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Nr. 421

 

Symbiose der Verdammten

 

Im Labyrinth des Riesenplasmas

 

von Detlev G. Winter

 

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Als Atlantis-Pthor, der durch die Dimensionen fliegende Kontinent, die Peripherie der Schwarzen Galaxis erreicht – also den Ausgangsort all der Schrecken, die der Dimensionsfahrstuhl in unbekanntem Auftrag über viele Sternenvölker gebracht hat –, ergreift Atlan, der neue Herrscher von Atlantis, die Flucht nach vorn.

Nicht gewillt, untätig auf die Dinge zu warten, die nun zwangsläufig auf Pthor zukommen werden, fliegt er zusammen mit Thalia, der Odinstochter, die Randbezirke der Schwarzen Galaxis an und erreicht das so genannte Marantroner-Revier, das von Chirmor Flog, einem Neffen des Dunklen Oheims, beherrscht wird.

Dort beginnt für Atlan und seine Gefährtin eine Serie von Abenteuern, die allesamt voller tödlicher Gefahren sind. Die ersten Stationen ihres Weges sind unter anderem Enderleins Tiegel, der Schrottplanet, Xudon, der Marktplanet und Gooderspall, die Welt der Insektoiden.

Vor kurzem hatten Atlan und Thalia sich mit den Herrschern von Ringtor auseinanderzusetzen, was schließlich zu einer überstürzten Flucht per Transmitter führte.

Der Arkonide und das Mädchen gelangen dadurch in das Labyrinth des Riesenplasmas – und sie erleben die SYMBIOSE DER VERDAMMTEN ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Atlan und Thalia – Die beiden Pthorer in einem lebenden Labyrinth.

Corfyl – Ein obedianischer Wissenschaftler.

Glaumo – Ein Mutant.

Tyrns – Atlans und Thalias unfreiwilliger Führer.

Kandyr-Corn – Leiter einer Expedition.

Wenn du in der Lage wärst, zu denken und zu verstehen, würdest du eines Tages beginnen, über deine Existenz zu grübeln und nach dem Sinn deines Lebens zu fragen. Du würdest schreckliche und erschütternde Antworten erhalten. Du würdest erfahren, dass du in ferner Vergangenheit eine Vielzahl warst und unter dem Einfluss künstlicher Strahlung zu einer Einheit verschmolzen bist. Du könntest erkennen, dass du missbraucht wirst von jenen, die dich geschaffen haben. Du könntest sie hassen und vernichten.

Doch du bist des Denkens und des Verstehens nicht mächtig. Trotz deiner enormen Größe stehst du auf der untersten Stufe der Evolution. Eine Ansammlung von Zellen und Zellverbänden, eine willkürlich verwachsene, formlose organische Masse. Taub, blind und stumm. Angefüllt mit Instinkten, Gefühlen und ungeordnetem Geist.

Du kannst empfinden. Manchmal spürst du wohlige Wärme, die in dich eindringt, Freundlichkeit und Zufriedenheit, Behagen und Wollust. Ein anderes Mal, so wie jetzt, durchziehen dich geistige Qual und körperliche Folter.

Du nimmst es hin. Du bist nicht fähig, die Ursachen zu erkennen. Du kannst dich nicht wehren, musst es geschehen lassen. Deine Reaktionen sind unbewusst und ungesteuert.

Denn du denkst nicht und verstehst nicht.

Du bist irgendwann entstanden und wirst irgendwann vergehen.

Du lebst.

Du fühlst.

Du bist.

Nicht mehr – und nicht weniger.

 

1.

 

Es war lange her, dass der Arkonide die Begleiterscheinungen eines Transmitterdurchgangs in so intensiver Weise erlebt hatte. Er hatte das Gefühl, von einer gigantischen Kraft gepackt und zerrissen zu werden. Er spürte jede Faser seines Körpers. Der Schmerz raubte ihm fast die Sinne. Haltlos taumelte er einige Schritte nach vorn, die Arme in unkontrolliertem Reflex ausgestreckt. Schwer atmend blieb er schließlich stehen. Noch fühlte er sich benommen, aber unter den belebenden Impulsen des Zellaktivators erholte er sich verhältnismäßig schnell. Atlans Blick klärte sich; aus den verwaschenen Schemen konfuser Wirrnis schälten sich die Konturen einer farbenschillernden, in träger Bewegung verhafteten Wirklichkeit.

Mit Erleichterung nahm Atlan zur Kenntnis, dass bisher kein Angriff erfolgt war. In den Minuten der geistigen Verwirrung wären er und seine Mitstreiter völlig wehrlose Opfer gewesen. So merkwürdig dieser Ort auf den ersten Blick wirkte, es bestand offenbar keine unmittelbare Bedrohung.

Wenige Schritte neben sich sah er Thalia. Die fünf anderen vermochte er nirgends zu entdecken, und obwohl dieser Umstand seine Verwirrung steigerte, schob ihn Atlan als ein Problem zweitrangiger Bedeutung zunächst zur Seite. In erster Linie war es wichtig, sich um die Pthorerin zu kümmern. Sie hielt die Augen geöffnet, aber es war deutlich, dass sie die Orientierung noch nicht wiedergefunden hatte. Der Arkonide ging zu ihr und ergriff sie behutsam an den Schultern.

»Thalia!«, sagte er eindringlich.

Ihre Lider zuckten unkontrolliert, dann flackerte Erkennen in ihrem Blick auf.

»Das war hart«, murmelte sie. »Ich dachte nicht, dass ich es lebend überstehen würde.«

»Bist du in Ordnung?«

Sie nickte schwach, während sie tief einatmete und die Luft zischend wieder ausstieß.

»Ich denke ja.« Sie schüttelte ruckartig den Kopf, um die letzten Schatten der Desorientierung zu vertreiben. »Seit ich dich kenne, habe ich mich an einiges gewöhnt.«

Atlan konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Er fand die Art, wie seine Gefährtin die eben hinter sich gelassenen Strapazen überging, ermutigend. Überdies gab es noch immer keine Anzeichen, dass jemand einen Angriff auf sie vorbereitete. Vielleicht war ihnen nach den turbulenten Ereignissen auf Sinkle-Eehl endlich etwas Ruhe und Erholung vergönnt.

So weit in seinen Gedanken gekommen, meldete sich die lautlose, ernüchternde Stimme des Extrasinns, die ihm in gewohnt frappierender Offenheit klarmachte, dass er sich nur umzusehen brauche, um festzustellen, wie weit es mit der erhofften Entspannung her sei.

Unwillkürlich nickte Atlan.

Der Ort, an den sie der Ringtor-Transmitter geschleudert hatte, war von faszinierender Fremdartigkeit. Ein kuppelförmiger Raum, dessen technische Anlagen in eine farbige, ruhelose Masse eingebettet waren. Träge pulsierend, in ständiger, schwerfälliger Bewegung begriffen, wölbte sich die Substanz in schwindelerregende Höhe hinauf. Es schien, als würde sie durch energetische Felder daran gehindert, den Saal auszufüllen. Ruhelosigkeit bestimmte das Bild. Überall in dieser zähen Masse bildeten sich Strudel und Wirbel, die sich alsbald wieder auflösten, leichte Schwingungen zogen über die Substanz hinweg, es entstanden geschwulstartige Auswölbungen. Atlan wurde den Eindruck nicht los, sich im Innern eines riesigen Organklumpens zu befinden, der die Gerätschaften der Transmitteranlage schützend umschloss. Die Erzeugnisse einer fremden Technik waren auf beinahe harmonische Weise in die lebende Masse eingefügt und mit ihr verbunden. Dennoch ging eine unwirkliche Bedrohung von dem Organismus aus, sein Anblick war gleichermaßen phantastisch und erschreckend. Es waren keine Leuchtquellen zu entdecken, aber die in allen Farben schillernde Substanz erfüllte die Umgebung mit grünlich-trüben Licht.

»Ich kann nicht behaupten, dass ich mich hier sonderlich wohl fühle«, sagte Atlan, nach einem langen Rundblick.

Thalia nickte. Sie war einige Schritte auf und ab gegangen, um die schmerzenden Muskeln zu trainieren. Jetzt kam sie zu Atlan und legte ihm eine Hand auf den Arm.

»Wir werden eine Menge Probleme zu lösen haben«, sagte sie und machte eine alles umfassende Geste. »Wir wissen nicht, wo wir sind, was uns erwartet und wie wir hier herauskommen sollen.«

»Es wird uns etwas einfallen«, versicherte der Arkonide. Allmählich kehrten seine Kräfte vollständig zurück. »Was mich im Moment beschäftigt, ist die Frage, wo die anderen geblieben sind.«

 

*

 

Die anderen – das waren die fünf Mitglieder der Obed-Sippe, mit denen Atlan und Thalia auf dem Planeten Sinkle-Eehl zusammengetroffen waren: die ebenso hässliche wie eitle Santhillia, der verwegen-wilde Kuron, der schweigsame Drumuuhl, der clevere, intelligente Carnat – und Tehtleyn, das kindlich-irre, heimtückische Familienoberhaupt. Einst Mitglieder eines alten Adelsgeschlechts, das über diesen Bereich der Schwarzen Galaxis herrschte, hatten sie sich auf der Flucht vor den Häschern des Dunklen Oheims in eine Festung zurückgezogen, die aufgrund ihrer ungewöhnlichen architektonischen Merkmale Ringtor genannt wurde. Hier glaubten sie, Ruhe zu finden und irgendwann in Vergessenheit zu geraten.

Sie hatten freilich nicht mit der Schläue Chirmor Flogs, des unumschränkten Herrschers über das Marantroner-Revier, gerechnet. Durch das Studium alter Dokumente musste er auf die Idee gekommen sein, das Geheimnis von Ringtor zu ergründen und geeignetenfalls für seine machtpolitischen Zwecke einzusetzen. Er hatte die LARZIER losgeschickt, ein Organschiff, dessen Besatzung auf Sinkle-Eehl nach dem Rechten sehen sollte. Durch die verderbliche Strahlung Ringtors zum Absturz gebracht, hatte es immerhin noch einen Notruf absetzen können.

Chirmor Flog zögerte nicht lange. Er, der seine schlimmsten Befürchtungen offenbar bestätigt sah, setzte unverzüglich eine Vernichtungsflotte in Marsch, die den letzten Überlebenden des alten Adelsgeschlechts den Garaus machen sollte. Atlans technischem Verständnis war es zu verdanken, dass die Transmitteranlage der Festung rechtzeitig aktiviert werden konnte. Er, Thalia und die Obed-Familie wurden entmaterialisiert, bevor die feindliche Flotte Ringtor zerstörte.

Die Funktion eines Transmitters war dem Arkoniden vertraut. Um so seltsamer erschien es Atlan, dass nur er und Thalia hier materialisiert waren. Die Obeds tauchten nicht wieder auf. Sie blieben verschollen.

Es war müßig, darüber zu spekulieren, was ihnen zugestoßen sein mochte. Vielleicht waren sie durch einen technischen Fehler oder ein Naturereignis abgesondert worden und an einem anderen Ort herausgekommen. Atlan hielt es auch für denkbar, dass die Rekonstruktion ihrer atomaren Muster nicht reibungslos abgelaufen war. Sie hatten lange unter dem Einfluss Ringtors gelebt, dessen Strahlung ihnen sogar zur Unsterblichkeit verholfen hatte. Möglicherweise war ihr Körpergefüge im subzellularen Bereich derart verändert worden, dass es einen Hypertransport unmöglich machte.

Die Frage, an welchen Ort sie der Transmittersprung verschlagen hatte, hielt der Arkonide momentan dringender der Klärung bedürftig. Der Entzerrungsschmerz war ungewöhnlich heftig gewesen, und Atlan war geneigt zu glauben, dass die Entfernung, die sie zurückgelegt hatten, dementsprechend groß war. Vielleicht befanden sie sich überhaupt nicht mehr im Marantroner-Revier.

Narr! Der Einwand kam mit gewohnter Kaltschnäuzigkeit. Sein Extrasinn gedachte, ihn eines Besseren zu belehren. Hast du vergessen, was in Ringtor los war, als wir abgestrahlt wurden? Die Flotte des Neffen war dabei, die Anlage in Schutt und Asche zu legen. Unermessliche Energien sind dabei freigesetzt worden. Es ist normal, dass dies nicht ohne Auswirkungen auf unseren Sprung geblieben ist.

Atlan verzichtete auf eine geistige Debatte mit seinem Logiksektor. Die Erklärung, die der Extrasinn anbot, entbehrte nicht einer großen Wahrscheinlichkeit.

Der Arkonide ging hinüber zu den Schaltanlagen. Er hatte die spontane Idee, den Transmitter neu zu justieren und sich und Thalia von hier abzustrahlen. Seine Bemühungen blieben erfolglos. Die Energieversorgung war unterbrochen, das Gerät musste sich nach ihrer Ankunft automatisch abgeschaltet haben.

»Gib es auf«, riet Thalia, die sein Vorgehen verfolgt hatte. »Es wird uns nichts übrigbleiben, als aus eigener Kraft hier herauszufinden.«

Ihr ausgestreckter Arm wies auf die gegenüberliegende Wand der Organmasse. Dort führten mehrere Gänge tiefer in die fremdartige Substanz hinein. Über jede der Öffnungen wölbte sich eine grünliche, zuckende Membran. Auch sie schienen organischen Ursprungs zu sein, denn sie bewegten sich genau im Rhythmus des umliegenden Gewebes.

Atlan nickte zustimmend. Wahrscheinlich hatten sie wirklich keine andere Möglichkeit, als eine der Membranen zu durchbrechen und in den dahinterliegenden Korridor vorzustoßen. Vorsichtig, fast ängstlich, näherten sich die beiden Menschen einem der Gänge. Das leise, stetige Rauschen wie von einem weit entfernten Wasserfall wurde deutlicher, und jetzt wurde Atlan schlagartig klar, was es zu bedeuten hatte.

Es war das Geräusch von Körperflüssigkeit, die den fremden Organismus durchströmte, ihn mit Nährstoffen versorgte und am Leben hielt!

Die Erkenntnis versetzte ihm einen Schock. Zwar hatte er das Ungeheuerliche die ganze Zeit über vermutet, aber insgeheim hatte er gehofft, dass er sich täuschen könnte.

Atlan, der uralte und erfahrene Arkonide aus dem Geschlecht der Gonozal, Mentor der terranischen Menschheit, Freund und Berater Perry Rhodans, König von Pthor – er stand fassungslos und entsetzt einem Phänomen gegenüber, das ihm im Augenblick des deutlichen Erkennens den Verstand zu rauben schien.

Für einen Moment verlor er jedes Zeitgefühl. Er wusste nicht, wie lange er so dastand und seine Gedanken zu ordnen versuchte, bis Thalia ihn heftig anstieß.

»Was ist los?«, rief sie.

Noch immer maßlos verwirrt, deutete der Arkonide auf die pulsierende Masse vor ihnen.

»Es lebt!«, sagte er rau. »Wir stehen mitten in einem gewaltigen Organismus.«

»Nichts anderes haben wir vermutet.«

Die Leichtigkeit, mit der sie darüber hinwegging, gab ihm etwas von seiner Standfestigkeit wieder. Er sah die farbschillernde Substanz, hörte das verhaltene Rauschen der Körperflüssigkeit, spürte im Gesicht die Wärme, die der Organismus ausstrahlte – und wusste, dass er die Tatsachen endgültig akzeptiert hatte.

Gleichzeitig begann er sich zu fragen, wie umfangreich dieses monströse Gebilde sein mochte, ob es natürlichen oder künstlichen Ursprungs war, wie es hatte entstehen können ...

 

 

Vergessene Bilder: Garnverc

 

»Es wäre eine idyllische Welt«, kommentierte Corfyl-Obed, »wenn sie nicht diese entsetzlichen Wesen hervorgebracht hätte.«

Krilla-Obed, die neben ihm stand, nickte zustimmend. Ihr Gesicht wirkte verkniffen, während sie den Landschaftsausschnitt, der auf dem Bildschirm wiedergegeben wurde, unlustig musterte.

»Ich fürchte«, sagte sie, »unsere Mission steht unter einem ungünstigen Stern. Die erste Sonne, die wir angeflogen haben, besaß überhaupt keine Planeten, das zweite System bestand nur aus toten Materieklumpen – und jetzt das!«

Corfyl unterdrückte ein Lachen. Krilla gehörte zu den Leuten, die sich mit einer Aufgabe, die ihnen gestellt wurde, hundertprozentig identifizierten. Sie hatte den Auftrag, in insgesamt drei Sonnensystemen nach bewohnbaren Welten zu suchen. Das Scheitern ihrer Expedition musste der stolzen Obedianerin wie ein Schlag ins Gesicht erscheinen.

»Immerhin haben wir etwas gefunden, was sich zu beobachten lohnt«, versuchte der Wissenschaftler ihre Laune zu bessern. Er nahm einige Schaltungen vor. Das Bild auf dem Monitor schien ruckartig näherzukommen.

»Sieh hin«, forderte er seine Begleiterin auf. »Du vergibst dir nichts dabei.«

Widerwillig fügte sich die Frau seinem Vorschlag. Auf dem Bildschirm war in gestochen scharfer Ausschnittsvergrößerung eines der riesigen Protoplasmawesen zu erkennen. Es pulsierte aus sich selbst heraus, auf seiner Oberfläche waren vielfältige farbige Muster in ständiger, ruheloser Bewegung. Während des Orbits um diese Welt, der sie den Namen Garnverc verliehen hatten, hatten sie unzählige dieser Wesen entdecken können. Noch war nicht geklärt, ob der Kontakt mit ihnen einem Menschen gefährlich werden konnte, doch schien bereits jetzt festzustehen, dass die Gründung einer Kolonie auf Garnverc ausgeschlossen war.

Am Bildrand, in unmittelbarer Nähe des Plasmaklumpens, tauchte eine schlangenähnliche Kreatur auf, die in geschmeidiger Bewegung über den steinernen Untergrund glitt. Krilla hatte einen entsetzten Schrei auf den Lippen, als sie sah, wie sich die Schlange in das Plasma hineinzuwühlen begann und darin verschwand.

»Es ist abstoßend«, murmelte sie.

Corfyl verstand ihre Reaktion, aber er war zu sehr nüchterner Wissenschaftler, als dass er ihre Einstellung hätte teilen können.

»Das Leben auf Garnverc«, erklärte er, »hat sich in einer umfassenden Symbiose zusammengefunden. Tiere und Pflanzen leben mit und von den Plasmawesen. Hättest du dich etwas mehr auf Beobachtungen konzentriert, hättest du vorhin feststellen können, dass einige größere Tierarten das Plasma als Nahrung benutzen. Sie beißen Teile davon ab und verschlingen sie.«

»Wozu sollte das gut sein?«

»Verstehst du denn nicht?« Langsam redete sich Corfyl in euphorischen Eifer hinein. »Wir wissen nicht, wie die Plasmaklumpen entstanden sind, aber wir werden Zeugen von der Art, wie sie sich in Flora und Fauna dieser Welt eingegliedert haben. Sie sind Grundlage und Stütze einer planetaren Zweckgemeinschaft geworden.«

»Glaubst du, dass sie intelligent sind?«

»Kaum. Ihre Lebens- und Ernährungsweise lässt nicht darauf schließen. Außerdem findet man symbiotische Verbindungen meistens bei niederen Arten. Dennoch ist es ein faszinierendes Schauspiel.«

Krilla wurde seine verschrobene Anschauungsweise einer zur Besiedlung ungeeigneten Welt zu viel. Sie schaltete die Vergrößerung zurück und tastete ein Programm in den Bordrechner. Sekunden später lagen ihr die Daten zum Verlassen der Atmosphäre vor.

Der Wissenschaftler beobachtete ihre Vorbereitungen ungläubig.

»Du hast hoffentlich nicht vor, den Heimflug anzutreten?«

»Natürlich!«, schrie sie ihn an. »Was sonst? Wir sollten bewohnbare Planeten ausfindig machen, nicht irgendwelche unwichtigen Plasmaklumpen studieren!«

Es war ihre Art, auf Misserfolge zu reagieren. Corfyl hatte sich längst gelernt, der Pilotin in solchen Momenten zweckmäßigerweise nicht zu widersprechen. Dass er es dennoch tat, entsprach eher einem unbestimmten Gefühl als vernünftiger Überlegung.

»Ich möchte, dass wir noch eine Weile hierbleiben«, verkündete er.

Krillas Kopf ruckte sprachlos herum. Es dauerte seine Zeit, bis sie die Überraschung verdaut hatte, die der Wissenschaftler mit seinem Ansinnen erzeugte.

»Darf man nach dem Grund fragen?«, wollte sie dann in ihrer unnachahmlich bissigen Art wissen.

Corfyl wirkte unsicher.