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Nr. 30

 

Bezwinger der Zeit

 

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt

Nach wie vor sind Perry Rhodan und seine Begleiter in der Vergangenheit gestrandet, über 50.000 Jahre von ihrer eigenen Zeit entfernt. Verzweifelt ringen sie um ihre Rückkehr, denn die bedrohte Menschheit in der Gegenwart benötigt dringend ihre Erkenntnisse. Doch dann erhalten die Terraner unerwartete Unterstützung.

 

Trotz dieser Hilfe gehen die Auseinandersetzungen in der Vergangenheit weiter. Nur wenn Rhodan und seine Begleiter einen der geheimnisvollen Meister der Insel besiegen, schaffen sie den Sprung in ihre Realzeit. Dort spitzt sich der Konflikt zwischen den Galaxien weiter zu: Die Beherrscher Andromedas greifen zu neuen Mitteln, um das Solare Imperium in die Knie zu zwingen.

 

Schauplatz des teuflischen Anschlags ist die Erde selbst. Eine so genannte Fragmentwaffe soll zu einer Katastrophe unvorstellbaren Ausmaßes führen – und niemand weiß, wo sich diese Waffe verbirgt. Nur wenige Stunden bleiben der Menschheit, um das Solsystem mit all seinen Welten zu retten ...

Einleitung

 

 

Kritiker der PERRY RHODAN-Serie fragen nicht ganz zu Unrecht danach, wie es denn um die Demokratie in einem Staatssystem bestellt sei, das über viele Jahrhunderte hinweg von der immer gleichen »Clique der Unsterblichen« regiert wird. Bemängelt wird auch, dass es fast kaum Romane gibt, in denen auf die innenpolitische Situation des Solaren Imperiums eingegangen wird, auf die Frage, weshalb denn ein Perry Rhodan überhaupt so lange am Ruder bleiben konnte – wenn doch in regelmäßigen Abständen Wahlen stattfinden.

In dem vorliegenden Buch findet sich vielleicht ein Teil der Antwort. Perry Rhodan steht kurz vor dem »Sturz« durch die Administratoren der von Menschen gegründeten Kolonien. Dass es nicht dazu kommt, scheint einmal mehr am berühmten »äußeren Gegner« zu liegen, der die Menschheit zu einer Einheit zusammenschweißt – wie schon in den Anfangstagen der Dritten Macht (siehe PERRY RHODAN-Buch 1).

Damit, mit der Einigung der zerstrittenen Menschen und dem Verhindern des drohenden Atomkriegs, begann aber auch der Mythos dieses Mannes, der von Anfang an ein Ziel vor Augen hatte – die Sterne, die Erschließung des Weltraums für eben die Menschheit, zu deren Repräsentant er wurde. Man mag ihn als einen Träumer bezeichnen, mit allen Schwächen eines solchen, aber niemals wurde es offenbar, dass ein Perry Rhodan um der Macht willen an dieser hing. Im Gegenteil; ein Mann wie Rhodan würde es sich gewiss manches Mal gewünscht haben, die Verantwortung an andere abzugeben, die auf seinen Schultern lastet.

Und jetzt der Konflikt mit den Meistern der Insel. Wagnisse, die leicht die Auslöschung der Menschheit zur Folge haben könnten. Andere mögen bereit sein, der fraglichen Sicherheit willen lieber die Herrschaft der MdI zu ertragen – nicht ein Perry Rhodan, der in der Verantwortung steht, die Gegner kennengelernt hat und gerade durch die »Unsterblichkeit« bereits das erlangt hat, was man (zugegeben: phrasenhaft) als kosmisches Bewusstsein bezeichnet. Er führt den Kampf fort, nicht um seiner selbst willen, sondern für die Menschheit, die er zu den Sternen geführt hat und die von ihm erwarten kann und muss, dass er nun auch zusieht, wie er sie sicher aus den Strudeln der – ungewollten – intergalaktischen Konflikte wieder herausführt.

Ein »kosmischer Führer« also? Mit Sicherheit nicht. Keiner der Autoren hätte sich dazu hergegeben, eine solche Figur aufzubauen und zu schildern. Ein Mann, der eine Zentnerlast auf den Schultern trägt, aber in sich auch die Sehnsucht nach einem Universum, in dem alle Wesen in Frieden miteinander leben. Das ist »unser« Perry. So verstanden ihn die Autoren seit Band 1 der Serie, und so verstehen ihn die Leser.

Die zu diesem Buch zusammengefassten Originalromane sind Befehle aus der 5. Dimension von K. H. Scheer; In geheimer Mission auf Lemuria, Die Bezwinger der Zeit, Anschlag auf die Erde und Die dritte Waffe von William Voltz und Jagd auf die Teleporterkugel von H. G. Ewers.

 

Es bleibt mir wie stets der schon obligatorische, aber herzliche Dank an Franz Dolenc und die vielen Leser, ohne deren Kritiken und Anregungen es die PERRY-RHODAN-BIBLIOTHEK in dieser Form heute nicht gäbe. Und natürlich an die Autoren der Originalromane (Johnny Bruck nicht zu vergessen!) und G. M. Schelwokat, der viel für den Erfolg der PERRY RHODAN-Serie getan hat.

 

Rastatt, im Sommer 1987

Horst Hoffmann

Zeittafel

 

 

1971 – Perry Rhodan erreicht mit der STARDUST den Mond und trifft auf die Arkoniden Thora und Crest.

1972 – Mit Hilfe arkonidischer Technik Aufbau der Dritten Macht und Einigung der Menschheit.

1976 – Das Geisteswesen ES gewährt Perry Rhodan die relative Unsterblichkeit.

1984 – Galaktische Großmächte versuchen, die Menschheit zu unterwerfen.

2040 – Das Solare Imperium ist entstanden. Der unsterbliche Arkonide Atlan taucht auf.

2102 – Entdeckung der Akonen im Blauen System.

2103 – Perry Rhodan erhält von ES seinen Zellaktivator.

2114 – Bündnis mit den Posbi-Robotern nach Kampf um die Hundertsonnenwelt.

2326 – ES verstreut 25 Zellaktivatoren in der Galaxis.

2327 – Terraner entdecken das Zweite Imperium der Blues.

2328 – Sieg über die Blues und Friedensvertrag zwischen den galaktischen Imperien.

2400 – Entdeckung der Transmitterstraße nach Andromeda und Kampf gegen die Maahks. Perry Rhodan hört erstmals von den geheimnisvollen Herren Andromedas, den Meistern der Insel (MdI).

2401 – Die Invasion der Milchstraße durch die Maahks aus Andro-Alpha wird mit Hilfe der Parasprinter abgewehrt.

2402 – Terranischer Vorstoß in den Andromeda vorgelagerten Betanebel. Neutralisierung der Kontrollstation Modul, der letzten Bastion der MdI in Andro-Beta.

2404 – Mit dem neuen Flaggschiff CREST III fliegen Terraner und Verbündete unter Perry Rhodan die Andromedagalaxis an und entdecken die völlig menschenähnlichen Tefroder, das wichtigste Hilfsvolk der MdI. Erste Begegnung mit einem Meister der Insel. Durch die Zeitfalle Vario wird die CREST III um rund 50.000 Jahre in die Vergangenheit versetzt. Zusammentreffen mit den Lemurern (»Erste Menschheit«), den gemeinsamen Vorfahren von Tefrodern, Terranern und der meisten hominiden galaktischen Völker. Der Kampf um die Rückkehr in die Realzeit beginnt.

Prolog

 

 

Seit jenem Tag im Jahr 2400, an dem Icho Tolots vage Hinweise zur Entdeckung des galaktischen Sonnentransmitters aus sechs blauen Riesensternen führten, ist vieles geschehen. Von ungeheuren Gewalten ins Nichts zwischen den Galaxien geschleudert, mussten Perry Rhodan und seine Begleiter mit der CREST II in den Fallensystemen der Unbekannten, die von ihren Hilfsvölkern geheimnisvoll »Meister der Insel« (MdI) genannt werden, um ihr Leben kämpfen.

Genaueres weiß selbst Grek-1, der nach einem gescheiterten Invasionsversuch der Milchstraße zu den Terranern übergelaufene Geheimdienstchef der Maahks, nicht über die Beherrscher Andromedas auszusagen. Die Maahks, wasserstoffatmende Intelligenzen und vor 10.000 Jahren von den Arkoniden aus der Milchstraße vertrieben, leben als unfreiwilliges Hilfsvolk der MdI im Andromeda vorgelagerten Zwergnebel Andro-Alpha.

Im Jahr 2402 ist es den Terranern gelungen, in einem weiteren intergalaktischen Transmittersystem Fuß zu fassen. Von dort aus dringt Perry Rhodan in die zweite zu Andromeda gehörende Kleingalaxis Andro-Beta ein, um mehr über die Pläne des Gegners und die Bedrohung der Milchstraße zu erfahren. Die Skrupellosigkeit der MdI wird deutlich, als durch einen Hyperbefehl alle Welten der Twonoser vernichtet werden, die in Andro-Beta als Wächtervolk der MdI fungierten und dabei versagten, die Eindringlinge unschädlich zu machen. Der Planet Gleam wird zum terranischen Stützpunkt.

Mit der Vernichtung des Andro-Beta-Sonnentransmitters durch die MdI ist den Beherrschern Andromedas der direkte Zugriff auf die Zwerggalaxis abgeschnitten.

Im Jahr 2404 erfolgt mit dem neuen Flaggschiff CREST III der erste direkte terranische Vorstoß nach Andromeda, wo inzwischen heftige Auseinandersetzungen zwischen den rebellierenden Maahks aus Andro-Alpha und den Hilfsvölkern der MdI im Gange sind. Als wichtigen Verbündeten gewinnt Perry Rhodan den Kosmischen Ingenieur Kalak.

Ein Schock erwartet die Terraner, als sie den »Sektorenwächtern« begegnen: Die Tefroder als bisher wichtigstes Hilfsvolk der MdI sind auch in ihrer Kultur so absolut menschenähnlich, dass Rhodan nicht an einen Zufall glauben kann. Der zweite Schock ist die Erkenntnis, dass viele tefrodische Raumschiffsbesatzungen aus Duplos bestehen, nach Atomschablonen ihrer Originale erschaffenen Kopien, die bei einem Versagen durch Hypersignale getötet werden können.

Die MdI reagieren kompromisslos auf das Eindringen der Terraner in ihren Herrschaftsbereich. In die Zeitfalle Vario gelockt, wird die CREST um (zeitlich) über 50.000 Jahre in die Vergangenheit und (räumlich) in die Heimatgalaxis zurückversetzt, wo zu dieser Zeit ein galaktischer Krieg zwischen Lemurern und Halutern tobt. Die Niederlage der Lemurer ist bereits besiegelt. Um den Vernichtungskommandos der Haluter zu entkommen, fliehen die Überlebenden durch die Sonnentransmitter in großem Maßstab in die Andromedagalaxis. Zum zweiten Mal wird Perry Rhodans Weltbild erschüttert, als er erkennen muss, dass die Lemurer ihr Sternenreich von der Erde aus beherrschen, die in dieser Zeit Lemur heißt. Sie sind die Vorfahren aller humanoiden Völker der Galaxis und der Tefroder, die aus den nach Andromeda Geflüchteten hervorgehen.

Der Kampf um die Rückkehr in die Realzeit beginnt, wobei sich herausstellt, dass die MdI ihre Zeitagenten in wichtige Positionen der Lemur-Hierarchie eingeschleust haben. Von der Realzeit aus operierend, üben sie Kontrolle aus und lassen Jagd auf die CREST und ihre Besatzung machen. Perry Rhodan ist jedoch entschlossen, alles zu riskieren, um in seine Zeit zurückzufinden und die Heimatgalaxis vor der befürchteten Großoffensive aus Andromeda zu warnen. Es beginnt eine Odyssee in einer Zeit, in der mannigfaltige Gefahren auf die Versprengten lauern. Die Macht der MdI erscheint grenzenlos, zumal es sich bei den beiden bisherigen Aufeinandertreffen mit einem Meister der Insel, äußerlich absolut menschenähnlichen Wesen, gezeigt hat, dass diese über Zellaktivatoren verfügen und dadurch relativ unsterblich sind ...

1.

 

 

Leutnant Ishe Moghu, ein Afroterraner mit der beachtlichen Größe von zwei Metern, wandte beim Aufklingen des Summtons den Kopf. Auf dem Bildschirm direkt neben Hauptschott I erschien ein Rangsymbol.

Vier Kometen in Silber, dachte Ishe.

Er zog die langen Beine an, drückte auf den Verstellknopf der Rückenlehne und ließ sich von dem hochfahrenden Gliedersessel in Sitzposition bringen.

Erst dann stand er auf.

Gähnend, einen missbilligenden Blick auf das aus drei Mann bestehende Wachkommando werfend, griff Ishe nach seinem Funkhelm und zog ihn über den kraushaarigen Kopf.

»Die Halunken schlafen wirklich!«, sagte Moghu vor sich hin. Er beugte sich über einen mit offenem Mund schnarchenden Korporal, legte die Hände trichterartig vor die Lippen und brüllte dem stoppelbärtigen Mann ins Ohr:

»Kommandant erscheint. Aufwachen, hopp-hopp.«

Der Korporal fuhr auf. Mit schwankenden Beinen kämpfte er um seine Balance und fluchte.

»Na, hören Sie mal!«, meinte Ishe grinsend. »Muss das sein? Die Disziplin an Bord des solaren Flottenflaggschiffes lässt neuerdings zu wünschen übrig. Ah, die anderen Herren sind auch schon erwacht. Darf ich Ihnen das Frühstück servieren?«

Ishe musterte die drei Unrasierten mit einem überlegenen Blick und behauptete dazu:

»Mir würde es nie einfallen, während der erwiesenermaßen unwichtigen Wache vor Zentralehauptschott I einzuschlafen.«

»Sie sehen aber auch nicht sehr munter aus«, murrte der noch immer erboste Korporal und stocherte mit dem kleinen Finger im Ohr herum. »Wissen Sie zufällig, wer mir vorschriftswidrig in mein rechtes Gehörorgan gebrüllt hat?«

Leutnant Moghu sah auf den Kontrollschirm. Das Kometensymbol vergrößerte sich; ein Zeichen, dass der von der Kontrollautomatik registrierte Kommandant unterdessen den Zentralerundgang erreicht hatte.

»Nein, keine Ahnung. Vielleicht hat sich ein prähistorisches Mammut darin niedergelassen.«

»Sie haben auch schon bessere Witze gemacht«, meinte der Korporal mürrisch. »Zum Teufel, was will der Alte um diese Stunde in der Zentrale? Da haben bekanntlich die kleinen, ewig unterdrückten Dienstränge Wache zu schieben und für das leibliche Wohlergehen der Kometenträger zu sorgen. Es wird ihn doch wohl kein Übergeschnappter geweckt haben?«

»Ausgeschlossen«, lehnte Ishe ab. »Ein aus dem Schlaf gerissener Kommandant ist so etwas wie eine Naturkatastrophe; besonders dann, wenn es sich um einen umweltangepassten Epsaler handelt. Vielleicht stehen Sie bald auf Ihrem Posten.«

Als das meterstarke Panzerschott aufschwang und ein 1,60 Meter großer, aber ebenso breiter Mann hereinstampfte, standen die vier Besatzungsmitglieder der CREST III rechts und links des von Rechenautomaten begrenzten Laufganges. Weiter hinten, im Zentrum der Zentrale, bemerkte niemand, dass Oberst Cart Rudo erschienen war. Es war fünf Uhr früh Bordzeit.

Ishe Moghu machte seine Meldung und legte die Hand an den Helmrand.

Der Korporal dachte mit abklingendem Zorn daran, der Kommandant sehe wieder einmal aus wie ein abgebrochener Riese.

Cart Rudo grinste breit. Er blieb stehen, stemmte die muskulösen Arme in die Hüften und sah zu Moghu hinauf.

»Verrückt geworden?«, erkundigte er sich mit seiner dröhnenden Stimme. »Was soll der Unsinn?«

Ishe blieb die Sprache weg. Es war erschütternd, einen Flaggschiffkommandanten solche Worte sprechen zu hören.

»Vorschriftsmäßige Meldung, Sir«, sagte Moghu gedämpfter.

»Sparen Sie Ihre Kräfte. Ist hier alles in Ordnung?«

Ishe entschloss sich, seine stramme Haltung aufzugeben. Bei Cart Rudo wusste man nie, was er von seinen Männern erwartete.

»Alles in Ordnung, Sir. Der Eins-WO versteht es prächtig, die CREST genau auf dem Punkt zu halten.«

Rudo schmunzelte unterdrückt und wandte sich ab.

Moghu sah ihm sinnend nach und dachte an die Verantwortung, die auf den Schultern dieses Mannes lastete.

»Vorsicht«, mahnte der Korporal beunruhigt. »Großer Uranus – heute scheint die ganze Prominenz aufzukreuzen. Goldene Kometen, eine Nova und jetzt auch noch USO-Symbole. Sir, es passiert bald etwas.«

Perry Rhodan, der Großadministrator des Solaren Imperiums und verantwortlicher Expeditionschef, erschien in der Druckschleuse. Moghu verzichtete auf eine zweite Meldung.

Rhodan nickte ihm geistesabwesend zu und eilte zum Mittelpunkt der Zentrale.

Nach ihm erschien der Oberkommandierende der USO, Lordadmiral Atlan. Die weißblonde Mähne des ehemaligen Arkonidenimperators wogte unter dem Rand der Bordmütze hervor und bedeckte sein Genick.

Atlan verhielt den Schritt, beugte sich nach vorn und schaute in Moghus Gesicht.

»Wenn mich nicht alles täuscht, zerbersten Sie bald vor Neugierde. Fünf Uhr früh, nicht wahr?«

Leutnant Moghu nickte.

»Begeben Sie sich auf Ihre Manöverstationen. Die KC-1 unter Major Don Redhorse kommt herein. Beeilen Sie sich.«

Da wusste Ishe Moghu, was das Erscheinen der Verantwortlichen zu dieser frühen Stunde zu bedeuten hatte. Die Ortungsmeldung war anscheinend unter Umgehung des üblichen Dienstweges direkt in Rhodans Kabine weitergeleitet worden, oder Moghu hätte etwas davon hören müssen.

Atlan verschwand im weiten Rund der Zentrale. Weiter vorn klangen Befehle auf.

»Habe ich es nicht gesagt?«, bemerkte der Korporal. Er fuhr sich mit dem Handrücken über das unrasierte Kinn. Es knirschte.

»Sie sollten unter die Weissager gehen«, lenkte Moghu ab. »Vorsicht, machen Sie dem lebenden Panzer Platz.«

Der Korporal wich zur Seite. Oberst Melbar Kasom, Spezialist der USO und Atlan direkt unterstellt, kam herein. Er nickte den Terranern zu, gähnte mit beachtlicher Geräuschentwicklung und lehnte sich gegen die Schotteinfassung. Kasom war zweieinhalb Meter groß und 16,3 Zentner schwer. Seine Stimme klang wie das Grollen eines Gewitters.

»Ihr Helden seht aus wie die Urmenschen von Terra. Gibt es hier keine Bartentfernungscreme mehr?«

»Unser Versorgungschef, Major Bernard, hat vor drei Tagen mit Rationalisierungsmaßnahmen begonnen«, grinste Moghu. »Wenn wir bis zu unserem Lebensende in der Vergangenheit bleiben müssen, bietet sich uns somit die Gelegenheit, wenigstens bei wichtigen Anlässen ohne Gesichtsschmuck zu erscheinen.«

Kasom runzelte die Stirn. Sein sandfarbener Haarkamm sträubte sich etwas.

»Warten Sie ab, welche Nachrichten Redhorse mitbringt. Ich will nicht mehr Kasom heißen, wenn der Sektor um das galaktische Sonnensechseck noch immer von der lemurischen Flotte abgeriegelt wird. Schließlich haben wir einen Zwischensprung von fünfhundert Jahren in die Relativzukunft gemacht; alles nur zu dem Zweck, der lemurischen Gefahr zu entgehen.«

Kasom schritt davon. Moghu blickte ihm unbewegt nach. Er rührte sich auch nicht, als der Korporal mit deutlicher Ironie bemerkte:

»Das war eine psychologische Beruhigungspille, Freunde. Wir wissen verdammt genau, weshalb der Chef durch den Zwischenzeittransmitter gegangen ist. Darf ich mich mit meinen Leuten als entlassen ansehen, Sir?«

»Sie dürfen«, bestätigte Moghu geistesabwesend. »Begeben Sie sich auf Ihre Manöverstationen. Übrigens, Korporal, Ihre Theorien können Sie für sich behalten.«

Die drei Männer entfernten sich. Sekunden später gellten die Alarmglocken durch das Schiff. Cart Rudo meldete sich über die Bordverständigung.

»Manöveralarm. Klar zur Einschleusung KC-1. Maschine – Hochenergieschaltung für Traktorwerfer einleiten, Ende.«

Die Bestätigungen der verantwortlichen Techniker liefen ein. Ishe Moghu achtete nicht mehr darauf. Er dachte nur noch an Don Redhorse; jenen Mann, dem man nachsagte, er sei mit dem Teufel im Bunde.

Redhorse war mit drei Sechzig-Meter-Korvetten vor einigen Tagen Bordzeit gestartet, um die Lage im Zentrum der Galaxis zu erkunden. Die CREST III hatte unterdessen im Ortungsschutz einer Randzonensonne gewartet.

Wenn die militärische Situation nahe dem galaktischen Sechsecktransmitter so war, wie es sich Rhodan und Atlan erhofften, stand einer Rückkehr des Ultraschlachtschiffes in den Andromedanebel nichts mehr im Wege.

Technische Schwierigkeiten mit den Schaltanlagen auf Kahalo, dem Justierungsplaneten des Ferntransmitters, glaubte man beseitigen zu können. Entscheidend für das Schicksal von fünftausend Männern war die Frage, was innerhalb von fünfhundert Jahren aus der lemurischen Wachflotte über Kahalo geworden war. Es bestand die theoretische Möglichkeit, dass die alten Lemurer bei ihrer Flucht zum Andromedanebel zahlreiche Robotschiffe zurückgelassen hatten, mit der Aufgabe, Kahalo vor allen Unbefugten abzuschirmen.

Da man jedoch Kahalo in der Realzeit unversehrt vorgefunden hatte, basierte die Annahme, der Justierungsplanet könne in der Vergangenheit vernichtet worden sein, auf schwachen Füßen.

Icho Tolot, der halutische Wissenschaftler, hatte die Frage nach der damaligen Strategie seiner frühen Vorfahren nicht beantworten können.

Die CREST III war durch die Zeitfalle Vario in das Jahr 49.988 v. Chr. zurückgeschleudert worden. Die damalige Menschheit, die Lemurer, hatten dem ständig wachsenden Druck der halutischen Offensiven weichen müssen und mit Hilfe des Sonnentransmitters den Rückzug zum Andromedanebel durchführen können.

Im Verlauf dieser gigantischen Völkerwanderung, in die auch viele Kolonialvölker der Erde einbezogen worden waren, war es zu einer Fülle von Ereignissen gekommen, die schließlich zu Rhodans Entschluss geführt hatten, diese gefährliche Epoche zu verlassen.

Die Möglichkeit zu einem Sprung in die so genannte Relativzukunft hatte sich durch die Benutzung eines kleinen Zwischenzeittransmitters auf Wega VI geboten. Die dort stationierte tefrodische Besatzung hatte erwartungsgemäß reagiert und die Terraner um 500 Jahre in die Relativzukunft versetzt. Die anschließenden Abenteuer hatte man relativ glimpflich überstanden und auch Redhorse und seine Begleiter von der Erde abgeholt, wohin sie durch einen Materietransmitter während eines Angriffes der Thermoflammer und Poler verschlagen worden waren.

Der damalige Hauptkontinent der Erde, Lemuria, war bereits im Pazifischen Ozean versunken. Der von dem zerplatzten Planeten Zeut erzeugte Gasring schwächte das Sonnenlicht so stark ab, dass auf Terra die letzte Eiszeit angebrochen war.

Wieder war es zu einer Begegnung mit einem Spezialkommando der Meister der Insel gekommen.

Toser-Ban, der geheimnisvolle Befehlshaber dieser Fängergruppe, war dabei von Atlan getötet worden. Seitdem bewegte sich die CREST in einem ziellosen Flug durch die Galaxis; immer bemüht, den überall auftauchenden halutischen Verbänden auszuweichen und eine Möglichkeit zu finden, den Sechsecktransmitter als Transportmittel zu benutzen.

Von der lemurischen Flotte, die einst die Milchstraße beherrscht hatte, war nichts mehr zu sehen gewesen. Die Übergiganten von Halut hatten ihren Siegeszug angetreten. Zahlreiche Erkundungsergebnisse wiesen aus, dass die Haluter zielstrebig dabei waren, die militärischen Siege in wirtschaftliche Erfolge umzuwandeln.

Die CREST hatte viele Beiboote ausgeschleust, um die Situation in der Galaxis zu erkunden. Dabei war bestätigt worden, was man ohnedies schon vermutet hatte. Der totale Sieg der Haluter über die Erste Menschheit war nicht erreicht worden.

Die von lemurischen Menschen abstammenden Kolonisten hatten nicht alle die Heimatgalaxis verlassen. Die Korvetten der CREST hatten allein achtundzwanzig erdähnliche Planeten gefunden, deren Bevölkerungen von dem Krieg verschont geblieben waren. Bei diesen Welten handelte es sich zumeist um weit abseits liegende Himmelskörper, die sowohl von den Planern der lemurischen Fluchtbewegungen als auch vom Admiralstab der Haluter übersehen worden waren.

Einer dieser Planeten war Sphinx im Blauen System. Dort hatten sich die Vertreter der Menschheit durch geschickte Schachzüge so abriegeln können, dass es nicht zu einem einzigen Angriff auf das große System gekommen war.

Man hatte die wertvollen Industrieanlagen in vollem Umfange erhalten und sie durch Fachkräfte weiter ausbauen können. Der damalige Tamrat des Blauen Systems war auch entschlossen genug gewesen, der allgemeinen Aufforderung zur Flucht nicht nachzugeben und auf sein Glück und seine Geschicklichkeit zu vertrauen.

Der große Plan, einen Teil der Menschheit vor den Versklavungskommandos der Haluter zu bewahren, war gelungen. Aus diesen Menschen waren die Akonen der Realzeit hervorgegangen.

Sie hatten in aller Stille und immer auf der Hut vor Halut ihr neues Reich ausgebaut, mit der Zeit ihren Ursprung vergessen und eine autarke Kultur gebildet.

Von den Akonen hatten sich etwa dreißigtausend Jahre später, also um das Jahr 20.000 v. Chr., die Arkoniden abgespalten. Sie hatten sich als autark erklärt und im abseits gelegenen Kugelsternhaufen M 13 das arkonidische Imperium gegründet.

Diesem Volk entstammte Atlan.

Andere Kolonialvölker hatten das Versteckspiel der Akonen mit mehr oder weniger Erfolg nachgeahmt. Auf diesen Planeten war es jedoch durchweg zu einem Rückschritt in Technik und Wissenschaft gekommen.

Rhodan konnte sich nun ein recht genaues Bild über den Werdegang der Menschheit und all der vielen Völker machen, die man in der Realzeit entdeckt hatte.

Die biologische Leitlinie war so unverkennbar gewesen, dass die Wissenschaftler des Solaren Imperiums Jahrhunderte vor dem Rätsel gestanden hatten, wieso fast alle Völker menschenähnlich waren.

Diese Frage war gelöst worden.

Für Rhodan waren die Erkenntnisse augenblicklich bedeutungslos. Er betrachtete es als vordringliche Aufgabe, nach Andromeda zurückzukehren und nach Wegen zu suchen, um durch die Zeitfalle Vario einen Weg zurück in die Realzeit zu finden.

 

Die KC-1, das Flaggschiff der Ersten Korvettenflottille an Bord des Ultraschlachtschiffes CREST III, war kaum in der Hangarschleuse angekommen, als Don Redhorse bereits im Bodenluk erschien.

Das Gesicht des schlanken Mannes wirkte abgezehrt. Er grüßte flüchtig und bemühte sich offensichtlich, dem Schleusenpersonal eine zuversichtliche Miene zu zeigen. Es gelang ihm nicht ganz.

Redhorse schob den Klapphelm seines leichten Druckanzuges in die Schulterhalterungen zurück, klemmte seine Kunststoffmappe fester unter den Arm und eilte auf die aufgleitenden Innentore der riesigen Luftschleuse zu.

»Er wartet kaum den Druckausgleich ab«, sagte ein Techniker zum Kontrolloffizier der Hangarkette I. »Schlechte Zeichen. Oder haben Sie den Indianer schon einmal nervös gesehen?«

»Kaum. Immerhin ist er schon ausgestiegen, ehe er frei atmen konnte. Männer mit schlechten Nachrichten haben es nicht so eilig. Ist das ein Argument?«

»Hmm ...!«

Don Redhorse ignorierte die fragenden Blicke der Männer. Er suchte nach einem Scherzwort, ließ sich aus dem Druckanzug helfen und schaute sich dabei unauffällig nach dem Offizier um, den er zu sehen erwartete.

Er fand ihn! Der hochgewachsene USO-Befehlshaber stand bereits vor dem Druckschott des Antigravliftes. Atlans Gesicht war noch ausdrucksloser als das des Flottillenchefs.

Don ging auf ihn zu, grüßte leger und ergriff die dargebotene Rechte.

»Willkommen, Rotes Pferd. Deine weißen Brüder erwarten dich«, erklärte Atlan launig. »Gute Reise gehabt?«

»Fast zu gut, Sir.«

»Halutische Verbände?«

»Hier und da eine Ortung. Einzelfahrer, keine Verbände. Die Herren scheinen mit dem Auftauchen terranischer oder besser gesagt lemurischer Einheiten nicht mehr zu rechnen. Unser Zeitsprung um fünfhundert Jahre in die Relativzukunft hat sich in dieser Hinsicht gelohnt. Bei der nötigen Vorsicht ist man in den Randsektoren der Milchstraße ziemlich sicher.«

Redhorses Lächeln wirkte unecht. Atlan kniff die Augen zusammen und warf einen forschenden Blick zu den atemlos lauschenden Männern der Schleusenbesatzung hinüber.

»Das war der Zweck der Übung. In Ordnung, gehen wir erst einmal nach oben. Wo stehen Ihre anderen Aufklärungseinheiten?«

»Nosinsky und Kagato haben sich befehlsgemäß von mir abgesetzt. Sie werden in Abständen von sechs Stunden die Wartebahn anfliegen. Es war mir zu riskant, mit einem Dreierpulk vor der CREST aufzukreuzen.«

»Natürlich. Klug gehandelt. Kommen Sie.«

Atlan gab den Weg frei. Redhorse trat in das Antischwerefeld des Schachtes und stieß sich behutsam ab. Er schwebte langsam nach oben. Die Hangars der Ersten Flottille lagen unterhalb des Mitteldecks und des äquatorialen Maschinenringwulstes.

Atlan hatte sich etwas fester abgestoßen. Er holte Don ein, umfasste seinen Arm und stoppte dann die Aufwärtsbewegung durch einen Griff an die Halteklammern.

Beide Männer hingen schwerelos in dem Schacht. Sie waren allein. Hier gab es auch keine Interkomanlage.

Atlans Gesichtsausdruck hatte sich verändert.

»Beenden wir das Spiel, Cheyenne! Sie sind natürlich ständig halutischen Verbänden in die Quere gekommen, oder?«

Redhorse lachte gequält auf.

»Verbänden? Wenn Sie Flotten gesagt hätten, Sir, würde es eher zutreffen. Die Galaxis wimmelt von halutischen Einheiten. Ich bin wenigstens fünfzigmal geortet worden. Viermal half nur ein blitzartiges Absetzungsmanöver in den Linearraum. Selbst da war ich nicht sicher, ob mir keiner auf den Fersen war.«

»Ist es Ihnen gelungen, bis zum galaktischen Zentrum vorzustoßen?«

»So lautete mein Auftrag. Ich konnte ihn ausführen; allerdings erst dann, nachdem ich mich entschlossen hatte, auf die Ortungen zu pfeifen. Es gab keine andere Möglichkeit. Ungesehen kommt niemand in den Sektor von Kahalo hinein.«

Atlan schloss die Augen und atmete schwer. Gepresst erklärte er schließlich:

»Sie brauchen mir nichts mehr zu sagen, Don. Kahalo und wahrscheinlich auch das Sonnensechseck werden von halutischen Flotten abgeriegelt, nicht wahr?«

»Ja. Ich würde mir nie erlauben, Ihnen Vorhaltungen wegen der Zeitverschiebung zu machen ...«

»Aber?«

Redhorse räusperte sich.

»... aber wir hätten damit rechnen müssen, dass Halut die Rolle der Lemurer übernimmt.«

»Richtig. Damit haben wir auch gerechnet. Allerdings nicht in diesem Umfang! Es ist ein Unterschied, ob ein um seine Existenz kämpfendes Volk mit allen Mitteln versucht, seine einzige Fluchtmöglichkeit abzusichern, oder ob die Sieger anschließend den Entschluss fassen, diese Fluchtmöglichkeit zu überwachen. Überwachen ist nicht identisch mit totaler Abschirmung unter Aufbietung aller Mittel.«

Atlan unterbrach sich kurz und fuhr dann fort: »Haben Sie Anzeichen registrieren können, die darauf schließen lassen, dass der Pyramidentransmitter arbeitet? Benutzen die Haluter die Transmitteranlage, um nach Andromeda vorzustoßen?«

Redhorse schüttelte den Kopf. »Nein«, erwiderte er. »Keinerlei Anzeichen irgendeiner Transmitteraktivität. Die Haluter scheinen sich damit zu begnügen, den Kahalosektor und das galaktische Sonnensechseck lückenlos zu überwachen und abzuschirmen. Sehen Sie sich meine Ortungsdiagramme und Fernaufnahmen an. Ich kann Ihnen mindestens zwanzigtausend Reflexbilder und etwa fünftausend 3-D-Farbaufnahmen meiner astronomischen Station zeigen. Alles Haluter! Halut scheint sehr genau zu wissen, wie wichtig der Ferntransmitter ist.«

Atlans Gesichtsmuskulatur erschlaffte. Für einen Augenblick glaubte Redhorse, einen Schimmer der Verzweiflung in den rotgoldenen Augen des Arkoniden zu erkennen. Dann war es schon wieder vorüber. Der ehemalige Imperator des Großen Arkonidenimperiums hatte sich gefangen.

Er deutete nach oben. Sie stießen sich erneut ab und kamen auf dem Zentralehauptdeck heraus.

Perry Rhodan und Melbar Kasom standen vor dem Schachtausstieg. Außer ihnen und zwei Wachrobotern war niemand zu sehen.

»Das hat aber lange gedauert«, stellte Rhodan fest. Seine grauen Augen forschten. »Arkoniden scheinen es nie unterlassen zu können, voreilige Fragen zu stellen. Don – hatten Sie Erfolg? Ja oder nein?«

»Nein, Sir. Kahalo wird von wenigstens zwanzigtausend Halutern abgeschirmt.«

Rhodan drehte sich schweigend um und ging. Seine Schultern waren etwas nach vorn gebeugt.

Als er verschwunden war, sagte Kasom mit einer mutlosen Handbewegung:

»Vorbei. Wir sind und bleiben Gefangene der Zeit. Wir sollten uns einen Planeten suchen, auf dem wir wenigstens natürliche Luft atmen und sauberes Wasser trinken können.«

»Ich hätte mir denken können, dass Ihre animalischen Triebe im Vordergrund Ihres Denkens stehen«, fuhr Atlan auf. »Mit Wasser und Luft meinen Sie doch Ochsenviertel oder Schweinebraten, nicht wahr?«

Kasom grinste.

»Wenn es dort ähnliche Tiere geben sollte – ich hätte nichts dagegen.«

Atlan winkte ab und schritt auf ein Transportband zu.

»Sie haben sich verrechnet, Spezialist Kasom. Wir werden keinen Planeten als Ruheplätzchen suchen. Ich bin über zehntausend Jahre irdischer Zeitrechnung alt. Bisher habe ich noch immer einen Weg aus verfahrenen Situationen gefunden, oder ich würde trotz meines Zellaktivators nicht mehr leben. Don, führen Sie Ihre Filme und Diagramme vor. Kasom, wo ist Icho Tolot?«

»Rechenzentrum, Sir. Wo könnte er sonst sein.«

»Wenn man mich vermissen sollte, ich bin ebenfalls dort. Überspielen Sie mir Ihre Daten, Don. Man erwartet Sie im Konferenzraum III.«

»Wollen Sie nicht ...«

»Unsinn. Was sollte ich dort? Stundenlang Theorien anhören? Ihre Angaben genügen mir bereits. Vergessen Sie nicht die Direktüberspielung. Vielen Dank auch, Don. Sie haben wieder einmal Kopf und Kragen riskiert. Ich kann mir nämlich vorstellen, wie schwierig es ist, sich durch einige halutische Flotten hindurchzumogeln, um das sehen zu können, was man sehen will.«

Der Cheyenne lächelte dem Lordadmiral zu. Atlan sprang auf das Band, erreichte weiter hinten den Einstieg zu G-Schacht 14 und glitt darin zum Rechenzentrum hinab. Es lag unterhalb der Kugelzentrale im geschütztesten Teil des zweieinhalb Kilometer durchmessenden Riesenschiffes.

Icho Tolot, der vierarmige Haluter aus der Realzeit, stand wie ein schwarzer Felsklotz vor dem positronischen Supergehirn der CREST.

Als Atlan eintrat, wandte der dreieinhalb Meter hohe und zweieinhalb Meter breite Gigant den Kopf. Atlan blickte in die drei rotglühenden Kugelaugen eines Lebewesens, dessen Vorfahren die Galaxis verwüstet hatten.

Tolot hob den rechten Handlungsarm.

»Willkommen, Freund«, begrüßte er den Arkoniden. Seine tiefe Stimme dröhnte wie ein Trommelwirbel. »Don Redhorse ist zurückgekommen, nicht wahr?«

Atlan nickte, ohne ein Wort zu sagen. Als er vor dem Hünen stand, glich er einem Zwerg. Icho Tolot war ein lebendes Beispiel für die ungeheure Macht, die seine Vorväter verkörpert hatten. Angreifende Haluter wurden nach einer Verdichtung des Zellgewebes zu Kampfmaschinen, die man nur noch unter günstigsten Umständen mit tragbaren Energiewaffen abwehren konnte. Selbst schwere Robotausführungen versagten.

Atlan hatte Tolots Einsätze mehr als einmal erlebt. Es war für den metabolisch begabten Riesen eine Kleinigkeit, mit seiner strukturverdichteten Körpermasse dicke Mauern geschossartig zu durchschlagen. Seine physischen Kräfte waren für menschliche Begriffe grenzenlos.

Der Haluter wartete geduldig. Während dieser Zeit verarbeitete sein Planhirn neue Daten. Sein Ordinärgehirn steuerte lediglich die Körperfunktionen.

Atlan berichtete, was er von Redhorse erfahren hatte, und fragte anschließend: »Haben Sie eine Erklärung dafür, warum Ihre Vorfahren sich lediglich darauf beschränken, Kahalo zu überwachen und keinen Versuch unternehmen, den Sonnentransmitter für ihre Zwecke einzusetzen, um den Lemurern nach Andromeda zu folgen?«

Icho Tolot dachte einige Augenblicke nach, dann sagte er, so leise es ihm möglich war: »Ich habe dafür keine stichhaltige Erklärung. Selbst wenn die Lemurer verschiedene Sperren installiert hätten, müssten diese von meinen Vorfahren längst entdeckt und beseitigt worden sein. Ich kann nur vermuten, dass es meine Urahnen – aus welchen Gründen auch immer – nicht für notwendig erachten, den Transmitter zu benützen. Es scheint ihnen zu genügen, diesen so abzuschirmen, dass er auch von niemand anderem benutzt werden kann. Es ist mir einfach nicht möglich, exakte Prognosen über die Strategie meiner Vorfahren zu liefern.«

»Leider.«

»Machen Sie mir keine Vorwürfe, Atlan.«

»Unsinn. Wie kommen Sie darauf?«

»Mir scheint, als wäre die Achtung und Zuneigung, die man mir bisher entgegenbrachte, etwas abgeklungen. Hier und da habe ich scheue Blicke aufgefangen. Das schmerzt. Meine Kleinen können mir nicht verzeihen, dass ich aus einem ehemals gewalttätig eingestellten Volk hervorgegangen bin.«

Atlan bemühte sich um ein Lächeln. Er kannte die Mutterkomplexe des gigantischen Lebewesens. Die Menschen waren Tolots Hobby; gleichzeitig seine »Kinder«, deren Expansionsbestrebungen er begeistert verfolgt hatte.

»Sie täuschen sich, Freund«, behauptete Atlan. »Niemand macht Ihnen Vorwürfe. Jedes Volk braucht eine bestimmte Reifezeit, bis es tolerant und einsichtig wird. Ich möchte Sie an die terranische Geschichte erinnern. Es sind noch keine fünfhundert Jahre her, als man auf Terra andere Menschen allein wegen ihres Glaubens, ihrer Hautfarbe oder ihrer Volkszugehörigkeit verfolgte, demütigte und sogar ermordete. Diese Epoche ist nur mit Mühe überwunden worden. Die Historiker des Jahres 2404 glauben festgestellt zu haben, dass die scheußlichen Untaten in erster Linie der Furcht vor dem anderen entsprangen. Ich halte die moderne Definition allerdings für fragwürdig.«

»Sie haben diese Zeiten persönlich erlebt. Sie sollten es wissen.«

»Niemand wusste es damals genau; auch ich nicht. Ich möchte heute, aus anderem Blickwinkel gesehen, behaupten, dass diese Geschehnisse nichts anderes als die Geburtswehen des terranischen Volkes waren. Wenn ich Ihre Geschichte verfolge, Tolot, bieten sich Parallelen an; nur mit dem Unterschied, dass Ihre Vorfahren mehr Macht und technisches Wissen besaßen. Schätzen Sie Major Don Redhorse?«

Der Haluter drehte den massigen Oberkörper und schaute auf den Arkoniden hinab.

»Sie wollen mich belehren. Ich bin einverstanden. Sprechen Sie, bitte. Ja, ich schätze Don Redhorse.«

»Ich auch. Jedermann schätzt ihn. Er ist ein terranischer Indianer. Es gibt wenigstens zweihundert Männer an Bord der CREST, deren Vorfahren als weiße Siedler in den Lebensbereich der Cheyennes eindrangen und sie gnadenlos bekämpften. Ich habe es erlebt. Trotzdem würde es Major Redhorse nicht einfallen, Rhodan oder einem anderen Mann Vorhaltungen wegen der geschichtlichen Ereignisse zu machen. Perry würde Sie sehr verwundert ansehen, wenn Sie ihn darauf hinwiesen, dass Dons Vorväter vielleicht gegen einen Mann aus Rhodans Familie Hass empfunden haben. Das ist vorüber, Haluter! Sie wissen natürlich, weshalb ich dieses Beispiel wählte. Sie sollten nie mehr einen Gedanken daran verschwenden, jemand unter uns könnte Ihnen Vorwürfe wegen Ihrer Abstammung machen. Sie haben auch sicherlich keine scheuen Blicke aufgefangen, wie Sie glauben.«

»Ich wäre sehr glücklich, wenn ich mich geirrt hätte.«

»Sie haben sich geirrt. Man wird Sie prüfend und kritisch betrachtet haben; jedoch nicht wegen der Taten Ihres Volkes, sondern nur wegen Ihrer herkulischen Figur. Ich kenne die Männer der CREST. Sie werden sich fragen, wie es möglich war, dass Halut solche Erfolge erringen konnte. Sie werden mit den Augen von hochqualifizierten Technikern und Wissenschaftlern betrachtet. Ich kenne kaum einen Terraner, der nicht nach einer Begründung für gewisse Dinge suchen würde. Das ist mentalitätsbedingt. Sie sollten diese kleinen, wildverwegenen Höhlenwilden doch kennen. Wo bleibt Ihr Lachen, das ich so liebe?«

Der Haluter, äußerlich – aber auch nur äußerlich – einem Monstrum gleichend, öffnete den rachenartigen Mund und lachte, wie nur ein Überriese seiner Art lachen konnte.

Atlan ertrug den Geräuschorkan mit gequälter Miene, legte die Handflächen über die Ohren und begann dann, ohne ein weiteres Wort zu verlieren, mit der Programmierung des Grunddatenautomaten.

Tolot stampfte durch den Raum, holte seine fertigen Berechnungen herbei, und eine Minute später geschah es, dass sich zwei intelligente Lebewesen der Galaxis überlegten, wie fünftausend Terraner zu retten seien.

Sie rechneten und diskutierten auch noch, als vier Stunden später der Interkomsummer erklang. Rhodans Gesicht erschien auf dem Bildschirm. Er grüßte mit einer Handbewegung.

»Haben die mathematischen Genies keinen Hunger?«, erkundigte er sich. »Ich möchte euch außerdem für einen Augenblick in Konferenzraum III bitten. Kluge Köpfe soll man nicht übergehen.«

Atlan stieß Tolot an und deutete auf den Bildschirm.

»Wollen wir ihm den Gefallen tun? Ich habe ihn allerdings im Verdacht, dass er es nur auf meine mühevoll eingelagerte USO-Verpflegung abgesehen hat.«

»Man könnte darüber reden«, entgegnete Perry. Sein müder Blick belebte sich etwas. »Also in fünf Minuten, wenn es den Herren recht ist.«

Er winkte erneut und schaltete ab.

Tolot schaute lange auf den verblassten Schirm.

»Galgenhumor«, erriet Atlan die Gedanken des Haluters. »Dieser Mann kann durch nichts zerbrochen werden, außer durch sich selbst.«

»Das ist auch meine Auffassung. Es wird an Ihnen liegen, Perry moralisch zu stützen. Er weiß natürlich längst, dass eine Rückkehr zum Andromedanebel unmöglich ist.«

»Abwarten«, erklärte Atlan. »Bei der Kristallwelt des arkonidischen Imperiums! Perry gibt nicht auf, ehe er nicht den Kopf unter dem Arm hat.«

 

Einige Stunden später:

Atlan blieb gelassen, als er auf dem bequemsten Liegesessel seiner Kabine den Mausbiber entdeckte.

Gucky trug die leichte Borduniform, aus der sein Schweif ungeschützt hervorragte. Das spitznasige Mausegesicht mit den großen, klugen Augen ruhte auf einer Armlehne. Atlan bemerkte nur ein angewinkeltes Bein, den breiten Biberschwanz und den pelzbedeckten Kopf mit den runden Ohren.

Atlan schirmte sich unbewusst gegen die tastenden Paraströme ab. Gucky versuchte wieder einmal, seinen Bewusstseinsinhalt zu belauschen.

»Spielverderber«, nörgelte der Mausbiber. »Dein Monoschirm wird immer stärker.«

»Ein Glück. Jemand bietet mir reichlich Gelegenheit zur Vervollkommnung.«

Gucky entblößte seinen einzigen Zahn.

»Das will ich überhört haben, Beuteterraner. Was machst du da?«

»Ausziehen, duschen und dann schlafen. Wenn du damit einverstanden bist, bitte ich um ein kurzes Nicken.«

Guckys Nagezahn verschwand. Er richtete sich in dem Pneumosessel auf und ließ die kurzen Beinchen herabhängen. Der Lordadmiral streifte die Uniform ab. Gucky sah einen Augenblick auf den eiförmigen Zellaktivator, der sich unter dem Hemd abzeichnete. Atlan wartete. Gucky war offenbar nicht in seine Kabine gekommen, um ihm Nichtigkeiten mitzuteilen.

»Ich habe dich bei der Sitzung vermisst«, bemerkte Atlan beiläufig. »War man müde, oder hatte man einfach keine Lust, zirka fünfzig undurchführbare Pläne anzuhören?«

»Man hat gearbeitet«, erklärte der Mausbiber gekränkt.

»Oh!«

»Da gibt es nichts zu ›ohen‹. Ich möchte ernsthaft mit dir sprechen.«

»Auch das noch. Kleiner – ich komme soeben von einer sehr ernsthaften Aussprache mit ernst zu nehmenden Männern. Begreife das gefälligst und lasse mich in Ruhe. Ich bin fertig, wenn du diesen Begriff aus der Umgangssprache erlauben willst.«

Gucky blieb überraschend ruhig.

»Wir sind alle fertig, Atlan. Ihr seid zu keinem Resultat gekommen, nicht wahr?«

»Zu keinem brauchbaren. Mein Vorschlag, die Haluter über Kahalo anzugreifen, ist ein Unternehmen für Verrückte oder Lebensmüde. Wir werden ihn nie realisieren. Ich frage mich jetzt schon, weshalb ich überhaupt von einer Eroberung Kahalos gesprochen habe. Vielleicht wollte ich Terras tüchtigsten Männern nur etwas zum Denken geben. Ich weiß es nicht genau.«

»Du bist tatsächlich fertig«, sagte Gucky nachdenklich. »So ein konfuses Zeug hast du noch nie geredet. Perry läuft zur Zeit wie ein gefangener Tiger in seiner Kabine herum. Cart Rudo zermartert sich den Kopf nach hochkomplizierten Anflugmanövern, mit denen man die halutische Wachflotte überwinden könnte.«

»Wahnsinn.«

»Er tut wenigstens etwas. Die Mutanten stellen verwegene Pläne auf, und ich habe auch etwas zu sagen. Deshalb bin ich hier.«

Atlan ging zum Getränkeautomaten und zog einen Becher mit farblosem Vitaminsaft aus dem Schlitz. Gucky verzog angewidert die spitze Nase.

»Du solltest Karotten essen. Oder nein – bleibe lieber bei dem synthetischen Stoff. Mein Vorrat schrumpft zusammen. Spielst du eigentlich nur den Uninteressierten, oder bist du es?«

Atlan fühlte, dass der Mausbiber unruhig wurde. Er konnte seine Neuigkeiten nicht länger für sich behalten.

Der Arkonide nahm in einem anderen Sessel Platz, streckte die Beine von sich und lehnte den Kopf zurück.

»Ich höre, Kleiner. Mache es kurz, willst du? Ich bin nämlich tatsächlich müde. Die CREST wird diese Randzonensonne umkreisen, bis wir einen Entschluss gefasst haben, wohin wir uns wenden sollen. Also ...?«

Gucky fasste sich kurz. Seine braunen Augen blickten ernst und eindringlich.

»Was ich jetzt sage, ist kein Spaß. Du erinnerst dich an Redhorses Abstecher auf die eiszeitliche Erde? Er geriet in eine Falle, die ihm ein Meister der Insel namens Toser-Ban gestellt hatte. Ums Haar wären wir von der automatischen Mondfestung vernichtet worden. Vorher aber sind wir mit einer Korvette zur Erde geflogen und haben Redhorse herausgehauen.«

»Wem erzählst du das?«

»Dir. Toser-Ban hätte dich beinahe erschossen. Ich konnte dich gerade noch telekinetisch anheben. Anschließend eröffneten wir mit einem Energiegeschütz das Feuer auf Toser-Ban. Sein Schutzschirm brach zusammen, und du hast ihn mit einem Desintegrator unschädlich gemacht.«

»Sicher, sicher. Und dieser Korporal Surfat, jetzt zum Sergeanten befördert, hat Biberfleisch gegessen.«

Gucky grinste. Er erinnerte sich.

»Das ist jetzt nicht mehr wichtig. Mir kommt es auf die wenigen Sekunden an, die ich brauchte, um dich zu finden. Ich musste mich sehr stark konzentrieren, und da hörte ich jemanden meinen Namen rufen. Nicht sehr laut, aber deutlich, Atlan! Ich hatte mich voll auf meine telepathischen Fähigkeiten konzentriert, um deinen Standort ausmachen zu können. Hast du mich gerufen? Wenn ja – wie hast du mich gerufen? Besitzt du telepathische Gaben, die du uns bisher verheimlicht hast?«

Atlan stellte den Becher weg und richtete sich auf.

»Kleiner – ich besitze weder telepathische Gaben, noch habe ich dich in dem Moment gerufen. Ich blickte in Toser-Bans Waffenmündung. Wenn ich mich recht erinnere, habe ich nur noch daran gedacht, wie unangenehm es ist, im Regen zu sterben. Wahrscheinlich bist du von John Marshall angesprochen worden.«

»Nein«, behauptete Gucky energisch. »Darüber haben wir stundenlang diskutiert. Er war mit den Mutanten von Makata beschäftigt.«

»Also schön. Worauf willst du hinaus?«

Der Mausbiber machte eine vage Geste. Ein Ausdruck der Verzweiflung erschien in seinen Augen.

»Atlan – ich bin angerufen worden; telepathisch und mit vernehmbarer Lautstärke. Wer konnte auf der urweltlichen Erde meinen Namen kennen? Gibt es dort jemand, den wir in der Hitze des Gefechtes übersehen haben? Jemand, der uns vielleicht helfen könnte?«

»Du phantasierst, Kleiner. Lege dich hin.«

»Ich phantasiere nicht. Ich bin angerufen worden. Nein, du brauchst nicht nach Marshall zu läuten. Er hat nichts gehört. Wir waren ununterbrochen beschäftigt und außerdem psychisch erschöpft. Wenn ich nicht die auf mich eindringenden Impulse der Makata-Mutanten gewaltsam abgeschirmt hätte, weil ich dich wiederfinden musste, hätte ich den Ruf wahrscheinlich auch nicht vernommen. So habe ich ihn aber empfangen. Ich behaupte mit vollem Ernst, dass es auf Terra, oder meinetwegen auch Lemur, jemand gibt, der meinen Namen kennt und der telepathisch begabt ist. Diesen Mann oder diese Frau sollten wir finden. Es kann sich doch nur um eine Person aus der Realzeit handeln. Wie ist sie auf die Erde gekommen?«

Atlan musterte den Mausbiber aus verkniffenen Augen. Er begann über den Fall nachzudenken. Hatte er nicht doch nach Gucky gerufen? Hatte er im Moment größter Gefahr vielleicht Fähigkeiten entwickelt, die ihm normalerweise nicht zur Verfügung standen?

Er teilte es Gucky mit, doch der lehnte schroff ab.

»Was also willst du mit deiner Berichterstattung erreichen?«, erkundigte sich der Lordadmiral schließlich.

»Ich bin zu dir gekommen, weil du den Einsatz geleitet hast. Nur du kannst ganz genau wissen, was in diesen Minuten geschehen ist. Perry hätte mich glatt aus der Bude gefeuert, und die Wissenschaftler dieses stolzen Schiffes würden mir nicht glauben.«

»Ich auch nicht. Du hattest eine Halluzination.«

Gucky lachte schrill auf und schrie:

»Ich habe nie Wahnvorstellungen! Das ist in meinem Gehirn nicht drin. Willst du also zusammen mit mir die Erde anfliegen, oder willst du nicht? Ertrinkende greifen bekanntlich nach jedem Strohhalm. Warum sollen wir es nicht tun?«

»Du bildest dir doch nicht ein, Perry würde jemals wieder in die Reichweite der Mondfestung fliegen?«

»Wie wir daran vorbeikommen, ist deine Sache. Wir können ja eine Korvette oder eine Moskito-Jet nehmen. Sprich mit Perry. Er ist jetzt in einer Verfassung, die ihn ...«

»... für alle möglichen Verrücktheiten zugänglich macht«, wurde er von Atlan unterbrochen.

Gucky hob die Schultern.

»Eine geringe Chance ist besser als gar keine. Schlafe dich aus, wenn du kannst, und sprich dann mit Perry. Gib mir die Möglichkeit, nachzuprüfen, wer auf Terra meinen Namen gerufen hat. Wenn wir nur einen guten Rat erhalten, so ist das in unserer Situation schon viel.«

»Das ist ein vernünftiges Argument, Kleiner. Gut, ich werde mit Perry sprechen. Wecke mich in sechs Stunden.«

Gucky entmaterialisierte in einer grellen Leuchterscheinung. Atlan schaute auf den Fleck, wo der Kleine eben noch gesessen hatte. Anschließend duschte er und legte sich auf sein Lager. Die CREST III umkreiste weiterhin die fremde Sonne.

2.

 

 

Das tiefe Dröhnen der Impulstriebwerke verstummte. Die CREST III, vor acht Minuten aus dem Linearraum gekommen, hatte den Rest ihrer Eintauchfahrt aufgehoben.

Sie befand sich in einem sternarmen Sektor, fünfunddreißig Lichtjahre von der Erde entfernt. Sol leuchtete als heller Ball auf den Echoschirmen der überlichtschnellen Energietaster. Weit und breit war kein halutischer Verband auszumachen.

Rhodan saß im Admiralssessel der CREST III. Neben ihm bereitete sich Cart Rudo auf einen Notstart vor.

Perry sah sich in der riesigen Zentrale um und versuchte, die Gesichter der Männer zu erkennen. Einige stachen wie blauleuchtende Masken aus dem gefechtsmäßigen Dämmerlicht der Armaturen hervor.

Sie hoffen schon wieder, dachte Rhodan mit einem Gefühl der Beschämung. Er zwang die unterbewusste Vorstellung von einem Betrug an seinen Männern nieder und zog ein Mikrophon der Interkomanlage vor die Lippen.

»Rhodan an Atlan. Wir sind da. Entfernung zur Erde exakt fünfunddreißig Lichtjahre, bisher keine Fremdkörperortung. Bist du noch immer bereit, gewissen Hirngespinsten nachzugehen?«

Atlans Gesicht erschien auf dem Bildschirm. Der Arkonide saß bereits in der hermetisch abgeriegelten Vollsichtkanzel eines Moskitojägers. Hinter ihm, auf dem Sitz des Navigatororters, kauerte Gucky. Sie trugen beide hochwertige Kampfanzüge mit eingebauten Mikroprojektoren für Antigravfelder sowie Individual- und Deflektorschirme.

»Immer noch. Sind die berechneten Ausweichtreffpunkte in deiner Positronik? Wenn ihr hier verschwinden müsst, möchte ich euch trotzdem wiedersehen.«