach dem Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit (BEEG) beantragen.

Der Staat hält verschiedene Angebote für die Eltern bereit, um sie bei der Erziehung ihrer Kinder finanziell und zeitlich zu entlasten. Die unterschiedlichen Leistungen lassen sich gut abgrenzen.

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Elterngeld und ElterngeldPlus

erhalten die Eltern, die

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Betreuungsgeld

wird unabhängig vom Elterngeld denjenigen gezahlt, die ihr Kind nicht in eine Betreuungseinrichtung geben.

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Elternzeit

bedeutet, dass die Eltern zur Sorge für ihr Kind für einen bestimmten Zeitraum beurlaubt werden.

Die Einzelheiten zu diesen Fragen finden sich im

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http://www.elterngeld.net/richtlinien.html (Richtlinien zum BEEG)

Die Voraussetzungen für das Elterngeld und das Betreuungsgeld regeln die §§ 1 ff. BEEG. In den §§ 15 ff. BEEG sind die Einzelheiten des Anspruchs auf Elternzeit festgelegt.

Anhand des nachfolgenden Fallbeispiels werden die Inhalte der gesetzlichen Regelungen im Einzelnen verdeutlicht.

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Fallbeispiel Ehepaar Meier

Das Ehepaar Meier erwartet Nachwuchs. In einer Beratungsstelle beim Jugendamt wollen die beiden sich über Elterngeld und Elternzeit informieren. Frau Meier ist Erzieherin und arbeitet Vollzeit in einer Kindertagesstätte. Sie möchte ihr Kind in den nächsten zwei Jahren selbst betreuen. Ihr Mann arbeitet als Lehrer. Er möchte weiterhin in seiner Schule bleiben und deshalb keinen Antrag auf Elternzeit stellen.

Die Antworten zu diesem Fallbeispiel erschließen sich problemlos aus den gesetzlichen Bestimmungen des BEEG.

c) Elterngeld

§ 1 BEEG legt fest, wer berechtigt ist Elterngeld zu erhalten.

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33Elterngeld

Zielsetzung dieser staatlichen Leistung ist es, den jungen Familien eine Unterstützung für den Zeitraum nach der Geburt ihres Kindes zu bieten. Den Eltern wird der Übergang in das gemeinsame Leben mit dem neuen Familienmitglied erleichtert, indem ihnen die Möglichkeit eröffnet wird, vorübergehend auf eine Erwerbstätigkeit zu verzichten, um damit mehr Zeit für die Betreuung ihres Kindes zu haben.

Das sogenannte Basis-Elterngeld wird für maximal 14 Monate an die Eltern gezahlt. Wer das Geld erhält und wie lange es in Anspruch genommen wird, können die Eltern selbst entscheiden. Eltern haben die Wahlfreiheit, untereinander aufzuteilen, wer wie lange zu Hause bleibt. Der niedrigste Zahlungszeitraum beträgt zwei Monate. Die normale Laufzeit umfasst ein Jahr. Dieser Zeitraum erweitert sich auf 14 Monate, wenn Eltern die Betreuung des Kindes unter sich aufteilen und wenn ihr bisheriges Erwerbseinkommen für mindestens zwei Monate wegfällt. Auch ein alleinerziehender Elternteil hat unter dieser Voraussetzung einen Anspruch auf einen Leistungszeitraum von 14 Monaten.

Der Anspruch auf Elterngeld entfällt für Elternpaare, die gemeinsam ein zu versteuerndes Jahreseinkommen von mehr als 500.000 € haben.

Elterngeld wird mindestens in einer Höhe von 300 € bezahlt. Diesen Betrag erhalten alle, die nach der Geburt ihr Kind selbst betreuen und nicht mehr als 30 Stunden in der Woche erwerbstätig sind, also auch Hausfrauen/-männer, Studierende, Auszubildende. Der Höchstbetrag für das Elterngeld liegt bei 1.800 €. Die genauen Berechnungsgrundlagen für die Höhe des Elterngeldes finden sich in den §§ 2 ff. BEEG, der Grundsatz dazu lautet:

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34 „Elterngeld wird in Höhe von 67 Prozent des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt“ (§ 2 Abs. 1 S. 1 BEEG).

Bei der Berechnung des Elterngeldes werden sämtliche tatsächliche Zuverdienste mit einberechnet. Es gibt keine Freigrenze wie zum Beispiel bei Steuern. Wer während der Elternzeit Geld verdienen will ist verpflichtet, dies der Elterngeldstelle mit zu teilen. Das Elterngeld wird entsprechend für jeden Monat neu berechnet, kann also im Zweifel unterschiedlich ausfallen.

d) ElterngeldPlus

Die Leistungen nach den Regelungen zum ElterngeldPlus sollen Eltern mit Teilzeitarbeit bis maximal 30 Wochenstunden die Möglichkeit geben, ihre Elternzeit flexibler zu gestalten. Die Eltern können sich zwischen dem Bezug von Elterngeld oder ElterngeldPlus entscheiden.

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Tipp!

ElterngeldPlus können Eltern beantragen, die nach der Geburt ihres Kindes in Teilzeit arbeiten (§ 4 Abs. 3). Anstelle des normalen Elterngeldmonats (Basiselterngeld) kann nunmehr für zwei Monate ElterngeldPlus beantragt werden.

Das ElterngeldPlus wird dadurch doppelt so lange wie das Elterngeld bezahlt, es beträgt aber damit pro Monat auch nur die Hälfte des Betrages des normalen Elterngeldes. Ein normaler Elterngeldmonat, in dem der Elternteil gar nicht arbeiten würde, entspricht somit genau zwei ElterngeldPlus-Monaten, die bezahlt werden, soweit der Elternteil in Teilzeit tätig ist. Eltern stehen sich damit letztlich besser, denn sie werden finanziell so behandelt als würden sie gar nicht arbeiten, nur dass sich die Auszahlung auf zwei Monate erstreckt.

Elterngeld und ElterngeldPlus lassen sich je nach Bedürfnis der Eltern kombinieren. Eine junge Mutter kann beispielsweise die ersten sechs Monate nach der Geburt des Kindes ganz zuhause bei ihrem Kind bleiben und in dieser Zeit Elterngeld beziehen. Wenn Sie danach in Teilzeit arbeitet, stehen ihr ab diesem Zeitpunkt weitere 12 Monate ElterngeldPlus zu, so dass sie über einen Zeitraum von insgesamt 18 Monaten finanziell unterstützt wird und den gesamten Elterngeldbetrag gestreckt über diesen längeren Zeitraum ausschöpft.

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35ElterngeldPlus die neue Generation Vereinbarkeit, Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.) – www.bmfsmj.de

e) Partnerschaftsbonus

Zusätzlich haben die Eltern die Möglichkeit einen Partnerschaftsbonus (Partnerschaftsmonate) in Anspruch zu nehmen (§ 4 Abs. 4 BEEG). Sinn dieser Regelungen ist es, beiden Eltern die Möglichkeit zu eröffnen, sich ausreichend um ihr Kind kümmern zu können.

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Merke!

Partnerschaftsbonus wird gewährt, wenn

Diese Regelung hat das Ziel zu erreichen, dass sich Vater und Mutter die Betreuung ihres Kindes bei jeweiliger Teilzeitarbeit teilen.

f) Betreuungsgeld

Nach Beendigung der unterschiedlichen Varianten von Elterngeldzahlungen können Eltern für einen zusätzlichen Zeitraum unter bestimmten Voraussetzungen Betreuungsgeld (§§ 4a ff. BEEG) beanspruchen.

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Betreuungsgeld

36g) Elternzeit

Eltern haben neben den finanziellen Leistungsansprüchen bei der Geburt eines Kindes auch einen Anspruch an ihren Arbeitgeber, für die Erziehung und Betreuung ihres Kindes freigestellt zu werden.

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Anspruch auf Elternzeit

besteht nach §§ 15 ff. BEEG: