cover

image

Das Wissen dieser Welt aus den Hörsälen der Universitäten.

Fachbereich
PHYSIK

Kernfusionsforschung

Von Prof. Dr. Hartmut Zohm

Eine sinnvolle Forschung

Ich möchte heute über Kernfusionsforschung reden, ein spannendes Thema, ein Thema, das mit Energieversorgung zu tun hat, ein Thema, das mit der Zukunft zu tun hat, denn es gibt noch keine Kernfusionsreaktoren auf der Erde, aber es gibt einen, der es uns vormacht, nämlich die Sonne und alle Sterne. Kernfusion, das ist Verschmelzung von leichten Atomkernen zu schwereren, Wasserstoff zu Helium, und unsere Sonne zum Beispiel bezieht ihre Energie aus der Verbrennung von Wasserstoff zu Helium. Die Sonne verbrennt pro Sekunde eine riesige Menge von Wasserstoff zu Helium. 600 Mio. Tonnen Wasserstoff werden zu 596 Mio. Tonnen Helium und die fehlenden 4 Mio. Tonnen pro Sekunde, wenn man sie nach Einsteins e = mc2 in Energie umrechnet, ergeben eine sehr große Energiemenge und diese Energiemenge kann im Prinzip, wenn man das ganze auf der Erde tun könnte, genutzt werden.

Jetzt ist es natürlich so, dass es auf der Erde noch keine Kernfusionsreaktoren gibt, d. h. ganz offensichtlich ist es nicht so einfach, die Sonne auf die Erde zu holen und den Prozess, der den Sternen und der Sonne zur Energiegewinnung dient, auf der Erde nutzbar zu machen. Ich möchte deshalb heute darüber reden, wie die Kernfusion funktioniert, also zunächst die Grundlagen der Kernfusion etwas besprechen, erklären, warum man Energie gewinnen kann, wenn man leichte Kerne nimmt und sie zu schwereren verschmilzt. Dann möchte ich darüber reden, wie ein Konzept für einen Kernfusionsreaktor auf der Erde aussehen kann und wie die Forschung dazu im Augenblick aussieht. Dann werde ich im Detail darauf eingehen, was wir in der Kernfusionsforschung erreicht haben und was noch vor uns liegt, was wir noch tun müssen, um einen funktionierenden Reaktor zu bauen. Und schließlich möchte ich einen Ausblick geben und fragen: Wenn das alles so schwierig ist und wenn das viel Geld kostet, lohnt sich’s dann überhaupt? Was würde uns die Kernfusionsforschung oder ein Kernfusionsreaktor letztendlich liefern in unserem Energiemix? Wie könnte die Kernfusion dazu beitragen, die Energieversorgung der Zukunft zu sichern? Und da wird sich zeigen, dass es viele Vorteile bei der Kernfusion gibt und dass es durchaus sinnvoll ist, dieses zu untersuchen und dieses in der Zukunft als Energiequelle zur Verfügung zu haben.

Grundlagen der Kernfusion

Ich möchte mit den Grundlagen der Kernfusion beginnen. Wie sind Kerne aufgebaut, Atomkerne, warum kann man überhaupt durch Verschmelzen von Atomkernen Energie gewinnen? Dazu müssen wir uns ein wenig mit der Kernphysik beschäftigen. Wie man ja weiß, sind Kerne aus Kernbausteinen, aus Elementarteilchen, Protonen und Neutronen aufgebaut und die Frage ist jetzt, wenn ich diese Elementarteilchen zusammenbringe, die Protonen und die Neutronen, was hält die überhaupt zusammen? Nun, da gibt es die sogenannte Kernkraft, die starke Wechselwirkung. Wie der Name schon sagt, eine sehr starke Anziehungskraft zwischen den Kernbausteinen, zwischen Protonen und Neutronen. Diese Kernkraft ist sehr stark, wenn sich die Protonen und Neutronen sehr nahe kommen, fällt aber mit dem Radius sehr schnell ab, d. h. sie ist nicht langreichweitig. D. h., bringe ich Bausteine für einen Kern mit Protonen und Neutronen sehr nahe zusammen, auf den Kernabstand 10-15 Meter, also 0,0000000000000001 Meter, bringe ich die so nahe zusammen, dann spüren die die Kernkraft, die starke Wechselwirkung, werden angezogen und vereinigen sich und dabei wird Energie frei.

Dieser Prozess an sich bevorzugt natürlich, dass ich viele, viele Kernbausteine zusammenbaue und große Kerne bilde, denn im Volumen hat jeder Kernbaustein nächste Nachbarn in alle Richtungen und spürt insofern von allen Richtungen anziehende Kräfte, während die Kernbausteine, die an der Oberfläche des Kerns sitzen, ja nach außen keinen nächsten Partner haben und deshalb etwas lockerer im Kernverbund sind. Mache ich nun eine Kugel immer größer und größer oder den Kern immer größer und größer, dann heißt das, dass ich letztendlich den Effekt der Oberfläche, wo ich weniger fest eingebundene Bausteine habe, minimiere, weil das Volumen einer Kugel schneller mit dem Radius steigt, als die Oberfläche. Die Oberfläche wird immer minimiert, weil ich dort Verluste habe, eben nicht gebundene Partner, und Sie haben es vielleicht alle auch schon einmal gesehen, wenn Sie sich z. B. Wassertropfen anschauen, die auf einer Fensterscheibe sind. Ein einzelner Wassertropfen wird immer eine kugelförmige Form haben, eine runde Oberfläche, und wenn sie den nächsten Wassertropfen daneben anschauen, dann ist der auch kreisrund oder kugelförmig. Wenn die beiden sich aber nahe kommen, dann bilden sie ein Gebilde, was wieder kugelförmig wird und damit verschmolzen ist und wiederum seine Oberfläche minimiert.

Starke Wechselwirkung und elektrische Abstoßung

Das sagt uns also zunächst, dass wenn wir Kernbausteine oder leichte Elemente wie den Wasserstoffstarke WechselwirkungKernkraftelektrische AbstoßungProtonen