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Nr. 2655

 

Garrabo schlägt Phenube

 

Doppelspiel auf Travnor – ein Arkonide und ein Naat im Einsatz

 

Arndt Ellmer

 

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Wir schreiben das Jahr 1469 Neuer Galaktischer Zeitrechnung (NGZ) – das entspricht dem Jahr 5056 christlicher Zeitrechnung. Auf eine bislang ungeklärte Art und Weise verschwand das Solsystem mit seinen Planeten sowie allen Bewohnern aus dem bekannten Universum.

Die Heimat der Menschheit wurde in ein eigenes kleines Universum transferiert, wo die Terraner auf seltsame Nachbarn treffen. Die Lage spitzt sich zu, als die Planeten von fremden Raumfahrern besetzt und die Sonne Sol »verhüllt« wird. Seither kämpft die solare Menschheit um ihr Überleben.

Von all diesen Entwicklungen weiß Perry Rhodan nichts. Auch ihn hat es in einen fremden Kosmos verschlagen: Mit dem gewaltigen Raumschiff BASIS gelangt er in die Doppelgalaxis Chanda. Dort wird ein bislang unbekanntes Programm in Gang gesetzt, das die BASIS Stück für Stück zerlegt.

In der Milchstraße tun sich derweil politisch bedeutsame Dinge: Tormanac da Hozarius, Vertrauter des Imperators von Arkon, stößt auf eine Verschwörung, die nicht nur das Imperium, sondern die ganze Galaxis betreffen kann. Er nimmt die Herausforderung an – und GARRABO SCHLÄGT PHENUBE ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Tormanac da Hozarius – Der Vertraute des Imperators ist ein Experte im Garrabo-Spiel.

Ghlesduul – Der Naat fungiert als beratendes Korrektiv für Tormanac.

Ronald Tekener – Der Vizeadmiral der USO geht in einen speziellen Einsatz.

Kormph – Ein Unither sehnt sich nach einem Bad.

Mapoc da Akkat – Der Herrscher des Planeten Travnor begreift das Ausmaß der Gefahr.

1.

 

Mit dem Erwachen kehrte der Schmerz zurück – und ein winziges Bruchstück seiner Erinnerung.

Er glaubte ein Geräusch zu hören wie berstendes Glas.

Eine Woge schwemmte sein Innerstes an die Oberfläche, schleuderte es dorthin, wo es die schlimmsten Qualen durchlitten hatte. Er glaubte fremde Gedanken in sich zu erkennen, die sich zwischen die eigenen drängten, jeder einzelne ein feuriger Stich.

Er wollte dagegen ankämpfen – vergeblich. In ihm war keine Kraft, kein Leben. Das Sein floss aus ihm hinaus, die fremden Gedanken versiegten.

Für einen winzigen Augenblick schien seine Welt stillzustehen. Der Druck in seinem Innern ließ nach, das Bild einer brennenden, zerbrechenden Mauer verblasste. Ihre Steine setzten sich zusammen, als liefe die Zeit rückwärts. Einer leuchtete hell wie ein Stern. In dem grellen Schein entdeckte er ein Gesicht. Er kannte es. Es gehörte Tormanac da Hozarius, einem Arkoniden. Er wollte ihm die Hand entgegenstrecken, damit dieser Mann ihm half.

Es gelang ihm nicht. Er war zu schwach, auch nur einen Finger zu rühren. Das Gesicht zerfaserte, der Stern erlosch. Dunkelheit umfing ihn wieder, aber dieses Mal verlor er das Bewusstsein nicht.

Dafür versiegte der Schmerz, ohne etwas zu hinterlassen.

Dieses Gesicht ... Seine Gedanken kämpften sich wie durch zähen Sirup voran. Das bin ich! Ich bin Tormanac da Hozarius! Aber wo bin ich?

Ein glühender Stich jagte durch sein Bewusstsein. Erneut schmerzte es, als rissen unsichtbare Klauen sein Innerstes entzwei.

Eine Stimme sprach. Sie drückte ihr Bedauern aus. Viermal in hundert Arkonjahren hatte es nicht funktioniert. Er hatte die höchste Stufe der ARK SUMMIA nicht geschafft. Sein Extrasinn war nicht aktiviert worden.

Wo bin ich?, wiederholt er die Frage. Er sah nichts, er hörte nichts, sein Körper war taub, die Nerven abgestorben.

Wieder stach ein Erinnerungsfetzen auf ihn ein, der Tod Shallowains. Auch das schmerzte, aber es war ein anderer Schmerz. Shallowain der Hund, hatte versucht, das Beste aus der misslungenen Karriere seines Schützlings zu machen.

Eine Karriere, die nun zu Ende war, weil Fremde Tormanac in ihre Gewalt gebracht hatten. Er hielt sie für jene Wesen, die Herm Porlt als Badakk bezeichnet hatte. Tormanac da Hozarius wusste den Namen wieder, und gleichzeitig erinnerte er sich an das Becken, in das sie ihn gelegt hatten. Ich muss da raus!

Die Flüssigkeit war in seinen Körper eingedrungen, gefolgt von fremden Gedanken. Er suchte sie und fand sie nicht. Das Gefühl, dass etwas aus ihm hinausfloss, blieb hingegen.

Ich habe einen Fehler gemacht, dachte er. Ich habe nicht auf den Rat Ghlesduuls gehört.

Nun war es zu spät.

Tormanac da Hozarius wurde kalt. Er schien auf einer Eisfläche zu liegen. Der Gedanke, eingefroren zu werden, löste Panik in ihm aus. Er wollte den Körper herumwerfen, damit er auf dem Bauch zu liegen kam und sich schneller aufrichten konnte. Die Paralyse ließ es nicht zu.

Ich bin ein schlechter Garrabo-Spieler. Ich hätte zuvor den nächsten und den übernächsten Schritt bedenken sollen.

Die Sternengötter gaben ihm keine zweite Chance.

Bostich, ich habe dich enttäuscht!

Die Furcht, von der glorreichen Familiengeschichte für alle Zeiten totgeschwiegen zu werden, verlieh ihm neue Kraft. Er versuchte die Finger zu bewegen – es klappte. Er schob einen Arm von sich, auch das funktionierte. Nach und nach wich die Lähmung von ihm. Sie tat es nicht ganz, aber immerhin gelang es ihm in einem ersten Schub, seine Nervenbahnen so zu aktivieren, dass er seinen Körper wieder spürte.

Wie von fern hörte er ein Murmeln – von einem Bach oder von Stimmen. Eigentlich hätte er längst tot sein müssen. Ohne zu atmen, hielt es ein Arkonide nicht lange unter Wasser aus und schon gar nicht in dieser gallertartigen, schleimigen Flüssigkeit, in die man ihn versenkt hatte.

Die Sternengötter hatten ein Einsehen.

Durch die geschlossenen Lider drang Helligkeit. Sein Schluckreflex setzte ein. Tormanac da Hozarius spürte einen Luftzug an der Nase und atmete vorsichtig ein. Es war reine Luft, die in seinen Rachen und die Luftröhre strömte, nichts Flüssiges, kein Schleim.

Etwas war anders als erwartet. Er suchte nach einer Erklärung. Das Notsignal fiel ihm ein, das er ausgelöst hatte.

Probeweise öffnete er ein Auge, dann das zweite. Er lag mit dem Gesicht nach unten und ausgebreiteten Armen da. Der grau-braun gesprenkelte Untergrund roch nach einem Desinfektionsmittel. Das war nicht der Tank, in den ihn die tonnenähnlichen Wesen gelegt hatten.

Tormanac da Hozarius atmete tiefer ein, ohne es sich anmerken zu lassen. Sein Leben hing an einem seidenen Faden, das sagte ihm sein Instinkt. Er musste schneller auf den Beinen sein, als sie schießen konnten.

Tormanac traute es sich zu. Er war durchtrainiert, sogar mehr als das. Sein Amt als Berater Bostichs I. brachte es mit sich.

Sein Kopf wurde klar, die Erinnerungen an die Ereignisse vor der Paralyse kehrten in allen Einzelheiten zurück. Das Zusammentreffen mit den Zylinderwesen hatte sich eher zufällig ereignet, verursacht durch den Vorstoß der Unither.

Unmerklich spannte der Arkonide seine Muskulatur an und bereitete sich auf den Sprung vor. Einer Raubkatze ähnlich nach vorn schnellen und dabei vom Boden hochkommen, das hatten ihm schon die Sportlehrer in seiner Jugend beigebracht. Es mit derselben Geschmeidigkeit zu tun wie ein jagendes Tier, hatte er von Shallowain gelernt.

Ein paar Augenblicke noch ... Für Arkon!

Langsam drehte er den Kopf zur Seite. Sofort stach es in seinem Nacken wie von tausend Nadeln. Es wurde doch nichts mit dem Schnellstart. Noch nicht. Tormanac da Hozarius starrte auf ein halbes Dutzend Paar Stiefel in seiner Nähe, undeutlich zu erkennen im schummrigen Licht. Dazwischen ragten zwei Säulen mit einem halben Meter Durchmesser auf.

Der Arkonide entspannte sich. Er kannte dieses Wesen. Es war Ghlesduul, der Naat. Sein Leibwächter, sein Partner, der ihm das Fehlen des Extrasinns zu kompensieren half. Die beiden Säulenbeine bewegten sich auf ihn zu.

Naats waren in Arkonidenaugen groß und plump, mit überlangen Armen und einem Kugelkopf, der direkt auf dem Rumpf saß. Ihre Haut war haarlos, schwarzbraun, lederartig. Sie hatten drei Augen. Die Nase bestand aus zwei winzigen, schnell verschließbaren Hautlappen.

Naats wirkten unbeholfen, man unterschätzte sie gern. Die Funktionstüchtigkeit ihrer Feinmotorik allerdings wollte Tormanac lieber nicht ausprobieren. Als sich der Naat über ihn beugte, kehrte das Leben vehement in den Arkoniden zurück.

»Ich kann allein aufstehen«, sagte Tormanac. Seine Stimme klang verwaschen und glitschig, aus den Mundwinkeln liefen Reste dieses ekelhaften Schleims.

Eine Art Vorhang senkte sich zwischen die Säulen und ihn. Tormanac da Hozarius stemmte sich mit den Armen hoch, ging in die Hocke und schnellte federnd hoch. Schwindel erfasste ihn, er musste mit den Armen balancieren. Der Riese mit den Säulenbeinen legte ihm einen Umhang über die Schultern. Tormanac zog ihn hastig zusammen, sodass er nur die rechte Schulter und den Arm frei ließ. Der Arkonide legte den Kopf in den Nacken, schaute zu dem Naat empor, der den Helm seines Kampfanzugs offen trug.

Es besteht keine unmittelbare Gefahr!

»Ich danke dir, Ghlesduul!«, sagte Tormanac da Hozarius. »Du hast mich vor dem Tod bewahrt. Oder vor Schlimmerem!«

Seine Beine gaben nach. Der Naat fing ihn auf.

 

*

 

Indirekte Beleuchtung füllte den Raum mit diffusem Licht. Es gab keine Einrichtung mit Ausnahme des Beckens, das weiter hinten stand. Die schleimige Flüssigkeit schwappte auf und ab. Pfützen am Boden deuteten darauf hin, dass Ghlesduul und seine Begleiter ihn aus diesem Becken geholt hatten.

Tormanac musterte die Männer neben Ghlesduul. Ein paar der Gesichter kannte er bereits. Die Männer gehörten zur Sicherheitsabteilung von Mapoc da Akkat, dem Oberhaupt der Akkat-Familie, dessen Einladung Tormanac nach Travnor geführt hatte.

Tormanac da Hozarius hielt Mapoc für ein hochrangiges Mitglied der Interessengruppe Ark'Tussan, die mit Imperator Bostich I. Gespräche über eine engere Zusammenarbeit führen wollte.

Seit dem Attentat auf der Plejadenwelt Maharani rückte die Ark'Tussan deutlicher in den Fokus des Herrschers. Die Interessengruppe strebte nach einem in der Milchstraße führenden Kristallimperium. Wie es schien, wollte sie ihre Ziele mit Gewalt durchsetzen, mit den Methoden von Verschwörern und Terroristen. Mapoc da Akkat sprach von engeren Beziehungen zum Thron, von Kooperation und Zusammenarbeit, aber das umschrieb eher die offizielle Politik der Regierung von Travnor. Die Ark'Tussan verfügte daneben über einen militanten Flügel, der die Ziele einer umfassenden arkonidischen Hegemonie in der Milchstraße in möglichst kurzer Zeit verwirklichen wollte.

Inzwischen konnte sich Tormanac da Hozarius wieder an alles erinnern, was er seit seiner Ankunft erlebt hatte, auch an den Felssturz, der ein Attentat gewesen war. Die Auftraggeber hatten in seinen Augen kurzsichtig gehandelt. Wenn die Ark'Tussan mehr Einfluss auf Bostich nehmen wollte, ließ es sich bestimmt nicht dadurch erreichen, dass die Organisation einen seiner Berater umbrachte.

Inzwischen war eine dritte Partei im Spiel. Ein Begriff geisterte durch seine Gedanken, den er noch nicht richtig einordnen konnte. QIN SHI ...

Tormanac beendete die Musterung. Der Naat umhüllte ihn mit einem Transportfeld, das sich in Bewegung setzte und ihn aufrecht zur Tür beförderte. Die Männer des Shekur sicherten nach vorn und hinten. In dem Labyrinth der Gänge existierten ganz bestimmt jede Menge Fallensysteme. Selbst wenn es Ghlesduul und seinen Begleitern gelungen war, sie alle auszuschalten, mussten sie dennoch mit Gegenwehr durch die Zylinderwesen rechnen.

»Ich werde als Erstes ...«, begann Tormanac da Hozarius und stockte.

Sein Blick verschleierte sich. Erneut spürte er einen Anflug von Schwindel, aber anders, als er es beim Aufstehen empfunden hatte. Seine Gedanken versiegten. Er wollte sie festhalten, aber sie entglitten ihm. Er fragte sich, was er als Erstes gewollt hatte. Es fiel ihm nicht mehr ein.

»Du wolltest etwas sagen«, erinnerte Ghlesduul ihn.

»Nein.« Er sah plötzlich Zylinderwesen an den Wänden tanzen, doch sie blieben nur für einen einzigen Augenblick. Ich habe Halluzinationen! Er schloss die Augen und wartete eine Weile.

Als er sie wieder öffnete, glitt er aufrecht und ohne Kontakt zum Boden durch die Gänge, eng flankiert von bewaffneten Arkoniden. Er rätselte, wo sie mit ihm hin wollten. In der Ferne entdeckte er grellen Lichtschein, der langsam größer wurde. Die Wände des Ganges endeten wie abgeschnitten. Das Licht blendete Tormanac da Hozarius. Er schlug die Hände vor das Gesicht, bis sich seine Augen an die Helligkeit gewöhnt hatten.

Draußen hievte ihn das Transportfeld in einen Gleiter, der mit starker Beschleunigung in den Himmel stieg. Stufen eines Trichterbaus huschten vorbei. Wieder stieg ein Erinnerungsfetzen in ihm auf. Der Trichterbau am Keruhmo-Vermächtnisfeld! Er war an dem Ort, wo er in das Höhlenlabyrinth eingedrungen war.

»Zhdopandel?«, hörte er die Stimme des Naats.

Tormanac antwortete nicht.

Wo bin ich?

Wer bin ich?

Um ihn herum wurde alles schwarz. Tormanac da Hozarius verlor erneut das Bewusstsein.

2.

 

»Alles in Ordnung«, klang es dumpf von oben. »Wir sind in Sicherheit.«

Tormanac da Hozarius öffnete die Augen. Über ihm stand der Naat. Sein wuchtiger Tonnenkörper füllte fast das gesamte Blickfeld aus. Mit seinen drei Metern Größe konnte er in dem Raum nicht aufrecht stehen.

»Wo bin ...«

»In einer Medostation. Die Sicherheitskräfte bewachen das Gebäude.«

Tormanac da Hozarius erinnerte sich an seine Rückkehr ans Tageslicht. Von da an wusste er nichts mehr. »Wie lange war ich bewusstlos?«

»Dreißig Tontas. Die Ärzte versetzten dich in Heilschlaf. Sie sagen, du bist wieder völlig hergestellt.«

Tormanac sah sich um. Er lag in einer geräumigen Krankensuite, wie es einem Mann seines Ranges zustand. In einer Ecke lehnte schief ein Medoroboter, den Ghlesduul allem Anschein nach abgeschaltet hatte.

»Du kannst frei sprechen«, sagte der Naat. »Ich habe die Abschirmung aktiviert.«

»Die Fremden ...« Tormanac da Hozarius suchte mühsam nach Worten. »Hast du sie gesehen?«

»Kurz nach deinem Notruf kamen mir die ersten entgegen. Deine Befürchtung hat sich bewahrheitet. Die Spur ist heiß.«

Tormanac rief sich in Erinnerung, was sie von Herm Porlt erfahren hatten. Hinter den Badakk stand eine fremde Wesenheit namens QIN SHI.

Der Arkonide richtete sich im Bett auf. »Eine Invasion, Ghlesduul!« Seine Stimme klang heiser.

»Klingt plausibel. Das Genmaterial, das wir im Labyrinth gefunden haben, ist jedenfalls zu hundert Prozent fremd. Wie erklärst du das?«

»Nicht aus der Milchstraße – nein, das wäre die Erklärung, die am fernsten liegt. Die ehemaligen Hyperkokons kämen infrage. Sie sind noch nicht lange in den Normalraum zurückgekehrt.«

»Ihre Völkerschaften sind inzwischen bekannt.«

»Also gut«, sagte Tormanac. »Nehmen wir an, es handelt sich um eine Invasion aus einer anderen Galaxis. Dann ist der Stützpunkt auf Travnor bestimmt nicht der einzige. Und überhaupt, wieso eigentlich Travnor?«

»Die Wahrscheinlichkeit, dass es um Travnor geht, ist gleich null«, stimmte der Naat zu.

»Das Imperium ...!« Tormanac wollte mit einem Satz aus dem Bett, aber der Naat senkte einen Arm und hielt ihn zurück.

»Du mutest deinem Kreislauf zu viel zu.«

»Egal!« Wenn eine fremde Macht Arkon übernahm wie einst SEELENQUELL, existierte die Gefahr auch für die anderen Mächte der Galaxis. Das Solsystem war spurlos verschwunden, dort brauchten diese Wesen nicht einzufallen. Aber was geschah bei den Antis, den Blues, den vielen Kolonialvölkern?

»Als die Truppen des Shekur eintrafen, bestrichen sie den Gebäudekomplex mit Paralysestrahlen«, berichtete Ghlesduul. »Allerdings kamen sie zu spät. Kein Einziger der Fremden hielt sich noch in den subplanetaren Anlagen auf, die wir einschließlich der Positroniken zerstört vorfanden.«

»Warte!« Tormanacs Gedanken kreisten immer schneller, wirbelten durcheinander und verhinderten, dass er die Gedankenkette übersichtlich fortsetzen konnte. In solchen Fällen wurde Ghlesduul für ihn unersetzlich. Der Naat bildete einen argumentativen Gegenpart zu ihm in der Art eines Logiksektors, dessen Aktivierung Tormanac in der ARK SUMMIA leider verwehrt geblieben war.

Der Naat beugte sich etwas weiter über das Bett. »Das Solsystem war der Anfang. Jetzt kommen Arkon und andere Staaten an die Reihe.«

Irgendwie verstand Tormanac da Hozarius es so, dass die Fremden sich auch auf den Kolonialwelten der LFT und aller anderen Machtblöcke eingenistet hatten oder es gerade versuchten.

In einer solchen Situation musste jeder Herrscher und jede Regierung dankbar sein, wenn sich Organisationen wie die Ark'Tussan als Verbündete im Kampf gegen die Fremden anboten.

Arkon muss es sofort erfahren! Tormanac da Hozarius richtete sich langsam auf und setzte sich auf die Bettkante. Der Naat hantierte inzwischen an seinem Funkgerät.

»Der Shekur kommt. Wir unterhalten uns später weiter.«

»Halt, Ghlesduul!« Es gab so viel zu sagen. Dutzende von Gedanken drängelten sich auf Tormanacs Zunge. Jeden einzelnen wollte er unbedingt loswerden. Der Naat schnitt ihm das Wort ab.

»Die Wissenschaftler untersuchen zurzeit das Becken mit der fremdartigen Flüssigkeit«, sagte er.

Wie hatte Porlt es noch genannt? Das Becken der wahren Gedanken? Tormanac erinnerte sich an das, was er trotz seines gelähmten Körpers gespürt hatte. Die Flüssigkeit hatte ihn nicht nur umhüllt, sie war durch die Haut in ihn eingedrungen. Geneseplasma – dem Namen nach entstand durch dieses Plasma etwas.

Und dann dieser wahnsinnige Kopfschmerz ...

»Hat man meinen Körper gründlich untersucht?«, stieß der Arkonide hervor. »Ist da nichts mehr vorhanden? Keine Rückstände?«

»Nichts, gar nichts. Du erlaubst, dass ich mich entferne? Ich werde mich umsehen.«

Tormanac da Hozarius beobachtete, wie die derben Finger des Naats am Gürtel hantierten und das abhörsichere Schutzfeld ausschalteten. Ghlesduul stampfte zur Tür und verließ die Suite.

Tormanac ließ ihn ungern ziehen. Ohne ihn fühlte er sich unsicher, fast hilflos. Was sollte er Mapoc da Akkat sagen?

Er beschloss, das Familienoberhaupt reden zu lassen und selbst möglichst wenig zu sagen.

 

*

 

Mapoc da Akkat war genauso groß wie Tormanac. Der Travnorer trug das weißblonde Haar schulterlang und hatte rötliche Augen, ein typischer Arkonide eben, wie Tormanac sich eingestand. Das schmale Gesicht war ein wenig grober strukturiert als sein eigenes. Tormanac da Hozarius nahm es mit einer gewissen Genugtuung zur Kenntnis.

»Sei mir willkommen«, empfing er den Agh-Fürsten Dritter Klasse.

Da Akkat war Kolonialarkonide. Auch wenn er es nach außen nicht zeigte: Als sie unter sich waren, erwies er dem Abgesandten aus dem Zentralsystem aller Arkoniden seinen Respekt durch eine besonders tiefe Verbeugung.

»Ich bin untröstlich«, sagte er, nachdem er sich wieder aufgerichtet hatte.

Tormanac bot ihm einen der Sessel an, damit der Chef des Akkat-Khasurn nicht ständig auf ihn herabsah. Mapoc da Akkat setzte sich. Er musste ein klein wenig zu ihm aufschauen, weil Tormanac noch immer auf der Bettkante saß.

Im Gesicht des Travnorers spiegelte sich Betroffenheit. Tormanac da Hozarius zweifelte keinen Augenblick, dass dieses Gefühl echt war.

»Dem Imperator wird es nicht gefallen«, antwortete er.

»Selbstverständlich stehe ich dafür gerade. Jedes Detail, das derzeit ans Licht kommt, ist wie ein Messerstich für mich. Ich hatte keine Ahnung, was unter der Krone von Tecknoth vor sich geht.«

»Es wird nicht nur Tecknoth sein.«

Die Betroffenheit in Mapocs Gesicht verstärkte sich. »Meine Leute suchen nach Hinweisen, bisher vergeblich. Es gibt keine Transmitter, rein gar nichts. Die Anlagen in der Tiefe wurden nicht einmal von einer Selbstvernichtungsanlage geschützt. Die Fremden scheinen sich hier wie zu Hause gefühlt zu haben.«

»Badakk«, sagte Tormanac. »Die Zylinderwesen heißen Badakk.«

»Ja, das ist wohl so.« Mapoc da Akkat schwieg ein paar Atemzüge lang, ehe er sich aufraffte. »Es gibt auch eine gute Nachricht. Demnächst kann ich dich ein paar wichtigen Personen vorstellen. Bitte gedulde dich ein wenig. Das Imperium hat im Augenblick Vorrang.«

Natürlich, dachte Tormanac da Hozarius, das ist in Ordnung.