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Nr. 465

 

Eine Handvoll Freiheit

 

Die Mission des Koordinators der Ewigkeit

 

von Detlev G. Winter

 

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Atlans kosmische Odyssee, die ihren Anfang nahm, als Pthor, der Dimensionsfahrstuhl, das Vorfeld der Schwarzen Galaxis erreichte, geht weiter. Während Pthor und die Pthorer es immer wieder mit neuen Beherrschern und Besatzern zu tun bekommen, ist der Arkonide zusammen mit seinen Gefährten Razamon und Grizzard auf Veranlassung von Duuhl Larx, dem Herrn des Rghul-Reviers, nach Dorkh gebracht worden, um dort eine Mission im Sinne des Dunklen Oheims zu erfüllen.

Doch Dorkh, das Pthor in vieler Hinsicht gleicht, ist eine Welt voller Schrecken und voller Gewalt, und den drei Männern von Pthor wird bald klar, dass sie eine fast unlösbare Aufgabe vor sich haben. Ihre Fähigkeiten, widrigen Umständen zu trotzen und selbst in aussichtslosen Situationen zu überleben, sind jedoch so ausgeprägt, dass sie bisher alles überstanden haben, was Dorkh gegen sie aufzubieten hatte.

Während Dorkh nun auf eine Reise ins Ungewisse geht, zusammen mit Atlan und seinen Gefährten, blenden wir im nächsten Atlan-Band um und beleuchten ein anderes Geschehen in der Schwarzen Galaxis.

Dieses Geschehen betrifft die Mission eines Koordinators der Ewigkeit, und dabei geht es um EINE HANDVOLL FREIHEIT ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Tolfex – Der Koordinator der Ewigkeit erfüllt einen Auftrag.

Zwertelis – Ein Intelligenzwesen unter den Bestien von Cyrsic.

Faderkyhl – Ein Noot mit einem Hang zur Neugier.

Usmaender – Der Havare lehnt sich gegen seinen Herrn auf.

Yeers und Olken – Zwei Verschwörer schöpfen Hoffnung.

Prolog

 

Irgendwo im Universum eine Sterneninsel, deren Sonnen extrem leuchtschwach sind und die Düsternis des Todes verbreiten: die Schwarze Galaxis, Sitz und Machtzentrum des Dunklen Oheims.

Beherrscht von Unterdrückung, Hass und Sklaverei, bevölkert von ausgebeuteten, willenlosen Individuen, hierarchisch gegliedert in einzelne Reviere, verwaltet von grausamen Statthaltern, den Neffen.

Ein Kosmos für sich, abgeschieden vom Rest der Welt, umfangen von einer Glocke aus Bosheit und Intrigen, aus Neid und Missgunst, eingehüllt in eine Aura des Dunkels, durchdrungen von der Ausstrahlung des Bösen schlechthin.

Und irgendwo im Zentrum des Grauens ein Gegenpol, die Essenz des Positiven, ein Hort des Guten, abgekapselter und isolierter Bereich der Hoffnung und der Zukunft, Spender immerwährenden Lebens.

Ein dunkler Raum ...

Aus diesem Gefängnis gibt es kein Entkommen. Yeers und Olken wissen es. Aber sie können denken, reden, Initiative entwickeln – anders als die anderen, die nur noch Bruchstücke ihrer selbst sind, Fragmente früherer Persönlichkeiten. Ihr Geist ist scharf und rege. Sie stehen außerhalb der Masse, haben Ideen und einen großen Plan, zielstrebig eingeleitet und sorgsam durchdacht.

Ihre Zuversicht war groß und blieb lange erhalten. Langsam änderte sich das.

»Wir warten vergebens«, sagt Yeers. »Die Verbindung wird unterbrochen bleiben.«

»Wir können nur warten«, entgegnet Olken. »Nichts sonst.«

»Wie lange noch? Wie lange willst du deine Sinne darauf verschwenden, das Objekt zu suchen, bevor du einsiehst, dass der Plan gescheitert ist?«

»Es spielt keine Rolle. Dieser Ort ist zeitlos, es gibt keine Vergangenheit, keine Gegenwart und keine Zukunft. Wir können nicht ermessen, wie viel Zeit anderswo vergangen ist, seit wir das Signal empfangen haben. Sind es Stunden, Tage, Jahre? Vielleicht Jahrzehnte oder mehr? Es bleibt sich gleich. Wir müssen warten.«

»Einen neuen Plan könnten wir entwickeln«, schlägt Yeers vor. »Von vorne beginnen.«

»Es gibt keinen besseren Plan. Wir würden unsere Kräfte vergeuden und dabei vielleicht das nächste Signal überhören. Nein, wir müssen aufmerksam bleiben, um die Chance nicht zu verspielen.«

»Sie ist längst verpasst und wird nicht wiederkehren. Wie lange mag es schon her sein!«

»Egal«, bekräftigt Olken. »In unserem Gefängnis gibt es keine Zeit. Wir müssen uns an anderen Maßstäben orientieren.«

»An welchen?«

»Das weiß ich nicht. Deshalb warte ich.«

»Und wenn bereits Jahrmillionen vergangen sind? Wenn das Objekt längst nicht mehr existiert?«

»Eine absurde Vorstellung«, meint Olken.

Allmählich wird Yeers wütend.

»Du merkst nicht, wie du dir widersprichst. Einerseits klammerst du dich an deine Theorie, dass der dunkle Raum keine Zeit aufweist, andererseits weist du die Vorstellung zurück, dass draußen viele tausend oder mehr Jahre vergangen sein könnten. Das passt nicht zusammen.«

»Ich habe von Anfang an gesagt, dass ich die Nichtexistenz der Zeit für ein subjektives Phänomen halte«, verteidigt sich Olken. »Es mag daran liegen, dass wir sie nicht empfinden oder messen können, dass wir keine Vergleichswerte haben. Aber schließlich reden wir miteinander, wir denken, planen und warten. Wir leben in den uns gesteckten Grenzen. Ohne den Ablauf einer Zeit wäre das alles nicht möglich. Ich kann mir jedoch vorstellen, dass diese Zeit eine andere ist als sonst wo, dass dabei Paradoxa geschehen, deren Spanne und Auswirkungen wir nicht einmal erahnen können. Verstehst du, wie ich es meine?«

»Nein«, bekennt Yeers ehrlich. »Vor allem ändert es nichts daran, dass der Kontakt erloschen ist und nicht wieder entstehen wird.«

»Wir müssen Geduld haben.«

»Mach dir nichts vor!«, verlangt Yeers. »Im Grunde deiner Seele bist auch du überzeugt, dass der Plan gescheitert ist. Du versuchst diese Erkenntnis lediglich zu unterdrücken. Du klammerst dich an eine verwegene Hoffnung, damit du den Sinn deines Lebens nicht verleugnen muss.«

Es sind harte Worte für Olken, und eine Weile schweigt er betroffen in der Zeitlosigkeit. Vielleicht hat Yeers Recht. Vielleicht ist ihr Tun wirklich sinnlos.

Die Erinnerung ist schwach und blass, aber sie kriecht unerbittlich in Olkens Gedanken, und sie weckt die Zuversicht, die er eben begraben wollte, von neuem.

Zwei Körperliche waren präpariert worden – der Produzent und der Bote. Der eine sollte das Objekt herstellen, der andere es transportieren. Zumindest der erste Teil des Planes schien gelungen, nicht ohne Komplikationen, aber dennoch zu ihrer Zufriedenheit. Ein einziges Mal empfingen Yeers und Olken das Zeichen. Ihre Freude war groß gewesen – doch bald darauf erlosch der Kontakt wieder.

Seitdem herrscht Stille.

Wie lange schon?

Wie lange noch?

»Wir wissen, dass der Herstellungsprozess erfolgreich abgeschlossen wurde«, versucht Olken seine Haltung zu verteidigen. »Das Objekt existiert! Wir dürfen noch nicht aufgeben! Es wäre ein Verrat an den Interessen aller Lebewesen in dieser Galaxis.«

»Du träumst«, wirft Yeers ihm vor. »Mit deinen Illusionen hilfst du niemandem, nicht einmal dir selbst.«

Olken schweigt. Er spürt selbst, wie einander widersprechende Ansichten ihn abwechselnd zu beherrschen suchen. Aber was soll er tun? Den Plan weiter verfolgen, weiter warten und hoffen, nur um schließlich einzusehen, dass er ein Fehlschlag war? Einen neuen Plan entwickeln und dabei das Risiko eingehen, das nächste Zeichen zu überhören?

Stille und Dunkelheit beherrschen den zeitlosen Raum – nachdenkliche Stille und unversöhnliche Dunkelheit. Die Stimmung sinkt. Träge pulsieren Gedankenketten, unausgesprochene, aber wahrnehmbare Überlegungen.

Natürlich ist der Plan gescheitert. Auch Olken weiß es. Zugeben will er es noch nicht. So viel Aufwand und Hoffnung haben sie investiert. Und alles war umsonst.

Dann, plötzlich, unerwartet, überraschend – wie ein Blitz in der Dunkelheit und ein Schrei in der Stille ...

»Da ist es!«

Yeers schreckt auf. Er vernimmt Olkens Worte, ohne sie zu registrieren. Euphorischer Aufruhr beherrscht ihn. Symbolisch beginnt der dunkle Raum für ihn zu leuchten. Fast empfindet er Ehrfurcht, gepaart mit Zufriedenheit und Genugtuung.

»Das Zeichen ...!«

1.

 

Sehen, sprechen und befehlen konnte er. Er war in der Lage, andere Wesen von sich fernzuhalten, sie in gewissen Grenzen zu beeinflussen und ihre Gefühle zu manipulieren. Ihm zur Seite stand eine Heerschar von Robotern, die nur ihm gehorchten.

Über eine Reihe von Bildschirmen konnte er die Vorgänge im Sternenschiff beobachten, konnte sich Außenaufnahmen und technische Daten, Ortungs- und Tasterimpulse überspielen lassen. Reden konnte er mit Hilfe synthetischer Stimmbänder, die durch ein kompliziertes, halb organisches System aktiviert wurden. Seine Befehle erteilte er über eine Lautsprecheranlage, und über Funk wies er die Roboter an, die seine Anweisungen befolgten.

Er hätte zufrieden sein können, denn trotz aller körperlichen Mängel besaß er die Macht. Dies war sein Schiff. Er allein bestimmte den Kurs und die durchzuführenden Manöver. Tatsächlich war er manchmal glücklich – wenn er sah, wie alles nach seinen Wünschen verlief, wenn er feststellte, wie jede Maschine und jedes Lebewesen an Bord sich seinen Ansprüchen unterordnete und ihm gehorchte.

Ein anderes Mal dagegen konnte er sich selbst hassen, wenn ihm schmerzhaft deutlich wurde, dass er körperlich jedem anderen Geschöpf unterlegen war, dass er zwar denken und lenken, aber nicht handeln konnte.

Ein Impuls jagte durch seine Nervenbahnen. Ein Sektor seines Gehirns war bestrebt, Spontaneität zu erzeugen, wollte ihn aufspringen und fahrige Gesten machen lassen. Seine Wangen hätten sich röten und seine Glieder zittern müssen.

Aber nichts an seinem Äußeren veränderte sich.

Er war verdammt zur Bewegungslosigkeit, unfähig, Gefühle und Gedanken in Gesten und spezifischen Verhaltensweisen auszudrücken. Er sah das Wesen, das auf dem Monitor abgebildet war, hörte dessen Worte und spürte, wie sein Innerstes aufgewühlt wurde. Aber er vermochte Enttäuschung und Wut nicht sichtbar zu übertragen.

Nur schreien konnte er.

»Sie ist ... was?«

Der Schatten auf dem Bildschirm bewegte sich etwas zur Seite. Es war Ausdruck der Verlegenheit.

»Sie ist zerstört«, wiederholte er. »Sämtliche Daten sind vernichtet.«

»Wie konnte das geschehen?« Der Kommandant der ZIEMEN sprach bereits ruhiger. »Wie ist das möglich?«

»Verschiedene Umstände sind dafür verantwortlich«, erklärte der Scuddamore. »Zwei Fremde, deren Geist stark genug war, Länerths Traumprojektionen zu widerstehen und sich sogar daraus zu befreien, haben das Mittlere Fort ins Chaos gestürzt.«

»Was hat das mit der Kartei Gär zu tun!«, rief der Kommandant. »Das Archiv befindet sich meines Wissens im Äußeren Fort.«

»Das ist richtig ...«

»Rede, Scuddamore! Was hat sich sonst noch zugetragen?«

»Unser Chefwissenschaftler, ein Mann namens ...«

»Quärnt, ich kenne ihn«, unterbrach der Kommandant ungeduldig. »Weiter!«

»Nun – als wir befürchten mussten, dass die Unruhe, die die Fremden erzeugten, um sich greifen würde, hat er die Selbstvernichtung der Kartei vorbereitet. Obwohl die Daten, die im Äußeren Fort gespeichert waren, niemals ernsthaft in Gefahr gerieten, in unbefugte Hände zu gelangen, hat Quärnt in einem Moment der Panik den Zerstörungsimpuls abgesetzt.«

Erbittert schloss der Kommandant die Augen. Er hatte sich von dem Abstecher nach Breisterkähl-Fehr viel erhofft, und nun musste er erfahren, dass die Kartei Gär, in der Daten über alle bekannten Völker des Marantroner-Reviers gespeichert waren, nicht mehr existierte. Damit war er bei der Erfüllung seines Auftrags um ein gehöriges Stück zurückgeworfen worden.

»Einer der Fremden war Atlan?«, vermutete er.

»So nannte er sich«, bestätigte der Scuddamore.

Atlan, immer wieder Atlan! Der Name dieses Mannes schien mit dem Niedergang der Ordnung im Marantroner-Revier in untrennbarem Zusammenhang zu stehen. Zweimal war der Kommandant ihm begegnet, beide Male hatte er geglaubt, den Fremden für alle Zeiten unschädlich gemacht zu haben, und beide Male hatte er sich getäuscht.

»Wirst du uns abholen lassen?«, fragte der Scuddamore und erinnerte den Kommandanten daran, dass er Wichtigeres zu tun hatte, als verpassten Gelegenheiten nachzutrauern.

»Nein«, sagte er. »Ihr solltet euch darum kümmern, dass die Anlagen wieder instand gesetzt werden.«

»Wir haben Schwierigkeiten«, bekannte der Scuddamore freimütig. »Einige stellen sich offen gegen uns und versuchen, unsere Aufbauarbeiten zu sabotieren. Die Situation nähert sich einer Revolte, und wir wissen nicht, wie lange wir noch im Sinn des Neffen werden handeln können.«

»Das weiß man nirgendwo«, wies der Kommandant das Ansinnen ab. »Auf allen besiedelten Planeten des Reviers ergeben sich die gleichen Schwierigkeiten. Ihr müsst selbst sehen, wie ihr damit fertig werdet.«

Der Schatten auf dem Bildschirm bewegte sich unruhig.

»Warum greift Chirmor Flog nicht ein? Er hat doch die Macht, in seinem Herrschaftsbereich für Ruhe und Ordnung zu sorgen.«

»Der Neffe ist verschollen«, eröffnete der Kommandant. »Wahrscheinlich ist er tot.«

Wenn den Scuddamoren die Nachricht überraschte, so ließ er es sich nicht anmerken. Durch den Schattenschild, der seine wahre Gestalt verbarg, konnte man ohnehin nie sicher sein, was gerade in ihm vorging.

»Und du?«, setzte er abermals an. »Was ist mit dir? Ich erkenne an den Tasterbildern, die mir übermittelt werden, dass du kein Organschiff befehligst. Deine Einheit gehört der Flotte eines Koordinators der Ewigkeit an. Kann er nichts unternehmen?«

»Nein«, sagte der Kommandant.

»Warum nicht?«, drängte der Scuddamore. Alle seine Worte deuteten darauf hin, dass auf dem Planeten wirklich die Hölle los sein musste. »Warum will uns niemand helfen?«

»Ich kann dir nicht helfen. Die ZIEMEN ist allein unterwegs. Sie gehört keinem Verband an.«

»Und der Koordinator? Wo ist er?«

Der Kommandant genoss den Moment des lauernden Schweigens, den er erzeugte, indem er die Antwort hinauszögerte. In diesem Augenblick fühlte er wieder seine Überlegenheit, vergaß er alle körperlichen Mängel und kostete das Überraschungsmoment voll aus. Dann sagte er:

»Ich bin der Koordinator.«

 

*

 

Seinen richtigen Namen hatte er längst vergessen. Er nannte sich Faderkyhl; das klang zumindest nootisch und mochte in etwa dem nahe kommen, wie man ihn früher angeredet hatte. Er machte sich nicht einmal die Mühe, den zweiten Namensbestandteil zu rekonstruieren.

Es war auch nicht wichtig.

Von jedem Volk hielt sich nur ein Vertreter an Bord des Sternenschiffs auf. Es gab einen Camagur, einen Krejoden, einen Tamater und etliche andere. Wie sie heißen, war zweitrangig. Zur Unterscheidung jedes einzelnen gereichte das jeweils unterschiedliche Äußere.

Er, Faderkyhl, war der Noot.

Er war zufrieden – mit sich, den Umständen, den anderen. Eine ungezwungene Fröhlichkeit beherrschte ihn, wenn er sich über belanglose Dinge unterhielt, wenn er allein oder in einer Gruppe durch die Lagerhallen spazierte, wenn ihm bewusst wurde, wie angenehm das Dasein hier an Bord im Gegensatz zu dem Konkurrenzkampf auf dem Boden eines Planeten war.

Die Eintönigkeit des neuen Lebensrhythmus störte ihn nicht. Es machte ihm auch nichts aus, dass er der einzige Vertreter seiner Art an Bord war, dass es keinen weiblichen Noot gab, mit dem er sich hätte beschäftigen können. Für die Fortpflanzung mochten andere sorgen; er fühlte sich zu Höherem berufen. Er war auserwählt. Er ahnte, dass er einer großen Sache dienen würde, dass eine Bestimmung auf ihn wartete.

Was er nicht unterdrücken konnte, war seine Neugier. Die ZIEMEN war das Schiff eines Koordinators der Ewigkeit, sie war groß und geräumig, und fast überall durfte er sich frei bewegen. Nur der Bezirk, in dem sich der Koordinator selbst aufhielt, war für die übrigen Passagiere tabu. Niemand hatte den Kommandanten jemals zu Gesicht bekommen, niemand wusste, wer er war oder wie er aussah. Schon oft hatten Faderkyhl und seine Freunde darüber hitzige Gespräche geführt, aber niemand schien ernsthaft daran interessiert, das Geheimnis wirklich zu ergründen.

Nur ihn trieb es immer wieder in die Nähe des Kommandobereichs. Meistens kehrte er frühzeitig um, weil ihm das, was er wissen wollte, plötzlich nicht mehr wichtig erschien.

Diesmal jedoch hatte er sich zu weit vorgewagt.

Schon früher war ihm aufgefallen, dass er immer, wenn er einen neuen Vorstoß unternahm, einige Meter weiter vorankam als beim letzten Versuch, bevor ihn der Drang nach Umkehr überwältigte. Er hatte sich nie Gedanken darüber gemacht, hatte sich höchstens gesagt, dass sein Wissensdurst wohl doch geringer sei, als er sich selbst manchmal einbildete.

Heute erfuhr er, dass es andere Gründe hatte.

Der Korridor, den er entlangging, war unbelebt. Zu beiden Seiten waren Türen in die Wände eingelassen, hinter denen sich Ausrüstungsdepots und Lagerräume für technische Gerätschaften befanden. Faderkyhl interessierte sich nicht dafür. Er achtete nur auf die Leuchtplatten an der Decke, die eine angenehme Helligkeit verbreiteten und deren Anzahl dem Noot Maßstab dafür war, wie weit er diesmal in das Sperrgebiet vordrang. Weiter vorn erkannte er eine Kreuzung, und dahinter verschloss ein Schott den weiteren Weg.

Faderkyhls Spannung wuchs, vermischt mit einem deutlichen Gefühl des Unbehagens. Es sah so aus, als sollte es ihm heute gelingen, sein Ziel zu erreichen. Hinter dieser Wand würde er dem Koordinator der Ewigkeit, dem Befehlshaber über die ZIEMEN, gegenüberstehen. Unwillkürlich beschleunigte er seinen Schritt.

Doch plötzlich hielt er wie vom Blitz gerührt inne. Alle Fröhlichkeit und Zuversicht fielen von ihm ab. Drohende Dunkelheit drängte sich in seine Gedanken. Als hätte er eine unsichtbare Mauer durchdrungen, änderte sich die Perspektive seines Blickfelds. Er sah nur noch Schwärze. Er hatte Angst. Etwas überschwemmte seinen Geist mit elementarer Wucht.