cover.jpg

img1.jpg

 

Nr. 38

 

Verschollen in M 87

 

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt

Die unglaubliche Entfernung von zweiunddreißig Millionen Lichtjahren liegt zwischen der Milchstraße und der Galaxis M 87, in die es das Raumschiff CREST IV mit Perry Rhodan und vielen Begleitern verschlagen hat. Die Distanz ist zu groß, als dass sie von den Terranern mit ihren technischen Hilfsmitteln überwunden werden könnte.

 

Dabei wäre es dringend nötig, rasch in die Heimat zurückzukehren. Nach aktuellem Wissensstand planen die so genannten Zweitkonditionierten den Angriff auf das Solsystem, mit einer Übermacht, der die Menschheit nur wenig entgegenzusetzen hat. Aus diesem Grund muss Perry Rhodan den Kontakt zu einem raumfahrenden Volk aufnehmen. Vielleicht wissen dessen Angehörige, wie der Abgrund zwischen den Galaxien zu überbrücken ist.

 

Doch dann entdecken die Besatzungsmitglieder der CREST IV eine riesige Trümmerflotte, und die Soldaten der Galaxis M 87 tauchen auf. Nun geht es nur noch um das Überleben in einem fremden Sternensystem, das seine schrecklichen Geheimnisse offenbart ...

Vorwort

 

 

Über gemischte Gefühle möchte ich hier einmal etwas schreiben. Gemischte Gefühle immer dann, wenn es an das nächste PERRY RHODAN-Buch geht und die Auswahl der Romane und Textanteile ansteht. Es sind die gleichen gemischten Gefühle wie auf jeder Autorenkonferenz (oder vielmehr danach, abends beim Bier), wenn ich plötzlich die grauenhafte Vision habe, einer der Autoren steht auf, rückt sich den Gürtel zurecht wie Johnny Wayne, zieht einen Revolver, zielt auf meine hohe Denkerstirn und ruft:

»Ha, Schurke, jetzt kriegst du die Strafe dafür, dass du soundsoviele meiner genialen Romane nicht in die Buchausgabe reingenommen hast!«

Manchmal denke ich, der eine oder andere Autor könnte wirklich auf die Idee kommen, ich könnte ihn nicht leiden und würde deshalb lieber die Werke mir genehmerer Kollegen vorziehen.

Kurt Mahr ist so ein Fall, und es ist ein Jammer. Zu meinem Glück war es noch Willi Voltz, der Kurts spannende Kolonistenabenteuer und danach die Abteilung-III-Romane unberücksichtigt lassen musste. Und warum? Weil diese Romane – für sich – wirklich zur Creme der Serie gehörten, aber leider Gottes die Haupthandlung nicht unbedingt voranbrachten. Sie ließen sich außerdem recht problemlos von den anderen Bänden trennen, was heute nicht mehr so leicht geht. Kurt Mahr leidet aber eigentlich immer noch etwas daran, vor gut 20 Jahren aufgrund anderweitiger Verpflichtungen nicht die Schlüsselromane bekommen zu haben, wie etwa William Voltz, H. G. Ewers und natürlich der Großmeister selbst, Exposéautor K. H. Scheer.

Und Clark Darlton? Er wäre Beispiel Nummer zwei. Bei seinen Romanen tollte zwei Drittel des Textes sein Gucky durch die Seiten, und im Interesse eines geradlinigen, konsequenten Vorantreibens der Handlung in der Buchausgabe musste und muss allzuviel Gucky leider entfallen.

Ein Trost ist, dass in diesem 38. Band der PERRY RHODAN-Bibliothek sowohl Kurt Mahr als auch Clark Darlton endlich wieder einmal würdig vertreten sind. Bei Kurt Mahr dürfte die Zukunft »buchmäßig« recht rosig sein, und bei Walter spätestens nach Beginn des 400er-Zyklus auch. Gewisse Probleme deuten sich bei H. G. Ewers an, der in den letzten Büchern dominierte, diesmal aber erstmals das Opfer seiner regen »An-den-Exposés-vorbei-Phantasie« geworden ist.

Man sieht also, es gibt für jeden Höhen und Tiefen, und am Ende gleicht sich das Ganze hoffentlich wieder aus (dann ginge ich viel beruhigter zu den Konferenzen). Und wer sich nun fragt, wozu dies ganze Gerede über die Autoren, der möge das einmal meinen gemischten Gefühlen zugute halten, aber mindestens so gut den vielen Briefen von Fans des einen oder anderen Autors: »Ich finde, mein Lieblingsautor wird in der Buchausgabe total vernachlässigt. Warum?« Jetzt wisst ihr's. Und ich bin froh, dass es wenigstens einen gibt, den wir noch nie vernachlässigen mussten. Ladies and gentlemen, the one and only Johnny Bruck!

Diesmal sind die folgenden Romane und ihre Autoren im Buch: Kontakte mit Unbekannt und Die stählerne Zitadelle von William Voltz, Die Kammer der tausend Schrecken und Kreuzwege im Kosmos von H. G. Ewers, Der planetarische Kerker von Clark Darlton, Die Bestien sollen sterben von Kurt Mahr.

 

Mein Dank gilt wie immer Franz Dolenc und allen, die durch ihre hervorragenden Leistungen beim Zustandekommen der Heftserie diese Buchausgabe erst möglich gemacht haben.

 

Gaggenau, im Frühjahr 1990

Horst Hoffmann

Zeittafel

 

 

1971 – Perry Rhodan erreicht mit der STARDUST den Mond und trifft auf die Arkoniden Thora und Crest.

1972 – Mit Hilfe arkonidischer Technik Aufbau der Dritten Macht und Einigung der Menschheit.

1976 – Das Geistwesen ES gewährt Perry Rhodan und seinen engsten Wegbegleitern die relative Unsterblichkeit.

1984 – Galaktische Großmächte versuchen, die aufstrebende Menschheit zu unterwerfen.

2040 – Das Solare Imperium ist entstanden.

2400/2 – Entdeckung der Transmitterstraße nach Andromeda. Abwehr von Invasionsversuchen aus der Nachbargalaxis.

2404/6 – Direkter terranischer Vorstoß nach Andromeda und Erkenntnisse über die Herkunft der humanoiden Völker der Milchstraße. Die Meister der Insel werden Opfer ihrer eigenen Machtgier.

2435 – Der Riesenroboter OLD MAN erscheint in der Galaxis. Mächte aus der Großen Magellanschen Wolke versuchen ihn zum Werkzeug einer Bestrafungsaktion gegen angebliche »Zeitverbrechen« der Terraner zu machen.

2436 – Die Zweitkonditionierten (»Zeitpolizei«, auch »Zweite Schwingungsmacht«) erscheinen mit ihren organischen Raumschiffen, um die Strafe an der Menschheit zu vollziehen. Sie bringen OLD MAN in ihre Gewalt und holen zum finalen Schlag gegen das Solsystem aus – während Perry Rhodan, Atlan und viele Schicksalsgefährten mit der CREST IV in die mehr als dreißig Millionen Lichtjahre entfernte Galaxis M 87 geschleudert werden und dort einen verzweifelten Kampf um das Überleben und die Rückkehr beginnen müssen. In der Heimatgalaxis gelten sie als verschollen und tot.

Prolog

 

 

Am 12. Januar 2436 geschieht es: Das solare Flaggschiff CREST IV wird durch unbekannte Energien im Kampf gegen die Zeitpolizei aus der Galaxis geschleudert und materialisiert in einer weit entfernten, vorerst völlig unbekannten Region des Universums.

Für Reginald Bull und die anderen Zurückgebliebenen muss es so aussehen, als wäre das Schiff mit Perry Rhodan, Atlan, vielen Mutanten und der gesamten Standardbesatzung verloren. Aber die Geschehnisse in der Milchstraße lassen Bull nicht viel Zeit, sich mit dem Schicksal seiner Freunde eingehend zu beschäftigen.

Kurz nach dem Verschwinden der CREST, greift der Gigantroboter OLD MAN mit seinen rund 15.000 Ultraschlachtschiffen das Solsystem an. OLD MAN, ursprünglich als Geschenk an die Menschheit erbaut, ist in der Gewalt der Zeitpolizei und soll nun dazu herhalten, die Terraner für ein »Zeitverbrechen« zu bestrafen, das sie niemals begangen haben.

Staatsmarschall Bull zieht die terranische Flotte ins Solsystem zurück. Die Nachricht vom Verschwinden der CREST löst Bestürzung und Panik aus, doch es gelingt den Verantwortlichen, die kritische Situation zu meistern und größere Unruhen zu verhindern.

Der Kampf um das Solsystem entbrennt, die Übermacht des Gegners ist erdrückend. Für die entscheidende Wende im ungleichen Kräfteverhältnis sorgt das neue FpF-Gerät des genialen, aber bisher verkannten Wissenschaftlers Geoffry Abel Waringer. Mit seiner Hilfe kann den Zeitpolizisten eine erste schwere Niederlage beigebracht werden.

Nur ein einziger Zweitkonditionierter – Tro Khon – kann dem Chaos entfliehen. Auf diese Nachricht hin wagen es zwei Oxtorner und ein Terraner, OLD MAN anzufliegen, und schaffen das Wunder: Sie führen den Robotgiganten endlich seiner Bestimmung und somit der Menschheit zu, was die Lage im Solsystem weiter zugunsten Terras stabilisiert.

Doch von der CREST IV und Perry Rhodan gibt es nach wie vor keine Nachricht. Niemand im Solsystem kann ahnen, dass die Besatzung der CREST und die beiden Haluter Icho Tolot und Fancan Teik in der 32 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxis M 87 um ihr Überleben kämpfen – und verzweifelt darauf hoffen, eine Möglichkeit der Rückkehr zu finden ...

1.

 

 

In die vertrauten Geräusche innerhalb der Kommandozentrale der CREST IV mischte sich ein Ton, der alle Gespräche verstummen ließ. Die Männer, die in der Zentrale des Flottenflaggschiffs Dienst hatten, unterbrachen ihre Arbeit und blickten sich an.

Obwohl die Besatzung der CREST IV in der Galaxis M 87 nach Spuren raumfahrender Völker suchte, kam das schrille Summen, mit dem die Peilgeräte der Hyperortung ansprachen, für die Raumfahrer unerwartet.

Hier, vierzigtausend Lichtjahre vom Zentrumskern der fremden Galaxis entfernt, hatte man nicht mit der Möglichkeit einer Kontaktaufnahme zu Fremden gerechnet, weil die Sterne in diesem Gebiet so dicht standen wie im Mittelpunkt der heimatlichen Milchstraße.

Das Summgeräusch ließ jedoch keine Zweifel daran, dass die empfindlichen Ortungsgeräte der CREST einen Hyperfunkspruch aufgefangen hatten. Überlichtschneller Funkverkehr bedeutete jedoch das Vorhandensein von Raumschiffen, denn nur ein Volk, das seinen Planeten verließ, war darauf angewiesen, eine Kommunikationsmethode zu entwickeln, bei der der Zeitverlust äußerst gering war.

Die Stille innerhalb der Zentrale dauerte nur einen Augenblick an, dann sorgten Stimmengewirr und lautstarke Befehle dafür, dass die Männer sich schnell von ihrer Überraschung erholten.

Atlan, der neben Merlin Akran an den Hauptkontrollen saß und die Bildschirme der Raumortung beobachtete, wandte sich an Perry Rhodan, der hinter Akrans Kommandosessel getreten war.

»Es sieht so aus, als sollten wir mit unseren Bemühungen Erfolg haben«, sagte der Arkonide. »Allerdings glaube ich noch immer nicht daran, dass sich in diesem von harten Strahlungsschauern und Energiestürmen heimgesuchten Gebiet des äußeren Zentrums intelligentes Leben entwickelt hat. Vermutlich stammen die Impulse von einem Raumschiff, das aus den Randgebieten der Kugelgalaxis bis hier vorgestoßen ist.«

»Es wird sich herausstellen«, antwortete Rhodan.

Seit den Ereignissen auf Clearwater waren zwei Wochen vergangen. Inzwischen war es auch gelungen, auf einem anderen Planeten die Lebensmittelvorräte zu ergänzen. Man hatte nach tagelangem Suchen eine geeignete Welt gefunden und sich mit Frischfleisch eingedeckt sowie verschiedene Pflanzen und Algenarten für die hydroponischen Gärten an Bord genommen.

Die Versorgung der Besatzung mit allen erforderlichen Gütern des täglichen Bedarfs war somit wieder gegeben, so dass man nun wieder daran gehen konnte, diese Galaxis gezielt nach Spuren von intelligentem Leben abzusuchen.

Die Borduhren zeigten 22:15 am 15. Februar 2436. In kurzen Linearetappen von vier bis fünf Lichtjahren entfernte sich die CREST IV vom Zentrumsgebiet der Kugelgalaxis M 87. In den Randzonen dieses Sternhaufens hoffte Rhodan auf raumfahrende Völker zu treffen, von denen die Terraner astronomische Auskünfte erwarteten. Kaum einer der an Bord des Flaggschiffes weilenden Wissenschaftler zweifelte noch daran, dass die CREST IV in der Galaxis M 87 aus dem Hyperraum gekommen war. Icho Tolot und Fancan Teik erklärten eindeutig, dass die CREST sich im Gebiet der Virgo-Wolke befand. Die beiden Haluter hatten ihr Schiff an der oberen Polkuppel der CREST verankert. Ab und zu unternahmen Tolot und Teik kurze Linearmanöver, um den Raum in der näheren Umgebung abzusuchen. Das Dimetranstriebwerk des halutischen Schiffes, mit dem eine Rückkehr in die Heimatgalaxis möglich gewesen wäre, ließ sich nicht reparieren. Die Anlage war bei der gewaltsamen Versetzung nach M 87 zum Teil völlig ineinander verschmolzen.

Ungeduldig wartete Rhodan auf die Peilergebnisse. Der Hyperfunkspruch war nicht von langer Dauer gewesen, so dass die Männer in der Ortungszentrale unter Führung von Major Owe Konitzki Schwierigkeiten zu überwinden hatten.

Es dauerte drei Minuten, bis Konitzkis Gesicht den Bildschirm des Interkoms ausfüllte.

»Es ist uns nicht gelungen, den Sender anzupeilen, Sir«, teilte Konitzki mit. »Der Impuls war zwar ungewöhnlich stark, aber viel zu kurz.«

Rhodan gelang es, seine Enttäuschung zu verbergen. Konitzki traf kein Vorwurf.

Als Rhodan die Verbindung zur Ortungszentrale unterbrach, meldete sich Icho Tolot von Bord des halutischen Schiffes.

»Haben Sie den Funkspruch empfangen?«, fragte der Haluter.

»Ja«, antwortete Rhodan. »Ich wollte mich gerade deshalb mit Teik und Ihnen in Verbindung setzen, weil es uns nicht gelungen ist, den Sender anzupeilen.«

Dröhnendes Gelächter kam aus dem Lautsprecher.

»Unsere Geräte sind besser«, sagte Tolot. »Wir haben den Sender mit einem Wert von plus-minus zehn Lichtjahren lokalisiert.«

»Ausgezeichnet!« Rhodan beugte sich nach vorn. »Sagen Sie uns bitte die Daten durch, damit wir sie in die Bordpositronik geben können.«

Tolot teilte den Terranern mit, dass der mysteriöse Impuls aus einer Entfernung von zwanzigtausend Lichtjahren gekommen war. Der Sender musste im Grünsektor der CREST IV liegen.

Als die von Tolot durchgegebenen Werte nachgerechnet wurden, sprachen die Hyperempfänger der CREST erneut an. Diesmal kamen die Impulse von einem anderen Sender, der nach den ersten Berechnungen nur hundert Lichtjahre entfernt sein konnte. Die Leistung dieser Station war jedoch ausgesprochen schwach. Nach fünf Minuten verstummten ihre Impulse völlig. Diese Sendedauer reichte jedoch für Konitzki und die Funker aus, um den Standort des Senders genau anzupeilen. Nahm man die Hauptkontrollanlage der CREST IV als Bezugspunkt, kamen die Impulse aus einer Entfernung von dreiundneunzig Lichtjahren von einem Sender, der im oberen linken 3-D-Sektor lag.

»Es hat den Anschein, als hätte jemand mit einem schwachen Sender auf den ersten Impuls geantwortet«, überlegte Perry Rhodan. »Ich bezweifle, dass die Sendeenergie der näher gelegenen Station ausreicht, um neunzehntausend Lichtjahre zu überbrücken. Jene, die den ersten Impuls abgestrahlt haben, dürften also kaum eine Antwort erhalten.«

Tolot meldete sich wieder über Funk.

»Was haben Sie vor, Perry Rhodan? Wir suchen in dieser Galaxis nach raumfahrenden Völkern. Ich schlage vor, dass wir einen der Sender anfliegen.«

»Genau das ist meine Absicht«, entgegnete Rhodan. »Wir nehmen Kurs auf die näher gelegene Station. Ich hoffe, dass sie sich nicht an Bord eines Raumschiffes befindet, das bei unserer Ankunft längst verschwunden sein kann.«

»Viel Glück bei der Suche!«, rief Icho Tolot.

»Werden Teik und Sie sich mit Ihrem Schiff daran beteiligen?«

»Ja«, antwortete der Haluter. »Wir behalten uns jedoch vor, uns um andere Dinge zu kümmern, wenn es sich als wichtig erweisen sollte.«

Rhodan wusste, dass er keine Befehlsgewalt über die beiden Haluter besaß. Tolot und Teik würden das tun, was sie für richtig hielten. Trotzdem waren sie eine wertvolle Unterstützung für die Verschollenen.

 

Am dritten Tag der Suche schlugen die Massetaster an Bord der CREST IV aus. Das Schiff kam in der Nähe einer roten Riesensonne, die keine Planeten besaß, aus dem Linearraum. Trotzdem deutete die Reaktion der Ortungsgeräte darauf hin, dass sich in einer weiten Umlaufbahn um diesen Stern große Metallmengen befinden mussten.

»Was halten Sie davon, Sir?«, fragte Major Owe Konitzki über Interkom. »Wir können keine Planeten entdecken, aber die Ortung zeigt das Vorhandensein von Stahl oder einer stahlähnlichen Legierung an.«

»Vielleicht handelt es sich um ein riesiges Raumschiff«, meinte Atlan.

»Das ist nicht ausgeschlossen«, gab Rhodan zu. »Dann müssen an Bord dieses Schiffes jedoch fast alle Energiequellen abgeschaltet sein, denn wir empfangen keine Impulse.«

»Wir müssen noch näher heran«, schlug Oberst Akran vor.

»Nicht so stürmisch, Kommandant«, sagte Rhodan zu dem Epsaler. »Wir müssen damit rechnen, auf eine kleine Flotte zu stoßen, und wissen nicht, ob wir als Freunde empfangen werden.«

Konitzki meldete sich wieder.

»Sir, ich schlage vor, dass wir unseren Kurs nach dem Ausschlag der Massetaster bestimmen und uns der Sonne vorsichtig nähern«, sagte er.

»Einverstanden«, stimmte Perry Rhodan zu. »Passen Sie gut auf, Major! Wir müssen möglichst früh herausfinden, was wir da entdeckt haben. Ich möchte nicht, dass wir mit der CREST IV in eine Falle fliegen.«

»Warum verlassen wir nicht dieses Gebiet?«, fragte Atlan.

Rhodan runzelte die Stirn.

»Wäre es dir recht?«, wollte er wissen.

Atlan überlegte einen Augenblick. Er wusste, dass es schwer war, Rhodan zu bewegen, einen einmal gefassten Entschluss wieder aufzugeben.

»Ich kann mir vorstellen, dass wir noch oft auf raumfahrende Völker treffen werden«, sagte er. »Warum sollten wir ein Risiko eingehen?«

»Theoretisch kann es uns passieren, dass wir im Verlauf mehrerer Jahrzehnte Tausende von Sonnensystemen absuchen, ohne auf intelligentes Leben zu stoßen«, sagte Rhodan. »Du darfst nicht vergessen, dass die Besatzung der CREST einem Alterungsprozess unterworfen ist. Wir müssen im Interesse dieser Männer jede Chance ergreifen. Außerdem ...« Rhodan unterbrach sich und schüttelte den Kopf.

»... außerdem interessiert es dich, was in der Milchstraße geschieht«, vollendete Atlan. »Du befürchtest, dass das Imperium der Menschheit während deiner Abwesenheit zerschlagen werden könnte.«

»Ja«, sagte Rhodan.

»Ich bin daran gewöhnt, einsam zu leben«, sagte Atlan. »Ich kann mir jedoch vorstellen, wie dir zumute ist. Trotzdem rate ich dir zur Vorsicht.«

»Wenn jemand eine Wüste durchquert, ist er gezwungen, jedes Wasserloch auszunutzen«, sagte Rhodan. »Er muss es tun, auch wenn die Gefahr besteht, dass gleichzeitig mit ihm wilde Tiere an die Tränke kommen.«

Atlan lächelte spöttisch.

»Fliegen wir zur Tränke«, sagte er, »um uns die Raubtiere anzusehen.«

 

Die CREST IV glich einer fliegenden Kleinstadt. In einem Ort, in dem nur fünftausend Menschen leben, bleibt der Öffentlichkeit kaum ein wichtiges Ereignis verborgen. Die Leute sorgen dafür, dass jede Neuigkeit in erstaunlicher Schnelligkeit verbreitet wird.

An Bord des Flaggschiffs verhielt es sich nicht anders.

Rhodan, der ein feines Gefühl für das Verhalten der Besatzung besaß, konnte die Spannung fühlen, die sich in den einzelnen Decks des zweitausendfünfhundert Meter durchmessenden Schiffes ausbreitete, als Merlin Akran die rote Riesensonne in vorsichtigen Linearmanövern ansteuerte. Wie immer in solchen Fällen entstand zwischen den Eingeweihten in den Zentralen und den Uneingeweihten in den Maschinen- und Mannschaftsräumen ein gewisses Unbehagen.

Rhodan hätte diesen Zustand mit einem Wort der Erklärung beendigen können, doch er wusste, dass jeder Hinweis auf das Vorhandensein eines raumfahrenden Fremdvolkes die Hoffnung der Männer auf eine baldige Heimkehr geschürt hätte. Der Großadministrator wollte es jedoch vermeiden, einer Hoffnung Nahrung zu geben, die sich vielleicht wenig später als illusorisch erwies. Deshalb beschloss er, so lange zu schweigen, bis endgültig feststand, was die Massetaster anzeigten.

Ungefähr zwanzig Stunden nach der ersten Ortung tauchte auf den Bildschirmen der Fernoptik ein seltsames Gebilde auf.

»Flug stoppen!«, rief Perry Rhodan dem epsalischen Kommandanten zu.

Die CREST IV schoss noch einige hundert Kilometer durch den Weltraum, bevor sie endgültig zum Stillstand kam. Rhodan beobachtete die Bildschirme. Noch waren keine Einzelheiten zu erkennen, aber es stand jetzt fest, dass ein riesiger Metallkörper um die rote Sonne kreiste.

»Wir werden noch näher heran müssen«, sagte Atlan. »Auf diese Entfernung lässt sich nicht feststellen, ob wir einen Verband von Raumschiffen oder eine große Weltraumstation vor uns haben.«

»Auf jeden Fall sind die schwachen Funksprüche von dort gekommen«, sagte Roi Danton, der sich seit ein paar Stunden in der Zentrale aufhielt. »Das beweist, dass wir es mit fremden Intelligenzen zu tun haben.«

»Es kann sich auch um eine Robotstation handeln«, warf John Marshall ein.

Rhodan stellte eine Funkverbindung zum Schiff der Haluter her, das in einem Abstand von dreitausend Kilometern bewegungslos im Raum stand. Tolot hatte offenbar nur auf einen Anruf gewartet, denn er meldete sich sofort.

»Was halten Sie von der Sache, Icho Tolot?«, fragte Rhodan. »Können Sie von Bord Ihres Schiffes aus Einzelheiten erkennen?«

Der Haluter verneinte.

»Ich schlage vor, dass wir uns mit der CREST diesem rätselhaften Körper nähern«, sagte Rhodan. »Sie bleiben mit Ihrem Schiff zurück, um uns nötigenfalls herauszuholen, wenn wir in Schwierigkeiten geraten.«

Einen Augenblick blieb es still.

»Wir könnten auch umgekehrt vorgehen«, sagte Tolot dann.

»Man sollte die stärkere Waffe immer für den Schluss aufheben«, sagte Rhodan.

»Nun gut«, stimmte Tolot zögernd zu. »Unser Schiff bleibt feuerklar zurück. Begehen Sie keine Dummheiten. Wir haben Schwierigkeiten genug.«

Rhodan atmete auf. Er war erleichtert, dass Tolot seine Vorschläge angenommen hatte. Es war beruhigend, die beiden Haluter im Hintergrund zu wissen.

»Wir gehen wieder in Linearflug über«, befahl Rhodan dem Epsaler. »Fliegen Sie so lange weiter, bis Konitzki uns ein einwandfreies Bild auf die Ortungsgeräte projizieren kann.«

Die CREST IV nahm wieder Fahrt auf und raste der roten Sonne und ihrem seltsamen Satelliten entgegen.

 

Als das Flaggschiff den Linearflug abermals unterbrach, zeichneten sich auf den Bildschirmen die Umrisse von etwa dreitausend Raumschiffen ab, die in zehn Pulks von ungefähr je dreihundert Schiffen an allen möglichen Ecken und Enden zusammengeschweißt waren. Jeder einzelne Pulk bildete ein heilloses Durcheinander von walzenförmigen Schiffskörpern. Die Einheiten waren entweder mit dem Heck, dem Bug oder einer Breitseite miteinander verbunden. Jemand schien versucht zu haben, dreitausend Raumschiffe so miteinander zu verketten, dass sie weder durch Strahldruck noch durch Gravitationseinflüsse voneinander abtreiben konnten. Trotzdem bestanden zwischen den einzelnen Schiffsballungen Abstände bis zu tausend Kilometer. Die Umlaufbahn aller Pulks war jedoch gleich.

»Phantastisch«, murmelte Rhodan. »Hier scheint sich eine ganze Flotte darauf eingerichtet zu haben, als eine Art Kunstplanet um die rote Sonne zu kreisen. Ich möchte wissen, was die Besatzungen der einzelnen Schiffe dazu veranlasst hat, ihren Weiterflug zu unterbrechen und diese Pulks zu bilden.«

»Energiemangel«, vermutete Roi Danton. »Bis auf die schwachen Impulse des Hypersenders haben wir bisher keine Energiequelle orten können. Und auch dieser Sender ist nach fünf Minuten ausgefallen. Er besaß nicht einmal genügend Energie, um die aus neunzehntausend Lichtjahren kommende Funknachricht einwandfrei zu beantworten.«

Rhodan sprach jetzt über Interkom zur Besatzung der CREST IV und teilte den Raumfahrern mit, was auf den Bildschirmen in den Zentralen zu sehen war. Er ahnte zwar, dass fast alle Männer inzwischen informiert waren, aber es konnte nichts schaden, wenn er darauf hinwies, dass die Entdeckung dieser Schiffe nicht gleichbedeutend mit einer baldigen Rückkehr war.

»Vermutlich haben wir einen Schiffsfriedhof entdeckt«, sagte er abschließend. »Doch das ist eine Theorie, die sich noch bestätigen muss. Es kann hundert andere Erklärungen für das Vorhandensein dieser dreitausend Schiffe geben. Wir sind sicher, dass jemand, der rund zwanzigtausend Lichtjahre von hier entfernt ist, versucht hat, mit dieser seltsamen Flotte in Verbindung zu treten. Die zusammengeschweißten Walzenschiffe verfügen offenbar nicht mehr über starke Energiequellen, denn die Antwort war außerordentlich schwach und kann ihr Ziel unmöglich erreicht haben. Wir wissen jedoch, dass sich an Bord dieser Schiffe jemand aufhalten muss, der auf den ersten Funkspruch antwortete. Natürlich werden wir versuchen, mit den Besatzungen der Raumschiffpulks in Verbindung zu treten. Warum wir solche Versuche unternehmen, liegt auf der Hand. Wir brauchen astronomische Unterlagen, um mit hundertprozentiger Sicherheit unsere Position und die unserer Heimatgalaxis bestimmen zu können.«

Rhodan schaltete den Interkom aus. Ein Blick auf die Bildschirme zeigte ihm, dass sich im Weltraum nichts verändert hatte. Er bezweifelte, dass man an Bord der Walzenschiffe die CREST IV und das halutische Schiff bereits entdeckt hatte. Mangel an Energie bedeutete auch Mangel an Ortungsmöglichkeiten.

Rhodan beging jedoch nicht den Fehler, die dreitausend Schiffe als unterlegen einzustufen. An Bord dieser Raumer konnte es Reserven geben, die sich im entscheidenden Augenblick einsetzen ließen.

»Nun wissen wir, was die Massetaster unseres Schiffes zum Ausschlagen gebracht hat«, sagte Atlan. »Es gibt jetzt zwei Möglichkeiten: Entweder setzen wir den Flug mit der CREST IV fort, oder wir strahlen eine einfache Funkbotschaft ab, die von den Fremden vielleicht empfangen und beantwortet wird.«

Rhodan antwortete nicht. Er dachte intensiv nach. Er trug die Verantwortung für fünftausend Männer, die alle in die Heimat zurückwollten.

»Es gibt noch eine dritte Möglichkeit«, sagte er schließlich. »Ich bin dafür, dass wir eine Korvette ausschleusen, deren Besatzung sich in der Nähe der Raumschiffpulks gründlich umsieht. Dadurch vermeiden wir, das gesamte Schiff in die Nähe der fremden Raumer bringen zu müssen.«

»Ich halte das für eine gute Idee«, sagte John Marshall. »Wir können ...«

In diesem Augenblick materialisierte Gucky neben dem Telepathen. Er blickte von Rhodan zu Atlan und hob dann drohend seine rechte Pfote.

»Ich komme gerade rechtzeitig, um ein Unheil zu verhindern«, piepste er erregt. »Selbstverständlich werden Ras Tschubai und ich an Bord eines dieser Schiffe springen und uns dort umsehen.«

»Selbstverständlich werdet ihr das nicht tun«, antwortete Rhodan.

»Was?« Gucky stemmte beide Ärmchen in die Hüften. »Wozu sind wir an Bord, wenn wir wie Pensionäre verhätschelt werden? Ich protestiere gegen diese Behandlung.«

»Du kannst protestieren, so lange du willst«, erklärte Rhodan unbeeindruckt. »Ras und du werdet als Einsatzreserve in voller Kampfausrüstung an Bord der CREST zurückbleiben, wenn die Korvette ausgeschleust wird. Lediglich John Marshall wird an Bord des Beiboots sein, weil ich hoffe, dass er die Gedankenimpulse der Fremden auffangen kann.«

»Ich bin ebenfalls Telepath«, quäkte Gucky. »Wenn John geht, ist es nur recht und billig, dass ich ebenfalls an Bord der Korvette darf. Von dieser Herumsitzerei werde ich dick und träge.«

Rhodan achtete nicht länger auf die Einwände des Mausbibers. Er konnte Guckys Enttäuschung verstehen. Rhodan war jedoch durch die verschiedenen Vorkommnisse in der Kugelgalaxis M 87 gewarnt und wollte nur mit äußerster Behutsamkeit vorgehen. Ein planloser Sprung Guckys und Tschubais an Bord eines der Walzenschiffe konnte zu einer Katastrophe führen. Später, wenn genügend Unterlagen vorhanden waren, konnten die Teleporter ihren Plan noch immer in die Tat umsetzen.

Wieder betätigte Rhodan den Interkom und rief den Chef der Korvettenschleusen, den Techno-Offizier Swendar Rietzel.

Rietzel blinzelte, als sein Gesicht auf dem Bildschirm sichtbar wurde. Er machte den Eindruck, als sei er gerade aus dem Schlaf erwacht. Doch daran war Rhodan schon gewöhnt.

»Bereiten Sie alles für die Ausschleusung der KC-21 vor!«, befahl Rhodan.

»Die KC-21 gehört zur Dritten Korvettenflottille«, sagte Rietzel. »Major Tschai Kulu wird sich freuen, wenn er Arbeit bekommt.«

»Sie sollen keine Überlegungen anstellen«, verwies Rhodan den Techno-Offizier und unterdrückte dabei ein Lächeln. »Ich möchte nicht, dass die Hangars zum Ausgangspunkt wilder Gerüchte werden.«

»Natürlich nicht, Sir«, versicherte Rietzel. »Ich werde meine Gedanken für mich behalten.«

Rhodan schaltete ab. Noch immer lief die Fernortung der CREST IV. Ständig brachten die Männer, die an den Auswertungsschlitzen der Bordpositronik saßen, neue Daten über die Raumschiffpulks. Die Angaben waren jedoch mehr oder weniger ungenau, so dass die Offiziere in der Kommandozentrale der CREST IV keine Rückschlüsse daraus ziehen konnten.

Lediglich eine von dem Chefmathematiker gemachte Feststellung war für Rhodan interessant. Dr. Josef Lieber hatte das Alter der fremden Schiffe mit Vorbehalt auf dreihundert Jahre geschätzt. Aber auch er hatte darauf hingewiesen, dass zur Erlangung genauerer Daten eine weitere Annäherung der CREST IV an die Walzenschiffe nötig war.

Perry Rhodan jedoch hatte seine Entscheidung getroffen. Er würde die KC-21 unter dem Kommando von Major Tschai Kulu ausschleusen, bevor er mit der CREST IV weiterflog. Die schnelle Korvette sollte einen Erkundungsflug machen. Davon, wie dieses Unternehmen ausging, hingen Rhodans weitere Entschlüsse ab.

Icho Tolot und Fancan Teik hatten es abgelehnt sich mit ihrem Schiff den zusammengeschweißten Walzenraumern zu nähern. Das Misstrauen der Haluter war noch größer als das der Terraner. Tolot und Teik waren losgeflogen, um die Sonnen in der Nachbarschaft des roten Riesensterns abzusuchen. Tolot rechnete damit, dass die Heimat der offenbar schrottreifen Raumschiffe nicht weiter als dreißig Lichtjahre entfernt sein konnte.

»Du bist sehr an diesen Schiffen interessiert, nicht wahr?«, fragte Atlan seinen terranischen Freund.

»Ja«, gab Rhodan zu. »Wenn es den Erbauern dieser Walzen jemals gelungen ist, bis in die Randzonen ihrer Galaxis vorzudringen, dann besitzen sie mit großer Wahrscheinlichkeit eine Vielzahl astronomischer Aufnahmen über die Umgebung von M 87. Deshalb interessieren mich vor allem die Kontrollräume der fremden Schiffe.«

»Ich befürchte, dass solche Bilder uns klar zu erkennen geben werden, in welcher Situation wir uns befinden«, meinte Atlan.

Rhodan hob beide Arme.

»Dein nächster Satz wird in dem Vorschlag bestehen, einen erdähnlichen Planeten anzufliegen und ihn zu kolonisieren«, sagte er hart.

»Keineswegs«, verteidigte Atlan sich energisch. »Ich bin jedoch gegen ein Verhalten, das ihr Terraner als Vogel-Strauß-Politik bezeichnet.«

»Glaubst du nicht an eine Rückkehr?«

Der Arkonide schloss die Augen. In seinen Gedanken entstand ein fast plastisches Bild des Universums. Wer in dieser Unendlichkeit verschollen war, konnte niemals zurückkehren. Und doch ...

»Ich weiß nicht, was ich glauben soll«, sagte Atlan mit ungewohnter Schroffheit. »Ich bin ein Mann, der sich überall und in allen Zeiten zurechtgefunden hat. Ich werde auch mit dieser Situation fertig. Die Frage ist nur, wie ihr Terraner auf die Dauer reagieren werdet.«

»Das lass nur unsere Sorge sein«, sagte Rhodan und wandte sich ab.

Es gab Augenblicke, in denen seine Freundschaft zu dem Zehntausendjährigen starken Belastungen ausgesetzt war. Vielleicht kam das daher, weil Atlan im Innersten seines Wesens ein Einsamer geblieben war.

 

Die Aufregung, die sich Roscoe Poindexters bemächtigt hatte, wuchs noch, als Major Tschai Kulu die Zentrale der KC-21 betrat. Mit seinem von Stammesnarben entstellten Gesicht schien der riesenhafte Afroterraner eine Figur aus fernster Vergangenheit zu sein. Und doch war er hier in der Zentrale der Korvette, ein muskulöser und ruhiger Mann, dem man eine glänzende Laufbahn in der Solaren Flotte vorausgesagt hatte. Doch Tschai Kulu würde zeit seines Lebens Major bleiben, wenn die CREST IV nicht den Weg in die Heimatgalaxis fand.

Und ich, dachte Roscoe Poindexter düster, werde immer Offiziersanwärter bleiben und damit eine unbedeutende Randfigur in Zentralen, Mannschafts- und Maschinenräumen.

Poindexter hatte oft solche Anwandlungen. Minuten, in denen er mit dem Schicksal haderte und sich selbst im stillen der Unfähigkeit bezichtigte. Aber diese Augenblicke der Niedergeschlagenheit gingen schnell vorüber, wenn es etwas zu tun gab.

Der Offiziersanwärter war groß, mager und hässlich, aber er besaß eine Reihe besonderer Fähigkeiten und Eigenschaften, die ihn zu einem brauchbaren Besatzungsmitglied der CREST IV machten.

Major Tschai Kulu durchquerte die Zentrale und ließ sich in den Kommandosessel der KC-21 sinken. Kulu hatte jeder Korvette seiner Flottille einen zusätzlichen Eigennamen gegeben, und die KC-21 FORKED TONGUE genannt. Der Name dieses sechzig Meter durchmessenden Schiffes war ebenso ungewöhnlich wie der Mann, der es kommandierte.

Der zweite Offizier, der sich an Bord aufhielt, war Leutnant Mark Berliter, Poindexters eigentlicher Vorgesetzter. In der Zentrale der FORKED TONGUE befanden sich außerdem noch ein paar Wissenschaftler, die Poindexter bisher nur selten gesehen hatte. Sie waren dabei, um an Ort und Stelle ihre Beobachtungen zu machen.

Der junge Raumfahrer kannte das Ziel der KC-21, und der Gedanke an die zusammengeschweißten Raumschiffe ließ ihn erschauern. Er hatte die zehn Pulks von einem Bildschirm des 23. B-Decks der CREST aus gesehen, und ein Gefühl, das zwischen Ehrfurcht und Angst schwankte, hatte ihn befallen. Poindexters Interesse für alles Mythische war groß, aber er besaß so viel Phantasie, dass er sich in Gedanken oft die unglaublichsten Schrecken ausmalte, bevor überhaupt irgend etwas geschah.

»Normaltriebwerke?« Kulus ruhige Stimme ließ ihn zusammenzucken.

»In Ordnung, Sir«, antwortete Mark Berliter.

»Funkverbindung?«

»Einwandfrei!«

»Gut! Rietzel soll die Hangarschleuse öffnen.«

Poindexter hatte den Auftrag, die Ortungsanlagen der FORKED TONGUE im Auge zu behalten. Im Augenblick ruhten seine Blicke jedoch auf den breiten Schultern Tschai Kulus. Das Gesicht des hünenhaften Afrikaners ähnelte einem geschnitzten Kunstwerk aus Ebenholz.

Plötzlich wandte Kulu den Kopf und blickte Poindexter an. Der Offiziersanwärter glaubte, nur das Weiße in Kulus Augen zu sehen.

»Ortung?«

»Läuft an, Sir!«, rief Poindexter hastig und ließ seine Finger über die Kontrollen gleiten.

»Sie können losfliegen, Major!«, klang Rietzels klare Stimme aus den Lautsprechern. »Kommen Sie heil zurück.«

»Danke!« Tschai Kulu verschwendete selten ein überflüssiges Wort. »Wir starten jetzt.«

Von einer Sekunde zur anderen veränderte sich das Bild auf den Ortungsgeräten. Poindexter rutschte bis auf die Kante des Sessels vor und manipulierte an der Ferneinstellung.

»Interessant, was?«

Poindexter fuhr herum. Er hatte nicht bemerkt, dass der Mutant John Marshall hinter ihn getreten war, um die Bildschirme zu beobachten.

»Ja«, stieß Poindexter hervor. Er versuchte ein Lächeln. »Wir haben eine gute Kombination an Bord. Ihre Psi-Fähigkeit und diese empfindlichen Instrumente werden uns alles herausfinden lassen, was wir in Erfahrung bringen wollen.«

Er errötete, als er daran dachte, dass es Marshall sicher unangenehm war, wenn sein Gehirn mit einer Ortungsanlage verglichen wurde. Doch der Telepath reagierte freundlich auf Poindexters Worte.

»Sie sind neugierig, Mr. Poindexter?«

»Hm!«, machte Roscoe Poindexter. »Es kribbelt in meinen Fingerspitzen. Manchmal wünschte ich, dass ich bei solchen Anlässen die Ruhe bewahren könnte. So wie Major Kulu oder Sie.«

»Wenn Sie alles ein paar Mal miterlebt haben, legt sich Ihre Aufregung von selbst«, meinte Marshall. »Alles wird zur Gewohnheit.«

Poindexter deutete auf den Bildschirm.

»Wollen Sie damit sagen, dass Sie schon einmal etwas Ähnliches gesehen haben, Sir? Dreitausend Raumschiffe, die in zehn Pulks miteinander verbunden sind?«

»Das ist allerdings auch für mich ein ungewohnter Anblick«, musste Marshall zugeben.

Je näher die KC-21 den fremden Verbänden kam, desto deutlicher zeichneten sich die Umrisse der Schiffe auf den Bildschirmen der Raumortung ab. Roscoe Poindexter konnte jetzt die Größe der einzelnen Schiffe mühelos bestimmen. Jede der Walzen war siebenhundert Meter lang und durchmaß einhundertzwanzig Meter. Charakteristisch für jedes Schiff waren drei halbkugelförmige Ausbuchtungen auf der Oberfläche der langgestreckten Rümpfe.

Poindexter schaltete die Teilvergrößerung ein. Es gelang ihm, das Bild eines Heckantriebs auf die Geräte zu projizieren.

»Sehen Sie sich das an, Major!«, forderte er Tschai Kulu auf.

Kulu lehnte sich in seinem Sitz herüber.

»Ausgebrannt«, stellte er fest.

Poindexter veränderte die Bildeinstellung.

»Überall zeigen sich Zerfallserscheinungen«, sagte er aufgeregt. »Können Sie die Bruchstellen neben der großen Seitenschleuse erkennen?«

Der Flottillenchef nickte nur.

Poindexter führte weitere Beobachtungen durch. Sie waren jetzt nahe genug, um zwei Meter große Gegenstände in aller Deutlichkeit sehen zu können. Jedes der Schiffe, das sich auf den Bildschirmen abzeichnete, machte einen heruntergekommenen Eindruck. Die Theorie Perry Rhodans, dass sie einen Schiffsfriedhof gefunden hatten, schien sich zu bewahrheiten.

Aber warum, so fragte Poindexter sich mit innerlicher Unruhe, machte sich jemand die Mühe, über eine Entfernung von zwanzigtausend Lichtjahren hinweg diese Schiffe anzufunken? Und warum hatte man von Bord dieser Wracks aus zu antworten versucht?

Poindexter runzelte die Stirn. War es möglich, dass es in der Galaxis M 87 ein raumfahrendes Volk gab, das sich seiner unbrauchbar gewordenen Schiffe dadurch entledigte, dass es sie in eine Kreisbahn um planetenlose Sonnen brachte?

»Unsinn«, murmelte Poindexter unwillig. »Diese Flotte wurde durch irgendwelche Umstände hier festgehalten. Im Verlauf von dreihundert Jahren kam es zu diesen Zerfallserscheinungen.«

»Sprechen Sie immer mit sich selbst?«, fragte John Marshall belustigt.

»Es hilft mir beim Nachdenken«, behauptete Poindexter ernsthaft.

Auf einem der kleinen Kontrollschirme erschien ein winziger Leuchtpunkt.

Poindexter unterdrückte einen Aufschrei.

»Eine Energiequelle!«, stieß er mit mühsamer Beherrschung hervor. »Sie ist äußerst schwach, so dass wir sie erst jetzt festgestellt haben. Das bedeutet, dass es an Bord dieser Schiffe noch Leben geben muss.«

Marshall beugte sich über den Rücken des jungen Raumfahrers und starrte mit zusammengekniffenen Augen auf das Ortungsgerät.

»Minimaler Ausschlag«, sagte er. »Wahrscheinlich existiert an Bord eines dieser dreitausend Schiffe noch ein brauchbares Aggregat.«

Die FORKED TONGUE verringerte ihren Abstand zu den miteinander verbundenen Wracks. Im Verlauf von zehn Minuten erschienen vier weitere Leuchtpunkte auf den Kontrollbildschirmen. Poindexter gab die ermittelten Werte in die kleine Bordpositronik der Korvette. Wenige Augenblicke später stand fest, dass jeder der zehn Raumschiffpulks über eine schwache Energiequelle verfügte. Das bedeutete, dass von ungefähr dreihundert Schiffen nur noch eines über brauchbare Geräte verfügte.

Poindexter entwickelte pausenlos Theorien, um sie sofort wieder zu verwerfen. Sie würden das Rätsel dieser Schiffe erst dann lösen können, wenn sie sich an Bord begaben. Tschai Kulu hatte jedoch den strikten Befehl, die KC-21 nicht zu verlassen und sofort umzukehren, wenn Gefahr drohte.

»Ich empfange Impulse«, sagte John Marshall plötzlich.

Der Offiziersanwärter fuhr auf seinem Sitz herum. Marshall machte einen geistesabwesenden Eindruck. Er schien auf Geräusche zu lauschen, die die anderen Männer nicht hören konnten.

»Kommen die Bewusstseinsströmungen von den Wracks?«, fragte Leutnant Berliter.

Marshall verharrte ein paar Minuten in stummer Konzentration. Dann sagte er:

»Die Gedanken, die ich spüren kann, sind ausgesprochen primitiv. Sie entsprechen den Impulsen, wie sie von Tiergehirnen ausgestrahlt werden.«

»Tiere«, wiederholte Mark Berliter ratlos. »Tiere können keine Hyperfunkgeräte bedienen.«

»Konnten Sie nur diese primitiven Impulse empfangen, oder auch die höherstehender Wesen?«, fragte Tschai Kulu ruhig.

Marshall lächelte gezwungen.

»An Bord dieser Schiffe scheinen sich ein paar Millionen Tiere unbekannter Art aufzuhalten«, sagte er. »In diesem Chaos niedrigster Instinkte würden die Bewusstseinsströmungen einiger Intelligenzen untergehen.«

»Überlegen Sie, was Sie sagen«, empfahl Kulu dem Mutanten. »Sie sprachen von einigen Millionen Tieren. Ist es nicht möglich, dass Sie sich täuschen?«

Er beantwortete seine Frage selbst.

»Nein, natürlich ist ein Irrtum ausgeschlossen. Sie müssen verstehen, dass Ihre Angaben unglaublich klingen.«

»Es kann sich um sehr kleine Tiere handeln«, meinte Marshall. »Dann wird die Zahl glaubhafter.«

»Können Sie herausfinden, was diese Wesen an Bord der Walzenschiffe tun?«, erkundigte sich einer der Wissenschaftler gespannt.

»Es ist schwer, die Instinkte fremder Tiere zu erklären«, sagte der Telepath. »Alles, was ich deutlich spüren kann, ist die Fressgier dieser Kreaturen. Davon wird offenbar ihr gesamtes Leben bestimmt.«

»Vielleicht sind es die degenerierten Nachkommen der ehemaligen Raumschiffsbesatzungen«, warf Poindexter ein.

»Das ist unmöglich«, widersprach Dr. Guaraldi, ein Biologe. »Nach den Berechnungen Liebers sind diese Schiffe dreihundert Jahre alt. Keine Lebensform kann sich in einem solchen Zeitraum von einem raumfahrenden Volk in eine fressgierige Meute verwandeln.«

»Auch dann nicht, wenn diese Wesen uns unbekannten Strahlungsarten ausgesetzt waren?«, ergriff Tschai Kulu die Partei des Offiziersanwärters.

»Ich weiß, worauf Sie hinauswollen«, antwortete Dr. Guaraldi. »Die von John Marshall genannte Zahl lässt mich jedoch vermuten, dass es sich um relativ kleine Tiere handelt. Ich will nicht bestreiten, dass ein raumfahrendes Volk seine geistigen Fähigkeiten im Verlauf von dreihundert Jahren verliert. Diese Walzenschiffe wurden jedoch für Wesen gebaut, deren Größe etwa der eines Menschen entspricht. Das lässt sich anhand der sichtbaren Schleusen und Schotte leicht beweisen. Mannsgroße Wesen können sich nicht in dreihundert Jahren in kleine Tiere verwandeln.«

Poindexter strich mit einer unruhigen Bewegung über die Kontrollknöpfe der Ortungsanlage. Er bezweifelte die Richtigkeit von Marshalls Angaben nicht. An Bord der fremden Schiffe hielten sich ganze Scharen primitiver Tiere auf. Diese Kreaturen konnten die Walzenschiffe jedoch nicht gebaut und hierhergebracht haben. Wahrscheinlich waren sie auch nicht in der Lage, ein Hyperfunkgerät zu bedienen.

Demnach, so folgerte Poindexter, mussten sich noch andere Wesen in den Wracks aufhalten. Ihre Zahl musste so gering sein, dass John Marshall ihre Gedanken in der Flut niedrigster Emotionen nicht lokalisieren konnte.

Die FORKED TONGUE flog jetzt zwischen zwei Pulks hindurch. Der Abstand der beiden Gruppen betrug knapp tausend Kilometer. Auf den Ortungsgeräten deuteten zehn Leuchtpunkte auf das Vorhandensein einer gleichen Anzahl von Energiequellen hin. In jedem Pulk gab es ein Schiff, das über funktionsfähige Anlagen verfügte. Poindexter schloss daraus, dass sich dort die intelligenten Fremden aufhielten – sofern es sie überhaupt gab. Es war möglich, dass der Hyperfunkspruch von einer Automatik abgestrahlt worden war.

Poindexter zerbrach sich den Kopf darüber, wie die Anwesenheit von ein paar Millionen Tieren an Bord dieser geheimnisvollen Schiffe zu erklären war. Warum hatten die Besitzer der Walzenraumer diese Tiere in ihrer Nähe geduldet?

»Wir haben jetzt genügend Aufnahmen gemacht«, sagte Tschai Kulu. »Wir kehren um.«

Poindexter verzog bedauernd das Gesicht. Er hätte die FORKED TONGUE gern verlassen, um an Bord eines Walzenschiffes zu gehen. Kulu hielt sich jedoch an Rhodans Befehle. Der Offiziersanwärter war überzeugt davon, dass Rhodan früher oder später den Befehl zu einer genaueren Untersuchung der Wracks geben würde. Poindexter hoffte, dass er dann zu den Männern gehörte, die die Pulks betreten würden.

Die Gedanken des jungen Mannes wurden unterbrochen, als auf dem Hauptschirm der Raumortung plötzlich ein seltsames Gebilde sichtbar wurde.

»Sir!«, alarmierte Poindexters Ausruf den Kommandanten der KC-21. »Sehen Sie sich das an.«

Tschai Kulu, der die Korvette beschleunigen wollte, gab sein Vorhaben auf und richtete seine Aufmerksamkeit auf die Ortungsanlage. Poindexter merkte, wie die Wissenschaftler sich hinter seinem Sitz versammelten.

Etwa dreihundert Kilometer von der KC-21 entfernt, schwebte der seltsamste Flugkörper durch den Weltraum, den Poindexter jemals gesehen hatte.

Das Ding war ein quadratischer Balken von etwa dreißig Meter Länge. Der Bug war konisch, das Heck abgerundet. Der Durchmesser des Balkens betrug drei Meter.

»Was, bei allen Planeten, ist das?«, murmelte jemand hinter Poindexter verblüfft.

Der Offiziersanwärter konnte seine Blicke nicht von dem Bildschirm lösen. Er spürte, wie seine Handflächen vor Erregung feucht wurden. Unbewusst ahnte er, dass dieser fliegende Balken die Erklärung für alles barg, was in diesem Raumsektor geschah.

Im Vorderteil des rätselhaften Flugkörpers waren einige Quadrate zu erkennen, die mit verglasten Luken identisch sein konnten. Die optische Fernortung zeigte ein Bild des Hecks. Poindexter sah ein trichterförmiges Gebilde auf der runden Fläche, das einer schwenkbaren Impulsdüse nicht unähnlich war. Diese Düse arbeitete jedoch nicht. Sie war entweder ausgebrannt oder durch einen anderen Schaden ausgefallen.

Poindexter hielt unwillkürlich den Atem an, als er erkannte, auf welche Weise die Wesen, die sich in dem Flugobjekt aufhalten mussten, die tausend Kilometer zwischen zwei Raumschiffpulks überbrückten.

Auf der Oberfläche des Balkens waren in gleichmäßigen Abständen drei nach allen Richtungen drehbare Metallgerüste aufgestellt, die Poindexter an Fotostative erinnerten. Jedes dieser Gestelle war zwei Meter hoch. Sie trugen je einen zehn Meter durchmessenden silbern leuchtenden Ballon.

Auf den ersten Blick sah es so aus, als hinge der Flugkörper an drei gasgefüllten Trägerkörpern. Poindexter wusste, dass dies natürlich ein Trugschluss war.

Nachdem die Männer in der Zentrale der FORKED TONGUE einige Zeit beobachtet hatten, stellten sie fest, dass in der metallischen Außenhülle eines jeden Ballons eine Düse starr eingebaut war. Die Strahlrichtung dieser Düse konnte nur geändert werden, wenn das betreffende Metallgestell herumgeschwenkt wurde. So konnten die Fremden bestimmte Kurskorrekturen durchführen.

»Aus den Düsen der Ballons strömt ein Gas aus«, stellte Tschai Kulu fest.

»Ein Gas?«, wiederholte Berliter. »Warum wird es innerhalb der Düsen nicht gezündet?«

»Die Fremden verzichten offenbar freiwillig darauf, das Gas zu zünden und auf diese Weise eine vielfach höhere Schubleistung durch eine extrem gesteigerte Expansion zu erzielen«, vermutete Tschai Kulu.

»Das glauben Sie doch nicht wirklich«, sagte einer der Wissenschaftler. »Warum sollten die Unbekannten auf eine Zündung verzichten?«

»Dafür gibt es viele Erklärungen«, antwortete der riesenhafte Neger. »Entweder ist das Gas nicht brennbar, oder es kann ohne Explosionsgefahr nicht gezündet werden.«

»Das würde ja bedeuten, dass ...«, begann Berliter fassungslos.

Tschai Kulu nickte grimmig.

»Ich will Ihnen sagen, was das bedeutet. Die Fremden begnügen sich damit, diesen Balken dadurch voranzutreiben, dass sie das Gas aus den Düsen strömen lassen. Dabei wird ein geringer Rückstoß erzielt. Kurskorrekturen werden durch die schwenkbaren Metallgestelle vorgenommen.«

Poindexter sagte: »Der Balken fliegt jetzt mit einer Geschwindigkeit von zwanzig Kilometern in der Stunde.«

Berliter gab ein undeutliches Geräusch von sich. »Das würde bedeuten, dass die Fremden viele Stunden benötigen, um von einem Raumschiffpulk zum anderen zu gelangen.«

»Genauso ist es«, stimmte der Kommandant zu.

Poindexter starrte noch immer auf den Bildschirm. Er war verwirrt, aber allmählich wich dieses Gefühl einer Bewunderung für die Wesen, die es geschafft hatten, ihren Mangel an brauchbarer Energie auf diese Weise auszugleichen. Welche Entschlossenheit gehörte dazu, einen solchen Flug zu wagen. Die tausend Kilometer zwischen den Pulks mussten für die Besatzung des Flugbalkens ein nahezu unermesslicher Abgrund sein.

Die Wissenschaftler an Bord der KC-21 machten pausenlos Aufnahmen von den mysteriösen Flugkörpern. Der Balken war nicht mehr weit von seinem Ziel entfernt.

»Ich habe eine Neuigkeit für Sie«, sagte John Marshall. »An Bord des Balkens halten sich aktive und hochintelligente Wesen auf. Sie verkehren mit diesem abenteuerlich aussehenden Flugkörper zwischen den einzelnen Pulks.«

»Ich verstehe überhaupt nichts mehr«, seufzte Leutnant Berliter.

Er sprach nur das aus, was alle anderen an Bord der Korvette dachten.

Major Tschai Kulu machte allen Überlegungen ein vorläufiges Ende.

»Wir fliegen jetzt zurück«, bestimmte er.

Poindexter warf einen letzten Blick auf die Bildschirme der Raumortung. Der Balken war dank der schimmernden Ballons leicht auszumachen. Gegenüber seinem Ziel, den zusammengeschweißten Schiffen, wirkte er winzig. Dann begann die FORKED TONGUE zu beschleunigen, und das Bild wurde unklar. Poindexter schaltete die Anlage aus.

Überall war Leben, dachte er. Leben, das verbissen um sein Fortbestehen kämpfte.

2.

 

 

Perry Rhodan glättete das dreidimensionale Farbbild, das vor ihm auf dem Kartentisch lag. Die Aufnahme zeigte einen dreißig Meter langen Balken, der an drei silbernen Ballons zu hängen schien. Im Hintergrund waren die Umrisse einiger Walzenschiffe zu sehen, die an den unmöglichsten Stellen miteinander verbunden waren.

Rhodan richtete sich auf.

»Sie behaupten also, dass dieser Balken ein unbrauchbar gewordenes Beiboot ist, das nun mit Hilfe von Drehgestellen und gasgefüllten Ballons angetrieben wird?«, wandte er sich an Tschai Kulu, der den zurückgebliebenen Offizieren und Wissenschaftlern einen ausführlichen Bericht erstattet hatte.