Helga Baureis · Claudia Wagenmann

Kinder lernen leichter mit Kinesiologie

Helga Baureis · Claudia Wagenmann

Kinder lernen leichter mit Kinesiologie

Lern- und Konzentrationshilfen – Ratgeber für die Familie

Mit Illustrationen der Leichter-lernen-Übungen von Steffen Butz

Oesch Verlag

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literaturagentur + Textredaktion Swantje Steinbrink, Berlin.

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5. Auflage 2012

Umschlagfoto: Shutterstock Images

Satz: Oesch Verlag

ISBN 978-3-0350-4000-5

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Inhalt

Einleitung

Kommt Ihnen das bekannt vor?

Was ist Kinesiologie?

Das Gehirn

Der Hirnstamm

Das Kleinhirn

Das limbische System

Der Cortex

Die Hemisphären

Informationsfluss im Gehirn

Im Flow sein

Das Gehirn – so versteht es auch Ihr Kind

Das Gehirnhaus

Lernen – ein natürlicher Vorgang

Lernen durch Bestrafung oder Belohnung

Weitere Gründe für Lernblockaden

Wassermangel

Fernsehen

Ernährung

Erwartungsdruck der Eltern

Angst und andere emotionale Probleme

Unfälle

Die drei Dimensionen des Lernens

Woran Sie die verschiedenen Blockaden erkennen

Rechts/Links-Blockade

Oben/Unten-Blockade

Vorne/Hinten-Blockade

Stress – wie er Leben und Lernfähigkeit beeinflusst

Negative Stressfaktoren

Was tun in Stresssituationen?

Emotionale Stressreduzierung

Wie die Emotionale Stressreduzierung funktioniert

Wie die Emotionale Stressreduzierung wirkt

Vergangenen Stress loslassen

Körperliche Stressreduzierung

Visuell, auditiv, kinästhetisch … Welchen Lernstil bevorzugt Ihr Kind?

Die verschiedenen Augenzugangshinweise

Der visuelle Typ

Der auditive Typ

Der kinästhetische Typ

An der Decke steht es geschrieben

Visuell, auditiv, kinästhetisch (sehen, hören, fühlen)

Beispiele für typisch visuelle Wortwahl

Beispiele für typisch auditive Wortwahl

Beispiele für typisch kinästhetische Wortwahl

Olfaktorisch und gustatorisch (riechen und schmecken)

Beispiele für typisch olfaktorische Wortwahl

Beispiele für typisch gustatorische Wortwahl

Skizzieren, diskutieren oder experimentieren?

Der Test mit der Liegenden Acht

Experimentieren mit der Liegenden Acht

Besseres Einschätzen und Verstehen

Bewegung macht fröhlich

Leichter lernen

Leichter-lernen-Übungen

Türenöffner

Liegende Acht

Gehirnaktivierer

Sauerstoffversorger

Sinneswecker

Zentrierer

Kreativitätswecker 1

Kreativitätswecker 2

Schönschreibhelfer

Nacken- und Schulterlockerer

Wachmacher

Muntermacher

Balancierer

Ohrenspitzer

Energieregler 1

Energieregler 2

Die Kraft der Gedanken – die Macht der Sprache

Die Energie folgt der Aufmerksamkeit

Füttern Sie Ihre positiven Erwartungen

Auditive und kinästhetische Vorstellungskraft

Positive Programmierungen

Arbeiten mit Zielsätzen

Leichter-lernen-Übungsreihe

Wenn es mal nicht so klappt …

Ernährung

Leben im Schlaraffenland – und dennoch mangelernährt?!

Nahrungsmittelunverträglichkeiten

Das weiße Gift Zucker

Süßer Zucker – saure Stimmung

Irreführende Werbung

Optimale Ernährung

Kohlehydrate

Proteine

Fette

Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente

Vitamin B-Komplex

Vitamin C

Vitamin D

Kalium

Kalzium

Magnesium

Jod

Zink

Wasser

Kochen mit allen Sinnen

Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen …

Küchen-Spiele

Erbsen, Bohnen, Linsen …

Spürnase

Schleckermaul

Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht

Welche Talente hat Ihr Kind?

Checkliste Talente

Spielen

Spielen in der Natur

Spielen zu Hause

Kleine Gedächtnisspiele

Brainstorming

Ja/Nein-Fragespiel

Koffer packen

Im Land, wo alles möglich ist

Ein Fingerspiel für die kleinen Geschwister

Tipps für einen aufbauenden Umgang mit Ihrem Kind

Was können Eltern für sich selbst tun?

Entspannungsphasen einplanen

Glücksmomente sammeln und Energie tanken

Energiespeicher aufladen

Stress raus – Power rein

Lachen

Die Zauberformel

Mudras für Eltern und Kinder

Hakini-Mudra

Pran-Mudra

Shunya-Mudra

Prithivi-Mudra

Kalesvara-Mudra

Bach-Blüten

Cherry Plum

Chestnut Bud

Clematis

Elm

Gentian

Honeysuckle

Hornbeam

Impatiens

Larch

Olive

Scleranthus

Walnut

Anhang

Literaturhinweise

Adressen, die weiterhelfen

Dank

Einleitung

Kommt Ihnen das bekannt vor?

»Mein Kind kann beim Lernen nicht stillsitzen.« »Zu Hause weiß mein Sohn noch alles, aber wenn er einen Test schreiben soll, hat er den totalen Blackout.« »Meine Tochter verdreht beim Schreiben und Lesen die Buchstaben.« »Mein Kind hört einfach nicht zu, wenn ich ihm etwas erklären will.« »Eltern von Mitschülern haben sich über die Aggressivität unseres Sohnes beklagt.« »Mein Kind kann zwar rechnen, aber wenn es um Textaufgaben geht, versagt es.« Könnte einer oder sogar mehrere dieser Sätze von Ihnen sein? Konzentrationsschwierigkeiten, Lese- und Rechtschreibschwäche, Aggressionen, Hyperaktivität, Versagensängste … immer mehr Kinder sind von diesen Problemen betroffen, reagieren mit Schulunlust und schlechten Noten auf die an sie gestellten Anforderungen.

Wenn Kinder plötzlich Lernprobleme haben, in der Schule keine Freunde finden, Schwierigkeiten mit den Lehrern bekommen oder nachts einnässen, leidet meist die ganze Familie darunter. Viele Eltern sind ratlos oder gestresst und werden an eigene unverarbeitete Schulerlebnisse erinnert. Wenn Eltern es trotz aller Bemühung nicht schaffen, ihrem Kind auf die Sprünge zu helfen, zweifeln sie nicht nur an ihm, sondern oft auch an ihrer Fähigkeit, ihrem Kind das richtige Werkzeug mit auf den Weg zu geben. Vor allem Mütter setzen sich unter Druck, weil sie beispielsweise ihre Qualität als hauptsächlich Erziehende darüber definieren, wie gut ihr Kind in der Schule ist.

Dieses Buch will Sie als Eltern entlasten und Ihnen Mut zusprechen! Es zeigt nicht nur Hintergründe für Schul- oder Anpassungsprobleme auf, sondern bietet auch Selbsthilfemöglichkeiten an, um emotionalen Stress (bei Ihnen und bei Ihrem Kind) zu beseitigen und Selbstakzeptanz und -sicherheit, Aufmerksamkeit, Motivation, Körperkoordination, Geschicklichkeit, Reaktionsvermögen und vieles mehr zu verbessern. Die Methoden, allen voran die Kinesiologie, bieten Ihnen einfaches Handwerkszeug, das Ihnen und Ihrem Kind hilft, vorhandene Fähigkeiten zu entdecken und zu nutzen. Wenn Ihr Kind sich mehr zutraut, wird es wieder gerne zur Schule gehen und Lernen als etwas Spannendes betrachten. Das entlastet die Eltern und die ganze Familie.

Was ist Kinesiologie?

Anfang der 60er Jahre wurde von dem amerikanischen Chiropraktiker Dr. George Goodheart die Basis für Kinesiologie geschaffen. Kinesiologie ist eine sanfte und ganzheitliche Methode, wörtlich übersetzt die »Lehre der Bewegung«. Laut der Traditionellen Chinesischen Medizin, die auf jahrtausendealtem Wissen basiert, ist der Körper von einem Netz von Energieleitbahnen durchzogen, Meridiane genannt. Alles Lebendige ist in Bewegung – so auch unsere Körperenergien. Sobald der Fluss in den Meridianen ins Stocken gerät, ist die Entwicklung blockiert, egal ob auf der körperlichen, geistigen oder emotionalen Ebene. Gründe für Energieblockaden sind eine Anhäufung von Faktoren wie negativen Emotionen, schlechter Ernährung, belastenden Umwelteinflüssen, Leistungsdruck oder zu wenig Bewegung.

Physische und psychische Vorgänge im Menschen spiegeln sich im Funktionszustand seiner Muskeln wider. Wenn wir uns in einer stressenden Situation befinden, ändert sich der Spannungszustand unserer Muskeln. Schon die Gedanken an eine beängstigende Situation oder an eine bestimmte Person reichen aus, um eine Muskelreaktion auszulösen. Aus dieser Erkenntnis entwickelte Dr. Goodheart ein Testverfahren, um Energieblockaden zu identifizieren, das ohne Apparate auskommt: den Muskeltest. Dieser Test funktioniert ganz einfach:

Um Antworten vom Körper zu erhalten, benutzt man beispielsweise den Deltamuskel im Oberarm. Dazu streckt die Testperson einen Arm seitlich waagerecht vom Körper weg. Während sie an eine bestimmte Person, zum Beispiel eine Kollegin denkt, drückt der Tester leicht auf den Unterarm der Testperson. Bleibt der Arm oben, zeigt das, dass die Testperson »stressfrei« auf die Kollegin reagiert, das heißt, sie hat wahrscheinlich eine neutrale oder gute Beziehung zu ihr. Bewegt sich der Arm während des Testens nach unten, hat die Testperson vermutlich ein schwieriges Verhältnis zu ihrer Nachbarin. Gedanken an positive Erlebnisse lassen den Testmuskel fest bleiben, Erinnerungen an negative Situationen sorgen dafür, dass er »abschaltet«. Sobald der Stress auf bestimmte Menschen, Situationen oder Ereignisse identifiziert ist, kann er mit verschiedenen kinesiologischen Techniken abgebaut werden. Haben wir unser Gleichgewicht wiedergefunden, können wir mit Stressoren leichter umgehen. Probleme sind dann keine Hindernisse mehr, sondern Herausforderungen, und wir besitzen die nötige Kraft, Ruhe und Kreativität, diese auch anzugehen.

Im Laufe der Jahre haben Ärzte, Pädagogen, Psychologen, Physiotherapeuten und Heilpraktiker ihr Wissen mit der ursprünglichen Methode »Touch for Health« verknüpft und daraus die verschiedenen Bereiche der Kinesiologie entwickelt. In diesem Buch ist der Fokus hauptsächlich auf die pädagogische Kinesiologie gerichtet, die wir vor allem Dr. Paul Dennison und seiner Frau Gail und deren System Brain Gym®‚ zu verdanken haben; eine weitere erfolgreiche Methode zur Verbesserung von Lern- und Teilleistungsstörungen entwickelte Dr. Charles Krebs mit seinem LEAP-Programm (Learning Enhancement Advanced Program).

Das Gehirn

Unser Gehirn, die Schaltzentrale im Oberstübchen, fasziniert und beschäftigt die Menschen schon seit langer Zeit. Manche reden vom Kosmos im Kopf, für andere ist es ein komplexes Wunderwerk, und je besser wir es verstehen lernen, umso mehr geraten selbst Wissenschaftler ins Staunen über so viel Komplexität. Die Neurowissenschaftler haben in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr verblüffende Zusammenhänge herausgefunden. Dennoch bleiben Erstaunen und Ehrfurcht, und es wird weiterhin spannend sein, die Ergebnisse der Forscher zu verfolgen.

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Darstellung des Gehirns

Unser Gehirn hat sich im Laufe der Evolution immer weiter entwickelt. Auf Grund dieser Entwicklungsgeschichte hat der Neurologe Dr. Paul MacLean als erster die Vorstellung des dreigliedrigen Gehirns dargestellt. (Im Nachfolgenden finden Sie eine vereinfachte und leicht verständliche Darstellung der Arbeitsweise unseres Gehirns. Falls Ihnen die Ausführungen für den Anfang zu viel Theorie sein sollten, blättern Sie bitte gleich zur Kurzversion »Das Gehirn – so versteht es auch Ihr Kind« auf Seite 28 ff. weiter und lesen das Kapitel »Das Gehirn« zu einem späteren Zeitpunkt.)

Der Hirnstamm

Der Hirnstamm ist der älteste Teil unseres Gehirns, der sich schon vor über fünfhundert Millionen Jahren entwickelt hat. Er hat große Ähnlichkeit mit dem vollständigen Gehirn eines Reptils und wird daher auch gerne als Reptiliengehirn bezeichnet. Der Hirnstamm befindet sich tief im Inneren unseres Gehirns und umfasst die Bereiche Medulla oblongata (verlängertes Mark), Pons (Brücke), Mesencephalon (Mittelhirn) und Diencephalon (Zwischenhirn).

Er steuert und überwacht lebenswichtige vegetative Körperfunktionen wie die Kontrolle des Atems, des Herzschlags, der Körpertemperatur und der Verdauungstätigkeit. Instinktiv regelt der Gehirnstamm körperliche Bedürfnisse wie Essen, Trinken und die Fortpflanzung. Wenn wir großem Stress ausgesetzt sind, übernimmt der Hirnstamm sozusagen das Kommando, und wir sind nur noch auf Überleben programmiert. Die klassische Stressreaktion, in der wir nur noch zwischen Kampf oder Flucht entscheiden können, findet in diesem Bereich des Gehirns statt.

Ein weiterer wichtiger Bereich des Hirnstamms ist die Formatio reticularis, die sich von oben nach unten durch den Hirnstamm zieht. Bestehend aus einem Netzwerk von Zellen, übt sie einen entscheidenden Einfluss auf unseren Grundwachheitsgrad aus. Gemeinsam mit dem Subthalamus, dem Hypothalamus und Teilen des Thalamus kontrolliert und überwacht die Formatio reticularis den Grad unserer zielgerichteten Aufmerksamkeit, der Selbstwahrnehmung und des Wachheitszustandes. Das bedeutet, dass wir, obwohl draußen Geräusche von vorbeifahrenden Autos, spielenden Kindern oder einem brummenden Flugzeug zu hören sind, zielgerichtet unsere Arbeiten durchführen können, ohne uns von den Geräuschen ablenken zu lassen. Das gilt natürlich auch für Laute im näheren Umfeld, wie streitende Geschwister, Mitschüler, die ihre Arbeit bereits beendet haben, oder einen Klassenkameraden, der unruhig mit dem Stuhl wippt. Die Formatio reticularis ist eine Schaltstelle, die alle ankommenden Signale überwacht und unwichtige Informationen wie zum Beispiel Verkehrslärm filtert, damit wir uns weiter auf unsere Arbeit konzentrieren können. Kinder, die Probleme haben, diese Außengeräusche auszufiltern, werden häufig als rastlos, impulsiv, unkonzentriert und unfähig, eine Arbeit zu Ende zu führen, beschrieben.

Das Kleinhirn

An der Rückseite des Hirnstamms, verbunden durch den Pons, liegt das Kleinhirn (Cerebellum), das in zwei Hemisphären und den dazwischen liegenden Vermis (Wurm) aufgeteilt ist. Es ist die höchste und wichtigste Kontrollinstanz für die Koordinierung und Feinabstimmung unserer Bewegungsabläufe. Es übernimmt viele wichtige Funktionen in Bezug auf unsere automatischen, koordinierten Bewegungsabläufe, das Gleichgewicht und die Körperhaltung. Wenn Sie zum Beispiel etwas aufschreiben wollen, denken Sie nicht darüber nach, welche Muskeln oder Sehnen nun koordiniert werden müssen. Nein, Sie nehmen Ihren Stift zur Hand und notieren Ihre Gedanken. Die notwendigen Bewegungsabläufe werden von Ihrem Kleinhirn in Zusammenarbeit mit den Basalganglien (siehe Seite 20) moduliert und zur Feinabstimmung gebracht. Als Sie das erste Mal in Ihrem Leben einen Stift in die Hand nahmen, haben Sie vermutlich sehr fest gedrückt und waren von den Linien Ihres Stiftes sehr beeindruckt. Das hat Sie ermuntert, weiter zu experimentieren, und so haben Sie mit der Zeit herausgefunden, wie die beste Haltung und der richtige Druck sind, um malen oder schreiben zu können.

Das Kleinhirn hat seine Größe im Laufe der menschlichen Evolution verdreifacht. Daran wird deutlich, welche wichtigen Funktionen dort stattfinden: Alle gelernten automatisierten Bewegungsabläufe, wie beispielsweise einen Stift halten, schreiben, Fahrrad fahren, schwimmen, Tennis spielen etc., sind im Kleinhirn in Form von Bewegungsabläufen festgeschrieben und archiviert. Bei Bedarf können sie einfach abgerufen werden – auch wenn Sie jahrelang nicht Fahrrad gefahren sind, können Sie auf ein Rad steigen und losfahren, da das Programm der Bewegungsabläufe im Kleinhirn gespeichert ist.

Das limbische System

Das limbische System liegt wie eine weitere Schicht über dem Hirnstamm. Es besteht aus einer Gruppe von Zellstrukturen zwischen Hirnstamm und Cortex und hat sich vor etwa zwei bis drei Millionen Jahren entwickelt. Das limbische System ist bei Säugetieren am höchsten entwickelt und wird somit auch als Säugerhirn bezeichnet.

Die Steuerung von Blutdruck, Pulsfrequenz und Blutzuckerspiegel gehören ebenso zu den Aufgaben des limbischen Systems, wie für unser Überleben zu sorgen: Ernährung, Fortpflanzung und Kampf oder Flucht. Es ist sozusagen der Sitz unserer Gefühle und arbeitet völlig unterbewusst. Das limbische System besteht aus mehreren wichtigen Bereichen:

Der Cortex

Der Cortex, auch Großhirnrinde genannt, stellt die Hauptmasse des Gehirns dar. Er ist stark gefaltet und durch viele Furchen und Windungen gekennzeichnet. Würde man ihn entfalten, ergäbe das eine Fläche von 2400 cm2. In ihm sind mehr Neuronen enthalten als in jeder anderen Hirnstruktur. Die Großhirnrinde ist etwa 2–4 mm dick und enthält rund 14 Milliarden Zellkörper. Durch den Cortex werden wir zu bewusst handelnden Menschen, hier werden Entscheidungen getroffen, wird organisiert oder werden Erfahrungen im Gedächtnis abgespeichert. Der Cortex ermöglicht uns, zu sprechen, zu handeln und unsere Gedanken und Gefühle mitzuteilen. Er nimmt zunächst alle Informationen auf, analysiert sie und zieht Vergleiche mit gespeicherten Daten aus vergangenen Erfahrungen, um dann eine Entscheidung zu treffen.

Die Hemisphären

Das Großhirn besteht aus zwei Hälften, auch Hemisphären genannt, die durch eine tiefe Furche unterteilt sind. Diese Furche ist von einem dichten Faserbündel, dem Corpus callosum, durchzogen. Das Corpus callosum wird auch gerne als Brücke bezeichnet, eine ganz spezielle Brücke aus etwa dreihundert Millionen Nervenfasern. Seine Hauptaufgabe besteht darin, den Informationsaustausch der beiden Gehirnhälften sicherzustellen. Die rechte Gehirnhälfte steuert die Funktionen der linken Körperseite, die linke die der rechten.

Jede Gehirnhälfte hat sich auf ganz spezifische Aufgaben spezialisiert. So wird die linke Gehirnhälfte auch Logikgehirn genannt. Sie verarbeitet eintreffende Daten verbal, logisch, analytisch, rational, abstrakt, zeitlich, linear, der Reihe nach; wohingegen die rechte Gehirnhälfte, auch als Gestaltgehirn bezeichnet, nonverbal, intuitiv, gefühlsmäßig, räumlich, konkret, visuell, ganzheitlich, den Überblick bewahrend verarbeitet.

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Linke und rechte Gehirnhälfte