Radieschen & Co.

Susanne Lütje

Radieschen & Co.

Das Geheimnis der alten Mühle

Mit Bildern von Marina Rachner

FISCHER E-Books

Inhalt

Über Susanne Lütje

Susanne Lütje, geboren 1970, studierte Geschichte, Germanistik und Amerikanistik in Hamburg. Während des Studiums recherchierte sie für die NDR Talkshow, renovierte Wohnungen, übersetzte englische Interviews fürs Radio, arbeitete als Korrekturleserin und assistierte am Kieler Schauspielhaus und beim Film. Inzwischen wohnt sie mit ihrer Familie, zwei Katzen und einem Hund ziemlich weit oben im Norden Deutschlands und schreibt Kinderbücher, Drehbücher und Theaterstücke.
In der Reihe ›Radieschen & Co.‹ sind von ihr im Programm der Fischer Schatzinsel ebenfalls die beiden Bände ›Rummel auf dem Biohof‹ und ›Wirbel auf dem Wochenmarkt‹ erschienen.

 

Marina Rachner, geboren 1971, studierte Graphik-Design in Hamburg mit dem Schwerpunkt Kinderbuchillustration. Seit 1999 ist sie als freiberufliche Illustratorin für mehrere Verlage tätig.

Impressum

 

Fischer Schatzinsel ist das Kinder- und Jugendbuchprogramm der S. Fischer Verlage

www.fischerschatzinsel.de

 

Mehr über die Reihe ›Radieschen & Co.‹ erfahrt ihr unter: www.radieschen-und-co.de

 

Die Originalausgabe erschien 2010 im Hardcover-Programm der Fischer Schatzinsel

© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2010

Covergestaltung: bilekjaeger

Coverillustration: Marina Rachner

 

Nach den Regeln der neuen Rechtschreibung

 

Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

Dieses E-Book ist urheberrechtlich geschützt.

ISBN 978-3-10-400798-4

Für meine Radieschen-Testleser

Annika, Cevin, Chorok,

Daphne, Elisa, Emma,

Henrik, Jakob, Jan,

Lara, Leo, Madleen,

Naiemeh, Marie-Sophie, Muriel,

Nora, Paulina, Rita und Xenia

und für alle,

die gerne von Hannah und Will lesen

Ein unerwartetes Angebot

Es war der erste Samstag im Mai.

»Im Mai kommt endlich der Sommer in Sicht«, sagte Hannah zu ihrer besten Freundin Lisa. »Höchste Zeit, schwimmen zu gehen.«

»Wer als Erstes beim Badesee ist!«, rief Lisa und lief los.

Sie packten ein paar Sachen zusammen, sattelten Nessie und Dixi und galoppierten den Feldweg entlang.

Hannah war Erste! Sie stürzte sich kopfüber ins Wasser, schwamm drei Züge und rannte dann kreischend wieder heraus. »Jetzt kann der Sommer kommen«, meinte sie bibbernd und wickelte sich in ihr Handtuch ein. »Ich bin bereit!«

Als sie auf den Lehmannshof zurückgetrabt kamen, stand ein großer silberner Wagen unter der Kastanie. Er war so blitzeblank poliert, dass er in der Sonne funkelte. Der Kater Friedolin lag auf der fremden Kühlerhaube und ließ sich schnurrend von der Sonne wärmen.

»Habt ihr Besuch?«, fragte Lisa.

Hannah schwang sich aus dem Sattel und schüttelte den Kopf. »Eigentlich nicht. Mama und Papa sind auf der Lindenkoppel und setzen Kartoffeln. Und Frau Bussel und Frau Berg haben den Hofladen um zwei Uhr zugemacht. Die sind schon lange zu Hause.« Stirnrunzelnd band sie ihr Haflingerpony vor dem Stall fest und schnalzte mit der Zunge. »Benja? He, Benja, komm her! Wo bist du?«

Aus der Scheune war ein kurzes Bellen zu hören. Dann ging die hintere Tür auf, und ein großer Berner Sennenhund kam heraus – dicht gefolgt von einem Herrn mit Hut.

Außer dem Hut trug der Herr einen Anzug, eine goldene Brille und einen weißen Bart, der unter dem Kinn spitz zulief. Eilig nahm der Herr seinen Hut ab und deutete damit auf die Scheune. »Die Tür war offen und da habe ich mir erlaubt, einmal nachzuschauen, ob vielleicht dort drinnen jemand zu finden ist. Doch leider scheinen alle weg zu sein«, stellte er bedauernd fest. Dann strahlte er Hannah und Lisa an und fügte hinzu: »Aber jetzt seid ihr ja da.«

Hannah legte Benja die Hand auf den Kopf. Ihr Hund schien nichts gegen den Fremden zu haben. Sie selber wusste nicht recht, was sie von dem Mann halten sollte. Sein feiner Anzug passte genauso wenig auf einen Bauernhof wie sein blankpoliertes Auto.

»Ich habe mich noch gar nicht richtig vorgestellt«, sagte der Herr und strich sich verlegen über die wenigen Haare, die er noch auf dem Kopf hatte. »Mein Name ist Professor Lilienthal. Angenehm.« Er verbeugte sich.

Hannah und Lisa sahen sich an und machten dann kichernd einen tiefen Knicks.

»Wie können wir Ihnen helfen?«, fragte Lisa höflich.

»Haben Sie sich verfahren?«, erkundigte Hannah sich hilfsbereit.

»Äh, nein, das nicht gerade. Eher im Gegenteil«, entgegnete Professor Lilienthal und rückte umständlich seine goldene Brille zurecht. »Meine Gattin hat mich gebeten, herzukommen. Geh zu den Lehmanns, hat sie gesagt. Geh hin und frage dort –«

Mit lautem Hupen kam der Trecker den Feldweg heraufgefahren.

Erleichtert winkte Hannah ihren Eltern zu. Vielleicht konnten sie begreifen, was dieser verwirrte Professor hier wollte.

Und wirklich – sobald der Herr sich vorgestellt hatte, rief Hannahs Mutter: »Wie schön, Sie endlich einmal kennenzulernen, Professor Lilienthal. Ihre Frau hat mir schon so viel von Ihnen erzählt. Sie ist eine meiner treuesten Stammkundinnen auf dem Wochenmarkt.«

Der Professor nickte glücklich. »Sie können sich nicht vorstellen, wie sehnsüchtig wir auf Ihre Tomaten warten, liebe Frau Lehmann! Saftige, süße Tomaten! Tomaten, die noch nach Tomaten schmecken!« Vor lauter Begeisterung drückte er seinen Hut platt.

Verwundert sah Hannah ihn an. Natürlich waren ihre Tomaten lecker. Aber dass jemand deswegen so aus dem Häuschen geraten konnte, war doch etwas sonderbar.

»Ich hoffe, Sie haben den weiten Weg nicht wegen der Tomaten gemacht«, sagte Hannahs Vater. »Bis wir wieder ernten können, dauert es noch gute fünf Wochen. Frühestens im Juni geht’s wieder los.«

»Nein, nein«, versicherte der Professor. »Ich bin sozusagen ganz offiziell hier. Als Direktor des Freilichtmuseums.«

Lisa ließ Dixis Sattelgurt los und drehte sich neugierig um. »Ein Frei-Licht-Museum? Kann man da Licht angucken, ohne was zu bezahlen? Mit freiem Eintritt?«

Professor Lilienthal schüttelte freundlich den Kopf. »Freilichtmuseum heißt es, weil die Ausstellung unter freiem Himmel stattfindet. Wir zeigen, wie die Menschen vor hundert und zweihundert Jahren in dieser Gegend gelebt und gearbeitet haben. Auf dem Museumsgelände stehen vor allem alte Bauernhöfe. Aber wir haben auch eine Meierei, eine Schmiede, drei Mühlen und seit neuestem einen Kaufmannsladen von 1905

»Und da ist alles genau wie früher?«, fragte Hannah.

Der Professor nickte. »O ja, ganz genauso wie früher. Ein Besuch bei uns ist wie eine Zeitreise in die Vergangenheit. Und damit uns viele Menschen besuchen, planen wir immer wieder besondere Veranstaltungen – zum Beispiel unseren Pfingstmarkt!« Er machte eine kleine Pause und schwenkte feierlich seinen plattgedrückten Hut hin und her. »Meine Gattin und ich würden uns ganz besonders freuen, wenn der Lehmannshof auch einen Stand bei uns hätte! Drei Tage zu Pfingsten … na?! Was sagen Sie?«

Hannahs Eltern warfen sich einen Blick zu.

Dann sagte Mama: »Lieber Professor Lilienthal, was sagen Sie zu Tee und Keksen? In der Küche können wir alles in Ruhe besprechen.«

Hannah und Lisa blieben draußen und kümmerten sich um ihre Ponys. Sie brachten die Sättel in den Stall, rieben das feuchte Fell mit Stroh trocken, kratzten die Hufe aus und bürsteten den Schmutz weg.

Sobald Nessie und Dixi wieder auf der Koppel waren, begannen beide Ponys mit den anderen Pferden zu grasen.

Hannah sah ihre Freundin an. »Hast du auch so Hunger?«

Lisa nickte. »Hoffentlich sind noch genug Kekse da.«

Es waren nicht nur reichlich Kekse da, sondern auch Professor Lilienthal. Allerdings war seine gute Laune wie weggeblasen. Er saß mit Hannahs Eltern am Küchentisch und rührte traurig in seinem Tee.

»Was ist denn los?«, fragte Hannah besorgt. »Ist irgendwas Schlimmes passiert?«

Der Professor seufzte, sagte aber nichts.

»Pfingsten ist Pflanzzeit«, erklärte Papa. »Da brauchen wir jede Hand auf dem Feld.«

»Wir schaffen mit Mühe und Not den normalen Wochenmarktbetrieb«, fügte Mama hinzu. »Noch mal drei Tage kann ich wirklich nicht weg.«

Hannah machte ein enttäuschtes Gesicht. »Och, schade. Ich hatte mich schon auf das Museum gefreut.«

»Ich hätte eh nicht mitkommen können«, sagte Lisa und stapelte einen Haufen Kekse auf ihrem Teller. »Pfingsten fahr ich immer zu meiner Oma.«

»Ich find’s trotzdem schade«, meinte Hannah.

Betrübt nickte Professor Lilienthal seinem Teelöffel zu. »Ja, schade. Meine Gattin wird auch sehr enttäuscht sein. Aber wenn es nicht geht, dann geht es nicht. Es geht ja überhaupt immer schlechter – das Geschäft, meine ich. Und es wird immer schwerer, schöne Märkte im Museum zu veranstalten. Dabei brauchen wir solche Märkte, damit viele Besucher kommen. Es ist doch ein so faszinierendes Museum! Aber die Menschen nehmen sich keine Zeit für ihre Vergangenheit. Sie vergessen. Sie vergessen, sich zu erinnern.«

Hannah sah zu, wie der Professor in seinem Tee rührte. Immer im Kreis herum, bis sich ein kleiner Strudel bildete. Der Tee drehte sich schnell, schnell, schnell … Und plötzlich erinnerte Hannah sich. Das war die Lösung!

»Sie brauchen ein Karussell!«

»Natürlich!« Lisa schaute den Professor mit einem strahlenden Lächeln an. »Sie brauchen ein Karussell! Und einen Jahrmarkt wie in alten Zeiten!«

»Mit Schiffschaukeln und Dosenwerfen!«, rief Hannah.

»Mit Entenangeln und Luftballons«, rief Lisa.

»Mit gebrannten Mandeln und Drehorgelmusik«, rief Mama.

»Und mit Madame Stachnitzky«, rief Papa lachend. »Der besten Wahrsagerin der Welt!«

Mit offenem Mund schaute Professor Lilienthal in die Runde. Er rückte die goldene Brille zurecht und zupfte die Spitze seines weißen Bartes. Dann flüsterte er endlich: »Ein Jahrmarkt wie in alten Zeiten. Wahrhaftig. Genau das brauchen wir für unser Museum!«

Nun wurde es doch noch ein lustiges Keksgekrümel.

Während Hannahs Vater versuchte, Wilhelm den Zweiten ans Telefon zu bekommen, erfuhr Professor Lilienthal alles, was er wissen musste:

Dass die Könige des Kettenkarussells alle Wilhelm Wilhelmsen hießen, damit sie ihr Schild nicht ändern mussten. Dass Will ein Hühnerschisser war, der sonst allerdings vor nichts Angst hatte – außer vor langen Nadeln. Dass sein kleiner Hund Wilma die Tochter von Hannahs Hund Benja war. Dass Will das rastlose Leben im Wohnwagen liebte. Dass er auch zehn Jahre alt war. Dass sie zusammen einen Dieb gefangen hatten. Dass-dass-dass …

Professor Lilienthal nickte unaufhörlich, sah inzwischen aber vollkommen verwirrt aus. Er sprang erleichtert auf, als Hannahs Vater plötzlich dazwischenrief: »Es klappt! Sie haben Zeit! Am Donnerstag vor Pfingsten reist der Jahrmarkt an!«

Die Begeisterung in der Küche war groß.

Professor Lilienthal wischte sich mit einem großen Taschentuch die Stirn und murmelte immer wieder: »So ein Glück. Wahrhaftig, so ein Glück.«

Als der Jubel leiser wurde, war durch das Telefon ein seltsames Geräusch zu hören.

»Ach du meine Güte«, rief der Professor. »Was ist das?«

»Das ist Will«, erklärte Hannah und grinste. »Er jodelt. Das macht er immer, wenn er sich freut!«

Borsten und Ringelschwanz

»Fahr schneller, Mama!«, brummte Hannah und starrte ungeduldig aufs Tachometer. »Du fährst nicht mal fünfzig! Bestimmt sind sie schon da!«

»Genau wie wir«, erwiderte ihre Mutter, fuhr schwungvoll um die Kurve und bremste dann ab.

Auf der rechten Seite stand ein weißes Haus mit zwei Türmen. Zwischen den Sprossenfenstern rankten Rosen empor. In der Mitte des Hauses war ein großer offener Torbogen. Und in dem Torbogen stand ein Junge. Ein halbes Hemd mit blonden Strubbelhaaren, einem schiefen Lächeln und einem Hund auf dem Arm.

»Da sind Will und Wilma!«, rief Hannah aufgeregt.

»Heute Abend um acht steht ein großer Topf Suppe auf dem Tisch«, sagte ihre Mutter und fuhr rechts ran. »Bring alle mit!«

»Das mach ich.« Hannah sprang aus dem Wagen und winkte zum Torhaus hinüber. »He, Wilma – kennst du mich noch?«

Wilma spitzte die Ohren und sah sie an.

Grinsend setzte Will den kleinen Hund auf den Boden. »Na, lauf. Sag Hannah hallo.«

Wilma hopste wedelnd los.

Hannah streckte ihr die Hand entgegen. »Na, Süße, wie geht’s dir? Du bist ja auch so groß geworden. Fast so groß wie deine Schwestern, glaube ich. Ja, riech mal – das riecht nach deiner Mama.«

Wilma warf sich auf den Rücken, so dass Hannah ihren hellen Bauch streicheln konnte. Als Will sich zu ihnen setzte, geriet der kleine Hund vor Freude ganz aus dem Häuschen. Sie leckte seine Hand, wedelte mit dem Schwanz, strampelte mit den Pfoten und hechelte aufgeregt.

»Ich glaube, sie ist in den letzten zwei Monaten noch süßer geworden«, meinte Hannah. »Obwohl das eigentlich gar nicht geht.«

»Auf jeden Fall ist sie frecher geworden«, entgegnete Will und lächelte schief. »Seit neuestem kaut sie auf unseren Schuhen rum. Am besten scheinen Opas alte Schlappen zu schmecken. Von dem soll ich dich übrigens grüßen. Er freut sich schon auf dich.«

»Na, dann los!« Hannah sprang auf. »Einen König lässt man nicht warten!«

In dem breiten Durchgang des Torbogens war das Kassenfenster.

Will hielt Hannah am Ärmel fest und klopfte gegen die Scheibe. »Schauen Sie mal, Frau Oswald: Das ist Hannah.«

Die Dame an der Kasse ließ ihr Strickzeug sinken. »Freut mich, Hannah. Ich habe schon viel von dir gehört.«

»Ach, echt?«, fragte Hannah. »Was denn?«

»Nur Gutes«, erwiderte die Kassiererin und klapperte in einem atemberaubenden Tempo mit ihren Stricknadeln los. Dabei warf sie Will einen fragenden Blick zu. »Sollen wir heute schon mit dem Unterricht beginnen?«

Er schüttelte den Kopf. »Ich glaube, heute wird es nichts. Aber morgen bestimmt.«

»Unterricht?«, fragte Hannah, als sie weitergingen. »Was denn für Unterricht? Wir haben doch frei.«

»Frau Oswald bringt mir Stricken bei«, erklärte Will. »Dann kann ich Opa im Herbst ein Paar dicke Socken schenken. Bis dahin wird ja nichts mehr von seinen Hausschuhen übrig sein, wenn Wilma so weitermacht.«

Hannah schaute ihn an. Will konnte kaum eine halbe Stunde hier sein, und schon hatte er sich mit Frau Oswald von der Kasse zum Stricken verabredet? Verrückt.

Auf der anderen Seite des Torhauses sah Hannah sich mit großen Augen um. Hier war nun also die Vergangenheit, von der Professor Lilienthal so geschwärmt hatte. Und sie war unerwartet schön, diese vergangene Zeit!

Vor ihnen lag ein riesiges Gelände aus hügeligen Wiesen. Schmale und breite Wege schlängelten sich hindurch und verbanden die roten und weißen Backsteinhäuser miteinander. Die meisten Gebäude waren offenbar alte Bauernhöfe. Mit Scheunen und Ställen. Mit Blumenbeeten und Obstgärten. Zwischen den verstreuten Höfen lag ein See, der von Schilf und Wiesen umgeben war. Am gegenüberliegenden Ufer stand eine Wassermühle. Und hoch über allem, auf den hintersten Hügeln, thronten zwei Windmühlen. Eine große und eine kleine.

»Ich hätte nie gedacht, dass es hier so riesig ist!«, rief Hannah begeistert. »Und hast du die Tiere gesehen? Da hinten sind Esel!«

Will zeigte in die andere Richtung. »Da drüben sind Schafe!«

Hannah suchte die Weiden ab. »Da sind Ziegen!«

»Da am See sind zottelige Kühe!«

»Da vorne sitzen Hühner auf dem Zaun!«

»Na ja«, meinte Will und fuhr sich durch die blonden Strubbelhaare. »Hühner wären nicht unbedingt nötig gewesen.«

Hannah sah ihn grinsend an. Er war und blieb ein Hühnerschisser. So viel war sicher.

Will zeigte auf eine andere Wiese, wo eineHandvoll Menschen zwischen Autos, Wohnwagen und Hängern herumwuselte. »Und da hinten wird der Jahrmarkt aufgebaut. Siehst du? Die anderen sind schon beim Abladen.«

»Dann nichts wie hin«, erwiderte Hannah. »Wir müssen nur einen kleinen Umweg machen, ich habe gerade was entdeckt!«

Wilma lief zwischen Hannah und Will den schmalen Weg entlang. Als sie zu einer reetgedeckten Kate kamen, blieb der kleine Hund wie angewurzelt stehen. Die schwarze Nase zuckte unruhig hin und her.

»O nein!«, rief Hannah lachend. »Du wirst doch hoffentlich kein Schweineschisser sein?«

»Ach nein, bestimmt nicht«, sagte Will. »Obwohl …« Er musterte die gewaltige Muttersau, die ihren Rücken grunzend am Zaun schubberte. »Wenn sie so aussehen, kann man schon Angst bekommen. Mit so einem Riesenschwein möchte ich mich lieber nicht anlegen.« Er machte eine tiefe Verbeugung und fragte höflich: »Entschuldigung, liebe Frau Sau – Sie haben doch nichts dagegen, wenn wir Ihre Ferkel ein wenig streicheln? Nein? Das ist beruhigend. Danke sehr.«