Elisabeth Bronfen
Hollywoods Kriege
Aus dem Amerikanischen von Regina Brückner
FISCHER E-Books
Elisabeth Bronfen ist Professorin am Englischen Seminar der Universität Zürich. Sie promovierte und habilitierte an der Universität München und hat zahlreiche vielbeachtete Werke in den Bereichen gender studies, Psychoanalyse, Film und Kulturwissenschaften verfasst, zuletzt »Liebestod und Femme Fatale. Der Austausch sozialer Energien zwischen Oper, Literatur und Film« ( 2004), »Tiefer als der Tag gedacht. Eine Kulturgeschichte der Nacht« (2008) und »Crossmappings. Essays zur visuellen Kultur« (2009).
Covergestaltung: hißmann, heilmann, hamburg / Simone Andjelkovic
Erschienen bei S. FISCHER
Die Originalausgabe erschien 2012 bei Rutgers University Press, New Jersey, unter dem Titel »Specters Of War: Hollywood's Engagment With Military Conflict« © 2012 by Elisabeth Bronfen. German translation rights arranged with Ritgers University Press, New Jersey.
Für die deutschsprachige Ausgabe:
© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2013
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Dieses E-Book ist urheberrechtlich geschützt.
ISBN 978-3-10-402527-8
Siehe J. David Slocum, »General Introduction«, in dem von ihm herausgegebenen Sammelband: Hollywood and War. The Film Reader (New York: Routledge 2006), S. 2.
Robert Burgoyne, Film Nation. Hollywood Looks at U. S. History. Revised Edition (Minneapolis: University of Minnesota Press 2010).
Wie ich in Kapitel 4 diskutieren werde, sagt John Belton Ähnliches in Bezug auf den Kampf über die einzigartige Fähigkeit des Films, Bewegung auf der Leinwand zu maximieren; American Cinema / American Culture (Boston: McGraw Hill 2005).
Mieke Bal, Quoting Caravaggio. Contemporary Art, Preposterous History (Chicago: University of Chicago Press 1999), S. 6 und 7. Meine Übersetzung.
Siehe die Einleitung zu Elisabeth Bronfen, Crossmappings. Essays zur visuellen Kultur (Zürich: Scheidegger & Spiess 2009), S. 7–41.
Vgl. vor allem Stanley Cavells Ausführungen zu Philadelphia Story in Pursuits of Happiness. The Hollywood Comedy of Remarriage (Cambridge, Ma.: Harvard University Press 1981).
Zitiert in Dorothee Bauerle, Gespenstergeschichten für ganz Erwachsene (Münster: Lit Verlag 1988), S. 13. Dieser Titel für die Tafel, die auf den 9.5.1928 datiert ist, befindet sich in Warburgs unveröffentlichten Notizbüchern. Siehe auch Aby Warburg, Der Bilderatlas Mnemosyne, hrsg. von Martin Warnke (Berlin: Akademie Verlag 2000). Für andere Schriften Warburgs zu seinem Gedächtnisprojekt siehe Aby Warburg, Werke in einem Band, hrsg. von Martin Treml et. al. (Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2010), vor allem den Abschnitt »Mnemosyne: Zwischen Evolutionstheorie und Bilderatlas«, S. 603–662. Am Nachleben der Antike in den Gesten der Renaissance-Kunst interessiert, benutzte Warburg schwarze Tafeln, um dieses kulturelle Überleben zu inszenieren, indem er eine anachronistische Montage von Bildern herstellte, die einer bestimmten Pathosgeste zugeordnet werden können, mit Briefmarken und Werbeanzeigen neben klassischen Gemälden.
Siehe Georges Didi-Huberman’s »Foreword« in Philippe-Alain Michaud, Aby Warburg and the Image in Motion (New York: Zone Books 2007), S. 10. Meine Übersetzung.
Siehe Georges Didi-Huberman, Atlas. How to Carry the World on One’s Back? (Karlsruhe: ZKM 2011), S. 20. Meine Übersetzung.
Ebd., S. 151. Meine Übersetzung. Auch wenn Warburg mit der konkreten Arbeit an seinem Mnemosyne-Atlas erst 1924 begann (und sie nie bis zu seinem Tod 1929 abschloss), hatte er ihn bereits zwanzig Jahre zuvor ersonnen. Da er das Wiederaufleben heidnischer Gestenbewegungen in der Renaissance-Kunst als Spannung zwischen den erhabenen Ideen und monströsen Emotionen interpretierte, verstand er seine Erforschung der ästhetischen Formalisierungen verkörperter Passion als Refiguration dieses Kampfes zwischen Astra und Monstra in der Arena der Kulturanalyse. 1918 beinhaltete sein Archiv dann auch einen Zettelkatalog des Krieges (Kriegskartothek).
Siehe vor allem ihren Aufsatz »From Realism to the Affective Turn: An Agenda« in dem Band Historical Reenactment. From Realism to the Affective Turn (Palgrave Macmillan: Houndsmill 2010), S. 6. Meine Übersetzung.
Ich danke Gesine Krüger für diesen Punkt.
Sigmund Freud, »Zeitgemäßes über Krieg und Tod«, in: Gesammelte Werke 10 (Frankfurt am Main: S. Fischer Verlag 1969), S. 344. Es wäre in der Tat interessant, ein Crossmapping von Freuds Überdenken seiner Kartographie der Psyche unter den Vorzeichen des Ersten Weltkrieges mit Warburgs Neukonzeption seiner Gedächtnisbibliothek zu machen.
Ebd., S. 343–344. In Kapitel vier nutze ich Paul Fussels Neuformulierung von Freuds Einsicht, dass unser eigener Tod unvorstellbar ist, außer es handelt sich um Fiktion. Den Krieg als Theater zu sehen, so argumentiert er, bietet einen psychischen Ausweg für den, der an ihm teilnimmt. The Great War and Modern Memory (Oxford: Oxford University Press 1975), S. 192.
Fredric Jameson, Das politische Unbewußte. Literatur als Symbol sozialen Handelns. Aus dem Amerikanischen von Ursula Bauer, Gerd Burger und Bruno Röhm (Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1988), S. 91.
Fredric Jameson, »War and Representation«, PMLA (2009), S. 1547. Meine Übersetzung.
Den amerikanischen Unabhängigkeitskrieg lasse ich nicht zuletzt deshalb aus, weil er nur ein begrenztes Nachleben auf den Leinwänden Hollywoods gefunden hat. Beispiele sind die Reimaginationen von Griffith (America) und Ford (Drum along the Mohawk).
Michel Foucault: In Verteidigung der Gesellschaft. Vorlesungen am Collège de France (1975–76) (Frankfurt am Main: Suhrkamp 2000), S. 61.
Benedict Anderson, Die Erfindung der Nation. Zur Karriere eines folgenreichen Konzepts. Erweiterte Neuausgabe (Frankfurt am Main/New York: Campus Verlag 1996), S. 205ff.
Ebd., 208. Dieser rhetorischen Logik folgend, zeugt der Bürgerkrieg die Revolution. Mit America (1924) gießt Griffith sein kinematographisches Neuverständnis dieses militärischen Unfriedens in die Form eines Kampfes zwischen zwei englischen Familien, eine, die in standhafter Treue ihrem Vaterland verbunden ist, die andere, die sich dagegen wendet. Obwohl ich mich entschieden habe, Filme über die Revolution nicht mit aufzunehmen, wäre es fruchtbar, America im Sinne der Inversion konventioneller Genealogie zu lesen, die Anderson vorschlägt, zusammen mit dem früheren The Birth of a Nation, der die filmische Rekonzeptualisierung des früheren Unabhängigkeitskrieges zeigt, der wiederum nicht die Zeit des Ersten Weltkrieges, sondern die der Nachkriegszeit der 1920er Jahre anspricht.
Zitiert in Geoffrey C. Ward, mit Rich Burns und Ken Burns, The Civil War. An Illustrated History (New York: Alfred A. Knopf 2009), S. 264. Meine Übersetzung.
Zitiert in Ken Burns PBS-Serie The Civil War (1990). Meine Übersetzung.
Robert Burgoyne, Film Nation. Hollywood Looks at U. S. History (Minneapolis: University of Minnesota Press 1997), S. 6. Meine Übersetzung.
Für eine Untersuchung der Filme über den Bürgerkrieg aus historischer Perspektive siehe Alicia R. Browne und Lawrence A. Kreiser Jr., The Columbia Companion to American History on Film (New York: Columbia University Press 2003), S. 58–68. Siehe auch Bruce Chadwick, The Reel Civil War. Mythmaking in American Film (New York: Random House 2001) und Jenny Barrett, Shooting the Civil War. Cinema, History and American National Identity (London / New York: I. B. Tauris 2009).
Siehe Linda Williams, Playing the Race Card. Melodramas of Black and White from Uncle Tom to O. J. Simpson (Princeton: Princeton University Press 2001), S. 96–135.
Während dieser vom Faschismus beherrschten Zeit reagierte David O. Selznick explizit aus Mitgefühl mit einem anderen verfolgten Volk, den Juden; siehe Memo aus: David O. Selznick (New York: Viking Press 1972), S. 188. Meine Übersetzung.
Mikhail Bachtin, Probleme der Poetik Dostoevskijs. Aus dem Russischen von Adelheid Schramm (München: Carl Hanser Verlag 1971), S. 118.
Burgoyne, Film Nation, S. 8. Siehe auch Gary Saul Morson und Caryl Emerson, Mikhail Bakhtin. Creation of a Prosaics (Stanford University Press 1990). Meine Übersetzung.
Molly Haskell, Frankly, My Dear. Gone with the Wind Revisited (New Haven: Yale University Press 2009), S. 224. Meine Übersetzung.
Ebd., S. 38.
Thomas Cripps, »Winds of Change: Gone with the Wind and Racism as a National Issue«, Recasting: Gone with the Wind in American Culture, hrsg. von Darden Asbury Pyron (Miami: University Presses of Florida 1983), S. 137. Vgl. auch die Diskussion der Rassenpolitik des Filmes in Williams, Playing the Race Card, S. 187–219. Meine Übersetzung.
In einem Interview auf der 4 DVDs umfassenden Sammleredition von Gone with the Wind (Turner Entertainment 2004) erinnert sich Olivia di Haviland, wie Leslie Howard seine Sorgen über den bevorstehenden Krieg in seine Darbietung des Ashley Wilkes einbrachte, obendrein eine Rolle, mit der er sich nie wirklich wohl fühlte.
Williams, Playing the Race Card, S. 107. Meine Übersetzung.
Zitiert in Leo Braudy, From Chivalry to Terrorism. War and the Changing Nature of Masculinity (New York: Random House 2003), S. 445. Meine Übersetzung.
Michael Rogin, »›The Sword Became a Flashing Vision‹: D. W. Griffith’s The Birth of a Nation«, Ronald Reagan. The Movie and Other Episodes in Political Demonology (Berkeley: University of California Press 1987), S. 197. Meine Übersetzung.
Ebd., S. 224. Meine Übersetzung.
Ebd., S. 224. Meine Übersetzung.
Williams, Playing the Race Card, S. 120.
Rogin, Ronald Reagan, S. 230. Er bemerkt auch, dass Hearts of the World, der populärste Kriegsfilm seiner Zeit, die gleiche Familienstruktur benutzt, und dabei den Norden und Süden durch Deutschland und Frankreich ersetzt. In diesem Film greift der Schauspieler, der Silas Lynch gespielt hatte, Lilian Gish an, als ein deutscher Offizier, der ein französisches Mädchen vergewaltigt. Meine Übersetzung.
Siehe Stanley Cavell, »The Avoidance of Love«, Disowning Knowledge in Six Plays of Shakespeare (Cambridge University Press 1987), S. 115f.; von ihm übernehme ich den Gedanken der Getrenntheit als Form des Anerkennens. Meine Übersetzung.
Richard Slotkin, The Fatal Environment. The Myth of the Frontier in the Age of Industrialization, 1800–1890 (Norman: University of Oklahoma Press 1985), S. 281. Meine Übersetzung.
Man könnte auch Oliver Stones Platoon als Beispiel für ein Neudenken des Bürgerkrieges im Sinne des Konfliktes in Vietnam lesen. In der letzten Szene des Filmes erinnert sich der verwundete Martin Sheen, als er in einem Helikopter aus dem Schlachtfeld geflogen wird, in seinem Voice-Over: »Looking back, we did not fight the enemy, we fought ourselves, and the enemy was in us.« Er spricht an, wie der Krieg in ihm geblieben ist, selbst als er nach Hause zurückgekehrt ist, und spricht von sich als einem Kind, das zwei Väter hat, die als seine befehlshabenden Offiziere, als Brüder, sich gegeneinander gerichtet haben, nicht wie im Bürgerkriegsfilm auf heimatlicher Erde, sondern im südostasiatischen Dschungel.
Jim Cullen, The Civil War in Popular Culture (Washington/London: Smithsonian Institution Press 1995), S. 144. Meine Übersetzung.
Siehe Homi Bhabhas Aufsatz »DissemiNation: Time, Narrative, and the Margins of the Modern Nation«, in dem von ihm herausgegebenen Band Nation and Narration (London/New York: Routledge 1990), S. 300. Meine Übersetzung.
Eine ähnliche Geste lässt sich in Michael Caminos The Deer Hunter finden, den ich im nächsten Kapitel besprechen werde, als sich Nick, aus Vietnam heimgekehrt, entscheidet, den Hirsch nicht zu erschießen und dabei kenntlich macht, dass er sich von dem »Ein Schuss«-Mantra fortbewegt hat, das das Insignium seiner Verbundenheit mit seiner Heimatstadt und seinen späteren Kumpels aus Kriegszeiten war.
Burgoyne, Film Nation, S. 37. Meine Übersetzung.
Penny Colman beschreibt in Rosie the Riveter. Women Working on the Home Front in World War II (New York: Random House 1995), dass Frauen, die in Marinewerften arbeiteten, gesagt wurde, sie sollten »feminin und damenhaft [sein], auch wenn sie in die Fußstapfen von Männern treten«, während sie bei Boeing Aircraft Lehrgänge erhielten für »angemessene Kleidung, Make-up, Haltung und Persönlichkeit, um ihnen zu helfen, ihren ›FQ‹ (Femininity Quotient/Weiblichkeitsquotienten) beizubehalten«, S. 67.
Michael Renov, Hollywood’s Wartime Women. Representation and Ideology (Ann Arbor/London: UMI Research Press 1988), S. 39.
Emily Yellin, Our Mothers’ War. American Women at Home and at the Front during World War II (New York: Free Press 2004), S. 39. Sie bemerkt, dass die Tatsache, dass Frauen in der Rüstungsindustrie arbeiteten, viele feministische Fragen und Belange aufwarf, die durch das 20. Jahrhundert hinweg von Relevanz sein sollten. Wie Penny Colman (Rosie the Riveter, S. 27) weiterhin belegt, sahen sich vor allem schwarze Frauen als Teil der »Double V«-Kampagne. Das eine »V« stand für den Sieg (»victory«) über politische Diktatur im Ausland, das andere für den Sieg über die Rassen- und Geschlechterdiskriminierung in der Heimat.
Als Erstes wurde das Lied von dem Männerquartett The Four Vagabonds gesungen, dann aber auch von den Cappy Barry Boys und dem Smoothies Trio in dem kurzen Soundie Rosie the Riveter, Regie John C. Graham, und in dem Musical Follow the Band (1943), Regie Jean Yarbrough.
Im deutlichen Unterschied dazu benutzt das Musical Star Spangled Rhythm, das im selben Jahr in die Kinos kam, die Nummer »On the Swing Shift«, wie Michael Renov scharfsinnig bemerkt, um den Kriegseinsatz der Frauen zu glamourisieren, zu modernisieren und zu legitimieren. Dort wird die Nachtschicht zu einem Ort, an dem enthusiastische und glamouröse Fabrikarbeiterinnen ganz leicht Liebe finden können, wobei ausgeblendet wird, dass in der Realität die gesamte Rüstungsindustrie von der Abwesenheit junger männlicher Arbeitskräfte, die als Soldaten geeignet waren, geprägt war. Siehe Hollywood’s Wartime Women, S. 209–212.
Eine Auseinandersetzung mit diesem Konzept (übernommen von Michael Bachtin), in dem Sinne, in dem ich es verwende, findet sich in Peter Stallybrass und Allon White, The Politics and Poetics of Transgression (Ithaca: Cornell University Press 1986).
Diese Aussage wurde veröffentlicht in The New York Times, »Weighs Job Hopes of Women in Peace«, 16. August 1943; zitiert in Yellin, Our Mothers’ War, S. 69.
Ich möchte ganz besonders Isabel Capeloa Gil danken für ihre Arbeit zu den Melodramen der Heimatfront des Zweiten Weltkrieges und für die Diskussionen, die wir über dieses Thema geführt haben, vor allem in Bezug auf die Rahmung der Konflikte im Inneren sowie den ideologischen Einsatz einer Idealisierung von Häuslichkeit, die dazu dient, die realen Kriegshandlungen auszublenden.
Wie Charles Affron und Mirella Jona Affron bemerken, inszeniert Since You Went Away eine fiktionale Darstellung der vielen Empfehlungen eines Handbuches über das richtige Verhalten von Zivilisten an der Heimatfront, das vom Office of War Information herausgebracht wurde. Siehe: Best Years. Going to the Movies, 1945–1946 (New Brunswick: Rutgers University Press 2009), S. 19–41.
Die Wahl von Hattie McDaniel als die Schauspielerin, die Colbert bei der Verteidigung ihres Zuhauses während des Krieges unterstützt, stellt die offensichtlichste Analogie zu Selznicks anderem mythischen Schauspiel an der Heimatfront dar, nämlich Gone with the Wind. Hinzu kommt die Tatsache, dass Annes Liebe, wie Scarletts, zwei Männer umfasst, von denen einer den größten Teil der Handlung nicht an der Front, sondern bei den Frauen verbringt.
Siehe Dana Polan, Power and Paranoia. History, Narrative, and the American Cinema, 1940–1950 (New York: Columbia University Press 1986), S. 253. Polan zeigt, dass das Zuhause in den Filmen der 1940er und 1950er Jahre ein Ort möglicher narrativer Umkehrungen war, im Extremfall sogar ein ganz eigenständiger Kosmos: »nicht einfach nur ein Zufluchtsort vor der Außenwelt, sondern eine abgeschnittene, eigene Welt, ein großer Akt der Imagination«.
Renov, Hollywood’s Wartime Women, S. 223.
Siehe auch Katherine Hepburns Rede am Ende von Stage Door Canteen, die auf der diegetischen Ebene dazu dient, die romantische Heldin davon zu überzeugen, ihre Arbeit als Entertainerin fortzusetzen. Sich selbst spielend, spricht Hepburn anfangs in den Standardslogans der Handbücher des OWI, dass die alliierten Streitkräfte für eine Welt kämpfen, in der es möglich ist, in Glück, Frieden und Liebe zusammenzuleben. Ihr Appell »Hört nicht eine Minute auf zu arbeiten, zu kämpfen und zu beten, bis wir eine solche Welt haben« ist somit eindeutig an das Publikum gerichtet und enthüllt bewusst, dass die Diegese dieses Spielfilmes nichts anderes war als eine Hülle für Kriegspropaganda.
Siehe Colman, Rosie the Riveter, S. 55.
Ebd., S. 103. Siehe Connie Fields Dokumentarfilm The Life and Times of Rosie the Riveter (1980), in dem Interviews mit ehemaligen Rüstungsarbeiterinnen geführt werden, um die Diskrepanz zwischen der filmischen Darstellung von Frauen an der Heimatfront des OWI und der weitaus weniger glamourösen, dafür aber von inneren Spannungen durchzogenen Realität zu unterstreichen. In »Rehearsing Feminism: Women/History in The Life and Times of Rosie the Riveter and Swing Shift«, in Robert Eberwein, The War Film (New Brunswick: Rutgers University Press 2005), S. 193–204, zeigt Mimi White, wie Demmes Spielfim in der Tat viele der Punkte, die Fields Interviewpartnerinnen zu dieser Diskrepanz hervorbrachten, inszeniert.
Eine Auseinandersetzung darüber, wie sowohl das Melodrama als auch der Film Noir aus der Perspektive der heimkehrenden Soldaten die Veränderungen, die der Krieg verursachte, refigurieren, findet sich in Kapitel 7.
Michael Wood, America in the Movies (New York: Columbia University Press 1975), S. 40.
Siehe meine Diskussion von Hegels Theorie über die Notwendigkeit des Krieges in Home in Hollywood. The Imaginary Geography of Cinema (New York: Columbia University Press 2004), S. 99. Hegel argumentiert, dass die Frauen, denen die universellen Sorgen unbekannt sind, die allgemeine Aktivität der Regierung in private, individuelle Belange und Sorgen der Familie transformieren. Die Gemeinschaft, so schlägt Hegel vor, erhält sich selbst, indem sie diese Aufteilung in voneinander unabhängige Familien, die Frauen beanspruchen, absorbiert. Da die Gemeinschaft im Ganzen wiederum ihre Existenz dadurch erhält, dass sie in diesen persönlichen Anspruch an Glück eingreift, den Frauen repräsentieren, schafft sie sich selbst – in dem, was sie unterdrückt und was zugleich essentiell für sie ist – einen Feind im Innern, den Hegel in den Frauen ausmacht.
Wood, America in the Movies, S. 43.
Im Kontext der zweifachen Unzufriedenheit im Nachkriegsamerika, in dem heimkehrende Veteranen nicht wussten, wie sie sich an die sozialen Veränderungen, die während ihrer Abwesenheit vonstatten gegangen waren, anpassen sollten, und Frauen, die sich an ihre oft unfreiwillige Rückkehr in das Eingesperrtsein zu Hause gewöhnen mussten, sagt die Angst unter den Geschlechtern, die Zinnemann zeigt, mehr über die Auswirkungen des amerikanischen Sieges im Pazifikkrieg als über den kulturellen Moment, aus dem der Angriff auf Pearl Harbor geboren wurde.
J. E. Smyth macht Almas Rekonstruktion ihrer Beziehung zu Prewitt im Lichte des Angriffs auf Pearl Harbor als typisch dafür aus, wie Romane und Filme dazu beitragen, historische Ereignisse in Rekonstruktionen der Vergangenheit zu transformieren. Siehe »James Jones, Columbia Pictures, and the Historical Confrontations of From Here to Eternity«, in Why We Fought. America’s Wars in Film and History, hrsg. von Peter C. Rollins und John E. O’Conner (Lexington: University of Kentucky 2008), S. 298.
Eine andere Lektüre des heimischen Geschlechterkrieges, den The Deer Hunter dem Krieg in Vietnam gegenüberstellt, sowie eine Diskussion des Homoerotischen im Film findet sich in Susan Jeffords, The Remasculinization of America. Gender and the Vietnam War (Bloomington: Indiana University Press 1989), S. 94–102.
Ich übernehme diesen Punkt von Leslie Fiedler, »Mythicizing the Unspeakable«, in The Journal of American Folklore, vol. 103, no. 410 (Oct–Dec 1990), S. 390–399.
Fiedler, ebd., S. 395.
An die Montage dokumentarischer Aufnahmen von Newsreels aus den Kriegsgebieten mit deren Rekonstruktion im Studio in From Here to Eternity erinnernd, verwendet Cimino Aufnahmen von amerikanischen Hubschraubern über der amerikanischen Botschaft, die aus der Fernsehberichterstattung über den Vietnamkrieg weitläufig bekannt waren, in seiner Reinszenierung der verzweifelten letzten Tage in Saigon. Siehe Kapitel 4 für eine ausführlichere Behandlung der Montage von tatsächlichen und fiktionalen Dokumenten in Kriegsfilmen.
Jeffords versteht diesen Kampf in Remasculinization mehr im buchstäblichen Sinne als ein Zeichen für Nicks Enttäuschung darüber, dass Mike, der Steve rettete, anstatt bei Nick zu bleiben, ihn in Saigon allein zurückgelassen hat. Bezüglich Nicks Selbstmord mag man auch hinzufügen, dass, wäre er nach Hause zurückgekehrt, er sich mit der Tatsache hätte auseinandersetzen müssen, dass sein außereheliches Kind mit Angela offiziell der Sohn eines seiner Kameraden ist, während Linda die Geliebte des anderen geworden ist.
Fiedler argumentiert in »Mythicizing the Unspeakable«, S. 395, gegen die vorherrschenden Kritiker der Zeit, die diesen Schluss entweder als sentimentalen Rückzieher oder ein Stück versteckter Ironie verstanden.
Warum die gemeinschaftliche Teilhabe an populärer Musik, wie das Kino selbst, eine performative Behauptung des Zuhauses ist, diskutiere ich in meiner Lektüre von Dorothys Aussage in The Wizard of Oz: »Am schönsten ist es zu Hause« in Home in Hollywood, S. 65–93.
Zitiert von Lewis A. Erenberg, »Swing Goes to War: Glenn Miller and the Popular Music of World War II«, The War in American Culture. Society and Consciousness During World War II, hrsg. von Lewis A. Erenberg und Susan E. Hirsch (Chicago: University of Chicago Press, 1996), S. 144. Siehe auch Louis De Rochements Kurzfilm Show Business at War (1943), der die Kriegsanstrengungen der Hollywoodstudios und ihrer Stars während des Zweiten Welkrieges dokumentiert.
Erenberg, »Swing Goes to War«, S. 145.
Ebd., S. 145.
Eine detaillierte Betrachtung des Einsatzes von dokumentarischem Filmmaterial und Material aus Newsreels in Spielfilmen, die zur Unterstützung der Kriegsanstrengungen im Zweiten Weltkrieg produziert wurden, findet sich in meinem Kapitel über die Kriegsberichterstattung.
Mit dieser Mise en Scène erinnert Mann implizit an die filmische Dramaturgie der für den Zweiten Weltkrieg typischen Lehrfilme, die oft populäre Songs als Soundtrack einsetzten, um die Nachrichtenbilder zu begleiten, die den Erfolg einer bestimmten Militäroffensive im Ausland dokumentierten oder den erfolgreichen Einsatz von Panzern, Kanonen und Flugzeugen, die an der Heimatfront hergestellt worden waren. Die Veteranen und Zivilisten, die in Filmen wie Entertaining the Troops (1999) von Robert Mugge oder Julian Schlossbergs Going Hollywood. The War Years (1988) interviewt wurden, betonen immer wieder, dass populäre Musik eine greifbare Rettungsleine zwischen der amerikanischen Bevölkerung in der Heimat und den amerikanischen Truppen, die im Ausland kämpften, knüpfte, wobei die eine Gruppe dazu angetrieben wurde, die Militärindustrie zu unterstützen, und die andere in ihrem Kampf motiviert wurde, während beide durch die geteilte populäre Unterhaltung vereint wurden.
Wie David Welky in The Moguls and The Dictators. Hollywood and the Coming of World War II (Baltimore: Johns Hopkins University Press 2008) belegt, übernahmen die Studiobosse, nachdem sie gezwungen worden waren, der pazifistischen Linie die ganzen 1930er Jahre hindurch zu folgen, nur allzu willig die Rolle des moralischen Antreibers sowie des Unterstützers der Ideologie des Kriegsministeriums nach dem Angriff auf Pearl Harbor. Die Walt Disney-Studios in Burbank produzierten Anwerbungs- und pädagogische Filme und setzten bekannte Cartoon-Figuren ein, um Kriegsanleihen zu verkaufen oder eine albtraumhafte Vision von Nazideutschland zu fördern wie My Fuehrer’s Face; siehe die DVD Walt Disney, On the Front Lines. The War Years.
Ulrich Keller, The Ultimate Spectacle. A Visual History of the Crimean War (Amsterdam: Gordon and Breach Publishers 2001), S. 4.
Siehe Stanley Cavell, Pursuits of Happiness. The Hollywood Comedy of Remarriage (Harvard: Cambridge University Press 1981).
Paul Virilio, Krieg und Kino. Logistik der Wahrnehmung (München: Hanser 1986), S. 13.
Ebd., S. 13.
Richard Dyer, »Entertainment and Utopia«, Only Entertainment, (London/New York: Routledge, 2. Aufl. 2002), S. 20.
Zitiert in Tony Thomas und Jim Terry, The Busby Berkeley Book (Greenwich/New York: Graphic Society 1973), S. 18.
Zitiert in Stéfani de Loppinot, »Hot Parades«, Exploding. Revue d’analyse de l’expérimentation cinématographique 10 (Juli 2003), S. 31.
Siehe das Interview mit Busby Berkeley in Bob Pike und David Martin, The Genius of Busby Berkeley (Reseda: Creative Film Society 1973), S. 117.
Wie Thomas Cripps bemerkt, wenn er an die Loyalität der Schwarzen zum Kriegseinsatz erinnert: »Auch wenn die Darbietungen der Schwarzen segregiert blieben, brachte ihre Energie und ihr Stil Konventionen zum Erbeben und Katzen zum Swingen.« Making Movies Black. The Hollywood Message Movie from World War II to the Civil Rights Era (New York/Oxford: Oxford University Press 1993), S. 95. Siehe auch WWII. The Music Video, Band 2, produziert von Universal Archives 1991, der ein informatives Newsreel über die amerikanische Feldartillerie enthält, in dem Aufnahmen von der Front mit Robert Weede, der auf dem Soundtrack den »Caissons«-Song singt, miteinander verschweißt sind.
Wie Thomas Doherty in Projections of War. Hollywood, American Culture, and World War II (New York: Columbia University Press 1993) bemerkt, lautete der Originaltitel der Nummer »Dressed up to Kill (zum Töten in Schale geschmissen)«; aber nach gründlicher Überlegung waren die Studiobosse der Meinung, dass die Darbietung »nicht die menschliche Art und Weise symbolisierte, mit der die Vereinigten Staaten den Krieg führten« und änderten es in den harmloseren Refrain »dressed up to win«, S. 123.
Busby Berkeleys The Gang’s All Here beginnt in einer Kantine auf dem Broadway und benutzt Originalaufnahmen von Benny Goodman, der dort spielte; in Charles Vidors Cover Girl treten Gene Kelly und Phil Silvers in Lagershows auf, während Betty Grable in Pin-Up Girl als Hostess in einer lokalen USO-Kantine anfängt, bevor sie zum Hollywoodstar wird. Siehe Thomas Schatz »WWII and the ›War Film‹«, Refiguring American Film Genres. History and Theory, hrsg. von Nick Browne (Berkeley: University of California Press 1998), S. 111.
Siehe Emily Yellin, Our Mothers’ War. American Women at Home and at the Front during World War II (New York: Free Press 2004), S. 86.
Siehe Frank Coffeys offizielle Fotografische Geschichte Always Home. 50 Years of the USO (Washington: Brassey’s (US) Inc. 1991). Siehe auch den Eintrag zu »United Services Organization« in War and American Popular Culture. A Historical Encyclopedia, hrsg. von M. Paul Holsinger (Westport: Greenwood Press 1999), S. 320–321.
Steven Cohan, »Almost Like Being at Home. Showbiz Culture and Hollywood Road Trips in the 1940s and 1950s«, The Road Movie Book, hrsg. von Steven Cohan und Ina Rae Hark (London/New York: Routledge 1997), S. 116.
Am 30. Juli 1942 begann CBS mit der Ausstrahlung einer regelmäßigen Donnerstagabendshow mit dem Titel »Stage Door Canteen«, die oft aus der New Yorker Kantine gesendet wurde. In seiner Filmversion Stage Door Canteen (1943) fügt Frank Borzage Filmaufnahmen aus Sendungen mit Musikern wie Count Basie, Ethel Waters, Benny Goodman und Rosemary Clooney in sein romantisches Kriegsnarrativ ein.
Michel Foucault, »Andere Räume«, Aisthesis. Wahrnehmung heute oder Perspektiven einer anderen Ästhetik (Leipzig: Reclam 1990), S. 39.
Siehe Thomas Doherty, der dem militaristischen Musical eine plumpe Selbstverherrlichung vorwirft, in Projections of War. Hollywood, American Culture and World War II (New York: Columbia University Press 1999). Er erinnert an die Anekdote, in der in Indien stationierte GIs aus dem Film Hollywood Canteen hinausgingen, weil sie die Darstellung unserer guten, besonnenen und reifen amerikanischen Soldaten als einfache leichtgläubige Narren, denen es im Angesicht der Leinwandgöttinnen die Sprache verschlägt, nicht mehr ertragen konnten, S. 190.
Siehe die Interviews mit Maxene Andrews, Dorothy Lamour sowie das Filmmaterial von Lena Horne über »Jubilee«, ein rein afroamerikanisches Radioprogramm, in Robert Mugges Dokumentarfilm Entertaining the Troops (1994).
Sigmund Freud, »Vergänglichkeit« (1916), Gesammelte Werke 10 (Frankfurt am Main: S. Fischer Verlag 1946), S. 359.
Emily Yellin, Our Mothers’ War, S. 238. Siehe auch Tom Moon, This Grim and Savage Game. The OSS and U. S. Covert Operations in World War II (Orange: Da Capo Press 1991), S. 304–306.
Es ist bemerkenswert, dass Dietrich im Gegensatz zu einem anderen berühmten USO-Veteranen, Bob Hope, das Filmteam und die Reporter hinter sich ließ, weshalb wenig Filmmaterial über ihre Lagershows existiert. Die erhaltenen Dokumente sind vor allem Fotos, die oft von den GIs selbst aufgenommen worden sind. Wie sie auf meisterhafte Weise ihr Image als Berühmtheit in Bezug auf den Krieg veränderte, ist in Marlene Dietrichs Autobiographie beschrieben: Marlene, übersetzt von Salvator Attanasio (New York: Grove Press 1987). Für eine Transkription der Interviews, die ihr Enkel durchgeführt hat, siehe David Rivas A Woman at War. Marlene Dietrich Remembered (Detroit: Wayne State 2006).
Ich möchte David Slocum dafür danken, dass er mich auf die Nuancen der verschiedenen Formen der Truppenunterhaltung im Zweiten Weltkrieg aufmerksam gemacht hat. Eine umfangreiche Sammlung von Fotografien findet sich in Marlene Dietrich. Photographs and Memories, zusammengestellt von Jean-Jacques Naudet (London: Thames and Hudson 2001). Siehe auch Maria Riva, Marlene Dietrich (New York: Alfred A. Knopf 1993) sowie Steven Bach, Marlene Dietrich. Life and Legend (London: Harper Collins 1992).
Riva, A Woman at War, S. 128.
Ebd., S. 145.
Siehe Marlene Dietrich, Marlene Dietrich’s ABC (New York: Doubleday 1961), S. 151.
»White Christmas«, ebenso wie Dietrichs »Lili Marleen«, war nicht als Kriegslied geschrieben, fing jedoch aufgrund seines sehnsuchtsvollen, nostalgischen Klanges die Stimmung im Krieg ein. Siehe Allen L. Woll, The Hollywood Musical Goes to War (Chicago: Nelson-Hall 1983), S. 67.
Dyer, Entertainment and Utopia, S. 20. Auch wenn das Filmprojekt bereits weit fortgeschritten war, als Curtiz an Bord geholt wurde, ist die Tatsache, dass es als Vehikel für die Lieder von Irving Berlin dient, eine Hommage an This is the Army, auch wenn es kein direkter Einfluss ist. Es ist auch interessant, dass die Reinszenierung im Hinterhof mit dem gleichen Wiederholungszwang spielt wie der frühere Film, wenn auch mit einer anderen Wirkung. Während sein Musical während des Krieges der Mobilisierung des Kriegsfurors diente, strebte seine Reinszenierung der Truppenunterhaltung in den 1950er Jahren nach einem restaurativen Abschluss.
Siehe Peter C. Rollins’ Eintrag für »The Vietnam War« in The Columbia Companion to American History on Film (New York: Columbia University Press 2003), S. 93–102.
Siehe Robert Mugges Entertaining the Troops.
Man könnte die Playboy-Bunnies, die Gewehrattrappen auf der Bühne tragen, als Coppolas ironische Refiguration von Santleys Rosies lesen, die ihre Nietpistolen auf der Bühne der Heimatfront trugen. Siehe meine Diskussion im vorherigen Kapitel.
Die Tatsache, dass Coppola ursprünglich die Szene herausschnitt, in der zwei von Willards Männern Zeit mit den Playboy-Bunnies in einem verlassenen Helikopter verbringen und merken, wie physisch schwach sie sind, deutet darauf hin, wie gewichtig seine anfängliche Verurteilung von Vietnam als Zone ungezügelten Vergnügens war. Junge Frauen aus der Heimat schaffen es sogar in den Dschungel, aber wirklicher Trost ist nicht in Sicht. Diese Zusatzinformation besänftigt jedoch nicht nur die Darstellung der selbstermächtigten Frauen, die ihre Sexualität zur Schau stellen, sondern auch den Furor des gewaltsamen Vergnügens der Soldaten. Ihre sexuelle Impotenz unterstreicht ihre Unvollkommenheit.
Zitiert in Eleonor Coppolas Dokumentarfilm Hearts of Darkness. A Filmmaker’s Apocalypse (1991).
Wie Ken Burns in der Episode zu D-Day in seinem HBO-Dokumentarfilm The War festhält, wandelte sich diese blutigste Schlacht in der amerikanischen Geschichte seit Antietam erst zugunsten der Alliierten, als Kommandanten der Amerikanischen Flotte entlang der Küste von Omaha Beach sich den Befehlen widersetzten und ihre eigenen Schiffe riskierten, um die deutsche Verteidigung zu schwächen, während auf dem Strand Offiziere und einfache Soldaten ihr Überleben selber in die Hand nahmen.
Wie bereits in dem vorherigen Kapitel zur Truppenbetreuung festgehalten, schreibt Paul Virilio in seinem Buch Krieg und Kino diese Definition Napoleon zu. Gleichzeitig, um die Nähe zwischen Krieg und Kino zu illustrieren, erinnert er daran, wie bei der Vorbereitung für die Normandie-Landung die Oberbefehlshaber die Landschaft von East Anglia in ein enormes Kino-Set verwandelten. Die Shepperton-Film-Studios produzierten künstliche gepanzerte Wagen und Landungsbote, um Nazi-Spione über den eigentlichen Gang der Mobilisierung zu täuschen, während Falschinformationen über die Luftkanäle verbreitet wurden, um deutsche Informanten in die Irre zu führen, die die Radiosendungen der Alliierten abhörten.
Paul Fussell, The Great War and Modern Memory (Oxford: Oxford University Press 1979), S. 192. Er greift explizit zurück auf Freuds zeitgemäße Gedanken zum Tod und zum Krieg, die in der Einleitung diskutiert wurden, nämlich den Umstand, dass für uns der Tod unvorstellbar bleibt. Bei jedem Versuch, sich diesen vorzustellen, erscheinen wir als die Überlebenden unseres eigenen Ablebens.
Zitiert in seinem Gespräch mit Lee Server, Sam Fuller, Film Is a Battleground (Jefferson, North Carolina: McFarland & Company 1994), S. 52.
Hustons Film wurde zum ersten Mal öffentlich auf dem Film-Festival in Cannes im Jahr 1981 vorgeführt und gehört seitdem zum Kanon der Dokumentarfilme über den Zweiten Weltkrieg. Während er von Andrei Konchalovsky in seinem Film Maria’s Lovers über die Schwierigkeiten heimzukehren, die die Veteranen des Zweiten Weltkriegs hatten, explizit zitiert wird, bildet dieser Dokumentarfilm auch einen impliziten Referenzpunkt für die Auseinandersetzung des Film Noir mit Kriegstraumata.
Zitiert in Lee Server, Sam Fuller, S. 20.
Robert Burgoyne, The Hollywood Historical Film (Oxford: Blackwell Publishers 2008), S. 8. Für eine Diskussion der unsauberen Schnittfläche zwischen dem Imaginären und der Erinnerung siehe auch Paul Ricœur. Filmische Reenactments kommen am nächsten an das, was er ein Schreiben der Geschichte nennt, bei dem die Wiederbelebung der Vergangenheit eine quasi-halluzinatorische Form annimmt, die »unter der Schirmherrschaft einer ostentativen Funktion der Einbildungskraft« unternommen wird; Ricœur, Memory, History, Forgetting (Chicago: University of Chicago Press 2004), S. 54.
Siehe Peter Paret, Imagined Battles. Reflections of War in European Art (Chapel Hill/London: University of North Carolina Press 1997).
Sowohl Stephan Oettermann, The Panorama. History of a Mass Medium (New York: Zone Books 1997) als auch Bernard Comment, The Panorama (London: Reaktion Books 1999) weisen darauf hin, dass es der Panoramamalerei – und darin nehmen sie Hollywoods Reenactment vorweg – um eine akkurate Rekonstruktion einer Schlacht ging. Deshalb besuchten die Maler tatsächliche Schlachtfelder, um vor Ort topographische Studien und Zeichnungen anzufertigen. Zugleich holten sie Zeugenberichte von Soldaten und Offizieren ein, sammelten offizielle Dokumentationen und Fotografien der Schlacht. Sie baten aber auch Soldaten, an den Malsitzungen teilzunehmen, entweder als Experten oder als Modelle, um sich in dem Gemälde regelrecht selber darzustellen. Ähnlich wie die Kriegsveteranen in den Dokudramen von Spielberg, welche gebeten werden, ihren Kommentar zur Erfahrung eines Kriegs abzugeben, den sie selber gekämpft haben und den sie nochmals auf der Leinwand sehen, konnten auch diese Soldaten mit ihren Freunden ein Kriegspanorama besuchen, um ihnen zu zeigen, wo sie einst eine bestimmte Schlacht gekämpft hatten.
Comment, The Panorama, S. 19.
Siehe Gerhard Paul, Bilder des Krieges. Krieg der Bilder. Die Visualisierung des Modernen Krieges (Paderborn: Schöningh Verlag 2004), S. 43f. Fussel macht eine ähnliche Aussage über die frühen Filme zum Ersten Weltkrieg. In seinem Buch Great War erinnert er sich daran, wie Soldaten, die im Zweiten Weltkrieg kämpften, »sich dabei ertappten, ihrer eigenen Erfahrung eine zusätzliche dramatische Dimension hinzuzufügen, geleitet von ihren Erinnerungen an die Filme über den Great War«. Festgenagelt auf dem Brückenkopf von Anzio zu sein erschien ihnen vergleichbar mit Szenen aus dem Schützengrabenkrieg, den sie aus All Quiet on the Western Front kannten (S. 221f.).
John Belton, »War Cinema«, American Cinema / American Culture, second edition (Boston: McGraw Hill 2005), S. 200f. Die in diesem Kapitel diskutierte Choreographie der Schlacht greift auf meine Diskussion des Kriegs-Musicals im vorhergehenden zurück. Dort wurde die Fähigkeit zur Bewegung im Krieg mit der Fähigkeit zur Bewegung im Tanz analog gesetzt. Indem dieses Kapitel zugleich die Spannung zwischen authentischer Evidenz und ästhetischer Refiguration hervorhebt, nimmt es zugleich die Analyse der Kriegsberichterstattung im nächsten Kapitel vorweg.
Thomas Koebner, »Schlachtinszenierungen«, All Quiet on the Genre Front? Zur Praxis und Theorie des Kriegsfilms, hrsg. von Heinz-B. Heller, Burkhard Röwekamp und Matthias Steinle (Marburg: Schüren Verlag 2007), S. 113.
Cornelius Castoriadis hat den Begriff »capacité imaginaire« geprägt, um auf die Fähigkeit unserer Imagination hinzuweisen, ein Ereignis oder eine Beziehung für uns gegenwärtig zu machen, die nicht gegenwärtig ist und tatsächlich auch nie in unserem persönlichen Wahrnehmungsrepertoire präsent war; siehe seinen Essay »Radical Imagination and the Social Instituting Imaginary« in The Castoriadis Reader, hrsg. von David Ames Curtis (Oxford: Blackwell Publishers 1997), S. 319–337.
Siehe Pete Martin, »We Shot D-Day on Omaha Beach (An Interview with John Ford)«, www.thefilmjournal.com/issue12/ford.html. Zwanzig Jahre nach dem Ereignis beschreibt John Ford, der in diesem Interview zum ersten Mal über den D-Day mit einem Journalisten zu sprechen bereit war, wie er das Photographic Department der Office of Strategic Services unter General ›Wild Bill‹ Donovan leitete und Kameramänner, die von der Coast Guard ausgebildet waren, einsetzte. Sie waren an Bord des Zerstörers Plunket, der etwa um 6 Uhr morgens Omaha Beach erreichte. Zusammen mit seinem Kamera-Team ging er mit der zweiten Welle an Land.
Siehe den Dokumentarfilm John Ford Goes to War, Regie Tom Thurman (2005). Kameramänner unter dem Kommando von John Ford haben Aufnahmen auf Omaha Beach gemacht, obgleich unklar ist, wie viel und welches Material in der Universal-Wochenschau von ihm stammt. Laut dem Dokumentarfilm von Richard Schickel, Shooting the War. World War II Combat Cameramen, sind fast alle Aufnahmen von der ursprünglichen Landung verloren gegangen, als die Kanister, die das Filmmaterial enthalten hatten, im Meer versanken. Das Material, welches überlebt hat, wurde von dem verwundeten Kameramann Dick Taylor aufgenommen und persönlich gerettet.
Für eine Diskussion der Wochenschauen zum D-Day siehe Thomas Dohery, Projections of War. Hollywood, American Culture, and World War II (New York: Columbia University Press 1993), S. 242f. Siehe auch Toby Haggith, »D-Day Filming – For Real. A Comparison of ›Truth‹ and ›Reality‹ in Saving Private Ryan and Combat Film by the British Army’s Film and Photographic Unit«, Film History 14:3/4 (2002), der aufzeigt, dass obgleich es sehr viele Aufnahmen von Omaha Beach in den Tagen nach dem D-Day gibt, wenig Material von der eigentlichen Landung am 6. Juni erhalten geblieben ist; S. 333.
Siehe die Newsreels of Universal International News, 1944, Teil 1, zusammengestellt von Dr. Steven Schoenherr, Department of History, University of San Diego.
Die Luftaufnahmen, ursprünglich gemacht, um Bombenangriffe zu koordinieren, existieren, weil weit weniger Flugzeuge als Schiffe während dieser Schlacht verloren gingen. Wiewohl nur implizit erinnern diese Aufnahmen an die Luftkämpfe in den gefeierten Filmen zum Ersten Weltkrieg, auch wenn ihnen jene Duelle in der Luft fehlen, für die Wings oder Dawn Patrol berühmt geworden sind. Bilder der Wochenschauen, die wie diese das Abwerfen von Bomben festhalten, sollten ihr eigenes kulturelles Überleben in Filmen wie Air Force erfahren, in denen ähnliches Dokumentarmaterial in Schlachtszenen, die im Studio aufgenommen wurden, montiert werden, um der fiktionalen Geschichte Authentizität zu verleihen.
In seinem Interview mit Pete Martin gibt John Ford zu, dass sehr wenig von dem von seinen Männern aufgenommenen Material öffentlich in den Wochenschauen nach der Invasion gezeigt wurde, weil die Regierung Angst davor hatte, die hohen Verluste amerikanischer Truppen auf der Kinoleinwand zu zeigen. Obgleich die Verluste der Alliierten wesentlich geringer waren, als die Obersten Befehlshaber erwarteten, starben über 6600 amerikanische Soldaten zusammen mit etwa der gleichen Anzahl an britischen und kanadischen am D-Day. Vor allem Spielbergs Saving Private Ryan setzt dieser Auslassung mit seiner graphischen Beschreibung des Sterbens etwas entgegen.
Siehe Back the Attack. American and British Wartime Propaganda Motion Pictures 1940–1945 (1974), zusammengestellt von Chris Buchman und Rex Schneider, sowie Robert Mugges Entertaining the Troops (1999), der bereits in dem Kapitel zur Kriegsunterhaltung diskutiert wurde.
Wie mit den Universal-Wochenschauen bleibt es unklar, wie viel Material aus The Normandy Invasion Ford zugeschrieben werden kann; siehe auch Joseph McBride, Searching for John Ford (New York: St. Martin’s Griffin 2001), S. 297. Diese Mischung von Bildern bietet ein prägnantes kinematisches Beispiel dessen, was Roland Barthes mit dem Tod des Autors in der modernen Literatur meinte. Wir haben nur die Aufnahmen als Spur, als Evidenz dessen, was zu einem bestimmten Augenblick, an einem bestimmten Ort auf Omaha Beach passiert ist. Diese Aufnahmen erhalten ihre Autorität dadurch, dass wir von der Anwesenheit John Fords und seinen Signal Corps-Kameramännern auf dem Schlachtfeld wissen. Sie waren tatsächlich dort, haben wirklich die Ereignisse festgehalten. Zugleich ist festzustellen, dass für diejenigen, die nicht anwesend waren, die Bilder vor dem Ereignis kommen. Das Publikum, welches diesen Dokumentarfilm sah, war bereits vertraut mit ähnlichen Bildern aus Wochenschauen, die andere Landungen festgehalten hatten. Interessant ist schließlich, dass Ford seine Aufnahmen in Farbe machte, sein Material nachträglich auf Schwarzweißmaterial übertragen wurde, damit es in die Wochenschauen passen würde; siehe Douglas Brinkley, »The Color of War«, The New Yorker (July 20, 1998), S. 36. Dies erinnert an die Veränderung von Schwarzweiß- in Farbmaterial, was die Berichterstattung des Angriffs auf Pearl Harbor betrifft, welche in This is the Army eingesetzt wird. Die theoretische Pointe besteht darin, unsere Aufmerksamkeit darauf zu lenken, dass bereits während des Kriegs authentisches Filmmaterial bearbeitet wurde. Die Veränderung der Farbe reduziert jedoch nicht den Effekt, die Umarbeitung erhöht regelrecht die Authentizität, die diesen Bildern zugeschrieben wird.
Obgleich Stuart Coopers Overlord (1975) offizielle Kriegsaufnahmen verschränkt mit personalisierten Geschichten von zwei Soldaten der Britischen Armee, blendet auch er den Tod seines Helden aus. Stattdessen überlagert er in der Abschlusssequenz Aufnahmen des steten Stroms von Infanteristen, die ihre Angriffsboote verlassen, mit einem ähnlichen Strom von verwundeten Männern, die zu dem Lazarett-Schiff zurückbefördert werden. Wie Ford hebt er jene Szenen hervor, die vor oder nach der eigentlichen Schlacht stattgefunden haben.
In dem für PBS hergestellten Dokumentarfilm The War sprechen die Veteranen, die von Ken Burns interviewt werden, diese Lücke an. Sie sprechen offen von dem Massentod, dem sie auf Omaha Beach begegnet sind. Burns antwortet mit seinem Dokumentarfilm ebenfalls auf die Art, wie Steven Spielberg die grausamen Verluste in seiner Darstellung dieser Schlacht in Saving Private Ryan hervorhebt. In seinen Bericht nimmt er sowohl Fotografien als auch Filmaufnahmen der Toten auf. Der Umstand, dass dieses visuelle Material erst nach Hollywoods fiktionalen Reenactments Eingang in unser kulturelles Bildrepertoire gefunden hat, unterstreicht mein Interesse an der unsauberen Schnittfläche zwischen ästhetischer Formalisierung und historischer Evidenz.
Einzelne Episoden erinnern an klassische Combat-Filme des Zweiten Weltkrieges wie Bataan, A Walk in the Sun oder They were expendable.
Spike Lee nutzt seinen Film Miracle at St. Anna, der im letzten Kapitel diskutiert wird, um auf diese Auslassung hinzuweisen, obgleich er eine Schlacht im Norden Italiens für seinen Geschichtsunterricht ausgewählt hat. Eine ähnliche Multiperspektive in der Erzählung einer Schlacht findet sich auch in Dokudramen wie The Battle of the Bulge (1965) und Tora, Tora, Tora (1970).
Siehe Jeanine Basinger, The World War II Combat Film. Anatomy of a Genre (Middletown: Wesleyan University Press 2003Gone with the Wind