Cover 14


Heliosphere 2265
Band 14
„Das erste Ziel“

von Andreas Suchanek

 

Impressum

 

Cover: Arndt Drechsler
Lektorat: Daniela Höhne
Layout: Andreas Suchanek
Logodesign: Daniel Szentes
Innenillustrationen: Anja Dyck

 

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

© 2014 Andreas Suchanek
Herausgeber: Andreas Suchanek
Herstellung und Verlag:
Greenlight Press
Andreas Suchanek
Leopoldstr. 5b
76133 Karlsruhe

E-Mail-Kontakt: asuchanek@greenlight-press.de

ISBNs: 

978-3-944652-48-1 (E-Book Mobipocket)

978-3-944652-49-8 (E-Book Epub)

978-3-944652-50-4 (E-Book PDF)


Sie finden uns im Internet unter:
http://www.heliosphere2265.de
http://www.greenlight-press.de
https://www.facebook.com/Heliosphere2265


Nachwort IX


Hallo zusammen! Willkommen zum Nachwort des 14. Romans der Serie „Heliosphere 2265“ und damit zum zweiten Roman des zweiten Zyklus. Ich hoffe ihr alle habt den Jahreswechsel und die Feiertage gut überstanden. Ich wünsche euch ein gesundes und erfolgreiches Jahr 2014.


Zum vorliegenden Roman

Ihr merkt es schon: Ganz in der Tradition des ersten Zyklus, legen die ersten beiden neuen Romane die Grundsteine für den nächsten Handlungsabschnitt. Im aktuellen Roman ist die Geschichte um die HYPERION relativ abgeschlossen, während die Ereignisse um Santana Pendergast und Björn Sjöberg uns noch ein wenig beschäftigen werden. Im Hintergrund zieht auch weiterhin der Bund der Assassinen die Fäden, der einen – wie könnte es auch anders sein – mörderischen Plan verfolgt. Beide Charaktere werden es in nächster Zeit nicht leicht haben. Gleichzeitig geht auf unserem Interlink-Kreuzer das Rätsel um den geheimnisvollen Folianten von Michael Larik weiter und Noriko Ishida und Giulia Lorencia versuchen alles, um das Rätsel über den Tod einer Person zu lösen, das ihnen Ione Kartess aufgegeben hat.


Zur kommenden Handlung (Spoiler)

Hier möchte ich ein paar Andeutungen zu der Handlung der nahen Zukunft machen. Wer sich also gar nicht spoilern lassen will, sollte diesen Abschnitt überspringen. In den nächsten beiden Romanen wird es sehr charakterzentriert zugehen. Wie ihr der Vorschau entnehmen könnt, stehen in Band 15 Sarah McCall und Tess Kensington im Mittelpunkt, bevor es im 16. Roman um ein anderes Duo innerhalb der Crew geht. Die Ungeduldigen unter euch können aufatmen. Schon im nächsten Roman wird das Rätsel von Ione Kartess gelöst – mit enormen Auswirkungen. In der Gegenwart dreht sich alles um Santana Pendergast, Björn Sjöberg, neue Koalitionen und eine Wahl.


Eine Wahl in Heliosphere 2265

Welche Parteien gibt es? Wer wird der neue Präsident, die neue Präsidentin? In den nächsten Romanen wird auch die Politik immer wieder eine wichtige Rolle spielen. Ein kurzer, heftiger Wahlkampf steht bevor, nach dem die Solare Republik ein Staatsoberhaupt haben wird. Doch welche Richtung will diese Person einschlagen und was bedeutet es für unsere Helden, wenn es neue Gesetze und Protokolle zu beachten gilt? 


Ab sofort: Die kostenlose Heliosphere-App ist erhältlich

Auf Facebook poste ich regelmäßig News, Covervorschauen und Datenblätter zu Heliosphere. Viele unter euch haben aber kein Facebook und wollen es auch nicht haben. Dem wurde jetzt Abhilfe geschaffen. Ab sofort könnt ihr euch die neue App zur Serie für euer Smartphone oder als Anwendung für den Computer herunterladen. Alles, was auf Facebook gepostet wird, könnt ihr auch über diese mitverfolgen. Ruft einfach euren App Store / Play Store / Windows Store auf und schon seid ihr dabei. Eine andere Möglichkeit ist der folgende Barcode, den ihr mit einer Scanner-App abfotografieren könnt.


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Blog-Suche

Rezensionen braucht die Serie. Wir sind momentan dabei, im Internet zu recherchieren, da wir nach weiteren Blogs suchen, die Interesse an einer regelmäßigen Rezension der Greenlight Press-Serie haben. Falls ihr selbst einen solchen Blog betreibt oder einen kennt, gebt mir doch kurz über die E-Mail-Adresse, das Kontaktformular auf der Website oder Facebook Bescheid. Danke.

Damit sind wir für heute auch schon wieder am Ende angekommen. Ich wünsche euch viel Spaß beim lesen von „Das erste Ziel“. 


Karlsruhe, 08.01.2014 


Signum2


Andreas Suchanek

E-Mail: asuchanek@greenlight-press.de


Die Crew der HYPERION

Captain Jayden Cross
Kommandant der HYPERION

 

Commander Noriko Ishida
1. Offizierin der HYPERION

Lieutenant Commander Lukas Akoskin
Taktik- und Waffenoffizier

 

Lieutenant Commander Tess Kensington
Ortungsoffizierin

Lieutenant Peter Task
Navigationsoffizier

 

Larik

Lieutenant Michael Larik
Kommunikationsoffizier


Lieutenant Commander Giulia Lorencia
Chefingenieurin (L.I.)

 

Lieutenant Commander Alpha 365
Sicherheitschef

Doktor Irina Petrova
Chefärztin

 

Doktor Janis Tauser
Psychologe


McCall

Sarah McCall

Herkunft unbekannt


Eon - Das letzte Zeitalter

Glossar


E.C. (Executive Controller)

Nach den Ereignissen von Band 4 "Das Gesicht des Verrats", werden von Sjöberg auf den Schiffen der Space Navy sogenannte 'Executive Controller" eingesetzt. Die jeweilige Person steht hierarchisch über dem Kommandanten des Schiffes und kann dessen Befehle auser Kraft setzen. Der E.C. sucht nach illoyalem Verhalten und gibt am Ende jeder Mission eine Evaluierung der Kommandocrew ab. Der E.C. gilt als Schnittstelle zwischen Millitär und der Inner Security Police. An Bord der HYPERION ist E.C. Johnston eingesetzt.


Fusionsbombe

Eine Fusionsbombe gilt als eine der furchtbarsten Waffen. Auf einen Planeten abgefeuert, wird eine Fusionsreaktion ausgelöstet, die dessen Masse zu Energie verarbeitet und ihn so innerhalb weniger Minuten komplett zerstört.


Holochair

Er ermöglicht die Projektion eines holografischen Abbildes in den Bereich eines Holo-Empfängers. Wird gerne bei Konferenzen der Admiralität eingesetzt, damit diese nicht körperlich anwesend sein müssen.

 

Holotank

Während auf den meisten Schiffen der Space Navy noch 3D-Monitore eingesetzt werden, ist die HYPERION bereits mit den neuen Holotanks ausgestattet. Äußerlich wirken diese, als hätte man einen Tisch an die Decke geklebt und einen zweiten am Boden aufgestellt. Zwischen die beiden Platten werden die Inhalte projiziert.

 

Interlink-Antrieb

Ein neuartiger Antrieb, der erstmals auf der HYPERION eingesetzt wird. Er hüllt das Schiff in eine Blase, die es dem normalen Raum und den physikalischen Kräften entzieht. Mit ihm ist 6200-fache Lichtgeschwindigkeit möglich.

 

I.S.P. (Innter Security Police)

Die Inner Security Police wurde von Präsident Sjöberg eingerichtet, um die Sicherheit innerhalb der Solaren Union zu gewährleisten. Hierfür stehen deren Chef, Harrison Walker, weitreichende Vollmachten zur Verfügung. Das wichtigste Instrument der I.S.P. sind die E.C.s, die an Bord von Schiffe der Navy eingesetzt werden.

 

Konturensessel

Die meisten Sitze an Bord von Raumschiffen sind mit Konturensesseln ausgestattet. Diese merken sich die ID des darauf Platznehmenden und stellen sich entsprechend der Physiognomie ein. Zudem sind Prallfelder und Sicherheitsgurte integriert.

 

Michalew, Jiuri (Admiral)

Starb bei dem Versuch, einen Umsturz einzuleiten.

 

Pendergast, Santana (Admiral)

Sie floh mit einer kleinen Flotte aus dem Sonnenystem, als sie vom Sjöberg-Komplott erfuhr. Ihr aktueller Status ist unbekannt.

 

Parliden

Physiologisch gleichen die Aliens den Menschen. Sie haben zwei Arme, zwei Beine und einen Kopf. Ihre Haut ist tiefschwarz und glänzt ölig. Von den Menschen werden die Parliden auch abfällig Sternköpfe genannt. Zwischen 2173 und 2177 lag die Menschheit mit den Aliens im Krieg. Seitdem gab es eine vorsichtige Annäherung, jedoch weiß niemand wirklich viel über das geheimnisvolle und meist kriegerische Volk.

 

Ränge

Captain

Commander

Lieutenant Commander (Im Gespräch als “Commander” bezeichnet)

Lieutenant

Fähnrich

 

Rentalianer

Äußerlich werden die Rentalianer von Menschen oft als hundeähnlich bezeichnet. Ihr Körper ist von Fell bedeckt, sie haben lange, feingliedrige Finger (keine Tatzen) und drücken Gefühle durch Bewegungen der Ohren aus. 

 

Regierung der "Neuen Demokratie"

Björn Sjöber: Präsident.

Jeff Hunt: Verteidigungsminister

Svea Christensen: Ministerin für öffentliche Information

Harrison Walker: Chef der I.S.P.

Abigail Rosen: Ministerin für Gesundheit und Wissenschaft

 

Skinsuits

Hautenge Weltraumanzüge mit Prallfeldern, Spezialbewaffnung und Antigravprojektoren. Vor allem Marines tragen diese meist.

 

Jansen, Isa (Admiral)

Ist auf der Erde untergetaucht, als sie vom Sjöberg-Komplott erfuhr. Ihr aktueller Status ist unbekannt.


Inhaltsverzeichnis
Cover
Was bisher geschah
Prolog
Alzir-System, Nova-Station, 01. Januar 2267, 14:10 Uhr
IL HYPERION, im Interlink, 20. Februar 2314, 09:15 Uhr
TORCH OF FREEDOM, 01. Januar 2267, 14:10 Uhr
IL HYPERION, Kepler-22, 21. Februar 2317, 08:14 Uhr
TORCH OF FREEDOM, 50 Cassipeia-System, 01. Januar 2267, 16:10 Uhr
Epilog I - Stimme aus dem Gestern
Epilog II - Schmerzhafte Wahrheit
Epilog III - Das Gesicht des Todes
Nachwort IX
Charaktere
Andere Serien
Dramatis Personae
Glossar
Dramatis Personae
Die Crew der Kommandobrücke

Captain Jayden Cross
Komandant

Commander Noriko Ishida
Stellvertreterin des Kommandanten

Lieutenant Commander Tess Kensington
Sensoroffizierin

Lieutenant Commander Lukas Akoskin
Waffen- und Taktik

Lieutenant Peter Task
Navigation

Lieutenant Michael Larik
Kommunikation

Aktuelle Befehlshaberin der Streitkräfte von NOVA-Station

Admiralin Isa Jansen
Aktuelle Befehlshaberin der Streitkräfte von NOVA-Station

Admiralin Santana Pendergast
Gefangene der Zukunftsrebellen

Captain Brown
Kommandant der TORCH II

Das Solare Imperium

Björn Sjöberg
Imperator

Jenna Rosen
Zuständig für Wissenschaft und Forschung

Captain Stark alias Richard Meridian
Der erste bekannte Zeitreisende

Nebenpersonen

Sam Drake
Anwalt

Calvin Hugh
Ein Paramedic auf Cas III

CARA
Eine ganz besondere K.I.

Heliosphere 2265


Prolog


Imperator Björn Sjöberg umklammerte sein Pad so fest, dass die Handballen hervortraten. Es kostete ihn alle Mühe, das Gerät nicht mit voller Wucht auf den Schädel seines Gegenübers zu schmettern. „Ich brauche Antworten!“

„Zweifellos“, erwiderte Captain James Stark, der in Wahrheit auf den Namen Richard Meridian hörte. „Die wollen wir doch alle. Anstatt aber ständig weiter zu bohren, gib dich doch einfach mit dem zufrieden, was du hast - Imperator.“

Björn ließ sich nichts anmerken, während er in Gedanken das Pad wieder und wieder auf Starks Schädel schmetterte. Sein Lehrmeister und Anführer des Schattennetzwerkes war erst vor wenigen Tagen von seiner Expedition in den Stillen Sektor zurückgekehrt. Als gebrechlicher alter Mann war er dorthin aufgebrochen, sein Körper ein einziges Bild des Zerfalls, jetzt strotzte er wieder vor Kraft und war kerngesund. „Du warst so gut wie tot und jetzt ... Wie hast du das geschafft?“

Die Antwort jenes Mannes, der seit Jahrhunderten lebte und von Körper zu Körper gesprungen war, bis Sarah McCall dem ein Ende gesetzt hatte, bestand in einem Lächeln. „Es war das Geschenk eines alten Freundes. Wie bereits mehrfach gesagt: Mehr musst du nicht wissen.“

„Und wo du seitdem warst, erzählst du mir vermutlich auch nicht“, fragte Björn. „Der Flug hierher hätte dich mit der HYDRA nur wenige Tage kosten dürfen, nicht Wochen.“

Stark schnaubte und blickte auf. „Ich habe einen kleinen Abstecher zu einem meiner Projekte gemacht.“ Er senkte den Blick und tippte weiter.

Björn sah sich unmerklich um. Das Penthouse hatte sich verändert. Es war ihm immer vorgekommen wie ein Mausoleum. Doch Stark hatte bei seiner Rückkehr das Biobett und alle medizinischen Geräte entfernen lassen. Stattdessen reihte sich Monitor an Monitor, wie in einem wissenschaftlichen Labor. Dahinter gewährte die Glasfront einen wunderbaren Ausblick auf das nächtliche Paris.

Ich darf nicht vergessen, dass er in Wahrheit ein Wissenschaftler ist. Ein Genie.

Björn verlagerte sein Gewicht und schlenderte zu einem der Bücherregale. Als er den Kopf leicht neigte, konnte er aus den Augenwinkeln einen Blick auf den gewölbten 180-Grad-Monitor erhaschen, hinter dem Stark saß. Auf der rechten Seite drehte sich eine animierte Helix, neben der ständig irgendwelche wissenschaftlichen Begriffe eingeblendet wurden - die ihm leider überhaupt nichts sagten. Daneben war das Interface der medizinischen Datenbank geöffnet. Eine Suchabfrage lief.

Im dritten Bildschirmsegment, in dem Stark gerade Eingaben vornahm, erkannte Björn mehrere Personalakten. Eine davon gehörte zu einem Offizier der Flotte, die andere Akte zu einer Zivilistin. Da alle Krankenhausdaten in einer zentralen Datenbank gespeichert wurden, hatte Stark natürlich auch Zugriff darauf.

Der Monitor wurde schwarz.

„Björn“, sagte der Mann gefährlich leise. „Überspann den Bogen nicht. Du bist der Imperator dieser Schafe dort draußen“, dabei deutete er auf die Dächer von Paris. „Aber wir wollen doch nicht vergessen, wer in Wahrheit die Fäden in den Händen hält.“ Er erhob sich und kam langsam näher. „Vergiss nie deinen Platz und unterschätze nie meine Macht. Beides wären Fehler, die du bereuen würdest, alter Freund.“ Wie angeknipst lag ein Lächeln auf seinem Gesicht. „Und jetzt kümmere dich um das eigentliche Problem. Die Rebellen mögen annehmen, dass die HYPERION vernichtet wurde, doch wir wissen es besser. Cross und Anika sind durch den Tachyonentunnel geflogen. Ich will, dass eine Flotte im Stillen Sektor wartet. Sollte das Schiff zurückkommen - und mittlerweile traue ich diesem verdammten Kerl alles zu - wird es sofort vernichtet.“

Björn, noch immer geschockt von der unverhohlenen Drohung, nickte mechanisch. „Ich werde das veranlassen.“ Gleichzeitig war seine Neugier geweckt. Wen suchte Stark in der medizinischen Datenbank? Und wo war er seit seinem Ausflug in den Stillen Sektor gewesen? Er kannte den Weggefährten inzwischen. Es stand außer Frage, dass dieser etwas ausheckte. Vielleicht den nächsten Staatsstreich? „Wir sollten uns bei Gelegenheit einmal zusammensetzen, um ...“

„Walker an Sjöberg“, erklang die Stimme des Chefs der Inner Security Police aus Björns Hand-Com.

„Was gibt es, Harrison?“ Er hatte dem ehemaligen Offizier der Space Navy eingeschärft, ihn nur im allerhöchsten Notfall anzufunken.

„Jeff hat mich gerade darüber informiert, dass die Zukunftsrebellen angreifen. Wir brauchen dich im Krisenraum.“

Stark fuhr elektrisiert in die Höhe, während Björn noch versuchte, dem Impuls, wütend aufzuschreien, Herr zu werden. So ruhig wie möglich erwiderte er: „Wo?“

Harrison sagte es ihm.


*


Alzir-System, NOVA-Station, 01. Januar 2267, 14:10 Uhr


„Alkohol und Plätzchen sind ein Werk des Teufels“, murmelte Admiral Isa Jansen. Ihr Kopf dröhnte und ihre Kehle war ausgedörrt. Es war jedes Jahr nach den Festtagen das Gleiche. „Ich werde nie wieder ein Glas anrühren“, schwor sie sich, wohl wissend, dass sie das Versprechen gegenüber sich selbst niemals würde einhalten können.

Warum nur musste ich auch so lange mit ihm feiern?, fragte sie sich, während sie die Erinnerung an den Abend mit Captain Brown gleichzeitig genoss. Ob es ihm wohl gerade genauso ging?

So leise wie möglich betrat sie ihr Büro, einen ViKo-Becher in der Hand. Momentan erregte der Himbeergeruch, der ihr aus dem Gefäß entgegen strömte, noch Übelkeit, doch das würde gleich nachlassen.

Langsam sank sie in den Konturensessel und kramte in der Schreibtischschublade nach dem medizinischen Pflaster. Endlich fand sie es. Nur Augenblicke, nachdem sie es auf ihren Hals geklebt hatte, klärte sich ihr Geist, der Kater ließ nach. Die Arbeit konnte weitergehen.

„Ma‘am, Ihr Besuch ist da“, erklang die Stimme ihres neuen Adjutanten aus dem Lautsprecher des Touch-Desks.

„Herein mit ihm“, sagte Isa.

Augenblicke später betrat Sam Drake ihr Büro. Einen Moment lang wirkte sie verblüfft, sah der Mann doch exakt so aus, wie sie ihn sich vorgestellt hatte. Er trug einen grauen Anzug und hatte die schwarzen Haare streng nach hinten gelegt. Er war jung, höchstens Ende zwanzig, aber aus seinem Auftreten sprach die Selbstsicherheit eines Mannes, der sich auf vertrautem Terrain bewegte. Das war ungewöhnlich, wenn man bedachte, dass besagtes Terrain erst seit dem 1.1.2267, also heute, Gültigkeit hatte.

„Nehmen Sie doch bitte Platz, Mister Drake“, sagte Isa und deutete auf den Konturensessel vor ihrem Schreibtisch. „Es freut mich, dass Sie schon so früh Zeit haben.“

Als er sich setzte, erhaschte sie einen Blick auf ein medizinisches Pflaster, das unter seinem Hemdkragen hervorlugte. Sie konnte ein Schmunzeln nur knapp unterdrücken. Du also auch, mein Freund.

„Natürlich, Ma‘am. Als sich das Verfassungsreferendum ankündigte, habe ich mich bereits mit den Grundlagen der neuen Gesetze vertraut gemacht“, erklärte er. „Als Anwalt ist das meine Pflicht. Und eines kann ich Ihnen direkt sagen: Es wird zahlreiche Veränderungen geben.“

Sie nickte. „Das hoffe ich doch sehr. Sprechen Sie frei heraus. Was sind die wichtigsten Dinge, die es zu bedenken gilt?“

Er öffnete seinen Koffer und zog ein Pad hervor. Mit wenigen Berührungen seiner Finger hatte er das Gesuchte gefunden und sprach: „Für die Navy unserer neuen Solaren Republik allgemein ist es wichtig zu wissen, dass der jeweilige Rang eines Offiziers automatisch in die neue militärische Hierarchie übernommen wird. Das gilt für jeden, also auch für Sie und Admiral Pendergast.

Sobald der Verteidigungsminister ernannt ist, wird er in Absprache mit dem Präsidenten oder der Präsidentin festlegen, welche Admiräle die Navy zukünftig leiten und wofür diese verantwortlich sind.

Bis dahin verwalten Sie und Santana Pendergast die NOVA-Station weiterhin kommissarisch.“

Isa nahm den ViKo-Becher auf und nippte vorsichtig an der violetten Flüssigkeit. Drake ließ ihr einen Moment Zeit. „Ich freue mich darauf, wenn ich einen Teil der Verantwortung endlich wieder abgeben kann, glauben Sie mir. Was noch?“

Der Anwalt machte eine Wisch-Bewegung, woraufhin auf der Oberfläche von Isas Touch-Desk ein Dokument aufklappte. Da beide Geräte automatisch gekoppelt worden waren, konnte Drake ihr auch Daten herüberschicken. „Das ist eine Liste mit allen Parteien, die sich bisher für die Wahl angemeldet haben“, erklärte er. „Die Arbeitsgruppe Verfassung und Parteien überprüft gerade, ob sie das Minimum an Unterstützern aufweisen können, nicht gegen die demokratischen Grundprinzipien verstoßen und die Gründung rechtmäßig ist.“

Isa überflog die Liste und stöhnte auf, als sie mehrere bekannte Namen entdeckte. „Ich verstehe.“

„Da bin ich nicht sicher“, entgegnete Drake, was Isa aufhorchen ließ. „Es gibt eine Frist, bis zu der sich alle Parteien angemeldet haben müssen. In einem Monat von heute an ist diese Frist abgelaufen, dann startet der Wahlkampf und das Datum der Wahl wird festgelegt.“

„Und?“

„Nun ... ich habe mich mit Admiral Pendergast vor einigen Wochen darüber unterhalten. Sie deutete an, dass es eine Partei geben wird, für die John Kartess als Präsidentschaftskandidat antritt. Er hätte vermutlich gute Chancen. Bisher ist jedoch keine Anmeldung eingegangen.“

Isa seufzte. Der Sohn der getöteten Präsidentin, Ione Kartess, igelte sich in seinem Quartier ein, zog sich von aller Welt zurück. Seit er vom Tod seiner Gefährtin Tess Kensington gehört hatte, die sich an Bord der HYPERION befunden hatte, war er nicht mehr er selbst. Gleiches galt für Kristen Belflair. Seltsam war das Verhalten der Ishidas, wie Isa einmal mehr bewusst wurde. Die mittlerweile stationsweit bekannte Mutter von Noriko Ishida war der felsenfesten Überzeugung, dass ihre Tochter noch am Leben war. Marjella Cruz sprach in diesem Zusammenhang von einem „gut geölten Verdrängungsmechanismus“.

„Ich hätte ihren Tod gespürt, glauben Sie mir. Meine Tochter ist noch am Leben“, hatte Yuna Ishida Isa einmal gesagt und sie danach eine Stunde lang vollgequatscht. Die Frau war liebenswert, aber anstrengend.

„Um ehrlich zu sein weiß ich nicht, ob er noch kandidieren wird“, erklärte Isa. „Aber ich werde mich mit ihm und seinen Unterstützern besprechen und den Antrag gegebenenfalls einreichen.“

„Kommen wir zum Thema ‚Beförderungen‘“, sprach Drake weiter. Er gähnte hinter vorgehaltener Hand. „Bis zur Wahl haben Sie und Pendergast noch die Möglichkeit, Offiziere zu befördern, ohne dass diese von einem Gremium bestätigt werden müssen. Falls Sie also entsprechende Kandidaten in der Hinterhand haben, sollten Sie darüber nachdenken. Insbesondere die Ernennung von Admirälen kann Ihnen später zugutekommen, wenn der Admiralsrat der Republik zusammengestellt wird.“

Isa fühlte sich mit einem Mal an die Zeit zurückerinnert, als das politische Taktieren und damit einhergehendes Befördern an der Tagesordnung gestanden hatte. Vermutlich würde es bald wieder losgehen.