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Inhalt

Vorwort

Inkognito geht anders

Loriot, Eva und der Hundehaufen

(K)eine treue Seele

Sein »Onkel aus Berlin«

Wie das Reiskorn zur Nudel wurde

Der Fernseher mit Vorhang

Einmal Urlaub auf Capri, bitte

Ein Kind namens Rhinozeros oder wie Loriot die Luftpost revolutioniert

Der »S«-Fehler

Sind wir nicht alle ein bisschen Loriot?

Der Zauberkasten seines Vaters

Karten her oder ich rede!

Alles hört auf mein Kommando ... wirklich?!

Mein Nachbar, das unbekannte Wesen

Eine Stimme für Emil, den Mops

Die Ziege am Pfahl

Wo geht es hier zum Supermarkt?

Von der Oma zur Oper

Perücke auf und dreißig Pfund zunehmen

Ein gesunder Arm reicht völlig aus

Wie Loriot die Hitparade erobert

Nackte Tatsachen

Jeder Arzt braucht seine Laus

Morddrohung gegen Loriot

Trägt man(n) im Himmel Smoking?

Ring frei für Loriot

Der etwas morbide Heiratsantrag

Der Fluch der (modernen) Technik

Die Ohrfeige

Die Schwester meiner Jugendliebe

Die Taxifahrt

Späte Reue

Unerwartetes Wiedersehen

Der Wilde Westen

Schnürsenkel müssen eckig sein

Hauptrolle: Opapa!

Die gnädigen Herren sind zum Tanzen gegangen

»Insomnia illustratia« oder »Nachtschattengewächse«

Die Zipperlein des Alters

Eilt euch, der Tod wartet nicht

Sein letzter Wunsch ...

Nachtrag

Quellen

Vorwort

Es gibt kaum jemanden, der ihn nicht kennt. Kaum jemanden, der nicht mindestens einen Sketch, einen Witz oder eine der schier unzähligen Textpassagen auswendig zitieren kann. Loriot ist und bleibt der kleinste und gleichzeitig größte gemeinsame Humornenner, auf den sich unsere Nation einigt.

Trotzdem herrscht in Deutschland ein grundsätzliches Missverständnis über den Lieblingskünstler Nummer eins: Vicco von Bülow soll in seiner Eigenschaft als Loriot immer herhalten als feinsinniger Humorist, als Schöngeist, der den Bürgern auf amüsante Art den Spiegel vorhält und sie zum Nachdenken bringt. Da man ihn aus dem Fernsehen nur komisch kennt, »wird alles, was ich sage mit Komischem in Verbindung gebracht«, so Loriot. Dass es auch leise, traurige oder gar verzweifelte Momente in seinem Leben gibt, vergisst man dabei schnell. Abseits aller Komik ist er nämlich auch Ehemann und Freund, Opapa, Nachbar und Tourist – schlicht ein Mensch wie du und ich.

Große Bücher über große Männer gibt es in der Tat zur Genüge. Was also soll man Neues erzählen, was nicht schon längst erzählt worden ist? Johann Wolfgang von Goethe sinnierte einst: »Willst du dich am Ganzen erquicken, so musst du das Ganze im Kleinsten erblicken.« In diesem Sinne zeigen diese vermeintlich nebensächlichen Geschichten einen völlig anderen Menschen hinter der Marke Loriot. Diese Anekdoten erzählen keine Sketche, sondern beschreiben den Menschen selbst. Und das so ehrlich und einzigartig wie nie zuvor.

Eines muss noch gesagt werden: Egal, wie amüsant diese Geschichten sein mögen, Sie werden höflichst darum gebeten, das Lachen während des Lesens auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Bewahren Sie bitte Haltung, so wie Loriot es tut, tat, tun würde. Sein Wunsch nach Contenance – »Ich bin Preuße ... bitte zügeln Sie Ihre Begeisterung« – sollte respektiert werden.

Obwohl ... das ist leichter gesagt als getan.

Inkognito geht anders

92 Prozent der deutschen Bevölkerung kennen Loriot, und zwar in West und Ost fast gleichermaßen. Das mag von Vorteil sein, wenn man auf der Bühne steht, im Fernsehen auftritt oder Filme dreht. Aber bei einer Darmspiegelung ist Ruhm doch eher unpraktisch. Niemand freut sich über frenetischen Applaus, wenn er ohne Hose in Fötusstellung auf dem Untersuchungstisch liegt und einen Schlauch in den Allerwertesten geschoben bekommt.

Nein, da hört der Spaß auf.

Loriot ist sich seines Alters und seines Alterns schon immer bewusst. Wer glaubt, die offensichtlich unveränderte innere Jugendlichkeit sei auch äußerlich noch gut erkennbar, der irrt gewaltig. So beschreibt es der Komiker selbst. Und weil es nun mal unerfreulich ist, »wenn das Publikum den Atem anhält vor Angst, der greise Künstler könne auf der Bühne in Ohnmacht fallen«, geht der Komiker regelmäßig zum Gesundheitscheck ins Krankenhaus.

Womit wir wieder bei dem anfänglichen Popularitätsproblemchen wären. Was macht also ein pfiffiger Kerl wie Loriot, der sich unerkannt in ein Hospital einweisen lassen möchte? Richtig, er meldet sich unter falschem Namen an, damit die Presse ihm nicht auf die Pelle rückt. Gesagt, getan. Drei Tage liegt er zuletzt in einem Zweibettzimmer mit einem älteren Herrn. Geredet wird nicht viel. Sein Nachbar schweigt beharrlich und starrt Löcher in die Luft. Nur gelegentlich schaut er mit neugierigem Blick zu ihm herüber.

»Wissen Sie, wie Sie aussehen?«, fragt ihn sein Zimmernachbar auf einmal unvermittelt. »Wie denn?«, entgegnet Loriot, bereits mit dem trügerischen Gefühl im Bauch, ab sofort enttarnt zu sein. »Na, wie der Dings aus dem Fernsehen«, ist sich sein Nachbar sicher, »na, der Fuchsberger!«

Loriot, Eva und der Hundehaufen

Am 30. Juli 1990 beginnen sie endlich, die Dreharbeiten zu seinem zweiten Spielfilm »Pappa ante Portas«. Zehn Monate hat er an dem Drehbuch geschrieben. Jeder Satz ist durchdacht. Jede noch so kleine Pointe wie gewohnt gedanklich durchgespielt. Die leise Komik braucht Timing, und das muss perfekt sitzen. Loriot ist nun mal ein Perfektionist im besten Sinne.

So wundert es auch nicht, dass er die eine oder andere Szene in den DEFA-Studios von Potsdam-Babelsberg extrem häufig wiederholt, »mit der verzweifelten Hoffnung, die Zeit möge reichen für das optimale Ergebnis«. Dass die Sache vor allem seiner kongenialen Partnerin Evelyn Hamann stinkt, hat in diesem speziellen Fall einen anderen Grund. Einen, der etwas tiefer liegt, genauer gesagt, vor ihren Schuhen. Ein Hundehaufen, so herrlich stinkend, wie man es eben von Fäkalien in dieser Größe erwartet. Und in dieses stattliche Tierendprodukt muss Evelyn Hamann tatsächlich 34-mal hintereinander hineintreten – erst bei der allerletzten Aufnahme habe es wahrhaftig genug ausgesehen.

Geplant war die Szene in »Pappa ante Portas« übrigens folgendermaßen: Evelyn muss mit einer Freundin durch den Berliner Fasanenpark spazieren und sich über ihre Ehe beklagen. Sie soll laut Drehbuch auf die Kamera zugehen, ohne hinzusehen, in ein Hundehäufchen treten und dabei einfach weiterreden. Alles soll ganz beiläufig wirken. Genau das war die Schwierigkeit, erst recht es in einer einzigen Kameraeinstellung einzufangen. Denn nur wenn dieser Vorgang gewissermaßen von alleine stattfinde, wirke er lebendig, erklärt es der Meister selbst.

Evelyn tut also wie ihr geheißen. Schließlich ist diese »Kackszene« wie jede andere ein essenzielles Puzzlestück der Loriot’schen Leinwandkomik. Oder? Nicht ganz. Loriot gesteht danach: »Für den Fortgang des Films ist diese Szene nicht wichtig, man hätte sie auch streichen oder schneiden können ...«