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Harald Bathelt

Johannes Glückler

Wirtschafts-
geographie

Ökonomische Beziehungen in räumlicher Perspektive

3., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage

118 Abbildungen
22 Tabellen

Verlag Eugen Ulmer Stuttgart

Haupttitel

Prof. Dr. Harald Bathelt ist Professor am Department of Political Science der University of Toronto, Kanada, wo er den Canada Research Chair für Innovation & Governance innehält. Er ist zudem Professor am Department of Geography and Planning der University of Toronto und Research Associate am Viessmann Research Centre der Wilfrid Laurier University in Waterloo, Kanada. Zuvor war er als Professor an der Universität Frankfurt/Main und an der Universität Marburg sowie als Gastprofessor an den Geographischen Instituten der Wilfrid Laurier University, Kanada und der East China Normal University in Shanghai, China tätig. Seine Forschungsinteressen liegen im Bereich Wirtschafts- und Industriegeographie, Politische Ökonomie und Methodik. Seine Forschungstätigkeit beschäftigt sich mit einem relationalen Forschungsansatz in der Wirtschaftsgeographie, wissensbasierten Clusterkonzeptionen, „local buzz“ und „global pipelines“, temporären Clustern, Innovationssystemen und sozioökonomischen Konsequenzen des regionalen und industriellen Wandels. Weitere Informationen über seine gegenwärtigen Forschungsaktivitäten und Publikationen finden sich unter http://www.harald-bathelt.com.

Prof. Dr. Johannes Glückler ist Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschafts- und Sozialgeographie und Direktor am Geographischen Institut der Universität Heidelberg. Er ist ferner Research Fellow am Marsilius Centre for Advanced Study in Heidelberg und Gastprofessor am Geographischen Institut der Universität Salamanca. Zuvor war er Professor für Wirtschaftsgeographie an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. Seine Forschungsinteressen liegen in der Wirtschaftsgeographie, der Organisationsforschung, Theorien und Methoden sozialer Netzwerke sowie der Geographie der Dienstleistungsökonomie. Seine Forschung folgt einer relationalen Perspektive und widmet sich insbesondere der Analyse intra- und interorganisatorischer Wissens- und Kooperationsnetzwerke, kreativer und wissensintensiver Dienstleistungsmärkte sowie den institutionellen und organisatorischen Grundlagen wirtschaftlicher Beziehungen in regionaler und globaler Perspektive. Weitere Informationen über seine Forschungsinteressen und Publikationen finden sie unter www.wirtschaftsgeographie.uni-hd.de.

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

Cover

Haupttitel

Inhaltsverzeichnis

Vorworte

Vorwort zur ersten Auflage

Vorwort zur dritten Auflage

Teil I: Einführung

1 Zu einer Geographie der Wirtschaft

1.1 Warum eine Geographie der Wirtschaft?

1.2 Illustration: Wie funktioniert regionale Wirtschaftsentwicklung?

1.3 Aufbau des Buchs

2 Zu einer relationalen Wirtschaftsgeographie

2.1 Geographie im Paradigmenwechsel

2.1.1 Die Ursprünge wissenschaftlicher Geographie: Länder- und Landschaftskunde

2.1.2 Die methodologische Revolution: Geographie als Raumwissenschaft

2.1.3 Die (sozial-)theoretische Revolution: Geographie als Akteurswissenschaft

2.1.4 Die Evolution der Paradigmen im Zeichen der Moderne

2.2 Wirtschaftsgeographie im Paradigmenwechsel

2.2.1 Wirtschaftsgeographie in der Länderkunde

2.2.2 Raumwirtschaftslehre

2.2.3 Ansatzpunkte einer new economic geography

2.3 Das Argument der zweiten Transition in der Wirtschaftsgeographie

2.3.1 Storpers Konzeption der holy trinity

2.3.2 Neue relationale Positionen

2.3.3 Umrisse der relationalen Wirtschaftsgeographie

2.3.4 Grundkonzepte einer relationalen Wirtschaftsgeographie

3 Grundlagen ökonomischer Beziehungen

3.1 Bedürfnisse

3.2 Güter

3.3 Wirtschaftliche Produktion und Produktionsfaktoren

3.3.1 Produktionsfaktor Boden

3.3.2 Produktionsfaktor Arbeit

3.3.3 Produktionsfaktor Kapital

3.3.4 Relationale Sichtweise von Ressourcen

3.4 Markt

3.5 Leistungsmessung in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung

4 Geographische Grundbegriffe

4.1 Positionale Raumkonzepte: Raum, Region, Territorium und Standort

4.1.1 Physikalischer Begriff des Raums

4.1.2 Region

4.1.3 Territorium

4.1.4 Abgrenzung von Regionen

4.1.5 Standort

4.2 Relationale Raumkonzepte: Distanz und Nähe

4.2.1 Messung von Distanz

4.2.2 Konzepte der Nähe

4.2.3 Zur Bedeutung temporärer Nähe in der globalen Ökonomie

4.3 Räumliche Disparitäten: Verdichtungsräume und ländliche Räume

4.3.1 Verdichtungsräume

4.3.2 Ländliche Räume

4.4 Möglichkeiten und Grenzen der Messung räumlicher Verteilungen

4.4.1 Parameter der regionalen Strukturanalyse

4.4.2 Methoden der regionalen Wachstumsanalyse

4.5 Globale Verflechtungen

4.5.1 Grundkonzeption der Globalisierung

4.5.2 Wider die Hyperglobalisierung

4.5.3 Regionalisiertes Wachstum internationalen Handels

4.5.4 Internationalisierung von Kapitalverflechtungen durch Direktinvestitionen

4.5.5 Internationalisierung des Austauschs von Technologien und Wissen

Teil II: Ansätze und Grenzen der Raumwirtschaftslehre

5 Im Denken räumlicher Ordnung und Hierarchie

5.1 Lagerentenprinzip, Transportkostenprimat und landwirtschaftliche Landnutzung

5.1.1 Bodenrente und Lagerente

5.1.2 Prinzipien des isolierten Staats

5.1.3 Thünen’sche Ringe verschiedener Maßstabsebenen

5.1.4 Kritische Würdigung des isolierten Staats

5.2 Übertragung des Lagerentenprinzips auf den städtischen Bodenmarkt

5.2.1 Prinzipien der städtischen Landnutzungslehre

5.2.2 Kritische Würdigung der städtischen Landnutzungslehre

5.2.3 Stadtstruktur und Landnutzung

5.3 Optimale Versorgung im System zentraler Orte

5.3.1 Städtische Ballungen und zentrale Orte

5.3.2 Umlandbildung aus Produzentenperspektive

5.3.3 Umlandbildung aus Kundenperspektive

5.3.4 Anordnung der Einzugsbereiche in einem Hexagonalmuster

5.3.5 Hierarchisches System zentraler Güter und zentraler Orte

5.3.6 Marktnetze nach Lösch

5.3.7 Zentrale Orte in der Planungspraxis in Deutschland

5.3.8 Kritische Würdigung des Zentrale-Orte-Systems

5.3.9 Erweiterte Konzepte: Städtenetze versus Städteverbünde

5.3.10 Zentrale Orte und Stadtentwicklung

6 Industrielle Standortwahl

6.1 Raumabhängigkeit und Faktordominanz der industriellen Standortlehre

6.1.1 Kostenminimale Standortwahl

6.1.2 Konzept der Agglomerationsvorteile

6.1.3 Interdependente Standortwahl

6.1.4 Das Marginalprinzip

6.1.5 Behavioristische Standortwahl

6.2 Kritische Würdigung der traditionellen Standortlehre

6.2.1 Gewinnmaximierung

6.2.2 Kausalität

6.2.3 Unternehmenskonzept

6.2.4 Kostenorientierung

6.2.5 Footloose-Industrien und ubiquitification

6.2.6 Standortfaktorensicht

6.2.7 Statik

6.3 Vom Transportkostenprimat zu Standortfaktorenkatalogen

6.3.1 Abnehmende Bedeutung von Transportkosten

6.3.2 Agglomerationsvorteile im Wandel

6.3.3 Arbeitsmarktaspekte

6.3.4 Öffentlich-staatliche Einflüsse und Kapitalmarkt

6.3.5 Scheinbare Bedeutung von Umwelt- und Lebensbedingungen

6.3.6 Harte versus weiche Standortfaktoren

6.3.7 Standortwahl als Suchprozess

Teil III: Interaktion und Institution

7 Interaktion: Wirtschaftliches Handeln in sozialen Beziehungen

7.1 Wandel des Menschenbilds

7.1.1 Unvollständige Informationen

7.1.2 Grenzen der Rationalität

7.1.3 Grenzen des Opportunismus: homo reciprocans

7.1.4 Relationale Perspektive des Handelns

7.2 Soziale Situationen der Interdependenz

7.2.1 Soziale Situationen

7.2.2 Interdependenz und Koordinationsproblem

7.2.3 Interaktion und Transaktion

7.3 Interaktionen in sozialen Beziehungen

7.3.1 Vertrauen

7.3.2 Reputation

7.3.3 Soziales Kapital

7.3.4 Einfluss neuer Informations- und Kommunikationstechnologien

8 Institutionen

8.1 Institutionen und ökonomisches Handeln

8.1.1 Zur Regelmäßigkeit sozialen Handelns

8.1.2 Begriff und Arten von Institutionen

8.1.3 Institutionen zwischen Handeln und Struktur

8.1.4 Institutionen aus räumlicher Perspektive

8.2 Entstehung und Gestaltung von Märkten

8.2.1 Vom Markt zu Märkten

8.2.2 Konstitution von Märkten

8.2.3 Performativität von Märkten

8.2.4 Märkte in räumlicher Perspektive

8.3 Institutioneller Wandel

8.3.1 Inkrementelle Anpassung von Institutionen

8.3.2 Persistenz von Institutionen und institutionelle Hysterese

8.3.3 Institutional entrepreneurship

8.3.5 Zur Rolle von Institutionen in Innovationsprozessen

Teil IV: Organisation

9 Organisation wirtschaftlichen Austauschs

9.1 Transaktionskosten und räumliche Produktionsorganisation in der neuen Institutionenökonomie

9.1.1 Unternehmensorganisation als Transaktionsproblem

9.1.2 Transaktionskostenansatz

9.1.3 Transaktionskosten in räumlicher Perspektive

9.2 Embeddedness und Netzwerkbildung in der new economic sociology

9.2.1 Der embeddedness-Ansatz

9.2.2 Embeddedness in räumlicher Perspektive

9.2.3 Unternehmensnetzwerke

9.2.4 Paradoxon der embeddedness und lock-in

9.3 Temporäre Kooperation in Projekten

9.3.1 Projektorganisation

9.3.2 Projekte in räumlicher Perspektive

9.3.3 Kritische Würdigung der Projektorganisation

10 Geographische Cluster

10.1 Nationale Wettbewerbsvorteile und industrielle Cluster

10.1.1 Faktorbündel zur Erklärung industrieller Cluster

10.1.2 Kritische Würdigung des Porter’schen Diamanten

10.2 Industriedistrikte und innovative Milieus

10.2.1 Dreigeteilte räumliche Wirtschaftsstruktur in Italien

10.2.2 Konzeption der Industriedistrikte in Italien

10.2.3 Probleme der Übertragbarkeit des Dritten Italien

10.2.4 Milieuansatz der GREMI-Schule

10.2.5 Innovatives Milieu

10.2.6 Konvergenz der Milieu- und Distriktansätze

10.3 Theorie regionaler Cluster

10.3.1 Clusterdimensionen und trade-offs

10.3.2 Lokales Rauschen und globales Pfeifen: Zu einer wissensbasierten Clustertheorie

10.3.3 Temporäre Cluster zur Herstellung globaler Vernetzungen

10.3.4 Zum Verhältnis temporärer und permanenter Cluster

11 Geographie des Unternehmens

11.1 Strategie und geographische Organisation von Unternehmen

11.1.1 Wechselwirkung von Strategie und Struktur

11.1.2 Tripolare Unternehmenstypologie

11.1.3 Entwicklungsstufen der Unternehmensorganisation

11.2 Internationalisierung von Unternehmen

11.2.1 Strategien der Internationalisierung

11.2.2 Eklektisches Paradigma und Stufentheorien

11.2.3 Netzwerktheorie der Internationalisierung

11.3 Globale Organisation der Wertschöpfung

11.3.1 Typen international agierender Unternehmen

11.3.2 Marktmacht und oligopolistischer Wettbewerb

11.3.3 Aushandlungsprozesse zwischen Staat und Unternehmen

11.3.4 Globale Waren- und Wertschöpfungsketten

11.3.5 Globale Produktionsnetzwerke

Teil V: Evolution

12 Regionales Wachstum und Entwicklung

12.1 Neoklassische Theorie

12.1.1 Grundmodell regionalen Wachstums

12.1.2 Kritische Würdigung der neoklassischen Theorie

12.2 Polarisationstheorie

12.2.1 Sektorale Polarisation

12.2.2 Regionale Polarisation

12.2.3 Zirkuläre Verursachung kumulativer Prozesse

12.2.4 Zentrum-Peripherie-Modelle

12.2.5 Kritische Würdigung der Polarisationstheorie

12.3 Exportbasis-Ansatz und regionale Wirtschaftspolitik

12.3.1 Regionalwirtschaftliche Multiplikatoreffekte im Exportbasis-Ansatz

12.3.2 Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur

12.3.3 Europäische Regionalpolitik und Wirtschaftsförderung

12.4 Geographical economics

12.4.1 Regionale Industrieballungen

12.4.2 Kleinräumige Industriespezialisierungen

12.4.3 Dynamik von Konzentrations- und Entleerungsprozessen

12.4.4 Kritische Würdigung von Krugmans geographical economics

13 Evolution von Unternehmen und Standorten

13.1 Evolution in der Organisationsökologie

13.1.1 Grundzüge evolutionärer Theorien

13.1.2 Evolution und Organisationsökologie

13.1.3 Organisationsökologie in räumlicher Perspektive

13.1.4 Kritische Würdigung der Organisationsökologie

13.2 Unternehmensgründungen aus evolutionärer Sicht

13.2.1 Gründungs-, Standort- und Wachstumsfaktoren

13.2.2 Schumpeter’scher Unternehmerbegriff

13.2.3 Saatbeet-Hypothese

13.2.4 Inkubator-Hypothese

13.2.5 Neugründungen als spin-offs

13.2.6 Gründungsforschung und Förderpolitik

13.3 Evolutionäres Modell geographischer Industrialisierung

13.3.1 Lokalisation und windows of locational opportunity

13.3.2 Selektive Clusterungsprozesse

13.3.3 Dispersionsprozesse in growth peripheries

13.3.4 Shifting centers

13.4 Entstehungsprozess und Evolution von regionalen Unternehmensballungen

13.4.1 Ursachen der Entstehung von Clustern

13.4.2 New industrial spaces und Super-Cluster

13.5 Ansätze einer evolutionsökonomischen Wirtschaftsgeographie

13.5.1 Perspektiven und Grundkonzepte

13.5.2 Variation durch Innovation und verwandte Vielfalt

13.5.3 Räumlich differenzierte Selektion

13.5.4 Reproduktion in Entwicklungspfaden

13.5.5 Kritische Würdigung der evolutionsökonomischen Wirtschaftsgeographie

Teil VI: Innovation

14 Innovation und Unternehmen

14.1 Innovation

14.1.1 Innovation als Ergebnis

14.1.2 Innovation als Prozess

14.1.3 Invention versus Imitation

14.2 Produktzyklustheorie

14.2.1 Forschung und Entwicklung im linearen Modell

14.2.2 Produktzyklustheorie in räumlicher Perspektive

14.2.3 Unternehmens-, Industrie- und Regionalzyklen

14.2.4 Kritische Würdigung der Produktzyklustheorie

14.3 Evolutionäre Perspektive technologischen Wandels

14.3.1 Evolutionäres Modell konkurrierender Technologien

14.3.2 Wissensaustausch und Lernen im Innovationsprozess

14.3.3 Institutionen des technologischen Wandels

15 Technologischer und gesellschaftlicher Wandel

15.1 Theorie der langen Wellen

15.1.1 Schumpeters Theorie der langen Wellen

15.1.2 Lange Wellen in räumlicher Perspektive

15.1.3 Kritische Würdigung der Theorie der langen Wellen

15.1.4 Technisch-ökonomische Paradigmen im neoschumpeterianischen Ansatz

15.2 Regulationsansatz

15.2.1 Akkumulationsregime und Regulationsweise

15.2.2 Entwicklungsphase und -krise in räumlicher Perspektive

15.2.3 Aus der Fordismuskrise zu einer neuen Entwicklungsphase?

15.2.4 Nachfordistische Strukturen in räumlicher Perspektive

15.2.5 Kritische Würdigung der Regulationstheorie

15.3 Innovationssysteme

15.3.1 Typen von Innovationssystemen

15.3.2 Nationale Innovationssysteme

15.3.3 Regionale Innovationssysteme

15.3.4 Lernen und Innovation in räumlicher Perspektive

15.4 Varieties of capitalism

15.4.1 Institutionelle Ebenen und Komplementaritäten

15.4.2 Liberale und koordinierte Marktwirtschaften in räumlicher Perspektive

15.4.3 Kritische Würdigung des varieties-of-capitalism-Ansatzes

Literaturverzeichnis

Impressum

Vorworte

Vorwort zur ersten Auflage

Wirtschaftliche Prozesse sind stets an bestimmte Akteure wie z. B. Arbeitskräfte und Unternehmer oder an Akteurskollektive wie Unternehmen und formelle Institutionen geknüpft. All diese Akteure haben einen physischen Ort, sodass die von ihnen ausgehenden Prozesse des Handels, der arbeitsteiligen Produktion oder des kollektiven Lernens und Transfers von Wissen lokalisierbar sind. Häufig sind wirtschaftliche Aktivitäten in bestimmten Lokalitäten, Regionen oder Nationen stark konzentriert und wechselseitig mit anderen Aktivitäten in derselben Raumkategorie verknüpft. Sie werden dabei durch spezifische soziale, kulturelle, politische, technologische und wirtschaftliche Strukturen dieses Umfelds mit beeinflusst und wirken umgekehrt an der Gestaltung dieser Strukturen mit. Aus dieser Erkenntnis heraus haben sich in vielen Wissenschaften Strömungen wie die neue Institutionenökonomie, die geographical economics, der neue soziologische Institutionalismus oder die new economic sociology entwickelt, in denen Raumbezüge und regionale Zusammenhänge eine Renaissance erfahren.

Ein wichtiges Ziel der Wirtschaftsgeographie ist es zu verstehen, warum ökonomische Prozesse in verschiedenen sozio-institutionellen Kontexten unterschiedlich organisiert sind, wieso es folglich zu beobachtbaren und messbaren sozio-ökonomischen Differenzierungen in räumlicher Perspektive kommt. Damit zusammen hängend stellt sich die Frage, wie Unternehmen auf unterschiedliche Weise in die lokalen, regionalen, nationalen oder supranationalen Entwicklungszusammenhänge eingebunden sind. Aufgabe der Wirtschaftsgeographie ist es insbesondere zu erklären, warum lokalisierte Ballungs- und Spezialisierungsprozesse bestimmter Wirtschaftssektoren einsetzen und wie sie ablaufen.

Angesichts der öffentlichen Debatte über Globalisierungsprozesse entsteht manchmal der Eindruck, das Lokale, Regionale und Nationale seien in der Auflösung begriffen und würden im Globalen untergehen. Aus diesem Grund sind territoriale Institutionen unterschiedlicher Maßstabsebenen und ihre Repräsentanten auf der Suche nach neuen Gestaltungsspielräumen, um nicht den globalen Umstrukturierungsprozessen ausgeliefert zu sein. Wir werden der schon von Marx & Engels (1848) geäußerten Einschätzung, nationale Produktionszusammenhänge würden im Zeitablauf vernichtet, entgegen treten und aufzeigen, dass Globalisierung nicht zu einer Entterritorialisierung führt. Die mit der Internationalisierung und Globalisierung verbundenen substanziellen Re-Skalierungen und Neuordnungen ökonomischer Strukturen und Beziehungen können sogar zu einer Stärkung lokal-regionaler Produktionszusammenhänge führen und neue Chancen für subnationale Entwicklungspfade eröffnen. Aus der Analyse der wirtschaftlichen und sozialen Prozesse heraus versuchen wir Ansatzpunkte dafür zu finden, wie regionale Wirtschaftsballungen und -spezialisierungen gefördert und deren sozio-institutionelle Einbettung in lokale Zusammenhänge gestärkt werden können.

Ein wichtiger Anlass für uns, dieses Buch zu schreiben, war die Unzufriedenheit mit vorhandenen Lehrbüchern, die nur einen Ausschnitt der von uns als wichtig erachteten wirtschaftsgeographischen Konzeptionen behandeln und die neueren Strömungen und Perspektiven der Wirtschaftsgeographie zumeist eher randlich oder gar nicht aufgreifen. Somit stellte sich für uns die Frage, wie sich die Wirtschaftsgeographie in ihrem Problem- und Lösungsverständnis anders ausrichten kann. Die Frage der zukünftigen Orientierung der Wirtschaftsgeographie stellt sich gegenwärtig auch international. Dabei illustriert die Debatte, die von Amin & Thrift (2000) angestoßen und in einem Themenheft der Zeitschrift Antipode in 2001 von renommierten Fachvertretern fortgeführt wurde, dass neben der neoklassischen Wirtschaftstheorie, die in der geographical economics aufgegriffen wird, auch organisationstheoretische, wirtschaftssoziologische, kulturwissenschaftliche, politisch-ökonomische und andere interdisziplinäre Ansätze das Verständnis ökonomischer Beziehungen und deren evolutionären Wandel nachhaltig bereichert haben.

Gegenwärtig steht die Wirtschaftsgeographie vor der Frage, welche Rolle sie als wissenschaftliche (Teil-)Disziplin zukünftig bei der Lösung gesellschaftlicher Probleme spielen kann und möchte. Dies gilt erst recht, als sie unseres Erachtens nach dringend einer Rekonzeptionalisierung und damit verbunden einer veränderten Perspektive und Methodik bedarf. Mit dem Argument der zweiten Transition plädieren wir in diesem Buch für eine stärker als bisher sozialwissenschaftlich orientierte Wirtschaftsgeographie, in der wir das Ökonomische und Soziale als gleichwertige, eng aufeinander bezogene Dimensionen zum Verständnis und zur Erklärung wirtschaftsgeographischer Phänomene ansehen. Ökonomische Prozesse sind stets auch soziale Prozesse. Wir weisen an vielen Stellen auf die Ko-Präsenz ökonomischer und sozialer Routinen hin, um das Ineinandergreifen des Ökonomischen und Sozialen zu verdeutlichen. In diesem Buch streben wir an, wichtige Leitlinien noch relativ junger wirtschafts- und sozialwissenschaftlicher Ansätze auszuformulieren und zu der Rahmenkonzeption einer relationalen Wirtschaftsgeographie zusammenzufügen. Ihr vorrangiges Ziel soll es sein, wirtschaftliche und soziale Prozesse aus einer spezifisch räumlichen Perspektive zu beschreiben, zu erklären und daraus Schlussfolgerungen für strategische, planerische und politische Aktivitäten von Akteuren in Unternehmen, Städten, Gemeinden und Regionen abzuleiten.

Das Buch ist als Lehrbuch konzipiert. Allerdings unterscheidet es sich von klassischen Lehrbüchern dadurch, dass es über die scheinbar neutrale Darstellung etablierter Theorien und anerkannten Wissens hinausgeht. Es dient nicht als Enzyklopädie, die ein statisches Gesamtbild der Disziplin zeichnet. Im Gegenteil: Wir führen einen konzeptionellen Diskurs wirtschaftsgeographischen Denkens mit dem Ziel, Studierende und Fachinteressierte aufgrund der Darlegung von Begriffen, Konzepten und deren Implikationen zu einem kritischen und grundlegenden Verständnis von Wirtschaftsgeographie anzuregen. Wir möchten den Übergang von einem raumwirtschaftlichen zu einem relationalen Denken kritisch und konzeptionell erarbeiten, indem wir nicht nur einfach verschiedene Konzepte einander gegenüber stellen oder einen abrupten Bruch mit etablierten Ansätzen herbei führen. Vielmehr stellen wir im zweiten Teil des Buchs zunächst ausführlich die traditionellen Ansätze dar, um durch kritische Diskussion ihrer Perspektiven und Begrenzungen die Ziele und Arbeitsmethoden der Wirtschaftsgeographie in ein weiter entwickeltes Arbeitsprogramm zu integrieren. Diesen Übergang werden wir als zweite Transition der Wirtschaftsgeographie formulieren und in einer neuen Perspektive im dritten Teil des Buchs entwickeln. Unser Vorgehen beruht auf der Überzeugung, Denkfiguren so zu dekonstruieren, dass der interessierte junge Leser ebenso wie der etablierte Akademiker ein Angebot erfährt, Kritik und neue Konzepte nachzuvollziehen, um möglicherweise mit Toulmin (1972) „aus guten Gründen“ zu neuen Perspektiven zu finden. Dieses Lehrbuch betont letztlich weniger das Wissen als vor allem das kritische Denken.

So wenig die Konzeptionen der relationalen Wirtschaftsgeographie bisher ein geschlossenes Theoriegebäude darstellen, so wenig erheben wir in diesem Buch den Anspruch auf Vollständigkeit. Es gibt wichtige Themenbereiche, die wir aus Zeit- oder aus Platzgründen – oder einfach, weil wir meinten, für unser Argument darauf verzichten zu können – nicht mit berücksichtigt haben. Zudem ist dies in erster Linie ein konzeptionelles Buch, das nicht anstrebt, den Stand der empirischen Forschung auf breiter Ebene genau wiederzugeben.

Das Buch ist multiperspektivisch gedacht und führt Disziplin übergreifende Einflüsse zusammen. Es richtet sich deshalb an ein breites wissenschaftliches Publikum, bestehend aus Geographen, Ökonomen sowie Politik- und Sozialwissenschaftlern, deren übergeordnetes Interesse es ist, ökonomische und soziale Prozesse aus räumlicher Perspektive zu untersuchen. Zudem richten wir uns an alle Unternehmer, Planer, Politiker und sonstige Interessenten aus der Praxis, die sich bereits transdisziplinär mit den räumlichen Wirkungen wirtschaftlicher Prozesse beschäftigen und hierfür einen konzeptionellen Rahmen suchen. Hauptzielgruppe unseres Buchs sind aber die Studierenden der verschiedenen Fachrichtungen, die einen breiten und Disziplin übergreifenden Handlungsrahmen suchen, wenn sie eine räumliche Perspektive auf Wirtschaft und Gesellschaft anwenden.

Wir schätzen uns glücklich, in enormer Weise von Anregungen in unzähligen Gesprächen, Diskussionen und Kritikansätzen profitiert zu haben. Besonders wichtig waren in dieser Entwicklung Meric S. Gertler, Ernst Giese, Alfred Hecht, Günter Löffler, Stefanie Lowey, Josef Nipper, Gerald Romsa, Eike W. Schamp, Leslie Sklair und Benno Werlen. Zudem haben wir im Rahmen unserer Tätigkeit an der Justus-Liebig-Universität in Gießen, der Wilfrid Laurier University in Waterloo (Kanada), der Julius-Maximilians-Universität in Würzburg, der London School of Economics and Political Science (Großbritannien) und der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main seit Ende der 1980er Jahre vielfältige Erfahrungen sammeln können und Anregungen durch Studentinnen und Studenten sowie Kolleginnen und Kollegen an den betreffenden geographischen Instituten erhalten, die in die Konzeption dieses Buchs eingegangen sind. Für wertvolle kritische Hinweise zu einzelnen Kapiteln besonders dankbar sind wir Gerhard Bahrenberg, Ernst Giese, Gernot Grabher, Ilse Helbrecht, Frank Kobiela, Ute Wardenga, Benno Werlen und Guido Zakrzewski. Des weiteren gebührt unser Dank Katrin B. Anacker, Kai Bunke, Heiner Depner, Katrin Griebel, Caroline Jentsch, Elke Lerch und Bernd Rentmeister für ihre unverzichtbare, superbe Mithilfe bei der Erarbeitung und Korrektur des Manuskripts, Ömer Alpaslan und Ulrich Himmelsbach für ihr umfassendes Engagement bei der Erstellung der Grafiken sowie Eckhard Jedicke und Nadja Kneissler für die konstruktive Verlagsbetreuung. Von unschätzbarer Bedeutung war für uns die stets motivierende Unterstützung und offene Kritik durch unsere Partnerinnen Clare L. S. Wiseman und Katrin Ullrich, die für dieses Projekt zudem etliche Entbehrungen auf sich nehmen mussten. Ihnen möchten wir dieses Buch widmen.

Frankfurt am Main, im Herbst 2001

Harald Bathelt und Johannes Glückler

Vorwort zur dritten Auflage

Es ist nun etwa zehn Jahre her, dass wir begannen, ein neues Lehrbuch mit dem Ziel zu konzipieren, eine breite Grundlage für eine ökonomisch und sozialwissenschaftlich fundierte Wirtschaftsgeographie zu entwickeln und gleichzeitig Anschluss an die dynamische angelsächsische Diskussion in unserem Fach herzustellen. Wir haben dies als einen Aufbruch verstanden, bei dem es uns darum ging, vorhandene Fronten und Verschränkungen aufzubrechen. Mit dem Ansatz einer relationalen Wirtschaftsgeographie wollten wir eine offene Forschungskonzeption entwerfen, die multiperspektivisch und transdisziplinär angelegt ist und „das Soziale“ und „das Wirtschaftliche“ zu einem konsistenten Konzept ökonomisch-sozialen Handelns in räumlicher Perspektive vereint.

Seither hat sich in der Wirtschaftsgeographie viel getan: Es sind neue Perspektiven und Forschungskonzeptionen hinzugekommen, das Fach hat sich weiterentwickelt und neue Erkenntnisse wurden gewonnen. Die relationale Wirtschaftsgeographie als Forschungskonzeption hat inzwischen Konturen angenommen, sodass das, was wir vor zehn Jahren als Aufbruch gesehen haben, inzwischen eine gewisse Reife erlangt hat und wiederum in anderen Ansätzen aufgegangen ist. Aufgrund dieser Entwicklungen ist es an der Zeit, eine grundlegende Neubearbeitung des Lehrbuchs vorzulegen.

Wir haben diese Neubearbeitung in den vergangenen Jahren Schritt für Schritt durchgeführt und dabei versucht, sowohl die aktuellen Entwicklungen im Fach zu berücksichtigen als auch auf die vielfältigen Anregungen und Kritikansätze von Kollegen und Kolleginnen sowie vielen interessierten Studierenden einzugehen. So haben wir uns in der Neuauflage ausführlicher als zuvor mit der Rolle von Institutionen, Handlungsebenen und -praktiken, mit makroökonomischen Konzepten sowie neuen Marktperspektiven und Aspekten von Machtbeziehungen beschäftigt. In der Konsequenz haben sich die Kapitel und ihr Aufbau verändert und weiterentwickelt.

Ein Aspekt liegt uns dabei besonders am Herzen, der uns in der Betrachtung der letzten zehn Jahre beunruhigt. Die ursprüngliche und – nach wie vor – zentrale Intention des relationalen Ansatzes war es, ökonomische und sozialwissenschaftliche Sichtweisen zu integrieren und gemeinsam zu betrachten, und nicht eine spezifische disziplinäre Sichtweise zulasten einer anderen hervorzuheben. Unser Argument war – und ist –, dass ökonomisches Handeln nicht rein ökonomischen, d.h. vollständig rationalen, gewinnorientierten und preisbestimmten Prinzipien folgt, sondern durch soziale Strukturen und Beziehungen geprägt ist. Ökonomische Partner sind häufig in dauerhaften Austauschbeziehungen miteinander verbunden, die kein vordefiniertes Ende haben, in denen viele Informationen und Wissen zum beiderseitigen Vorteil ausgetauscht werden (ohne dass hierbei jeweils ein Tauschpreis entrichtet wird), in denen Vertrauen in die Leistungsfähigkeit und Verlässlichkeit der Partner entsteht und vieles mehr. Aus diesem Grund ist es uns ein besonderes Anliegen, ökonomische und sozialwissenschaftliche Theorien und Konzeptionen in eine integrierte, offene Konzeption des Fachs einzubeziehen und gemeinsam unter einer spezifisch räumlichen Perspektive zu diskutieren. Leider, so unser Eindruck, hat eine derartige Entwicklung in der Forschungspraxis nur bedingt stattgefunden. Prägend für die Entwicklung des letzten Jahrzehnts war vielmehr das Auseinanderdriften der Wirtschaftsgeographie – dadurch gekennzeichnet, dass sich ein erstes Lager einer strikt ökonomischen Ausrichtung mit fast ausschließlich quantitativen Forschungsmethoden, ein zweites Lager dagegen einer soziologisch-kulturwissenschaftlichen Ausrichtung mit fast ausschließlich qualitativen Forschungsmethoden verschrieben hat, wobei die zentralen Forschungsgegenstände der Wirtschaftsgeographie, also ökonomische Strukturen und Beziehungen, teilweise in den Hintergrund geraten sind. Besonders problematisch erscheint uns, dass beide Lager nur wenig voneinander Notiz nehmen und kaum mehr übergreifende Diskussionen suchen. Für ein Fach, das es seit den 1980er-Jahren erfolgreich geschafft hat, Studierende und Interessierte für wichtige Fragestellungen auf dem Arbeitsmarkt vorzubereiten, und das sich erfolgreich auf dem Arbeitsmarkt platziert hat, erscheint diese Entwicklung bedenklich. Aus diesem Grund möchten wir mit dem vorliegenden Buch nochmals im Kern die Notwendigkeit einer pluralistischen Forschungskonzeption betonen, welche breitere wirtschafts- und sozialwissenschaftliche Diskussionen würdigt und in eine räumliche Perspektive einbindet.

Dies basiert auf einer sehr umfangreichen Arbeit, die wir nicht ohne vielfältige Hilfen hätten bewältigen können. Bei der Überarbeitung und Neubearbeitung der dritten Auflage des Lehrbuchs haben uns viele Kollegen, Freunde und Studierende tatkräftig unterstützt oder wichtige Anregungen zum Nachdenken gegeben. In diesem Zusammenhang möchten wir uns besonders herzlich bedanken bei Gerhard Bahrenberg, Tatjana Blau, Ovi Colavincenzo, Heiner Depner, Ulrich Dewald, Annett Entzian, Sebastian Henn, Laura Kaeding, Alexandra Kaiser, Katrin Kappes (geb. Griebel), Nina Knippen (geb. Schuldt), Elio Trucchi, Anna Mateja Schmidt, Samuel Schneebeli, Caroline von Bernuth (geb. Jentsch) und Guido Zakrzewski. Auf Verlagsseite möchten wir uns insbesondere bei Helen Haas und Alessandra Kreibaum sowie bei Sabine Drobik für die konstruktive und motivierende Zusammenarbeit bedanken.

Mit dem vorliegenden Buch haben wir versucht, eine umfassende Darstellung der Wirtschaftsgeographie und ihrer aktuellen Entwicklungen aus relationaler Perspektive vorzulegen. Natürlich ist es unmöglich, sämtliche Diskussionsstränge und Themenbereiche gleichermaßen einzubeziehen. Die Auswahl der dargestellten Theorie- und Themenbereiche ist letztlich in besonderem Maße durch unsere eigenen und gemeinsamen Forschungsinteressen geprägt.

Wir richten dieses Buch an Lehrende und Studierende, die an Fragen der Wirtschaftsgeographie Interesse haben und sich damit im Rahmen von Lehrveranstaltungen, wie z. B. Vorlesungen und Seminaren, sowie bei der Vorbereitung von Forschungs- und Qualifikationsarbeiten beschäftigen. Unser Bemühen ist es, die fachlichen und konzeptionellen Zusammenhänge so umfassend und kritisch darzustellen, dass zum Verständnis eines theoretischen Aspekts nicht gleichzeitig noch vielfältige andere Literatur hinzugezogen werden muss. An vielen Stellen ist unser Lehrbuch aber auch für andere Teildisziplinen, wie z. B. die Sozial- oder die neue Kulturgeographie, sowie für Studierende und Forscher in Nachbardisziplinen, wie z. B. den Wirtschafts- und Politikwissenschaften sowie der Soziologie, von Interesse, die sich mit ökonomischen Strukturen, Beziehungen und Problemen in räumlichen Kontexten beschäftigen.

Wie schon in der ersten Auflage hoffen wir auch in der dritten Auflage auf vielfältige Anregungen, Kommentare und Kritik.

Toronto und Heidelberg, im Frühjahr 2012

Harald Bathelt und Johannes Glückler