Die Anfangsseite der Querela Pacis ist in der Erstausgabe von 1517 mit Holzschnitten nach Entwürfen von Hans Holbein d.J. geschmückt. (Unten sieht man in der Rahmenfiguration das Druckersignet von Johannes Froben: einen Vogelstab mit zwei Schlangen.)

{7}Historische Einleitung

»O glückliches Deutschland,
wenn endlich die Kriege aufhörten!«1

Erasmus Roterodamus
Antwerpen, den 10. März 1517

Als Erasmus solches ausrief, befand er sich in einer ungewöhnlich optimistischen Stimmung. Er hielt die Etablierung des Friedens in Europa für greifbar nahe. In Cambrai sollte ein internationaler Friedenskongress stattfinden; es sollten Bande für einen dauerhaften Frieden geknüpft werden.

Erasmus war der gesuchte Mann, dazu die passende Rede zu liefern. Den Auf‌trag erhielt er vom Kanzler Jean Le Sauvage im Namen des jungen Burgunder-Herzogs Karl, des späteren Kaisers Karl V.

Erasmus war durch Vermittlung von Le Sauvage bereits 1515 zum Rat des damals 15-jährigen {8}und für großjährig erklärten Karl ernannt – des Enkels und Thronerben vom deutschen Kaiser Maximilian I. Karls Erzieher Guillaume de Chièvres (Wilhelm von Croy) und Karls Kanzler Jean Le Sauvage waren Befürworter einer frankreichfreundlichen Friedenspolitik.

Erasmus von Rotterdam hatte längst einen Namen als humanistischer Gelehrter. Durch den neuen Buchdruck waren seine Schrif‌ten in ganz Europa verbreitet. Sein glänzendes Latein, damals Weltsprache, wurde unter den Gebildeten seiner Zeit überall verstanden. Das Handbüchlein des christlichen Streiters und das Lob der Torheit hatten ihn berühmt gemacht. Als Rat des jungen Karl verfasste Erasmus seine Institutio Principis Christiani – den Unterricht für den christlichen Fürsten –, worin nicht einem kühnen Eroberer, sondern einem besonnenen Staatsmann für den Frieden die Hymne gesungen wird. Diese im Jahre 1516 zu Basel gedruckte Fürstenerziehung hat Erasmus seinem Schützling Karl gewidmet. Erasmus hatte sich aber schon früher als persönlich engagierter Anwalt für den Frieden gezeigt. In seinen Adagien, einer nach Tausenden zählenden Sammlung antiker Sprichwörter mit {9}Vergleichen und Erläuterungen, war 1515 eine leidenschaftliche Antikriegsschrift eingefügt: Dulce bellum inexpertis – Süß scheint der Krieg den Unerfahrenen –, die sogleich auch als Sonderdruck erschien. Erstmalig in der europäischen Literaturgeschichte war ausschließlich dem Thema ›Frieden und Krieg‹ ein Essay gewidmet. – Wer war also besser geeignet, für eine europäische ›Friedens-Synode‹ die Rede zu verfassen?

So entstand 1517 die Querela Pacis, wo die Friedensgöttin höchstpersönlich ihre Klage vorträgt. Sie wurde eine der berühmtesten Schrif‌ten des Erasmus.

In seiner geschichtlichen Einleitung zur Klage des Friedens umreißt Rudolf Liechtenhan die politische Situation, aus der heraus der Pazifismus des Erasmus erwuchs: »Die ganze geistige Entwicklung des Erasmus fiel in jene von beständigen Kriegen erfüllte Periode, wo die Habsburger und die Könige von Frankreich sich um das Erbe Karls des Kühnen und um die Macht in Italien stritten. Es ging um die dynastischen Interessen der verschiedenen Herrscherfamilien, und jedes Mittel zum Zweck schien erlaubt; Politik war zu einem großen Schachergeschäft geworden, bei {10}dem die Gewalthaber mit ihren Völkern, ihrem Wohl und Wehe, wie mit einer Ware umsprangen. Heiratsgeschichten waren immer wieder der Mittelpunkt, um den sich dieses ganze Schachspiel drehte; sie waren Kriegsursachen, und die Untertanen mussten dafür bluten. Der Wahnsinn und die Unmenschlichkeit dieses Treibens hat sich dem Gemüt des Erasmus tief eingegraben.«2 Und zur Vorbereitung der Friedens-Liga von Cambrai heißt es bei Liechtenhan: »Dieser Vorbereitung sollte neben diplomatischen Verhandlungen auch eine neue Schrift des Erasmus dienen, die grundsätzlich die Sache des Friedens den Geistern einprägen, alle religiösen und sittlichen Kräf‌te mobilisieren sollte. Die Politik der Liga von Cambrai hatte heftige Gegner in dem alten Kaiser Maximilian und in Kardinal Matthäus Schinner, der alles tat, um Kaiser Max und König Heinrich VIII. von England dagegen einzunehmen und auch am Hofe Karls den franzosenfreundlichen Räten entgegenzuarbeiten. Das ist der politische Hintergrund dieser neuen Friedensschrift, der Querela pacis, der ›Klage des bei allen Völkern verworfenen und vertriebenen Friedens‹. (…)

{11}Wenn es jemals ein goldenes Zeitalter gegeben hat, so wird nach Erasmus die heraufziehende Friedenszeit ein solches sein. ›O ewiger Gott, was für ein Jahrhundert sehe ich heraufziehen!‹, ruft er wie in Verzückung aus.

Vielleicht hat Erasmus darin gar nicht unrecht, dass damals eine große weltgeschichtliche Stunde war, da eine herrliche Gelegenheit der Menschheit dargeboten wurde, und man darf ihm nicht vorwerfen, dass er nicht alles getan habe, dem Pochen dieser Stunde an die Tore der Geschichte Gehör zu verschaffen. Es war umsonst.«3

Eine Liga von Cambrai – unter deutsch-französischer Versöhnung – hatte es bereits 15o8 gegeben, aber die war alles andere als eine friedliche Zweckgemeinschaft. Der deutsche Kaiser Maximilian I. und Ludwig XII. von Frankreich machten Koalition gegen Venedig, der eroberungsfrohe Papst Julius II., der spanische und der englische König traten dem Bündnis bei, um den Besitz der Republik Venedig aufzuteilen. Der Plan schlug allerdings fehl.

Erasmus befand sich zu jener Zeit (1508) gerade in Venedig. Er war entsetzt über die Eroberungszüge des greisen Papstes. Der Papst hatte ihn {12}sogar heranziehen wollen, ihm eine Erörterung für und wider den Krieg zu schreiben. Erasmus verfasste eine Schrift Antipolemos (Antikrieg), in der die Befürwortung des Krieges sehr kurz, die Gegenargumentation dagegen sehr breit ausfiel. Diese Schrift ist verschollen. Philipp Melanchthon hat dazu eine Überlieferung über den verärgerten Papst Julius aufgezeichnet, der den Erasmus vermahnt haben soll, es sein zu lassen, über die Angelegenheiten der Fürsten zu schreiben: »Du begreifst diese Dinge nicht!«4

Inzwischen war in England, Frankreich und in spe mit Karl auch in Deutschland eine junge Regentengeneration herangewachsen, auf die die Humanisten große Hoffnungen setzten. In Rom hatte ein Medici, der mit Bildungs- und Kunstsinn begabte Leo X., den Papststuhl erlangt, mit dem Erasmus noch vor dessen Wahl in Italien persönlich bekannt geworden war. Vom alten Habsburger Kriegshelden Max erhoffte man, er würde sich endlich nach Altersruhe sehnen. Als daher um 1516 erste Anstrengungen gemacht wurden, in Cambrai ein neues Fürstenbündnis zu knüpfen, das auf Dauer den Frieden in Europa sichern sollte, hätte das eine geschichtliche Stunde {13}sein können. Erasmus wünschte wieder jung zu sein, um noch die Zeit des Friedens zu kosten. (Er war knapp 50.)

Im Laufe des Jahres 1516 wurden erste Abkommen zwischen Frankreich und Burgund getroffen, eines in Noyon und ein sogenannter ›Brüssler Friede‹, für den schließlich auch Kaiser Maximilian gewonnen werden konnte. Der spekulierte dabei aber offenbar schon wieder auf eine Teilung der Interessengebiete in Italien. Für seinen jüngeren Enkel Ferdinand sollte ein Königreich aus Venetien und der Toscana herausspringen. Sein Enkel Karl vertrat nicht nur das Burgunderreich und damit einen Teil der Niederlande als großmütterliches Erbe, sondern ihm war mütterlicherseits auch die spanische Krone zugefallen.

Die englische Regentschaft war ziemlich argwöhnisch gegenüber einer zu großen Einigkeit auf dem Festland.

Das Gipfeltreffen zu Cambrai war für den 2. Februar 1517 geplant. Mit Verzögerung wurde am 11. März 1517 in Cambrai ein Abkommen als Vorbereitung für das eigentliche Fürstentreffen geschlossen. Das diplomatische Kunststück, alle Kontrahenten in friedlicher Eintracht zu {14}versammeln, glückte nicht. Das Treffen selbst – die große Friedenskonferenz – fand nie statt. Der Hoffnungsschimmer von Cambrai verglimmte, blieb geschichtlich bedeutungslos.

»Nur im Lichte erasmischer Gedanken, einer illusorischen Beleuchtung also, so weit sich das Feld der aktuellen Politik erstreckte, lohnt es sich außerhalb historischer Spezialfragen noch heute, ihn hervorzuholen und von ihm zu sprechen.

Das heißt aber, es lohnt sich, weil die Querela mehr ist als eine Denkschrift zur Tagespolitik, mehr als was Erasmus’ Auf‌traggeber wollen und wissen konnten. Sie verband sich mit der Friedensauf‌fassung des Erasmus, das heißt mit seinem Menschenbild und seinem Christusbild.«5 Dies sagte sehr treffend Otto Herding in seiner Querela-Pacis-Einleitung der lateinischen Erasmus-Werkausgabe.

Es lässt sich nicht genau bestimmen, wann Erasmus die Querela verfasste. Im Juli 1516 traf er den Kanzler Le Sauvage in Brüssel, und es ist möglich, dass dabei schon das Friedensprojekt besprochen wurde.

Das Jahr 1516 war ein sehr arbeitsreiches und ausgefülltes Jahr für ihn. Er gab damals bei {15}Froben in Basel sein Novum Instrumentum heraus: eine Neuausgabe des Neuen Testaments in griechischem und lateinischem Textvergleich mit textkritischen Anmerkungen (eine philologische Revision der alten Hieronymus-Vulgata, der bis dahin üblichen Dogmengrundlage). Diese Arbeit war ein wirklich neues Instrument für eine Kirchenreform; so diente sie später auch Luther als Grundlage für seine Bibelübersetzung. Außerdem besorgte Erasmus in jenem Jahr die Herausgabe der Briefe des Kirchenvaters Hieronymus in 4 Bänden. – Man kann daher für den Querela-Pacis-Text voraussetzen, dass Erasmus in religiösen Fragen kompetent ist.

Wurde die Querela Pacis noch im Sommer des Jahres 1516 begonnen? Man vermutet, dass sie mindestens im Frühjahr 1517 abgeschlossen war. Erasmus teilt in einem Brief vom 30. Mai 1517 aus Antwerpen seinem besten englischen Freund Thomas Morus mit, dass unter anderem dessen Utopia zusammen mit einigen seiner eigenen Nachtarbeiten per Boten nach Basel abgeschickt sei. Es wird unter diesen auch die Querela Pacis vermutet; denn es war schon länger beabsichtigt, sie in einem Band mit Morus’ Utopia herauszubringen.

{16}In demselben Brief schildert Erasmus auch, wie er und Peter Gilles (Petrus Aegidius) auf einem Doppelbild zum Geschenk für Morus abkonterfeit werden. Dem gemeinsamen Freund Peter Gilles, dem gastfreundlichen Stadtschreiber in Antwerpen, galt die Widmung der Utopia. Auf einer Kopie des Bildes ist bei Peter Gilles ein Buch mit dem Titel QUER PACIS ERAS ROTT zu sehen. Es ist nicht schwer zu raten, welches Werk damit gemeint ist.

Im Druck erscheint die Querela Pacis dann im Dezember 1517. Die Utopia erhält vom Verleger Froben allerdings einen Extraband.

Bis zum Druck der Querela Pacis machten die politischen Entwicklungen, mit dem Scheitern der Friedensverhandlungen, das Werk schon überholt, – aber seinen Inhalt, die laute Klage des personifizierten Friedens ohne Heimstatt: bleibend berechtigt. Leider! Die Klage hätte eigentlich nur eine Erinnerung sein sollen, die mit einem Zeitalter des Friedens zukünftig der Vergangenheit angehört.

Die jungen Fürsten lagen bald in jahrzehntelangem blutigem Kampf miteinander.

Militärische Siege der Fürstenhäuser werden in {17}den Geschichtsbüchern meist als die großartige Begründung von Weltmachtstellungen herausgestellt. Hier wurden aber nationale Spannungsverhältnisse für die nächsten Jahrhunderte vorprogrammiert, an deren Folgen wir noch kranken. Es gab immer schlimmere Kriege und kein Ende. Von der Kette der Kriege ist in der Paxklage die Rede – dass ein Krieg den anderen gebiert. – Der Unfriede seines Zeitalters hat Erasmus schwer deprimiert.

Die Querela Pacis entstand am Vorabend der Reformation. Ende Oktober dieses Jahres 1517 hämmerte bekanntlich Luther seine 95 Thesen an die Schlosskirchentür zu Wittenberg – und die Geschichte nahm ihren Lauf: nicht ohne Blutvergießen und unter Spaltung der kirchlichen Einheit. Aber zur Zeit, als er die Querela Pacis schrieb, wusste Erasmus noch nichts von Luther. (»… Thesen über die päpstlichen Ablässe und einen Ratschlag über den Türkenkrieg, in der Annahme, dass Ihr das noch nicht habt …«6, schickte Erasmus im März 1518 an Morus nach England.)

Erasmus von Rotterdam war durchaus kein weltentrückter Stubengelehrter, als der er manchmal hingestellt wurde. Er war weltoffen wie selten {18}einer. Er unterhielt Briefkontakte mit Freunden aus vielen Ländern Europas. Und er ließ sich auch durch die Mächtigen seiner Zeit nicht beirren und scheute sich nicht, ihnen in höf‌lichster Form, aber deutlich, christlichen Unterricht zu erteilen, wenn’s drauf ankam.

Am 9. September 1517 schickte er z.B. auch König Heinrich VIII. von England seine Fürstenerziehung ins Haus mit dem Hinweis, dass diese unlängst dem frischgebackenen span’schen König Karl dargebracht war. Seiner Durchlaucht Henrico Octavo wurde dafür die lateinische Übersetzung einer kleinen Plutarch-Schrift Über die Art und Weise, einen Schmeichler von einem Freund zu unterscheiden gewidmet. Ein Fürst sollte weise sein und für alle sorgen und wachen.

Die Friedensverhandlungen hatte Erasmus aus allernächster Nähe verfolgt, sich mehrmals mit dem Kanzler getroffen, einmal auch bei Kardinal Schinner gefrühstückt. (Dieser sog. ›Kardinal im Harnisch‹ war maßgeblicher Gegenspieler der Friedensbemühungen; ein Schweizer Bauernsohn, war er Bischof von Sitten geworden und hatte sich bei den Kriegsunternehmungen von Papst Julius II. hervorgetan, was ihm den {19}Kardinalshut brachte. Es ist anzunehmen, dass er für manche Bemerkung in der Querela Pacis über die Kriegshelfer vom geistlichen Stand Pate stand). Von jenem Tête-à-Tête mit Kardinal Schinner schreibt Erasmus: »Wir hatten eine lange Unterredung über mein Neues Testament und über den Krieg. Er schimpf‌te öffentlich über die Franzosen, frei heraus nach Schweizer Art …«7

Hierin steckt wahrscheinlich auch eine Anspielung auf die Schlacht von Marignano vom September 1515, als die im Dienste des Herzogs von Mailand stehenden Schweizer Söldner von den Franzosen besiegt wurden. Damals hatte Erasmus aus Basel berichtet: »Unsere Schweizer sind gar grimmig gegen die Franzosen, weil sie ihnen in der Schlacht nicht höf‌lich gewichen sind, wie einst den Engländern, sondern mit ihren Kanonen eine Verheerung unter ihnen anrichteten. Ein gut Stück weniger ist heimgekehrt als ausgezogen war, zerrissen, verstümmelt, verwundet, mit zerfetzten Fahnen; statt des Siegesfestes halten sie eine Totenfeier …«8 – Erasmus war der grauenvollen Realität des Krieges sehr wohl ansichtig geworden.

Einmal – im September des Jahres 1513 – hatte {20}Erasmus sich fast vom Siegesrausch seiner englischen Freunde hinreißen lassen: Es war dies anlässlich der im obigen Brief angedeuteten Schlacht von Guinegate, bei der die Engländer die zahlenmäßig überlegenen Franzosen in die Flucht schlugen. Spöttisch sprach man von der ›Sporenschlacht‹, weil hier mehr Reit- als Fechtkünste den Sieg entschieden hatten.

Erasmus weilte zu der Zeit in Cambridge und bekam lebhaft-heroische Berichte vom Ort der Schlacht. Aber nur wenige Tage danach wurde ihm alle Fragwürdigkeit eines Kriegstriumphes wieder bewusst. Der schottische König Jakob IV. war Bündnispartner der Franzosen und fiel, ob des englischen Frankreich-Angriffs, seinem Schwager Heinrich VIII. bewaffnet ins Land. Dabei kamen er und sein natürlicher Sohn Alexander am 9. September 1513 ums Leben. Um diesen jungen Alexander Stuart empfand Erasmus tiefe Trauer; denn Alexander war sein Privatschüler gewesen und hatte seine besonderen Sympathien gehabt.

Wenn in der Querela Pacis von hochachtbaren Äbten und ehrbaren Bischöfen die Rede ist, durch deren heilsamen Rat ein Tumultvorfall beigelegt {21}werden kann, dann dachte Erasmus dabei sicher auch an drei vorbildliche Friedensfreunde, die er in England gefunden hatte: an den humanistisch gesinnten Erzbischof von Canterbury William Warham, an den asketischen, lauteren Theologieprofessor von Cambridge Bischof John Fisher und schließlich an »seinen« John Colet, den großen Interpreten der Paulusbriefe an der Universität Oxford, der hernach Dekan der St.-Pauls-Schule in London war. Erasmus schildert später in einer Lebensskizze des John Colet dessen kühne Karfreitagspredigt vom Jahre 1513:

Der König rüstete schon zu seinem Krieg nach Frankreich und hatte auf Ostern einen Feldzug vorbereitet. Da sprach Colet vor dem König und der versammelten Hofgesellschaft über den Sieg Christi, gemahnte, dass sie unter diesem Feldzeichen ihres eigentlichen Königs kämpfen und siegen sollten. – Denn die aus Hass, die aus Ehrsucht Böses mit Bösem bekämpfen und sich gegenseitig niedermetzeln, streiten nicht unter Christi, sondern unter des Teufels Zeichen. Wohl kaum zeigen jene Bruderliebe, ohne die keiner Gott schauen wird, wenn sie das Eisen in des Bruders Eingeweide stoßen. – Er fügte hinzu, dass man {22}eher seinem Princeps Christus zu folgen hätte als Julius oder Alexander.9

Man kann sich denken, dass dem achten König Heinrich diese Hofpredigt nicht ganz nach dem Sinn war. Er befürchtete, der Kampfgeist seines auszugsbereiten Heeres würde erschüttert. Des Königs eigener Kampfgeist blieb allerdings unerschüttert – trotz dieser eindringlichen Karfreitagsmahnung zu Greenwich am 27. März 1513.